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Collège de France, als er von der Nothwendigkeit sprach, endlich einmal die Literatur anderer Völker zu studiren: oui, nous avons des traductions de l'anglais, mais prenez la première venue et vous trouverez à chaque page un contre-sens.

Aber nicht allein, dass sie die fremde Sprache so oft nur unvollkommen beherrschen und also Fehler, wie ich einige angeführt, auch ganz berühmten Leuten begegnen; nicht allein dass bei der Uebertragung in ihre akademische Salonsprache von dem Geist des Originals, von der Form und dem Sinn oft wenig überbleibt, dass Heines: „wenn Du eine Rose siehst, sag, ich lass sie grüssen“ bei Taillander lautet: si tu aperçois une rose, dis lui que je lui envoie mes plus empressés compliments, so wissen sie oft auch heute noch nicht, dass der Uebersetzer seinen Stolz in eine möglichst genaue Wiedergabe des Originals setzen, dass er keinen andern Zweck haben, nicht von seinem Eigenen geben soll; sie besitzen nicht die nöthige Achtung vor dem Texte, sie unternehmen es nach Belieben zu ändern, nachzuahmen, zu verschönern, dem Geiste ihrer Nation und ihrem Geschmacke anzupassen; ganz besonders aber da, wo ihre Kenntniss der Sprache nicht ausreicht oder wo eine Uebertragung die geringste Schwierigkeit böte, scheint ihnen eine Umschreibung oder eine Aushülfe ihrer Erfindung stets unendlich wünschenswerth. Wir haben wohl Alle gelegentlich über die Travestirungen gelacht, welche die Alten in den französischen Uebersetzungen der Zeit Ludwig XIV. erfahren, wenn bei Madame Dacier Homer die Muse mit: Chantez, Deesse anruft, wenn man wie P. L. Courier bemerkt, statt den Cyneas einfach sagen zu lassen: Romains et vous, Sénat, assis pour m'écouter, ihm die Worte in den Mund legt: Messieurs, puisque vous me faites l'honneur de vouloir bien entendre votre humble serviteur, j'aurai celui de vous dire. Herodote, sagt derselbe Schriftsteller in der vortrefflichen Vorrede zu seiner Herodotübersetzung, dans Larcher, ne parle que de princes, de princesses, de seigneurs et de gens de qualité, ces princes montent sur le trône, s'emparent de la couronne, ont une cour, des ministres et de grands officiers, faisant le bonheur des sujets; les princesses, les dames de la cour, accordent leurs faveurs aux jeunes seigneurs. Chez Hérodote les princesses

mènent boire les vaches, trouvent de jeunes gens etc. Aber trotz Couriers und der Romantiker ist diese Manie zu umschreiben und zu verschönern, zu entstellen und zu ändern, durchaus noch nicht erloschen. Vous comprenez, sagte kürzlich ein Uebersetzer Uhlandscher Gedichte zu einem Deutschen, que j'ai dû changer beaucoup, il y avait-là des contradictions que je ne pouvais laisser subsister, und so werden dann unsere ersten Dichter von einem beliebigen Literaten mit Verbesserungen herausgegeben und die Widersprüche in ihnen ausgeglichen. In der Revue de l'Instruction publique ward dieser Tage von Legrelle zugegeben, dass Göthe bisher so behandelt sei, dass man die Franzosen gleichsam allmälig an den unverfälschten Sinn hätte gewöhnen müssen; aber, wenn bei der neuesten Uebersetzung Porchat mit seinen Genossen sich eben bemüht, die Schwierigkeiten zu lösen und nicht zu umgehen, so ist vielleicht noch nicht ausser Acht zu lassen, dass Porchat Waadtländer ist und als solcher von vorn herein Gewissenhaftigkeit und Achtung vor den Pflichten eines Uebersetzers mitbringt; die romanischen Schweizer sind ja überhaupt den Franzosen an Kenntniss der deutschen Sprache und Literatur unendlich überlegen.

