ページの画像
PDF
ePub

gemaßregelt worden waren (I 53). Um das latinische Recht, mit welchem Vitellius gegen Ende seiner Regierung freigebig war (H. III 55 Latium externis dilargiri), könne es sich bei dieser Vergünstigung nicht gehandelt haben; denn Cerialis sage zu den Lingonen und Trevirern von Rom IV 74 quam victi victoresque eodem iure obtinemus. Aus dem Zusatz von universis zu Lingonibus I 78 sei zu schließen, daß in der Regel die Bürgerrechtsverleihung im Anschluß an das von Cäsar und Claudius beliebte Verfahren nicht an die Gesamtheit, sondern wohl nur an die Bewohner des Vororts erfolgte.

43) H. Willrich, Caligula. III. Lehmanns Beiträge zur alten Geschichte III 3 (1903).

W. bespricht S. 436 den Fall des Julius Graecinus Agr. 4 und die darin enthaltene, längst erkannte chronologische Schwierigkeit. Die Behauptung des Tacitus, daß die Weigerung des Graecinus, den M. Silanus anzuklagen, die Veranlassung seines Unterganges gewesen sei, streife hart an Unwahrhaftigkeit; denn schwerlich habe Gajus zweieinhalb Jahre mit der Bestrafung gewartet. Der Tod des Graecinus falle in die letzte Schreckenszeit unter Gajus; vermutlich sei er wegen Majestätsbeleidigung verurteilt worden. Man könne höchstens zugeben, daß Graecinus sich schon lange in Ungnade befunden und dieser Umstand bei seiner Verurteilung mitgesprochen habe.

44) Giovanni Ferrara, La forma della Britannia secondo la testimonianza di Tacito. Nota letta nell' adunauza del 7 luglio 1904 al Reale Istituto Lombardo di scienze e lettere. Milano 1904, tipo-lit. Rebeschini di Turati e c. 16 S. 8.

F. bespricht Agr. 10 formam totius Britanniae Livius veterum, Fabius Rusticus recentium eloquentissimi auctores oblongae scutulae vel bipenni assimulavere. Von Livius stamme wahrscheinlich der Vergleich mit der scutula, einem Worte, das hier vermutlich eine rautenförmige Figur bezeichne, von Fabius Rusticus der mit der Doppelaxt. Der letztere Vergleich entspreche annähernd der Gestalt des südlichen, nicht bis zur Clota und Bodotria, sondern nur bis zum Humber reichenden Teiles von Britannien, d. h. desjenigen Teiles, der vor Agricola bekannt war, mit den Einschnitten. Sabrina (westlich) und Metaris (östlich). Tacitus berichtige die Vorstellung seiner beiden Vorgänger, welche mit Unrecht von dem ganzen Britannien sprächen, insofern, als der nördliche Teil der Insel in die nördliche Klinge der Doppelaxt nicht einbegriffen sein könne (et est ea facies citra Caledoniam etc.).

Die ältere Tradition, vertreten durch Eratosthenes, Hipparch, Cäsar, Diodor, Strabo, Mela und Plinius, vermutlich auf Pytheas zurückgehend, gebe der Insel eine dreieckige Gestalt, die jüngere, die wir bei Isidor, Orosius, Julius Honorius, in der Tabula

Peutingeriana und bei dem Geogr. Ravennas finden, eine rautenförmige. Die letztere gehe mutmaßlich auf Livius und seinen Vergleich mit der scutula zurück.

45) Giuseppe Marra, Cassii Severi vita orationes libelli. Galatinae in Apulis 1903, ex officina Salvatoris Mariani.

Nach Boll. di fil. class. X S. 117 enthält diese kurze Monographie eine Sammlung der wenigen auf uns gekommenen Notizen über den Redner Cassius Severus, den Tacitus in den Annalen und im Dialogus je zweimal erwähnt.

