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Denn wenngleich ausführliche, wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Lexika zu den einzelnen Attikern uns noch willkommenere Gaben wären, so dürfen wir vorläufig schon mit Indices, die auf Grund der neuesten kritischen Ausgaben und unter Berücksichtigung ebenso abweichender Lesarten wie der evidentesten gelehrten Besserungen mit peinlichster Sorgfalt hergestellt sind, als einem wesentlichen Hilfsmittel der Forschung wohl zufrieden sein, und nach den Indices zu Thukydides von v. Essen (1887; vgl. R. Steig, JB. XIV S. 49f.) und den zu den meisten xenophontischen Schriften aus den letzten Jahren nun vorhandenen (s. o. S. 132), ist der vorliegende freudig zu begrüßen. Er füllt tatsächlich eine,,Lücke" aus. Denn der Schneider-Dindorfsche, der mehr ein (allerdings dürftiges) Lexikon darstellt, war unvollständig, ist überdies (zuletzt 1862 erschienen) veraltet.

Über die Grundsätze der Bearbeitung geben die Verfasserinnen in einer kurzen Vorrede Aufschluß. Zugrunde gelegt ist mit Recht Gilberts Ausgabe (natürlich von 1888, nicht 1895, wie die Damen annehmen, wohl durch die bei Neudrucken ebenfalls neu eintretende Jahreszahl der Teubnerschen Bibliothek verleitet); die zahlreichen daselbst vorgenommenen Einklammerungen sind als nicht vorhanden angesehen worden, was nicht ganz zu billigen ist. Auch in der Orthographie schließen sie sich an G. an. Die wichtigsten hdschr. Abweichungen sind durch eckige Klammern kenntlich gemacht. Verba verschiedenen Stammes sind jedes unter seiner besonderen Wurzel verzeichnet, Nomina und Infinitive, die mit dem Artikel verbunden sind, durch den Druck ausgezeichnet. In der Aufnahme von Partikeln u. a., der mühseligsten Arbeit bei derartigen Zusammenstellungen, sind die Verfasserinnen ziemlich weit gegangen, uèv und dè in Verbindung mit dem Artikel sind aufgenommen, auch μ&v=μýv. Aber wenn,,einzelnstehendes" u verzeichnet wurde das doch meist, auch an den von G. und K. angegebenen Stellen, ein dè im Gefolge hat—, so durfte auch auf ds nicht verzichtet werden, ebenso wenig auf καί. Denn statistische Untersuchungen wünschen auch hier eine sichre Grundlage zu haben, und bei einer Schrift von verhältnismäßig kleinem Umfange war auch diese Arbeit ohne allzu große Entsagung zu leisten. Einen Mangel sehe ich darin, daß abweichende Lesarten der Neueren nicht berücksichtigt worden sind. Nicht daß etwa alle Konjekturen angeführt werden sollten, von denen viele noch schneller vergessen werden als sie gemacht sind; aber eine Auswahl der besseren durfte nicht fehlen. Da das Beste auch auf diesem Gebiete in Deutschland geleistet ist, so hätten die Verfasserinnen, wenn sie sich an Gilbert anschlossen, schon aus dessen praefatio critica vieles entnehmen können, und ein weiteres Studium der einschlägigen Literatur, besonders der ja gerade in Amerika viel benutzten Bursianschen Jahresberichte (zumal Schenkls; s. o. S. 63), hätte Förderliches geboten.

An

ausgezeichneten Mustern für die Methode der Verarbeitung fehlte es außerdem ja nicht. Für eine Neuauflage des Büchleins wäre also eine Erweiterung nach dieser Seite hin zu wünschen, und eine Vermehrung des Ganzen um einen bis zwei Bogen würde ja wohl nicht zu schwer ins Gewicht fallen; auch ein Verzeichnis der einschlägigen Literatur, das im Texte selbst nur Angabe der Namen nötig machen würde, wäre eine nützliche Zugabe.

Die Ausstattung des Buches ist, wie wir es bei englischen und amerikanischen Ausgaben gewohnt sind, glänzend, Papier und Druck vorzüglich, der Preis mäßig.

