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59) Eduard Meyer, Forschungen zur alten Geschichte. Zweiter
Band: Zur Geschichte des fünften Jahrhunderts v. Chr.
Halle a. S. 1899, Max Niemeyer. VIII u. 554 S. gr. 8. 15 M.
Anzeigen: Athenaeum 1900, I, S. 168 f.
Zentralbl. 1900 Sp. 1325-1327.

Lit. 1901 S 45.

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R. Pöblmaon, Lit. E. Heydenreich, Mitt. a. d. hist. S. Schneider, Eos 1901 S. 137-140. H. Swoboda, N. phil. Rdsch. 1901 S. 271-276. E. M. Walker, Class. Rev. 1901 Sp. 223-225. H. Francotte, Bull. bibl. et péd. du Mus. belge

1902 S. 55.

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Der zweite Band von Meyers .,Forschungen" bildet gleich dem ersten (1892) eine notwendige Ergänzung zu den entsprechenden Bänden der Geschichte des Altertums". Vieles von dem, was wir dort in abgerundeter Darstellung finden, wird hier in kritischer Untersuchung geprüft und bildet z. T. die Grundlage des größeren Werkes.

Für uns kommt hier in Betracht der kleine zusammenhängende Abschnitt S. 401-406: „Zur Schrift vom Staate der Athener" (vgl. auch S. 187 A. 2 zu I 19), ferner die Behandlung einer Anzahl von Stellen aus den echten Werken: Hell. I 6, 24 (S. 161), Iooo IV 25 (S. 187), Oik. XVI 10 f. (S. 189 A. 2), die einem größeren Zusammenhange eingereiht werden und so an Interesse gewinnen. Aus praktischen Gründen bespreche ich auch sie in diesem Abschnitt.

von

In seiner Behandlung der Schrift vom Staate der Athener geht M. (S. 401) der Beschaffenheit des Textes aus, den er (gleich Kalinka, s. o. S. 214) für im wesentlichen richtig überliefert hält, nur die Stellen I 5 fin., Il 17 (der zweite Satz) u. a. sind unheilbar1). Der leitende Faden tritt überall deutlich hervor. Auch am Eingang (1) fehlt nichts, wozu M. auf die entsprechenden Anfänge der echten xenophontischen Schriften hinweist *). Das de braucht nicht einmal durch die hs. Anknüpfung an die Λακεδαιμονίων πολιτεία entstanden zu sein. Der Autor geht gleich in medias res.

In der Frage der Tendenz der Schrift (S. 402 ff.) neigt M. zur Ansicht Müller-Strübings 3), nur sei sie nicht ironisch zu nehmen,

1) Vgl. Ztschr. f. d. GW. 1899 S. 237.

*) S0 Λακ. π. (ἀλλ') (so auch Συμπ.), Οἰκ. (δέ ποτε αὐτοῦ), Απολ. (δέ), die M. gegen Wilamowitz für echt hält s. auch o. S. 210 ff. Memorabilien, Hieron, Anabasis, Agesilaos, Hellenika, Hipparchikos und Kynegetikos (über dessen Verf. M. nicht urteilen will) gehen in medias res. Nur die jüngsten Schriften, Cyropädie, Reitkunst und Пógot, haben eine Art Proömium. Diese Anfänge sind also mit allerlei kritischen Versuchen zu verschonen. Es darf hier auch daran erinnert werden, wie die Attizisten X.s Brauch, Schriften mit dià oder dè anzufangen, nachgeahmt haben; vgl. W. Schmid, Der Attizismus in seinen Hauptvertretern von Dionys von Halikarnaß bis auf den zweiten Philostratus Bd. I S. 180f. (Dio Chrysostomos), 423 (Lucian, dazu Krüger zu Xen. An. IV 6, 10); II 301 und 304 (Aristides, Krüger zu Au. V 6, 12); III 329 (Älian); IV 546 ff. (Philostratus II).

3) Anvαíwv noλurɛía. Die attische Schrift vom Staate der Athener. Untersuchungen über die Zeit, die Tendenz, die Form und den Verfasser

