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Eine Einleitung (S. 5-9) orientiert über Inhalt und Bedeutung der Hellenika; sie gibt die bekannten Tatsachen im ganzen richtig wieder und sucht auch der ,,Tendenz" gerecht zu werden. Daß X. schon 422 (!) bei Delion mitgekämpft habe (S. 6), glaubt heute freilich niemand mehr. Auch daß er Epaminondas ungerecht, ja feindlich beurteile, ist, so allgemein ausgesprochen, nicht richtig; die hohe Bedeutung des Feldherrn hat niemand so richtig erkannt wie gerade Xenophon, der Soldat; vgl. o. S. 95 M. Die Übersetzung,,ist bestimmt für gebildete Leser, die das Werk als solches zu genießen wünschen, denen es aber versagt ist, das Original zu lesen". Auf gute deutsche Form, nicht auf wörtliche Anlehnung an das Original kommt es dem Verf. also an. Die Tatsache, daß er deshalb ,,sich nicht gescheut hat, bisweilen selbst das Satzgefüge des Originals umzugestalten“, brauchte also nicht erst betont zu werden. Sie ist für jeden, der griechische oder lateinische Texte in gutes Deutsch übertragen will, selbstverständlich. Mit allzu hohen Ansprüchen wird man demnach an W.s Übersetzung nicht herantreten dürfen. Sie ist zwar im ganzen richtig und kann dem des Griechischen unkundigen Leser die Kenntnis des von X. erzählten Abschnittes griechischer Geschichte treu vermitteln, ästhetisch angesehen erhebt sie sich aber nicht über den Durchschnitt derartiger Arbeiten; der griechische Text mit seinen Eigentümlichkeiten schimmert überall zu sehr durch; dem Verf. sind überhaupt die wesentlichen Unterschiede beider Sprachen zu wenig zum Bewußtsein gekommen, als daß er zugleich mit dem richtigen Erfassen des Sinnes auch die Form mit der nötigen Freiheit hätte handhaben können. Hier einige Proben: Gleich S. 1:.,mit wenigen Schiffen ausgerüstet", ein Kampf zwischen den Schiffen und dem Strande; ,,sta ch in See" ist, wenn auch oft gebraucht, doch nicht Fachausdruck. S. 2: er warf sich zu Pferde; 25 geringere Geister hätten ihm nachgestellt; 44 starb schließlich vor Hunger; 86 Sobald dies geschehen, 121 Damals jedoch, 128 daß der größte Teil seines Heeres so beschaffen sei, 180 Da fuhr mancher übel ab; fast auf jeder Seite findet sich derartiges. Die Übersetzung müßte also nach der Seite der Form einer sehr gründlichen Durchsicht unterzogen werden, um als eine gut deutsche gelten zu können. Welchen Text W. zugrunde gelegt hat, sagt er nicht. Auch über die Benutzung seiner Vorgänger erfahren wir nichts.

Hier und da sind Fußnoten gegeben, um das Verständnis zu erleichtern. Aber sie lassen kein rechtes Prinzip erkennen, ebensowenig das erklärende Verzeichnis fremdsprachiger Ausdrücke S. 286-290. Wer ein solches Buch überhaupt zur Hand nimmt etwa ehemalige Schüler von realen Bildungsanstalten, die alte Geschichte aus einer Quelle kennen lernen möchten weiß über Einzelheiten aus den Realien wie über Spartas Lage am Eurotas, gemeinsame Mahlzeiten der Spartaner (S. 192), Hand

aufheben (38), Sichelwagen (117), Archonten (286), Ephoren, Heloten (287), Kothurn, Peltasten (288), Phalanx, Talent (290) entweder Bescheid oder kann sich leicht aus allgemeinen Hilfsmitteln Rat holen. Wesentlicher ist es, daß öfters auf Schwierigkeiten des Zusammenhanges, wirkliche oder vermeintliche Lücken der Darstellung der Ereignisse und der Charakteristik der Personen und ähnliches (z. B. S. 15, 16, 20, 51, 78 u. ō.) kurz, aber zuverlässig hingewiesen wird; denn in diesen Dingen bedarf der unkundige Leser am ehesten des Rates und sucht ihn anderwärts leicht vergeblich. Derartige Hinweise, besonders knapper Art, wie sie hier nur sein können, sind schwieriger zu geben, aber viel förderlicher als jene andern.

