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nachweisen zu können. Zunächst: die Schilderung der Mischgestalt zu Anfang von Epist. II 3 gehe zurück auf die Gestalt Tritons an der Westseite des Altars. Bei mancherlei Übereinstimmung scheinen mir doch auch die Differenzen nicht unerheblich: Horaz spricht von einem Maler und nicht von einem Bildhauer; variae plumae sind etwas anderes als ,,flossenähnliche Flügel"; Horaz redet von einer mulier, während Triton männlich ist (von Thiele erwähnt); und sollte endlich der Dichter von dem Altar, den er doch wird bewundert haben, ein Beispiel für einen Verstoß gegen den gesunden Geschmack (spectatum admissi risum teneatis, amici?) entnommen haben? Ferner liege auch der Schilderung vom Kampfe des Adlers mit den Schlangen in Od. IV 4, 11 f. eine Erinnerung an den Pergamenischen Altar zu Grunde. Indessen ist ja seit Homers Zeiten (vgl. M 200 ff.) die Feindschaft zwischen Adler und Schlange ein beliebter Gegenstand dichterischer Darstellung gewesen. So vermag Referent weder für Epist. II 3, 1 ff. noch für Od. IV 4, 11 ff. den Wahrscheinlichkeitsbeweis als erbracht zu erachten, daß Horaz bei Abfassung dieser Stellen sich an das kleinasiatische Bildwerk erinnert habe; ich meine, die vorliegende Ähnlichkeit zwingt nicht zur Annahme direkter Deszendenz, sondern mag auf ganz weitläufiger Verwandtschaft beruhen.

31) H. Heinze, Aufgaben aus den Gedichten des Horaz. Zwanzigstes Bändchen der Sammlung: H. Heinze und W. Schröder, Aufgaben aus klassischen Dramen, Epen und Romanen. Leipzig 1903, Wilhelm Engelmann. VIII u. 80 S. 8. 1 M.

Das Büchelchen enthält 51 Dispositionen

und noch

347 Themata zu Aufsätzen über Horaz und mag hier erwähnt werden, weil es geeignet ist, dem Schüler das Eindringen in Horazens Gedankenwelt zu erleichtern; eine weitere Besprechung liegt nicht im Rahmen dieses Jahresberichtes.

32) Petrus Corssen, Horatiana. Specimen primum, quod adicitur ad programma gymnasii Bismarckiani Wilmersdorfiensis. Berlin 1903.

26 S. 8.

In der Frage, ob die neunte Epode in Rom oder in Aktium gedichtet sei, scheiden sich bekanntlich die Horazforscher in zwei Heerlager. Der Verfasser der obengenannten Abhandlung vertritt die Ansicht, das Gedicht sei in Aktium und zwar vor der Schlacht entstanden, und wir wollen ihm gern die Gerechtigkeit widerfahren lassen, anzuerkennen, daß er für seine These an Gründen vorbringt, was sich eben vorbringen läßt; wenn trotzdem durch diese Monographie der Streit schwerlich beendet sein wird, so liegt das in der Natur der Sache. Denn setzt man die Abfassung des Gedichtes nach Rom, so ist zwar der Hauptinhalt desselben völlig erklärlich: Horaz hat das Gedicht geschrieben, als in Rom eine sehr vage Nachricht von der Besiegung und Flucht des Antonius

und der Kleopatra eingelaufen war, und hat in dasselbe in Ermangelung ausführlicherer Nachrichten auch einige unbedeutende, schon früher bekannt gewordene Details aus der vorhergehenden Zeit (das Mückenzelt, den Parteiwechsel eines Reitertrupps, die Lage der feindlichen Schiffe) hineingearbeitet; aber freilich muß man sich dann darein finden, nausea gerade in einem auf Meerfahrt bezüglichen Gedichte von dem durch Weintrinken bewirkten Erbrechen zu verstehen und dem jungen Dichter einen unserem Geschmacke zuwiderlaufenden Gedanken zuzutrauen. Denkt man sich hinwiederum Horaz in Aktium anwesend, so ist allerdings die nausea in Ordnung, aber es wäre doch ganz unerklärlich, wenn seine Beteiligung an einem solchen Ereignisse nicht in seiner Poesie viele und starke Spuren hinterlassen hätte (Epod. 1, Od. II 6, 5 ff. und Epist. I 20, 23 sind für seine Anwesenheit in Aktium nicht beweiskräftig). Und ferner wäre der Inhalt der Epode befremdlich, und zwar sowohl wenn sie nach als auch wenn sie vor dem Siege gedichtet wäre. Hinsichtlich der ersteren Annahme verweise ich auf das unten beizubringende englische Zitat; bei der letzteren sieht man sich genötigt, die in den Versen 29-32 wie eine Tatsache erwähnte Flucht des Feindes als ein bloßes vor der Schlacht verbreitetes Gerücht anzusehen (Corssen S. 15: quid mirum, si per castra rumor serpebat Antonium clam aufugisse?); jedoch hatte man denn so wenig Fühlung mit dem Feinde, daß man fälschlich glauben konnte, er sei abgesegelt?