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wohl sarkastisch, aber durchaus ernsthaft, von praktischer, politischer Tendenz. Die oben (S. 66) zitierte Abhandlung von R. Schöll1), der den,,wissenschaftlichen" Charakter der Schrift betont hatte, berührt M. nicht. Der Gedanke III 8, daß die Ordnung des Staates die Demokratie vorausgesetzt nicht anders sein könne, als sie ist, zieht sich durch die ganze Schrift. ,,Sit, ut est, aut non sit". Eine svouía ist bei demokratischer Grundlage unmöglich, die ihrem Wesen nach zaxovouía ist (I S. 4 u. ō.). So ist die Broschüre gerichtet gegen Leute von der Art des Theramenes oder Thukydides, die Bewunderer der ephemeren Verfassung vom Herbst 411 nach dem Sturz der Vierhundert". Wer nicht aus dem Volke hervorgegangen ist und doch für die Demokratie eintritt, trägt sich mit schlimmen Absichten (II 19 f.). Die Hoffnung, durch eine Revolution, mit Hilfe der widerrechtlich ihrer bürgerlichen Rechte Beraubten eine Verfassungsänderung herbeizuführen, ist aussichtslos (III 10 in Ergänzung von I 14: vgl. Thuk. VIII 48 und 64)); denn die wenigen zoŋovoí reichen dazu nicht aus; mit der Masse der Demokraten aber, denen durch die Verurteilung ihr Recht geschehen ist, ist nichts auszurichten. Verbindung mit dem Landesfeind 3) ist das einzige, zwar nicht offen ausgesprochene, aber als notwendige Konsequenz aus den Erörterungen des Verf. sich ergebende Mittel zum Sturz der Demokratie (II 14 ff. Landangriff, Verrat). Es ist das Programm der radikalen Oligarchen von 411 (Antiphon, Phrynichos) und 404 (Kritias). Im Grunde steht M. dem Standpunkte von R. Schöll nicht sehr fern; politische Literatur, mag auch ihr wissenschaftlicher Charakter betont werden, hat immer die Tendenz, praktische Wirkungen zu erzielen.

Über die Zeit der Schrift (s. o. S. 214) äußert M. eine von der bisherigen Annahme abweichende Vermutung. Vielleicht bezieht sich II 17 (die Leichtigkeit, mit welcher der Demos die Verträge bricht und die Verantwortung auf die Unterhändler abwälzt) auf das Verhalten Athens zu dem von Nikias und Laches vermittelten Frieden und Bündnis mit Sparta. Zu beweisen ist dies natürlich nicht; vgl. daher auch die vorsichtige Ausdrucksweise Meyers in der Gesch. d. Alt. III S. 250, wo er die Bedeutung der Schrift nachdrücklich hervorhebt und sie geistvoll zu der Leichenrede des Perikles (Thuk. II 35-46) in Parallele setzt.

derselben. Neue Textrezension und Paraphrase. Göttingen 1880 (Philologus Suppl. IV 1 und 2). Vgl. dazu A. Holm in Burs. JB. XXIII S. 348 8. und K. Schenk ebenda LIV S. 118 ff.

1) Die Anfänge einer politischen Literatur bei den Griechen. Festrede. München 1890, Verlag der Kgl. bayer. Akademie. Vgl. besonders S. 14 ff., 23 ff.

2) M. folgt hier v. Wilamowitz (Ind. Goetting. aest. 1885 S. 6 Anm. 2), der $ 5 mit Dionys τὴν ὕπουλον εὐνομίαν liest (Hss. αὐτονομίαν), und findet den Gedanken von Müller-Strübing (a. a. O.), in Phrynichos (dem Führer der Vierhundert) den Verfasser zu sehen, gar nicht so übel, da sie seine Anschauungen in der Tat wiedergibt". S. a. Gesch. d. Alt. IV S. 578.

) Vgl. dazu oben S. 176.

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Zum Schluß (404 ff.) bespricht M. noch drei Stellen. II 1 καὶ τῶν μὲν πολεμίων ἥττους τε σφᾶς αὐτοὺς ἡγοῦνται καὶ usilovs ist nicht, wie meist angenommen, korrupt und wird durch die bei Her. I 202 ὁ δὲ ̓Αράξης λέγεται καὶ μέζων καὶ ἐλάσσων εἶναι τοῦ Ἴστρου begegnende entsprechende Redensart, die eine ,,ungefähre Gleichheit" bezeichnet, gestützt (Stein z. St. nicht richtig); auch das xai zu Anfang, das M. streichen möchte, halte ich für echt; die Stelle wird dann (S. 405) mit einigen Worten treffend umschrieben. Über I 13, eine Stelle, die mit II 10 im Widerspruch zu stehen scheint, äußert sich M. mit Recht sehr vorsichtig:,,Sie wird sich auf eine uns unbekannte Maßregel beziehen, durch die sich die vornehmen Herren chikaniert. fühlten". An II 18 endlich (xwμodeîv xai xaxis λéɣɛiv) ist kein Anstoß zu nehmen, da die Worte nicht im Widerspruch mit den uns erhaltenen Komödien stehen, was mit Hinweis auf Arist. Ach. 515 ff. und Equ. (im allgemeinen wie besonders auf den Schluß) kurz und gut begründet wird. Die anschließende Bemerkung brigens (11 18 Mitte: ὀλίγοι δέ τινες τῶν πενήτων καὶ τῶν δημοτικῶν κωμῳδοῦνται καὶ οὐδ ̓ οὗτοι ἐὰν μὴ διὰ πολυπραγμοσύνην (Wichtigmacherei!) καὶ διὰ τὸ ζητεῖν πλέον τι Exεiv tov dýμov) möchte Verf. auf Sokrates beziehen, der ja 423 von Aristophanes und Ameipsias auf die Bühne gebracht worden war. Wenn diese Vermutung richtig ist (ansprechend ist sie mindestens und gewiß wahrscheinlicher als die zu II 17 geäußerte), würde man tatsächlich die Schrift zeitlich etwas weiter hinabrücken müssen, indessen nur um wenige Jahre, so daß von seiten der sprachlichen Form Bedenken nicht entgegenstehen würden (vgl. auch o. S. 151 A. 1).