D'Assailly ist nun auch beständig mehr beschäftigt, seinen Geist zu zeigen und seine Bemerkungen hinzuzufügen, als in den Geist seiner Dichter einzudringen und seine ganze Ausdrucksweise etwas dem Gegenstande anzupassen. Da heisst es: L'hiver, cette longue trève de la nature, suspendait les tournois oder Ce qui donne un charme particulier au talent d'Ulrich, ce n'est point uniquement la grâce ou la vigueur, c'est surtout le naturel et l'imprévu. Une larme devient une élégie, une espérance enfante une ode. Er unterbricht die Inhaltsangabe von Tristan und Isolde in der Mitte z. B. durch ganz moderne Phrasen wie: à 15 ans l'âme est une terre vierge; lorsque la douleur jette ses germes amers, la plante hâtive plonge ses racines à d'immenses profondeurs. In seinen angeblichen Analysen wird die Farbe des Originals bis zur Unkenntlichkeit verwischt und durch seine Zusätze das Gemälde entstellt. Man höre z. B. den Anfang des Parcival: Voici une forêt profonde; le vent du nord souffle à travers les branches

d'arbres, et les nuées, ces feuilles du ciel, tourbillonnent au-dessus du bois. L'eau murmure sous la bruyère. Quelques oiseaux chantent. Un gracieux enfant contemple cette solitude, que son âme limpide a reflétée jusque-là comme une source réfléchit ses bords etc., wo denn nachher grade der bezeichnende Zug mit den Vögeln ausgelassen wird.

Wie er endlich die Gedichte, die er vorgibt zu übersetzen und er thut das in Prosa, so dass ihm nicht die Ausrede bleibt, dass der Vers ihn zu Aenderungen genöthigt, häufig nur gleichsam als Grundthemata benutzt, auf denen er sich in Variationen ergeht, wie er den Sinn ganzer Zeilen bis zur Unkenntlichkeit entstellt, mögen zwei Proben zeigen: Walter sagt: (S. 267 der Hagenschen Ausgabe, die er auch benutzt hat).

Durchsuezet unt gebluemet sint die reinen vrouwen;
Ez wart nie niht so wunnekliches anzeschouwen;

In lüften, noch uf erden, noch in allen gruenen ouwen;
Liljen unde rosen bluomen, swa die liuhten

In meien touwe durch daz gras, und kleiner vogelin sank

Daz ist gegen solher wunne bernden vröude krank

swa man ein schoene vrouwen siht, daz kan trueben muot erviuhten etc.

Dafür sagt d'Assailly: L'âme d'une femme pure est une brise pleine de parfums enivrants, un souffle embaumé de fleurs; jamais on n'a rien vu d'aussi délicieux dans les airs, où voltigent les nuées, sur la terre, où s'arrondissent les verts ombrages. Auprès de cette beauté des jeunes filles, auprès de la volupté qu'on éprouve à les admirer, les roses et les lis, lors même qu'ils brillent par une fraîche matinée de mai, sous un voile de rosée, dans le gazon, paraissent sans couleur, le ramage des oiseaux semble sans harmonie.

Ulrich von Lichtenstein sagt (II, 34):

Sumer ist nu gar zergan,
geswigen sint die vogellin;
Des muoz ich vil trurik stan
Und in dem herzen jamerk sin

Winter, und ein ander leit

Die geben mir ofte sen den muot, si hant mir leider beide widerseit.

Folgendes nennt d'Assailly eine Uebersetzung davon:

Voilà que l'été s'enfuit, emportant à pleines mains ses gerbes. Il a fait la moisson dans le champ de mon âme. Voilà que les oiseaux se cachent sous les feuilles sèches; voilà que leurs voix sonores sont devenues muettes. Je reste seul, au fond de mon désert, à écouter mes plaintes. L'hiver et la douleur m'ont saisi, pour m'asseoir sur leurs genoux blancs de givre, et leurs bras pesants, s'unissant pour m'abattre, font ployer des épaules inébranlables au choc de la masse d'armes.