Erwünscht wäre es gewesen, Buch und Kapitel am Kopf, die Paragraphen am Rande jeder Seite angegeben zu finden. Eine Übersicht des Ganzen, nach den Kapiteln geordnet, findet der Leser S. 291-296. An die beigefügte Karte darf man natürlich keine hohen Ansprüche stellen, was die Ausführung anlangt; vielleicht konnten aber, soweit es der kleine Maßstab zuließ, die in den Hellenika vorkommenden und der Lage nach annähernd bestimmbaren Örtlichkeiten vollständiger verzeichnet werden, als es geschehen ist.

Über den Kommentar zu Sorofs Hellenikaausgabe (1899) wird in Verbindung mit der zweiten Auflage seines Textes (1901) im nächsten Jahre berichtet werden.

B. Zur Kritik und Erklärung der Hellenika.

36) Georg Busolt, Aristoteles oder Xenophon? Hermes XXXIII (1898) S. 71-86.

Nach der Wiederauffindung der 49qvaíov noliteia des Aristoteles ist die Frage nach den Quellen des Schriftstellers im ersten Teile, dem geschichtlichen Abriß (K. 1–41), und die nach dem Maße der ihm zukommenden Glaubwürdigkeit lebhaft erörtert worden und hat eine kaum noch zu übersehende Literatur hervorgerufen.

B. unterzieht hier den Abschnitt 34, 3-38, von der Einsetzung der Dreißig bis zur Versöhnung, und den entsprechenden Teil in Xenophons Hellenika II 3 und 4 einer eingehenden Untersuchung mit besonderer Rücksicht auf die Reihenfolge der Ereignisse und sucht zu beweisen, daß Aristoteles, bzw. seine Quelle. sie richtiger dargestellt habe als Xenophon.

Auch diese besondere Frage ist im einzelnen schon häufiger behandelt worden, und die Verfasser der größeren geschichtlichen Handbücher haben, so oder so, zu ihr Stellung genommen. Von ihnen geht B. aus. U. v. Wilamowitz (Aristoteles und Athen I 122 f., 165 f.; II 218 A. 2) und Pöhlmann (Griechische Ge

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schichte S. 147 f., in Iwan Müllers Handbuch III 4) geben Aristoteles den Vorzug (letzterer nimmt nur die Besetzung Phyles aus), wogegen A. Börner in einer ergebnisreichen Göttinger Dissertation von 1894 (De rebus a Graecis inde ab a. 410 usque ad a. 403 a. Chr. n. gestis S. 55 ff.; doch vgl. die einschränkenden Bemerkungen A. Bauers, WS. f. klass. Phil. 1895 Sp. 319-323) und J. Beloch (Griech. Gesch. II 116 f.) sich im wesentlichen für Xenophon entscheiden. B. hätte zu den Fürsprechern des Aristoteles noch A. Bauer fügen können (Literarische und historische Forschungen zu Aristoteles' Avaíov лoliteia, München 1891; vgl. oben S. 86), um so mehr, als dieser (vgl. besonders S. 151 ff.) z. T. schon skizziert hat, was B. nun im einzelnen ausführt. Entschieden für Xenophon ist dagegen neuerdings noch eingetreten Eduard Meyer (Gesch. d. Alt. V, besonders S. 18-25, 36-41), dessen klare und, wie ich glaube, im ganzen auch richtige Ausführungen Busolt gewiß manche Bedenken erregt hätten, wären sie ihm schon bekannt gewesen.