46) Anzeigen älterer Schriften: Viertel, Tiberius und Germanicus (JB. XXVII S. 313): Riv. storica Italiana 1903 LuglioSettembre S. 318 von G. de Sanctis; Delbrück, Geschichte der Kriegskunst II 1 (JB. XXVIII S. 290): Hist. Vierteljahrsschrift 1904 S. 6-7 von Jos. Fuchs (etwas leichte Behandlung des Tacitus'); Tarver, Tiberius the tyrant (JB. XXVIII S. 290): Hist. Ztschr. 91, 2, S. 267 von Ad. Bauer (die wissenschaftliche Forschung dürfe an dem Buche nicht vorübergehen; denn es biete eine auf guter Kenntnis der Quellen ruhende, selbständige Darstellung des Gegenstandes), N. Jahrb. 1904 S. 459 von W. Schott (das Buch sei nicht streng wissenschaftlich, sondern eher für ein größeres Publikum geschrieben, jedoch die Frucht wissenschaftlicher Studien, obwohl es im ganzen keine wesentlich neue Anschauungen bringe und im einzelnen manches Anfechtbare enthalte. Verf. bezeichne seine Tendenz durch eine feine Antithese: Tacitus has killed Tiberius by style; I determined to revive him by style'); Willems, Le sénat romain en l'an 65 (JB. XXVIII S. 302): N. phil. Rundschau 1903 S. 444 von Ed. Wolff, Museum X 7 von Boissevain, Rev. crit. 1903 Nr. 47 S. 409 von J. Toutain, La Cultura XXII 12, Rjv. di fil. XXXII S. 144 von G. M. Columba, WS. f. klass. Phil. 1904 Sp. 711 von J., Berl. phil. WS. 1904 Sp. 721 von W. Liebenam (sorgsam durchgearbeitetes Material, führt aber nicht wesentlich über das Bekannte hinaus'); Winkelsesser, De rebus divi Augusti auspiciis in Germania gestis (JB. XXIX S. 231): Berl. phil. WS. 1904 Sp. 109 von Fr. Cauer; Spengel, Zur Geschichte des Kaisers Tiberius (JB. XXIX S. 232): N. phil. Rundsch. 1903 S. 487 von E. Wolff, DLZ. 1904 Sp. 359 (ablehnend); Dahm, Die Feldzüge des Germanicus (JB. XXIX S. 227): Bl. f. d. GSW. 1904 S. 122 von A. Spengel; Knoke, Gegenwärtiger Stand der Forschungen über die Römerkriege (JB. XXIX S. 230): WS. f. kl. Phil. 1903 Sp. 943 von E. Wolff (W. möchte zwar nicht allen Folgerungen Knokes zustimmen, findet aber, daß er in der Deutung der Schriftstellertexte seinen Gegnern regelmäßig überlegen ist. Vacuas Ann. II 46 ist W. geneigt im Sinne von 'sorglos' zu fassen und vergleicht Agr. 37 vacui spernebant), Lit. Zentr. 1903 Sp. 1751 (der Rezensent behauptet, ohne seinen Namen zu nennen,

auch diese neueste Schrift des unermüdlichen 'Osnabrücker Pamphletisten' habe keinen wissenschaftlichen Wert), N. phil. Rundschau 1903 S. 556 von O. Wackermann, Museum XI S. 224 von J. J. M. Valeton, Hist. Ztschr. 91, 3, S. 538, Mitteil. aus der hist. Lit. 32 S. 133 von Th. Preuß, Ztschr. f. d. öst. Gymn. 55 S. 365 von J. Oehler.

IV. Sprachgebrauch.

47) R. Wimmerer, Zwei Eigentümlichkeiten des Taciteischen Stils. II. Ztschr. f. d. öst. Gymn. 1903 S. 673-713.

[ocr errors]

