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Lucius, Lucullus, and Sempronius

vii or x: all,

und hinter dem mit Sempronius schliessenden Versen würden nach der Absicht des Dichters etwa zwei Verse mit irgend welchen beliebigen Namen des classischen Alterthums, und am Schlusse derselben das Wörtchen all haben folgen sollen, dass also das Ganze etwa hätte lauten können:

Lucius, Lucullus and Sempronius,
Ventidius, Marcellus, Lentulus,
Artemidorus, and Euphronius; all.

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Einigen der Herausgeber und Kritiker Shakspeare's ist ein gewisser Mangel an Vollendung, etwas Unfertiges an unserm - Drama, welches jedenfalls eines der spätesten Werke des grossen Dichters war, aufgefallen. Im Anschluss an die von Coleridge in seinen Vorlesungen geäusserte Ansicht bemerkt Collier (Shakspeare's Works, Vol. VI. p. 501) darüber: There is an apparent want of finish about some portions of Timon of Athens," while others are elaborately wrought. In his lectures in 1815, Coleridge dwelt upon this discordance of style at considerable length; und Gervinus (Shakspeare, Band IV, S. 166) sagt: „Die Composition ist in der alten Gründlichkeit zu geistiger Einheit gebunden, aber in einigen Punkten locker und wie unfertig," und bringt dafür einzelne Belege aus dem Drama bei. Was diese Männer an der Behandlung des Stofflichen mehr im Grossen und Ganzen herausgefühlt haben, das erhält durch unsere Deutung des Ullorxa auch in einem einzelnen, ganz äusserlichen Falle eine merkwürdige Bestätigung.

Die zweite zur Besprechung ausgewählte Stelle ist enthalten in Twelfth-Night, or: What you will, Act II, Scene 5, wo Malvolio folgende Worte spricht: There is example for't: the lady of the Strachy married the yeoman of the wardrobe. Wie in der vorigen Stelle Ullorxa, so ist hier Strachy völlig unverständlich.

Bei der Entstehung dieses Wortes lassen sich zwei Möglichkeiten denken. Entweder wurde das Stück,,Was ihr wollt," welches ebenfalls wie Timon in keiner Quartausgabe vorhanden ist, sondern zuerst in der Folioausgabe von 1623 erschien, wirk

lich nach der Urschrift Shakspeare's, welche in den Händen seiner Freunde Heminge und Condell, der Herausgeber der Shakspeare'schen Dramen, sich befand, abgedruckt, wie die Angabe auf dem Titelblatt: „Published according to the True Original Copies" vermuthen lässt: und dann konnte der Setzer das in der Handschrift Shakspeare's undeutlich geschriebene Wort nicht ordentlich lesen und setzte, unbekümmert um den Sinn, was er eben aus den unleserlichen Zügen herauszuerkennen vermochte, was aber weder im Englischen noch in einer andern Sprache ein Wort ist. Oder - was wahrscheinlicher ist die Urschrift Shakspeare's hatte sich nicht erhalten, und die Herausgeber waren genöthigt, das Stück nach einer bei dem Globetheater aufbewahrten Abschrift abdrucken zu lassen. Hier ist nun wieder ein doppelter Fall möglich: entweder stand in dem Theatermanuscripte das richtige, von Shakspeare herrührende Wort, und der Setzer, versah sich wegen Unleserlichkeit der Handschrift, oder der Fehler fand sich schon in dem beim Druck zu Grunde gelegten Manuscripte vor und beruhte, je nachdem das Manuscript nach einem Dictate nachgeschrieben oder von einem vorliegenden Original abgeschrieben war, auf einem Irrthume des Ohres oder des Auges, der Setzer aber setzte das Wort eben so falsch wie er es in dem Manuscripte las. So viel ist aber jedenfalls klar: der Setzer hat etwas Falsches aus dem Manuscripte herausgelesen, die Freunde Shakspeare's aber, welche die Herausgabe der Dramen besorgten, merkten entweder den Druckfehler aus Unachtsamkeit gar nicht, oder wussten, wenn sie ihn merkten, doch selbst keine Abhülfe dafür, und das von Shakspeare herrührende Wort muss ein dem uns überlieferten im Klange oder in den Schriftzügen möglichst nahe kommendes gewesen sein. Noch ist zu erwähnen, dass das Wort Strachy in der Folioausgabe mit Cursivschrift, deren sie sich regelmässig im Texte nur bei Eigennamen, Fremdwörtern oder Citaten bedient, gedruckt ist, und dass also das Wort in den Augen des Setzers und der Herausgeber nicht für ein gewöhnliches Wort, sondern für ein Nomen proprium oder Fremdwort gegolten hat, an welchen Fingerzeig wir uns bei der Aufsuchung des an die Stelle zu setzenden Wortes möglichst zu halten haben. Welches Wort nun aber das ursprüngliche, vom