B. Abhandlungen,

48) P. Dörwald, Gliederung von Xenophons Memorabilien I 1 und 2. Lehrproben und Lehrgänge 58 (Januar 1899), S. 86–94.

Dörwald gehört zu den eifrigsten und erfolgreichsten Verteidigern der oft angegriffenen Memorabilienlektüre. In zahlreichen Aufsätzen1) hat er ihre Bedeutung immer aufs neue hervorgehoben, durch Behandlung einzelner Abschnitte schätzenswerte Beiträge zu ihrer Behandlung in der Obersekunda des Gymnasiums gegeben, auch ihre Verwertung für den Religionsunterricht 2) in ansprechender Weise erörtert.

Die in dem vorstehenden Aufsatz gegebene Gliederung der ersten beiden Kapitel des ersten Buches bildet den Schlußstein der vielseitigen Arbeiten des Verfassers über den Gegenstand. Sie ist doppelt wertvoll. Einmal deswegen, weil sie sich gerade auf die Kapitel bezieht, deren Behandlung sich schwerlich ein Lehrer entgehen lassen wird, der seinen Schülern ein möglichst vollständiges Bild der Persönlichkeit des Sokrates geben will, und ferner, weil hier durch eine bis ins einzelne gehende Aufzeigung des inneren Zusammenhangs, ohne besondere Polemik, durch die schlichte Macht der Tatsachen allein, aufs deutlichste bewiesen wird, wie wenig gerechtfertigt die Einwände sind, die man gegen den angeblich,,aphoristischen Charakter" des Buches und seinen .,Mangel an Einheitlichkeit" vorgebracht hat. Was wir bei E. Lange (s. o. Nr. 10), dem Plane seines Büchleins entsprechend, in knappster

1) Vgl. Der didaktische Wert des xenophontischen Agesilaus im Zusammenhange mit der Cyropädie und den Memorabilien untersucht, Neue Jahrb. f. Phil. u. Pädag. 1891 S. 331-341 u. 369-408; Xenophons Memorabilien II 2 im Unterricht, Lehrpr. u. Lehrg. 40 (1894) S. 89-101; Xenophous Memorabilien und die neuere Kritik, Gymnasium XV (1897) S. 1-8 u. S. 41-52; Sokrates und der jüngere Perikles (Xen. Mem. III 5), Lehrpr. u. Lehrg. 50 (1897) S. 45-52; Die Memorabilienlektüre in Obersekunda, Lehrpr. u. Lehrg. 51 (1897) S. 36-70 (über alle vier Bücher); Xenophons Memorabilien als Schullektüre, Ztschr. f. d. GW. 1897 S. 666–673.

2) Eine Religionsstunde im griechischen Unterricht (Xen. Mem. I 4), Lehrpr. u. Lehrg. 44 (1895) S. 106-116.

Zusammenfassung erhielten, wird hier mit liebevollem Eingehen auch auf feinere Züge zur Anschauung gebracht. Auf den ersten Blick könnte es scheinen, als ob diese Gliederung mit ihren 1) a) a) aa) u. s. f. zu kompliziert sei und der Übersichtlichkeit ermangele; bedenkt man aber, daß das einzelne ja doch nach und nach in den Unterrichtsstunden mehrerer Wochen erarbeitet wird, die Steine allmählich sich fügen, bis der Bau Gestalt erhält und im Anschauen des Ganzen die Teile in der Rückerinnerung von neuem in ihrem Verhältnis zueinander und zur höheren Einheit sich darstellen, so ist alles einfach und natürlich. Eine so erarbeitete Übersicht über einen wertvollen Gedankengehalt hat Anwartschaft auf bleibenderen Besitz als die den Schülern in manchen Ausgaben (s. o. Nr. 46) fertig gegebenen Dispositionen; und gerade aus der des Verfassers wird recht deutlich, daß durch Auslassungen, Streichungen u. a. besonders in Kap. 2 (s. o. S. 194) der Zusammenhang nicht gefördert, sondern geschädigt wird; dem Bilde würden wesentliche Züge fehlen, wenn man z. B. § 11 (Gewalttat und Macht der Überzeugung), 19-23 (Übung der Sittlichkeit und der sittlichen Erkenntnis), 49-55 (Wahres Verhältnis von Sokrates' Schülern zu Vätern, Verwandten und Freunden) und von dem Schlußwort (62—64) einen Teil fortnähme. Und den Hesiodvers (56. 57, oy. z. qu. 311) wird man um seiner selbst willen (auch in Erinnerung an einen andern desselben Dichters, der den Schülern in dieser Zeit bekannt zu werden pflegt) wie in Verbindung mit der folgenden (übrigens auch von Rõsiger aufgenommenen) Homerstelle (Il. II 188 bis 191; 198-202) nicht missen mögen.