Ausgehend von der Behauptung von v. Wilamowitz (a. a. O. 165 f.), daß die Übereinstimmung einer Einzelheit, Xen. Hell. II 3, 19 und 49. π. 36, 2, auf gemeinsame Benutzung einer schriftlich verbreiteten Rede des Theramenes zurückzuführen sei1), schreibt B. beide Stellen mit Recht in etwas weiterem Umfange aus (Hell. II 3, 17-19 und А9. π. 36, 1—2) und weist nach, daß Aristoteles hier X. selbst benutzt hat, indem er den Worten des Theramenes nur eine schärfere Fassung gab (vgl. schon A. Bauer a. a. O. S. 152 o.). Und wiederum in Anknüpfung an v. W.s Meinung, daß Aristoteles den,,Wert eines selbständigen Zeugen habe" (a. a. O. I S. 122) unterzieht er (S. 73 ff.) das Verhältnis von Diodor XIV 3-5 und 32-33 zu der gesamten Darstellung 49. π. 34-38 einer eingehenden Prüfung. Diodor hat schon in Buch XI-XIII Thukydides und Xenophon mit einer andern Quelle verarbeitet; ebenso findet sich in XIV 3-5 (was B. im einzelnen ausführt) xenophontisches Gut neben anderem. Dabei ergibt sich nun die merkwürdige Tatsache, daß Aristoteles von den xenophontischen Stücken abweicht, mit den nichtxenophontischen aber ziemlich genau, oft bis auf den Wortlaut, übereinstimmt. So entsprechen sich die Wahl der Dreißig (Diod. XIV 3,7 und 49. π. 34, 3), Besetzung der Ämter (D. 4. 2; A. 35, 1), Beseitigung der лovηoí und Beifall der Bürger (D. 4, 2; A. 35, 3), Konfiskationen (D. 5, 5; A. 35. 4), erfolgloser Vorstoß der Dreißig gegen Phyle (D. 32, 3; A. 37, 1) dies vor dem Tode des Theramenes -; danach: wachsende Willkür (D. 5, 6; A. 37, 2), Bitte um Hilfe in Sparta (D. 32, 6; A. 37, 2)), Ein

1) B. (S. 73 Anm. 1) vermutet in Archinos, dem Freunde des Theramenes, den Verfasser einer solchen Parteischrift.

2) Doch ist zu bemerken, daß D. die govoά des Kallibios schon vorher (XIV 3, 3 und 4) erwähnt (wie Xenophon), während der Ausdruck

nahme von Munychia (D. 33, 2; A. 38, 1), Einsetzung der Zehn (D. 33, 5; A. 38, 1). Und wenn auch, wie ich hinzufüge, mehrere der Stellen (z. B. D. 32, 3 und A. 37, 1; s. S. 172 A. 2) sich in so allgemein üblichen Ausdrücken bewegen, daß auf eine Entlehnung nicht gleich zu schließen ist, so ergibt sich doch aus den übrigen mit Sicherheit, daß (S. 75) Aristoteles wenigstens zum Teil aus einer von Diodor oder dessen Gewährsmann benutzten Quelle geschöpft hat. Und noch näher als Diod. XIV 4, 2 toïs iniεικεστάτοις τῶν πολιτῶν εὐηρέστει τα γιγνόμενα und den anderen Ähnliches berichtenden Quellen (Hell. II 3, 12; Lys. XII (g. Eratosth.) 5, XXV 19 und zwei Plutarchstellen) steht den Worten 49. π. 35,3 ἐφ' οἷς ἔχαιρεν ἡ πόλις γιγνομένοις, ἡγούμενοι τοῦ βελτίστου χάριν ποιεῖν αὐτούς die bekannte Äußerung des Sallust (Cat. 51, 29) ea populus laetari et merito dicere fieri. Sallust hat nun, so folgert B.,,,natürlich“ nicht den Aristoteles benutzt, wohl aber den Ephoros, dessen Werk Diodor, wie sonst, so auch in der Geschichte der Dreißig ausgeschrieben hat, was ansprechend begründet wird. Da nun aber (nach v. Wilamowitz a. a. O. I 306) weder Ephoros aus der 49. π. noch Aristoteles für diese aus jenem geschöpft haben kann1), so müssen beide derselben Quelle gefolgt sein. Als solche möchte B. eine Atthis, und zwar, wie sonst oft, so auch hier, die Androtions), annehmen und sucht dies zu begründen, soweit es bei dem spärlichen Material möglich ist, das uns hierfür zur Verfügung steht.

Bis hierher (S. 77 o.) kann man B. im wesentlichen beistimmen: die Abhängigkeit des Aristoteles in der Stelle 49. î. 36, 1-2 von Xen. Hell. II 3, 17-19 scheint mir unzweifelhaft, die Benutzung einer gemeinsamen Quelle mit Ephoros-Diodor sicher und diese in Androtions Chronik zu sehen, wenigstens wahrscheinlich oder doch möglich, und es stehen bei der Frage nach der Zeitfolge der Ereignisse etwa des letzten Drittels des Jahres 404 und des ersten Drittels von 403 in der Tat eigent

32, 6 allgemeiner ist und zu der von Aristoteles erst zu der späten Stelle 37, 2 erwähnten Sendung des Kallibios nicht stimmt. Entweder sind also zwei Gesandtschaften anzunehmen, oder, was wahrscheinlicher, D.s Chronologie ist, wie oft, in Verwirrung geraten. B. (S. 81) meint, die auxilia in 32, 6 seien ein Versuch des Ephoros, zwischen Xenophon und der Chronik Androtions (s, o.) zu vermitteln.