Dieser Teil behandelt eine bei Tacitus besonders häufige, von ihm aber nicht geprägte, sondern schon vorgefundene sprachliche Besonderheit, nämlich die hypothetischen Perioden, in welchen neben irrealem Konjunktiv im Vordersatz im Nachsatze der Indikativ steht. Ihre Erklärung findet diese Erscheinung, wie W. zu zeigen sucht, ausschließlich in der durativ-konativen Bedeutung des Imperfekts, welches dem Präsensstamm, dem Träger der durativen Aktionsart, angehört, und des ihm gleichwertigen Plusquamperfekts. sowie der dem zuständlichen Imperfekt nahestehenden coniug. periphr. activa. Unter die Fälle der zuletzt genannten Form stellt W. diese eine Bemerkung zu der auf das Wesen der nicht indikativischen modi und andere verwandte theoretische Fragen eingehenden Abhandlung sei mir gestattet außer H. III 54, 6. 56, 16. Ann. III 66, 13 auch Ann. I 46 ire ipsum et opponere maiestatem imperatoriam debuisse cessuris, ubi principem . . . vidissent, wo schon der Umstand, daß der Vordersatz mit ubi, nicht mit si angeknüpft ist (ein Umstand, der W. nicht entgangen ist), zeigt, daß hier das part. fut., welches W. S. 710 als 'unzweifelhaft irreal' bezeichnet, nicht irreal aufzufassen ist. Es gibt nicht ein Urteil der mit der Haltung des Tiberius Unzufriedenen an über das, was die Aufrührer getan haben würden, wenn sie den Kaiser vor sich gehabt hätten, sondern diejenige Voraussetzung, auf Grund deren er sich nach dem Urteil der Unzufriedenen den Soldaten hätte entgegenstellen sollen: er hätte seine kaiserliche Würde ihnen entgegenstellen sollen in der Voraussetzung, daß sie nachgeben würden, sobald sie den Kaiser... sähen'.

48) Levi, Dario Riso, La sintassi di Tacito esposta nelle sue regole principali ad uso dei licei. Pisa 1903, tip. Mariotti. 48 S. 8.

Dieses Buch ist nach dem Urteil von L. Cisorio, Boll. di fil. class. X S. 114 zwar keine Originalarbeit und ohne wissenschaftliche Bedeutung, aber, weil aus den besten Quellen kompiliert, ein sehr brauchbares Lehrbuch.

49) F. G. Moore, Studies in Tacitean ellipsis. Descriptive passages. Transactions and proceedings of the American phil. assoc. Vol. 34 (1903). Verf. sammelt die signifikantesten Beispiele jener bei Tacitus so häufigen Art der Skizzierung, durch die mit scheinbarer

Ellipse des Verbs Völker und einzelne Personen und ebenso Zustände, Situationen und Stimmungen in kühnen Zügen, wie auf einem Gemälde, charakterisiert werden. Vorbereitet ist der Gebrauch dieses prädikatslosen nominativus adumbrativus' schon bei Cicero, Sallust und Livius, besonders aber bei Vergil (Än. II 368 crudelis ubique Luctus, ubique pavor et plurima mortis imago); bei Tacitus findet er sich am häufigsten in der Germania und den Historien, d. h. in der Periode, wo der Einfluß der Rhetorik auf seinen Stil am größten war. Im ersten Buch der Historien gehören hierher die Charakteristiken des Mucian, Vinius, Galba, im vierten Buch der Annalen die des Sejan; an Beispielen der Situationsmalerei Agr. 38 vastum ubique silentium etc., H. I 40 neque populi aut plebis ulla vox etc., Ann. I 49 diversa omnium etc., 61 medio campi etc., besonders kühn 41 non florentis etc. H. II 6 septem legiones etc. haben wir einen Katalog, der grammatikalisch so unvollständig ist wie jeder Index, aber rhetorisch effektvoll. Auch in H. I 2-3 sei keine Erzählung, sondern ein großes Gemälde enthalten, in welchem eine starke Interpunktion nur an einer Stelle, nämlich zwischen den beiden Kapiteln, berechtigt sei (?). Faces in manibus H. III 33 sei ebenfalls als Nominativ zu fassen, der dem voraufgehenden Infinitiv parallel stehe.

50) E. Wölfflin, Enervis und der Redner Calvus. Arch. f. lat. Lex. XIII S. 438.

Die Stelle Dial. 18 bezeuge zwar nicht mit Sicherheit, daß Calvus von Cicero gerade das Wort enervis gebraucht habe; sei dies aber der Fall, so werde dadurch bewiesen, daß der Briefwechsel unecht war. Denn enervis komme weder im ciceronischen (Cicero sage enervatus) noch im augusteischen Zeitalter vor, sondern erst bei Valerius Maximus. Die Entstehungszeit der Briefe wäre also zwischen die Zeit des Tiberius und die des Tacitus zu setzen.