Ich schließe die Besprechung der oben angegebenen Stellen aus den echten xenophontischen Werken an. In dem Abschnitt über,,Wehrkraft, Bevölkerungszahl und Bodenkultur" Attikas (S. 149 -195) kommt M. unter Nr. 1 (Die Armee und die drei oberen Klassen, S. 149-168) S. 161 darauf zu sprechen, wie die Athener in der Auswahl ihrer Truppen immer anspruchsloser werden mußten, je größer die Not im Verlaufe des Krieges wurde1). Die Kriegsrüstung für die Arginusenschlacht 406,,,das Ende der Entwicklung“, bringt alles als Matrosen auf die Schiffe, auch Angehörige der oberen Klassen (εἰσέβησαν δὲ καὶ τῶν ἱππέων πολλοί, Hell. I 6, 24). Unter diesen war gewiß auch Xenophon, der ,,deshalb die Arginusenschlacht ebenso anschaulich schildern kann wie den ionischen Feldzug des Thrasyllos (Schwartz a. a. O.) und die Vorgänge in Athen unter den Dreißig" (s. o. S. 179). In demselben Abschnitt, Nr. 4 (Die Sklavenzahl, S. 185-189) handelt es sich, hauptsächlich im Zusammenhang mit den Forschungen von

1) Dabei Hinweis auf Hell. I 1, 34 und 1 5, 20.

J. Beloch 1) und Ciccotti 2) um die schwierige Feststellung der Sklavenzahl in Attika. M. warnt vor Überschätzung. Xenophon, aus Anlaß seines bekannten Vorschlages (354), der Staat solle Sklaven aufkaufen und für die laurischen Bergwerke in Pacht geben, rät, damit bis zu 10 000 zu gehen; doch könnten die Bergwerke noch sehr viel mehr als diese" (лollaлháσia τovtwv, Пlógoι IV 25) beschäftigen. IV 14 werden Beispiele angeführt, welche Mengen von Sklaven reiche Männer in den Bergwerken beschäftigten. Es gab also wohl viele Tausende, aber keinesfalls viele Zehntausende von Sklaven damals im 5. Jahrhundert während die Zahl im vierten gewaltig gesunken war. Die Theten besaßen im allgemeinen keine Sklaven, von den Zeugiten wenigstens die Mehrzahl mindestens je einen, wozu 49. noλ. I 19 verglichen wird: Die Bürger lernen rudern... xai avròv zai tòv oixétyv (S. 187 u. A. 2). – Unter Nr. 5 endlich (Die Bodenkultur, S. 189-195), wo sich ergibt, daß Boeckh (Staatshaushalt I 2 108 ff.) 3) die landwirtschaftlichen Verhältnisse Attikas nicht richtig beurteilt hat, wird auf Oik. XVI 10 ff. hingewiesen, wonach Brache und Saat jährlich wechselten.

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Meyers Untersuchungen, besonders die zu Hell. I 6, 24 und zur Avaíov лoliτɛíα, tragen, wie fast alles, was dieser ausgezeichnete Forscher in den Kreis seiner Betrachtung zieht, wiederum dazu bei, unser Wissen von den hier behandelten Fragen teils weiter zu führen, teils wenigstens zu klären. auch da, wo nur Vermutungen geäußert werden, wie besonders bei der Behandlung der schwierigen Probleme der politischen Flugschrift, sind sie ebenso ansprechend begründet, wie sie andrerseits nicht mit dem Anspruch der Unfehlbarkeit auftreten, der uns oft bei anderen Gelehrten unserer Tage begegnet. Man hat auch hier das Gefühl, einem Führer zu folgen, auf den man sich verlassen kann.