Dörwalds Übersicht sei ebenso wie seine übrigen Aufsätze zu den Memorabilien (besonders die in den Lehrproben und Lehrgängen" veröffentlichten) dem Studium der Fachgenossen angelegentlich empfohlen. Besonders wer durch längeres Verbleiben an derselben Anstalt und an kleineren Orten des lebendigen Gedankenaustausches mit andern, die es anders machen, enthebren muß und leicht einer gewissen Einseitigkeit verfällt, wird aus des Verfassers Erörterungen manchen Nutzen ziehen.

49) E. Rosenberg, Xenophons Memorabilien Kap. I und II in ihren Beziehungen zur Gegenwart. Neue Jahrbücher für das klassische Altertum 1899 (1. Abt.) S. 94–104.

Rosenbergs Aufsatz ist ein Gegenstück zu Dörwalds Übersicht (Nr. 48). Bei D. schlichte Gliederung des Tatsächlichen, hier ein Versuch, denselben Stoff mit der Gegenwart zu verknüpfen.

Der Verf. wirft die Frage auf, ob Kap. I und II des ersten Buches geeignet sind, ein Vierteljahr des Unterrichts der Obersekunda (unter Umständen auch mehr) in Anspruch zu nehmen,

und bejaht sie. Und er setzt an Stelle des oft mißbrauchten Satzes, daß für die Schüler gerade das Beste gut genug sei,,,das Geeignetste". Er findet, eine Generation, die nach Prima komme, ohne diesen ,,Elementarunterricht in der Philosophie" 1) genossen, ohne sich an diesen ,,damals wie heute modernen Fragen gebildet zu haben, habe etwas Wesentliches verloren. Mit Recht. Und zwar müssen die Schüler, wie ich meine und wie auch aus des Verfassers Ausführungen hervorzugehen scheint, diese Kapitel im Zusammenhange kennen lernen, ohne Auslassungen, ohne .,Verbesserungen", ganz so, wie der ehrliche Berichterstatter die Gedanken des Meisters wiedergegeben hat.

R. gibt mehr Anregungen als Ausführungen, und so gern besonders derjenige, der die bezeichnete Aufgabe zum ersten Male zu lösen hat, etwas Näheres über das,,Wie" der Sache erfahren möchte (die vorhandenen Kommentare bieten herzlich wenig), so hat doch andrerseits die Darstellung, weil sie kurz ist und sich auf das Wesentliche beschränkt, an Lebendigkeit und Frische ungemein gewonnen, und man folgt gern dem belesenen und vielseitig gebildeten Führer, der jedem doch etwas bringen wird.

Zwar die Darstellung des ersten Kapitels (S. 95-99) befriedigt weniger; R. übt hier zu viel Kritik an dem Schriftsteller, und der eigentliche Zweck, die Beziehungen zur Gegenwart aufzuzeigen, tritt weniger hervor. Die Probleme sind, scheint mir, zu schwierig, die Anstöße zu groß, um bei dem meist noch recht unreifen Publikum eine einheitliche Wirkung hervorzubringen und einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Vortrefflich aber ist, was über das zweite Kapitel gesagt wird (S. 99-104). Es ist ein Stück Pädagogik, was wir hier erhalten. Lehrer und Schüler" will es R. überschreiben. Und der Verfasser weist mit Geschmack einen Weg, den man gehen kann. Die Ausführungen über die ideale Auffassung des Lehrerberufs ebenso wie über die wahren Zwecke des Lernens (Gegenbild: Die Auffassung des Kritias und Alkibiades), über die Wichtigkeit der Übung der Tugend auch für die Besten, die sonst vor dem Falle nicht sicher sind, das alles ist zeitgewäß und wird, taktvoll und mit der nötigen Vorsicht (es sind eben noch Obersekundaner) in die Praxis umgesetzt, seine Wirkung tun. In der Erklärung des izzvλio Févraç (I 2, 22) vermag ich freilich dem Verf. nicht zu folgen; so vortrefflich das Bild (Sturz aus dem Wagen; vgl. Homer) an sich ist. es pat doch nicht in die grammatische Fügung, und wir müssen bei dem ἐγκυλισθέντας der besseren Überlieferung verbleiben. Mit Paris, gewissermaßen als modernem Babel, würde ich Thessalien auch nicht vergleichen. Rom und Korinth liegen da viel näher (vgl. den