Recht schade ist, daß Corssen die Horazliteratur nicht vollständiger berücksichtigt hat. So ist ihm die gegnerische, sehr verständige Erörterung von Cartault (Revue de philologie 1899 S. 249-253) anscheinend entgangen; Caecubum V. 36, das Corssen S. 7. 8 (schwerlich mit Recht) für verdorben hält, hatte schon L. Müller angezweifelt. Zu seiner Hypothese über die Entstehung des Gedichtes ist Corssen durch eigenes Forschen gelangt und hat sie nachträglich in einem aus dem Jahre 1899 stammenden Aufsatze Kromayers gefunden; indessen ist sie wesentlich älter. Ich setze den betreffenden Passus aus Gows Ausgabe hierher: Most recent critics agree that Maecenas took Hor. to Actium (Epode 1), that this poem (nämlich Epod. 9) was written on shipboard on the day of the battle (Sept. 2, B. C. 31) and that the fluens nausea of 1. 35 was veritable sea-sickness. There is still a dispute, however, as to whether the poem was written before or after the battle. The confidence with which Hor. speaks of the flight of Antony (11. 27-32) suggests that he was writing after the battle. Prof. Housman on the other hand, who believes that the poem was written before the battle, urges the following arguments: (1) the defection of 2000 Gauls from Antony must have seemed a trifling event after the battle, though it was a good omen before: (2) nothing is said of the actual conflict, e. g. the burning of Antony's ships: (3) the reference to anxiety and fear for Caesar's

fortunes' (1.37) is grotesque after such a victory. The last argument is strongly against Prof. Nettleship's suggestion that II. 1-20 were written before the battle, the rest after the victory. Prof. Housman's view (Journ. of Philology, 1882, p. 193) is adopted in the following notes.

Auf Seite 16 ff. verteidigt Corssen die Lesung Africanum V. 25, in erfreulicher Übereinstimmung wie mit manchen andern Ausgaben so auch mit der des Referenten. Aus der dann folgenden Besprechung einzelner Stellen von Od. 1 37 sei die Erklärung von V. 16 hervorgehoben: mihi quidem ab Italia idem esse atque a Brundisio videtur . Ut accipiter in columbas

sic in hostes irruit (nämlich Oktavian), cum a Brundisio accurrens Antonium et Cleopatram in sinum Ambracium refugere cogeret. Aber ganz abgesehen davon, daß die Verbindung von ab Italia mit adurgens wegen des dann nackten volantem nicht angängig sein dürfte, kann jenes nicht der Gedankengang des Dichters sein, der ja schon vorher den Flottenbrand erwähnt hat. Eben hierdurch erledigt sich auch die von Corssen versuchte Deutung des ensis V. 23 auf die Schlacht bei Aktium. Was jenes ab Italia anlangt, so sagt mir am besten L. Müllers Bemerkung zu: „,Eigentlich floh die Königin von Aktium; doch war ihr Ziel Italien gewesen, von dem sie ihre Flucht gleichfalls entfernte".

Mit Freude sehen wir der in Aussicht gestellten Fortsetzung entgegen. Wer bei einem so viel behandelten Dichter wie Horaz böse Kontroversen zu entscheiden oder an anderen Stellen die rezipierten Auffassungen durch abweichende zu verdrängen versucht, wird ja nur selten auf Billigung alles Vorgetragenen rechnen können; aber dennoch wird durch solche immer neue, von den verschiedensten Standpunkten aus angestellte Betrachtung das Verständnis allmählich gefördert werden.

33) Hermann Sachs, Alliterationen und Assonanzen in den carmina des Horatius. I. Wissenschaftliche Beilage zum Jahresberichte der dreizehnten Realschule zu Berlin. 1903, Weidmannsche Buchhandlung. 19 S. 4. 1 M.

