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Ruhm und

§ 8.

Während er an den Georgica arbeitete, lebte er zuAnerken meist in Neapel und Campanien. In Rom besafs er ein nung. Haus auf den Esquiliae, wie sein Freund Horaz, neben

Verhältnis

zu

Augustus.

Des Dich

dem ihres beiderseitigen Gönners Maecenas gelegen; seiner Liberalität verdankten sie beide ihr sorgenfreies Dasein. Possedit prope centies sestertium ex liberalitate amicorum habuitque domum Romae Esquiliis iuxta hortos Maecenatis, quamquam secessu Campaniae Siciliaeque plurimum uteretur. Sein Dichterruhm war schon seit dem Bekanntwerden seiner Eklogen fest gegründet. Bucolica eo successu edidit, ut in scaena quoque per cantores crebro pronuntiarentur. Als er einst im Theater anwesend war und Verse von ihm vorgetragen wurden, erhob sich das Publikum von den Sitzen und erwies ihm dieselben Ehrenbezeugungen wie dem Kaiser. Von der Strafse mufste er oft vor dem Andrange der Neugierigen in das erste beste Haus flüchten. Doch hatte die Hauptstadt mit ihrem fumus, opes, strepitus eben so wenig Anziehungskraft für ihn, wie für seinen Freund Horaz.

$ 9.

Für die Teilnahme und das Interesse des Augustus ist bezeichnend die Notiz in der vita Donati: Georgica reverso post Actiacam victoriam Augusto atque Atellae reficiendarum faucium causa commoranti per continuum quadriduum legit suscipiente Maecenate legendi vicem quotiens interpellaretur vocis offensione. Das lebhafteste Interesse nahm der Kaiser an der Arbeit, die den Dichter den Rest seines Lebens beschäftigte, der Aeneis, sed nec emendavit nec edidit. (Servius.) Seinem Drängen gab Vergil insoweit nach, als er ihm einige der gelungensten Partieen vorlas (recitavit voce optima!). Den grössten Eindruck machte er mit der Recitation der Verse des 6. Buches, welche von dem jungen Marcellus, dem Neffen und Schwiegersohn des Augustus, handelten, mit dem grofse Hoffnungen im Jahre 23 in das Grab gesunken waren. Ob Aeneidis libri sexti recitationem gravi aere cum donavisse traditur Augustus.

§ 10.

Die letzten Schicksale des Dichters soll die vita selbst ters Tod. erzählen: Anno aetatis quinquagesimo secundo impositurus Aeneidi summam manum statuit in Graeciam et

in Asiam secedere triennioque continuo nihil amplius quam emendare, ut reliqua vita tantum philosophiae vacaret. Sed cum ingressus iter Athenis occurrisset Augusto ob oriente Romam revertenti destinassetque non absistere atque etiam una redire, dum Megara vicinum oppidum ferventissimo sole cognoscit, languorem nactus est eumque non intermissa navigatione auxit ita, ut gravior aliquanto Brundisium appelleret, ubi diebus paucis obiit XI Kal. Octobr. (21. Sept.) des Jahres 19. - Also unter griechischem Himmel sollte das Werk zur Vollendung reifen, hellenische Sonne, hellenisches Land, hellenische Laute hätten den erfreulichsten Einfluss auf die letzte Überarbeitung der Dichtung geübt. Es sollte nicht sein.

„Ein Vollendetes hienieden

Ward nie dem Vollendungsdrang."

Vergils zarte, für Krankheiten leicht empfängliche Natur vermochte den schädlichen Einflüssen eines fremden Klimas und den andauernden Strapazen einer Seefahrt nicht zu widerstehen. Seine irdischen Überreste wurden nach Neapel gebracht, wo er so gerne geweilt hatte. Die vita. sagt darüber: Ossa eius Neapolim translata sunt tumuloque condita, qui est via Puteolana intra lapidem secundum, in quo distichon fecit tale:

Mantua me genuit, Calabri rapuere, tenet

пипс

Parthenope: cecini pascua, rura, duces.