Dichter selbst angewendete sei, darüber sind die Herausgeber sehr verschiedener Meinung, und von den Verbesserungsversuchen, die sie angestellt haben, ist einer immer sonderbarer und wunderlicher als der andere. Gar nicht zu gebrauchen ist die Conjectur Warburton's, welcher ich keinen auch nur einigermassen erträglichen Sinn unterzulegen weiss. Statt Strachy schreibt er nämlich Trachy, was von Thrace (Thracien) man sieht nicht recht, wie dies möglich ist herkommen und wahrscheinlich also einen Thracier bedeuten soll; und die Möglichkeit der Ableitung zugegeben, so passt die Erwähnung Thraciens und der Thracier, dieses Landes und Volkes aus der alten Geographie, in den Zusammenhang unserer Stelle auch nicht im Mindesten.

Sehr weit hergeholt und höchst unwahrscheinlich ist ferner die Vermuthung Knight's, welcher Strachy für ein Verderbniss aus Strategus hält und dies letztere Wort durch Statthalter einer Provinz erklärt, so dass demnach „,the lady of the Strachy“ die Wittwe eines Statthalters sein soll, die sich tief unter ihrem Range wieder verheirathet habe.

Fast noch unhaltbarer und unglücklicher ist die Conjectur von Steevens. Er schreibt starchy und erklärt „the lady of the starchy" für die Aufseherin über die (wahrscheinlich königliche) Wäsche. Aber gegen diese von vielen Gelehrten, unter andern auch von Tieck; angenommene Conjectur lassen sich sehr bedeutende Einwendungen erheben:

1) dass, wie schon oben bemerkt wurde, das in der Folioausgabe in Cursivschrift gedruckte Wort kein gewöhnliches oder Gattungswort, sondern ein Fremdwort oder einen Eigennamen erwarten lässt,

2) dass starchy gar kein im Englischen übliches, sondern ein von Steevens selbstgefertigtes Wort ist, indem man zwar im Englischen das Wort starch, die Stärke zur Wäsche, aber kein daraus gebildetes Wort starchy kennt, welches etwa ein Haus oder eine Anstalt, wo gestärkt wird, bedeutete, und mit laundry, Waschhaus, Wäsche, sinnverwandt wäre, und

3) dass auch der Sinn unserer Stelle einer Waschhausaufseherin durchaus ungünstig ist. Malvolio nämlich, der Verwalter oder Haushofmeister der jungen reichen Gräfin Olivia,