Folgende Schriften (vorwiegend ausländische) haben dem Berichterstatter nicht vorgelegen:

I. Allgemeines.

A. Texte.

1) Xenophon. Opera omnia. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit E. C. Marchant. Tomus I. Historia Graeca. Oxonii 1900, Clarendon Press. 8. 3 sh.

Anzeigen: L. Parmentier, Rev. de l'instr. publ. en Belg., 1900
H. Richards, Class. rev. 1900 Sp. 415-417.

p. 336.

1) Die Bevölkerung der griechisch-römischen Welt, 1886, S. 84 ff. 2) Del numero degli schiavi nell' Attica, Rendiconti dell' Istituto Lombardo, 1897 Ser. II, vol. 30.

9) 3 I S. 97 ff.

2) Xénophon, Œuvres complètes. Traduction nouvelle, avec une introduction et des notes, par E. Talbot. 6e édition. 2 voll. Paris 1900, Hachette et Co. LIX, 588 u. 548 S. 16. 7 fr.

B. Abhandlungen.

3) L. Venturini, Alcuni appunti intorno alla donna in Seno fonte. Rend. d. R. Ist. Lombardo di scienze e lettere. Ser. II, vol. 31, fasc. 9.

4) E. Michelangeli, La donna in Senofonte. Bologna 1899, L. Audreoli, 133 S. - Vgl. V. Costanzi, Riv. di fil. 1900 S. 319. G. Tropea, Riv. di stor. ant. 1900 S. 145–147.

II. Anabasis.

5) Xenophon Anabasis. Book 4. Edited with introduction, notes, vocabulary by G. M. Edwards. London. J. C. Clay. 144 S. 12. 1 sh. 6 d. Book 5, ebenda, 1900. 128 S. 12. 1 sh. 6 d.

6) Xenophons Anabasis, für den Schulgebrauch herausgegeben von R. Hansen. 1. Bändchen. Buch I und II. 5. Auflage. Ausgabe B: Text und Kommentar getrennt in 2 Heften. Perthes, III, 47 und 56 S., mit einer Karte. 7) Xenophon Anabasis. Books I, II. Ed. by London 1900, Bell. 18. je 1 sh. 6 d.

Gotha 1900, F. A.

gr.

8.

1,20 M.

E.

C. Marchant.

8) Xénophon Anabase. Livre I. Texte grec, revu et annoté, à l'usage des classes, par E. Perrin. 3e édition. Paris 1900, Hachette et Co., 83 S. et une carte de l'Anabase, 18. 75 c.

9) F. F. G. Fischer, Vocabularium op Xenophons Anabasis, met een kaartje. Groningen 1899, J. B. Wolters. 136 S. 1 fl. 40 c.

III. Hellenika.

A. Ausgaben, Übersetzungen.

10) Books I., II., II. Literally translated into Englisch prose by R. Mongan. London 1898, Cornish. 12. 2 sh. 6 d.

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G. Valetot, Rev. d.

11) Xenophon Hellenica. Books I. II. Edited, with introduction, notes by G. M. Edwards. Cambridge. Univ. Press. 216 S. 12. 3 sh. 6 d. Vgl. Athenaeum 1899 1, S. 272. J. P. Postgate, Class. Rev. 1899 Sp. 409. A. Martio, Rev. crit. 1900 S. 62-63. M. Hodermann, N. phil. Rdsch. 1900. S. 145-146. phil. 1901 S. 72. 12) Xenophons Hellenika, für den Schulgebrauch von R. Grosser. 2. Bdch. Buch III und IV, 2. Auflage besorgt von E. Ziegeler. Ausgabe B. Text und Kommentar getrennt in 2 Heften. Gotha 1900, F. A. Perthes. VI, 60 und 33 S. gr. S. 1,20 M. Vgl. M. Hodermanu, N. phil. Rdsch. 1900 S. 50.

13) Underhill, G. E., A commentary with introduction and appendix on the Hellenica of Xenophon. Oxford 1900, Clarendon Press. XCVI, 378 S. 7 sh. 6 d.

Anzeigen: H. Richards, Class. Rev. 1900 Sp. 415–417.
brecht, WS. f. klass. Phil. 1900. Sp. 1276-1279.
des étud. gr. 1900 S. 414-415.

H. G.,

W. Voll-
Rev.

Vgl.

14) Xenophontis Historia Graeca rec. E. C. Marchant.

s. n. I 1.

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