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Von einem zeitgenössischen Dichter Silius Italicus erzählt der jüngere Plinius in einem seiner Briefe, dafs er Vergils Geburtstag religiosius quam suum celebrabat, Neapoli maxime, ubi monumentum eius adire ut templum solebat. An diesen Ort knüpften dann später die Sagen von dem Zauberer Virgilius an. Dieser grofse Zauberer des Altertums, dieser römische Homer, hat sein Grab unter den Reben und Blütenbäumen über der Grotte des Posilippo gefunden, ein wahres Dichtergrab, wie die Welt kein zweites besitzen mag. Er selbst hatte seine Asche Neapel vermacht, weil dieser Stadt Sonne sein schönstes Gedicht zur Reife gebracht hatte, und sein Kaiser selbst liefs diesen Dichterwillen in würdigster Weise vollziehen. Welch herrliches Leben an diesem Strande, als Vergil im Kreise begeisterter Kunstgenossen und edler Männer hier in voller Manneskraft sieben Jahre lang seine für die Ewigkeit gesungenen Verse dichtete. Achtzehnhundert Jahre zogen über das Grabgemäuer hinweg, die Urne ist

längst zerbrochen, verweht der Staub, den sie umschlofs,
- so manches Leben schofs empor auf der geweihten
Stätte, um wieder und wieder zu welken; so mancher
stand an seinem Grabe selig ergriffen, der klanglos zum
Orkus hinabsteigen musste. Aber wie das Meer da drunten,
das in erhabenen Accorden in Ewigkeit an die Ufer braust,
unvergänglich wie der Frühling, der unter diesem Himmel
weilt, klingen und blühen die Werke des Dichters fort:
die Georgica und die Aeneis!"
(Woldemar
Kaden.)

Person des
Dichters.

§ 11.

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An die Person unserer Dichter knüpft sich gewöhnlich viel Anekdotenhaftes. Die Neugier und Phantasie der Menschen ist dabei gerade aufserordentlich geschäftig. Auch Vergil ist diesem Schicksal nicht entgangen. Was nach Abschälung alles Klatsches an Thatsächlichem übrig zu bleiben scheint, ist folgendes: Er war durchweg, was Figur, Aussehen und Charakter anbetrifft, das Gegenteil seines Freundes Horaz. Dieser klein, rund, hitzig, voll Humor und Laune, durch und durch Weltmann, Vergil grofs, mager, ernst, besonnen, ohne Bedürfnisse, nichts weniger als geleckter Weltmann, eine anima candida. Die vita schildert ihn: Corpore et statura fuerat grandi, aquilo colore, facie rusticana, valetudine varia; nam plerumque a stomacho et a faucibus ac dolore capitis laborabat, sanguinem etiam saepe reiecit; cibi vinique minimi. Sein sittlicher Wandel war ohne Makel. Cetera sane vitae et more et animo tam probum constat, ut Neapoli Parthenias vulgo appellatus sit. Bona autem cuiusdam exulantis offerente Augusto non sustinuit accipere. Seine Lauterkeit und Liebenswürdigkeit verband ihm viele Freunde, zu denen aufser den schon genannten namentlich Varius und Plotius Tucca gehörten, die Herausgeber der Aeneide. Wie Horaz ist er unvermählt geblieben. Trotzdem beweist er Gefühl für Familienglück und Mutterschmerz, ein feines Verständnis für die Psychologie der Liebe und für den Charakter und die Empfindungsweise der Frauen. Er ist ein trefflicher Kenner der Natur, seine Stärke das Gemütvolle und Pathetische. Auf ihn pafst der berühmte Vers der Antigone wie auf keinen andern:

Ούτοι συνέχθειν, ἀλλὰ συμφιλεῖν ἔφυν.

§ 12.

Die

Aeneidos vixdum coeptae tanta exstitit fama, ut Aeneide, Sextus Propertius (Elegieendichter) non dubitaverit ein unvollsic praedicare:

Cedite Romani scriptores, cedite Grai;

nescioquid maius nascitur Iliade!