wähnt sich von seiner Gebieterin geliebt, sieht in sich schon den künftigen Grafen Malvolio und sucht die Bedenken wegen der Ungleichheit des Standes sich auszureden durch das Vorhandensein ähnlicher Fälle von Missheirathen, wofür er als Beispiel anführt, dass irgend eine vornehme Dame einen Garderobendiener geheirathet habe. Es scheint mir nicht zweifelhaft, dass (wie auch Collier annimmt) hier eine Anspielung auf einen auffallenden, zur Zeit der Abfassung unseres Stückes viel besprochenen, uns aber jetzt nicht mehr bekannten Vorfall der Art enthalten sei. Ob aber dieses, so grosses Aufsehen erregende Ereigniss sich in England (und zwar unter dieser Voraussetzung am wahrscheinlichsten bei Hofe) zugetragen habe oder im Auslande, und bei der letzteren Annahme als ein besonderes Curiosum durch die Zeitungen verbreitet worden sei und viel von sich reden gemacht habe, dies muss billig dahingestellt bleiben; dagegen ist einleuchtend, dass das Beispiel für Malvolio's Zweck um so treffender und schlagender wird, je grösser zwischen der Dame und dem von ihr gewählten Gemahle der Unterschied des Ranges ist, den wir durch das Wort erreichen, welches wir an die Stelle von Strachy setzen. Aufseherin eines Waschhauses, mit welcher uns Steevens beschenkt, und wenn wir uns auch darunter das Waschhaus ihrer Majestät der Königin Elisabeth vorstellen wollten (unter deren Regierung, wie wir aus bestimmten Angaben wissen, das Stück im Jahre 1602 aufgeführt wurde), ist aber über einen Garderobendiener dem Range nach nicht so sehr erhaben, dass durch das Beispiel einer solchen Verbindung Malvolio in seiner Hoffnung, die Kluft, die zwischen ihm und seiner hohen Gebieterin besteht, übersprungen zu sehen, bestärkt werden könnte. Am annehmbarsten scheint mir unter den bisherigen Vermuthungen der Herausgeber Shakspeare's noch die von Collier, dass in Shakspeare's Manuscript ursprünglich Strozzi, oder vielmehr Strozzy, gestanden habe, wenn wir mit Collier voraussetzen, dass die Verheirathung eines weiblichen Mitgliedes dieser edlen florentinischen Familie mit einem Dienstboten zu den damaligen Tagesneuigkeiten gehört habe. Dass aber Shakspeare den italienischen Namen Strozzi statt mit i, mit y, einem Buchstaben, den die italienische Sprache ganz verschmäht, geschrieben haben sollte (und doch dürfte diese Vertauschung des i durch y zur Erklärung der Entstehung der Lesart in der Folioausgabe ziemlich unabweisbar sein, wenigstens unter der Voraussetzung der Besorgung des Druckes entweder nach der Originalhandschrift selbst oder nach einer von derselben durch Abschrift genommenen Copie, welche Voraussetzung mehr Wahrscheinlichkeit für sich hat als die einer durch Dictat ent

standenen Handschrift), ist zu bezweifeln und macht mich gegen diese Conjectur Collier's bedenklich.

Wenn auch Collier mit Recht bemerkt, dass es am Ende eine Sache von nur geringer Bedeutung sei, das richtige Wort, welches in der Urschrift stand, zu wissen: so möchte man doch einen so grossen Dichter wie Shakspeare selbst von kleinen Flecken gereinigt sehen; und so hat die Auffindung eines an die Stelle des Verderbnisses zu setzenden passenden Wortes auch mein Nachdenken beschäftigt. Bei dem weiten Spielraum indessen, welcher dem Inhalte des Contextes zufolge für Vermuthungen dargeboten ist, darf man freilich auf zwingende Beweiskraft seiner Conjectur von vornherein sich keine Rechnung machen, sondern muss sich mit der Möglichkeit der Richtigkeit seiner Vermuthung neben verschiedenen anderen vielleicht eben so wahrscheinlichen genügen lassen. Den Anforderungen unseres Textes erstens einer im Gegensatze zu dem Garderobediener möglichst hochgestellten Dame deren Heimat übrigens weder in dem Vaterlande des Dichtens, noch in dem Lande, welches Shakspeare zum Schauplatze unseres Dramas macht, das ist in Illyrien, nothwendig gesucht zu werden braucht, sondern für welche uns die Wahl so lange völlig frei steht, als nicht eine aus bisher unzugänglichen Quellen geschöpfte zufällige glückliche Entdeckung Licht auf diese Anspielung Shakspeare's wirft, und zweitens einem in den Schriftzügen dem überlieferten Strachy möglichst nahe kommenden Worte, das wo möglich auch ein Freindwort oder Eigenname sein muss: diesen Anforderungen scheint mir das Wort Starosty vollkommen zu entsprechen. Wäre dies Wort das aus Shakspeare's Feder geflossene, so hätten wir uns zu denken, dass eine grosse Magnatin irgend eines slawischen Reiches, die Besitzerin einer Starostei, ihren Garderobendiener zu ihrem Gemahle erhoben habe: was gerade in einem halb orientalischen Staate zwar weniger befremdlich sein würde als in jedem anderen, dennoch aber, auf welche Weise auch die Kunde davon nach England gedrungen war, zur Zeit der Abfassung unseres Dramas in London eine grosse und das Publicum wenigstens für einige Zeit interessirende Neuigkeit gewesen sein muss, denn dass es allbekanntes Stadtgespräch war, scheint mir ziemlich deutlich aus dem Gebrauche des bestimmten Artikels in den Worten the lady . . . married the yeoman hervorzugehen.

Dr. Herm. Erfurdt.

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