1) Die von Bauer früher angenommene (a. a. O. S. 155; vgl. auch die weitere dort angeführte Literatur über den Gegenstand) und von Busolt bekämpfte Abhängigkeit des Aristoteles von Ephoros ist von jenem inzwischen wesentlich eingeschränkt worden; vgl. die „Forschungen zur griechischen Geschichte" u. s. w. (s. o. Nr. 7) S. 271 und 272 o. Busolt weist auch noch darauf hin, daß sich im Falle einer Benutzung des Ephoros durch A. bei diesem mehr xenophontisches Gut finden müßte.

2) Vgl. Busolt, Griech. Gesch. II 2 S. 8, 32 ff., 54 und außer der dort angeführten Literatur noch M. Heller, Quibus auctoribus Aristoteles in republica Atheniensium conscribenda et qua ratione usus sit. Diss. Berol. 1893.

lich nun Xenophons Hellenika nicht mehr dem Aristoteles in der 19. ., sondern der Chronik gegenüber.

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Wenn nun aber B. hier aus äußeren und inneren Gründen der Chronik vor Xenophon trotz wechselnden Ausdrucks im einzelnen; vgl. S. 77, 78, 81, 86 im ganzen doch den Vorzug zu geben geneigt ist, so vermag ich ihm darin nicht mehr zu folgen. Die Bedeutung des Umstandes zwar, daß X. wahrscheinlich unter den Dreißig als Ritter gedient hat1) und so die erzählten Ereignisse wohl alle aus eigener Anschauung kannte 2), verkennt auch B. nicht. Daß aber die hier geschilderten Ereignisse in seiner Erinnerung zurückgetreten und verdunkelt sein sollen, so daß sich ihm ihre Reihenfolge bei der Niederschrift nach 394 (wohl noch viel später; vgl. die mehrfach zitierten Untersuchungen von E. Schwartz) verschob, daß nur die mit anschaulicher Lebendigkeit das gibt B. zugeschilderten militärischen Ereignisse für ihn Interesse gehabt hätten, während, abgesehen von dem Gegensatz zwischen Kritias und Theramenes und seiner Sympathie für dessen tragisches Ende, das übrige ihn nur wenig interessiert habe, kann ich nicht zugeben; handelte es sich doch hier nicht um langweilige Parlamentsakte, sondern um eine zwar kurze, aber furchtbare Schreckensepoche athenischer Geschichte, die der junge X. miterlebt hatte und bei der sein eigenes Leben dessen damals niemand sicher war gewiß auch auf dem Spiele gestanden. haben mochte. Dergleichen Eindrücke junger Jahre, scheint mir, haften auch im höheren Alter. Daß ferner niemand bezweifelt habe, daß in der '49. π. das Verfahren gegen Theramenes klarer dargestellt sei als bei X., ist doch auch vor Ed. Meyer nicht richtig; auch die Reden (vgl. Thukydides und Xenophon in der Anabasis) möchte ich nicht mit B. gegen X. verwerten. Und die,,Detailkenntnis" von Androtion-Aristoteles (Müller FHG. I 372, frg. 11), bestehend in der Nennung des Namens (Molpis) eines der Zehn, der sonst nicht überliefert ist, scheint mir wirklich zu minimal, um ernstlich gegen X. verwertet zu werden.

Wichtiger sind nun die in der Tat bestehenden Unterschiede in der Zeitfolge der Ereignisse zwischen X. und Aristoteles bzw. der Chronik des Androtion. Bei X. ist die Reihenfolge des hier in Betracht Kommenden diese: 1) Aufnahme der lakonischen Besatzung unter Anaxibios am Anfang der Regierung der Dreißig (Hell. II 3, 13 f.) als Voraussetzung des Übergangs zu einem tyrannischen Regiment", 2) die Entwaffnung der w Tov xαTαλóуov (II 3, 20; vgl. die Rückbeziehung in der Rede des Theramenes 40 f.), 3) die Hinrichtung des Th. (54 ff.), 4) die

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1) E. Schwartz in seinen auch sonst grundlegenden Untersuchungen, Rhein. Mus. 44 (1889), S. 161-193, bes. 165 für diese Frage.

2) Beloch a. a. O. S. 116 Anm. 3:,,Die Angaben des Augenzeugen X. müssen selbstverständlich allen anderen Berichten vorgehen".

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