Diese Verse bezeichnen die Erwartungen, die man mit Recht von einem Dichter wie Vergil hegen konnte. Ob das Gedicht, wenn es voll und ganz aus des Dichters Hand hervorgegangen wäre, diesen hohen Erwartungen entsprochen hätte, mufs bezweifelt werden. Wer wollte mit dem rivalisieren, von dem unser Dichter selbst geäufsert haben soll, als man ihm die Nachahmung desselben zum Vorwurf machte, facilius esse Herculi clavam quam Homero versum subripere? Sicher müssen wir mit unserm Urteile zurückhalten einem Werke gegenüber, das der Dichter, so wie es uns vorliegt, nicht zur Herausgabe bestimmt hatte, das aufserdem durch den langen Gebrauch manche unpassende Zusätze und Fälschungen erfahren haben mag. Egerat cum Vario, priusquam Italia decederet (jener mufs also eine Abschrift besessen haben), ut siquid sibi accidisset, Aeneida combureret, sed is facturum se pernegarat. In extrema valetudine assidue scrinia desideravit, crematurus ipse. Verum nemine offerente nihil quidem de ea cavit, ceterum eidem Vario ac simul Tuccae scripta sub ea conditione legavit, nequid ederent, quod non a se editum esset. Edidit autem auctore Augusto Varius, sed summatim emendata, ut qui versus etiam imperfectos sicut erant reliquerit.

§ 13.

endetes Gedicht.

stellungs

Der Dichter arbeitete an seinem Werk mit pein- Die Herlicher Sauberkeit und Gewissenhaftigkeit. Scherzend soll weise des er zu seinen Freunden geäufsert haben, seine Verse kämen Dichters. ungeformt wie die Jungen einer Bärin zur Welt, die erst durch Lecken und Putzen der Alten Form und Gestalt gewännen. Die Verse, die er früh diktiert hatte, überarbeitete er am Tage, so dafs am Abend nur wenige von der kritischen Feile unverschont geblieben waren. vita berichtet auch, dafs er die Aeneis erst prosaisch im Umrifs anlegte und dann nach Lust und Laune bald diese, bald jene Partie poetisch in Angriff nahm, anderes überging, ut nequid impetum moraretur quaedam imperfecta transmisit, alia levissimis verbis velut fulsit, quae

Die

Die Aeneassage

per iocum pro tibicinibus interponi aiebat ad sustinendum opus, donec solidae columnae advenirent. Nur selten ging er mit andern über zweifelhafte Punkte zu Rate. Von dem, was er selbst vortrug, waren alle entzückt; man hatte den Eindruck eosdem versus ipso pronuntiante bene sonare, sine illo inanes esse mutosque.

§ 14.

Wie Aeneas nach dem Abendland (Hesperia) kam vor Vergil. und Lavinium gründete, das wufsten zuerst Griechen zu erzählen. Bei den Römern wurde diese Sage zuerst poetisch gestaltet von C". Naevius, welcher in seinem Gedichte über den ersten punischen Krieg die Feindschaft Roms und Karthagos auf das Verhältnis des Aeneas zur Dido zurückführte. „Wenigstens wissen wir, dafs in diesem Gedichte ausführlich von der Flucht des Aeneas und seines Vaters, ihren Abenteuern auf der Fahrt, der gastlichen Aufnahme in Karthago und endlich von der Ankunft in Latium die Rede gewesen." (L. Preller.) Naevius schrieb sein Gedicht in dem altlateinischen Versmafse, in Saturniern. Dictum facete et contumeliose in Metellos antiquum Naevii est: Fató Metélli Római fiunt cónsülés, cui tunc Metellus consul iratus versu (Saturnio) responderat:

Dabúnt malúm Metéllì | Náevió poétàe.

Der epische Vers der Hellenen wurde in die römische Litteratur eingeführt von dem bei den Römern sehr hochgeschätzten Q. Ennius (239-169), der in seinen viel citierten Annales die römische Geschichte von Aeneas bis auf seine Zeit chronologisch behandelte. Endlich hatte der Altertumsforscher M. Terentius Varro im ciceronischen Zeitalter „sich mit grofsem Eifer auch auf diesen Abschnitt des römischen Altertums eingelassen, in Samothrake nach der Bedeutung der Penaten geforscht, Epirus wegen der dortigen Erinnerungen an Troja und Aeneas bereist, dessen Ankunft in Latium und den Bund mit Latinus, ferner die Gründung Albas und die Geschichte der albanischen Könige mit chronologischer Genauigkeit beschrieben und in Rom selbst Untersuchungen über die trojanischen Geschlechter d. h. über die Familien, welche sich vom Aeneas und seinen Trojanern abzustammen rühmten, angestellt." (Preller.) So fand Vergil den Stoff für seine Dichtung in seinen einzelnen Momenten von Griechen und Römern ausgebildet vor, seine Aufgabe war es ihn poetisch zu gestalten.

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