1) Verf. hat neuerdings, durch die neuen Lehrpläne veranlaßt, die Frage der Memorabilienlektüre noch einmal erörtert (Ztschr. f. d. GW. 1903 S. 225-233). Vgl. den nächsten Jahresbericht.

Religionsunterricht der Klasse), zumal wenn man, wie der Verf., Fricks didaktischen Katechismus wiederbolt heranzieht. Auch das Bild vom breiten Wege (Ev. Matth. 7, 13) lag nahe; R. weist mit Recht sonst gerade auf biblische Gedanken mit Vorliebe hin; vgl. z. B. S. 103 zu dem „Laß die Toten ihre Toten begraben“ (Matth. 8, 22; vgl. Luc. 9, 60) und (ebenda) zu dem,,auf daß“ des vierten Gebots (Exod. 20, 12). Berührungspunkte und Gegensätze antiken und modernen Lebens treten deutlich hervor, und das ewig Bleibende Sokratischen Lebens und Sterbens steht immer im Mittelpunkte.

Auch über den nächsten Zweck hinaus enthält R.s Abhandlung manche zwar mehr gelegentliche, doch sehr zeitgemäße Bemerkungen. Was z. B. von der Hauslehrertheorie, dem Segen des Lehrerwechsels, der Gefahr der Presse und der Warnung X.s an die Eltern, ihre Söhne allzu oft und tief in ihre eigenen Gedankenkreise einzuführen, gesagt und wie es begründet wird, ist beherzigenswert und kann, wenn es auch nicht neu ist, doch nicht oft genug wiederholt werden.

Zum Widerspruch wird manchen Leser die Bemerkung des Verfassers herausfordern (S. 94), daß er diesen beiden Kapiteln das ganze Vierteljahr von Michaelis bis Weihnachten zu widmen pflege. Er sagt nicht, ob ausschließlich oder neben poetischer Lektüre; die Praxis ist darin ja verschieden. Doch gleichviel. Es sind nur 181⁄2 Seiten Teubnerschen Textes; und so fruchtbringend die bezeichnete Art der Einführung in die Elemente der Philosophie auch ist, man darf doch billig fragen, ob das noch griechischer Unterricht ist. Die Memorabilien bieten doch noch mehr geeigneten Stoff (vgl. besonders Dörwalds Aufsätze), und ein etwas rascheres Tempo der Lektüre ist im Interesse der sprachlichen Ausbildung wohl zu wünschen.

50) K. Lincke, Sokrates und seine Apologeten. Zeitschr. f. d. GW. LII (1898) S. 417-441.

Für Xenophon kommen aus Linckes Aufsatz einer Erweiterung eines auf der Dresdener Philologen-Versammlung 1897 gehaltenen Vortrages 1) hauptsächlich in Betracht S. 418, 419, 421, 427-441.

Ausgehend von dem klassischen Zeugnis für die Lehre des Sokrates von dem Unterschiede des Wissens und Meinens (Xen. Mem. I 1, 16) gibt L. zunächst eine von Begeisterung getragene Darstellung der Bedeutung des Sokrates, hauptsächlich nach Platon. Ein wesentlicher Zug seines Eudämonismus ist die Selbstlosigkeit. Sie betont Sokrates im Gespräch mit Hermogenes, sie schildert der Sokratiker Xenophon in dem Perser Pheraulas der Cyropädie, und er verdankt diese tiefere Auffassung von dem Werte des

1) Vgl. den kurzen Bericht in den „Verhandlungen“ S. 53–55.

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