51) Anzeigen älterer Schriften: Fabia, Onomasticon Taciteum (JB. XXVI S. 328): Riv. di fil. 1903 S. 606 von Giov. Ferrara ('äußerst sorgfältig'); Lexicon Taciteum XVI (JB. XXIX S. 239): Arch. f. lat. Lex. XIII S. 291; Gaffiot, Le subjonctif de répétition (JB. XXIX S. 241): DLZ. 1903 Sp. 1592 von H. Lattmann1), Boll. di fil. X S. 17 von L. Valmaggi, Rev. de l'instr. publ. en Belg. 46 S. 298, WS. f. kl. Phil. 1903 Sp. 1033 von 0. Weißenfels, Berl. phil. WS. 1904 Sp. 468 von J. Schmalz. Alle Rezensenten erkennen zwar die Sorgfalt und Eigenart der Arbeit an, erheben aber z. T. wesentliche Einwände gegen die Auffassungen Gaffiots.

1) Vgl. Gaffiots Antwort in dem Aufsatz 'Le subjonctif après quotiens', Rev. de pbil. XXVII S. 273.

V. Textkritik und Erklärung.

52) J. J. Hartman, Tacitea. Mnemos. XXXI S. 365—407.

Die Leser und Herausgeber des Tacitus werden von Hartman in dieser Serie seiner Tacitea darüber belehrt, daß sie in ihrer Harmlosigkeit über genau gerechnet hundert Stellen der großen Werke hinweggelesen haben, ohne zu merken, daß sie in unserer Überlieferung durch die in den Text eingedrungenen Anmerkungen eines magistellus oder 'sciolus' entstellt worden sind.

Denn erstens dürfe man einem Stilisten wie Tacitus nicht zutrauen, daß er jemals Überflüssiges sollte gesagt haben, zumal da er auf denkende Leser rechnen durfte. Überflüssig aber sei z. B. A. I 55, 14 gener invisus inimici soceri neben quaeque... erant, 61, 17 et suo ictu neben infelici dextera, 66, 8 quia per corpus legati eundum erat neben proiectus in limine portae miseratione demum, XI 31, 10 ut sacrificantes vel insanientes Bacchae neben feminae pellibus accinctae, XIII 10, 6 kalendarum Ianuariarum inchoando anno neben veterem religionem, 43, 4 publicae pecuniae neben peculatum, XIV 8, 20 non imperatum parricidium neben nihil se de filio credere (jenes sei rusticana simplicitate, dieses verecunde gesagt), 27, 8 sine posteris neben orbas, 54, 9 in tuam fortunam recipi neben per procuratores tuos administrari, XVI 2, 11 servilia neben adulatione, 17, 10 administrandis principis negotiis neben procurationes; H. Il 78, 6 arbor neben cupressus, III 31, 21 consul neben praetexta lictoribusque insignis, IV 67, 5 fusi Lingones neben fortuna melioribus adfuit. Was jeder Leser wußte, kann Tacitus, wie H. meint, nicht ausgesprochen haben; deshalb sei z. B. ut mos oraculis und ut Romanus mos A. II 54, 16. XVI 6, 5 zu streichen. Ebenso wenig könne man glauben, daß er dem Erinnerungsvermögen seiner Leser mißtraut habe; also müßten die Worte quibus sedecim stipendiorum finem expresserant A. I 78, 7, libertus Vitellii H. II 95, 8, quae se Narniae dediderant III 67, 7 fallen. Der Inhalt der Worte scilicet ut... quaereretur A. II 30, 14, qui domo non excedebant III 3, 9 ergebe sich aus dem Zusammenhange von selbst; sie seien somit interpoliert. Den bekannten Satz factum esse scelus loquuntur faciuntque H. III 25, 22 verstümmelt H. durch Streichung von factum esse und nimmt ihm dadurch seine Pointe; pavidos periculorum III 41, 11 nennt er die Ausdrucksweise eines Schwätzers und streicht deshalb periculorum, ohne zu bemerken, daß der Gegensatz, der zwischen periculorum und dedecoris, ebenso wie zwischen pavidos und securos besteht, jeden der beiden Genitive unentbehrlich macht.

Zweitens sei der Text des Tacitus von einer großen Menge solcher Interpolationen zu befreien, die sich als solche dadurch verraten, daß sie den Zusammenhang stören. Ein derartiger Einschub sei gnarum id Caesari A. I 5, nach dessen Entfernung alles in Ordnung sei; denn das Gerücht sagte, Livia habe, nach

« 前へ次へ »