Bei dem Lai d'Amour von Frauenlob geht die Mystification des Publicums so weit, dass sie, wie Pey bemerkt, nicht nur die Grenzen des Erlaubten, sondern auch des Wahrscheinlichen überschreitet, und dass bei einigen ganzen, angeblich übersetzten Strophen nur hin und wieder ein Wort an das Original erinnert, und da ich bei dem Schlussgedicht Frauenlobs, wo dieser über den Untergang der Ritterzeit klagt und das Girardin recht charakteristisch findet, durch den durchaus modernen Ton aufmerksam gemacht, vergebens im Hagen das Gedicht eifrig gesucht habe, das auch nur einigermassen als Unterlage hätte dienen können, so bin ich und nach dem Vorhergesagten wird das Niemand mehr grade Wunder nehmen ohne es absolut verbürgen zu können, moralisch überzeugt, dass das Verdienst dieser Composition wohl d'Assailly ausschliesslich gehören dürfte.

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Einem deutschen Publicum, denke ich, werden diese Aenderungen, diese Willkürlichkeiten, diese Täuschungen unglaublich, unmöglich erscheinen; und siche da die französischen Kritiker, die in ihren besten Revuen die Genauigkeit der Uebersetzungen attestiren und diese mittelalterlichen Gedichte bewundern; siehe da den feinen Kenner einheimischer und fremder Literatur, den berühmten Akademiker Saint-Marc Girardin, der in dem Buche findet le goût de l'enthousiasme et de la passion, le talent de les discerner et de les montrer à travers la splendeur vague ou l'obscurité lumineuse de la presse allemande, un poète qui traduit des poètes. Mit einer wahren Spürnase hat er ja sogar bei d'Assailly gesehen un reste d'affectation et de raffinement germaniques. Gewiss, neben etwas Jugendlichem, neben dem Enthusiasmus für Religion, Liebe und Frauen,

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erscheint in dem Buche eine gewisse Geziertheit und Affectirtheit, letztere hat aber der Verfasser in Deutschland doch kaum geholt, schon aus dem Grunde, weil er von demselben ja nur wenig zu wissen scheint; das Buch ist vielmehr grade echt und nur zu französisch. Aber es sieht um den Geschmack und die Kenntniss des deutschen Geistes bei Girardin bedenklich aus, denn er hat das seltene Missgeschick da d'Assailly manche Stellen auch ziemlich treu wiedergegeben hat dass alle die Gedichte, die er besonders charakteristisch, mittelalterlich, deutsch findet, fast vollständig dem modernen Franzósen angehören, und wenn er z. B. eine Phrase wie le sol vigoureux qu'on appelle le coeur de l'homme, besonders goutirt, so ist sie darum, weil sie etwas fremdartig klingt, noch nicht deutsch, vielmehr zum Theil aus einem Missverständniss hervorgegangen, denn im Original heisst es: (unt strale uz spinden ougen schiezent) in mannes herzen grunt.

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Die Franzosen spötteln über die Deutschen, die immer gleich Systeme auf Sand aufbauen; dass das auch ihnen begegnen kann, zeigt Girardin, dem ein Gedicht Walters ein ähnliches von Sophokles zurückruft; aber, meint er, seht den Unterschied griechischen und germanischen Geistes; dieser sagt: Amour, tu reposes sur les joues délicates des jeunes filles, während der Deutsche l'âme d'une femme pure bewundert; also ist bei den Alten die Liebe körperlicher, weniger ätherisch und rein. Das wäre ganz schön, nur hat zum Unglück Walter nichts von der Seele" der Frauen gesagt, so dass das Raisonnement zu Boden fällt. Grade diese Bemerkung soll übrigens Girardin nicht zum Vorwurf gereichen, denn wenn mir ein Schriftsteller erklärt: ich habe das übersetzt, so sollte man es ihm billigerweise glauben können, sonst hört ja doch eigentlich Alles auf; ich führe aber diesen Fall an, um den Franzosen zu zeigen, wie wichtig es ihnen selbst sein muss, zuverlässige und getreue Uebertragungen zu besitzen. Es kam mir auch bei meiner Kritik weniger grade auf d'Assailly an, der in dem Buche ein gar nicht zu verachtendes literarisches Talent zeigte und für dessen Persönlichkeit man trotz Allem eine gewisse Sympathie bekommt, ich wollte zeigen, welche Praxis doch noch häufig bei den Ueber

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