Der Verfasser gibt zunächst (S. 3-14) eine Zusammenstellung von Versen, in denen mehrere Worte mit demselben Buchstaben anfangen, also z. B. antennaeque gemant ac sine funibus. Ich gestehe, das Prinzip dieser Zusammenstellung nicht recht zu verstehen. Einerseits nämlich scheint vieles zu fehlen; ich schlage den Horaz aufs Gerate wohl auf, IV 9, und vermisse daraus in der Sachsschen Aufzählung sogleich non ante volgatas per artes und non sola comptos arsit adulteri, und IV 4, 2 cui rex deorum regnum in aves vagas. Andrerseits wundre ich mich, dazwischen auch einzelne (nicht viele) Verse dieser Art zu finden: imbellisque lyrae Musa potens vetat und vestimenta maris deo und uncus abest liquidumque plumbum. Wenn nun der Verfasser zum

Schlusse dieses Abschnittes sagt:,,Nun ist von vornherein zuzugeben, daß ein Teil der angeführten Beispiele seinen konsonantischen und vokalischen Gleichklang nur dem Zufall verdanke... Dennoch bleiben außerordentlich zahlreiche Fälle übrig, bei denen die Alliteration als bewußtes Kunstmittel vom Dichter angewendet wurde" so führt er meines Erachtens viel zu wenig auf den Zufall oder, wie ich lieber sagen würde, auf die natürliche Beschaffenheit der lateinischen Sprache und viel zu viel auf Absicht zurück. Man mache die Probe mit einem beliebigen Prosatexte, etwa dem Anfange des Livius:

Facturusne operae pretium sim, si a primordio
urbis res populi Romani perscripserim,

nec satis scio,

nec si sciam dicere ausim,

quippe qui

cum veterem tum vulgatam esse rem videam etc.

Nunmehr sondert der Verfasser aus der obigen Masse von Alliterationen drei Kategorien aus, um sie besonders hervorzuheben: 1) 51 Verse, in denen das erste und das letzte Wort alliterieren, z. B. at non ter aevo functus amabilem; 2) 55 Verse, in denen das erste Wort der ersten und das erste Wort der zweiten Halbzeile alliterieren, z. B. per dolum amotas puerum minaci; 3) 28 Verse, in denen das letzte Wort der ersten und das letzte Wort der zweiten Halbzeile alliterieren, z. B. splendentis Pario marmore purius; 4) 15 Verse, in denen die alliterierenden Wörter zwar nicht symmetrisch stehen, aber durch den Iktus scharf betont sind, z. B. qui terram inertem, qui mare temperat; darunter selbst Beispiele wie pulsa thyias uti concita tympano und ludoque dictus non sat idoneus. Der Verfasser ist der Ansicht, daß in diesen vier Fällen zweifellos bewußte Anwendung der Alliteration als Kunstmittel vorliegt". Es ist wahr, wenn man seine Verzeichnisse herunterliest, gewinnt man leicht den Eindruck der Absichtlichkeit; wenn man dann aber bedenkt, daß diese 149 (um sie alle gelten zu lassen) Verse unter ungefähr 3000 Versen zerstreut sind und also im Durchschnitt je ein Vers mit dem angeblich bewußten Kunstmittel auf etwa 19 Verse ohne solches kommt, dann wird man doch skeptisch und wünscht erst den Nachweis erbracht, daß bei andern Dichtern eine gleichartige Statistik ein wesentlich abweichendes Resultat ergibt.

Eine zweite in Aussicht gestellte Abhandlung wird untersuchen, welche Folgerungen sich aus den besprochenen Alliterationen: für die poetische Tätigkeit des Horaz ergeben; wir haben abzuwarten, welchen Grad von Überzeugung diese Fortsetzung zu

erwecken imstande sein wird.

Jahresberichte XXX.

4

34) Heinrich Tiedke, Anklänge an Horaz bei Geibel. Wissenschaftliche Beilage zum Jahresberichte des Berlinischen Gymnasiums zum grauen Kloster. Berlin 1903, Weidmannsche Buchhandlung.

21 S. 4. 1 M.

Mit lebhaftem Interesse ersieht man aus Tiedkes Darlegungen und Zusammenstellungen, wie dieser auf die Ideale gerichtete deutsche Dichter an Horazens Poesie seine Freude gehabt, sich mit ihr innig vertraut gemacht und manchen Ton aus ihr in die seine hinübergenommen hat.

35) Karl Städler, Horaz-Kommentar I. Die Gedichte an (für) Mäcenas. Wissenschaftliche Beilage zum Jahresberichte der Margaretenschule. Berlin 1903, Weidmannsche Buchhandlung. 28 S. 4. 1 M.

Der Verfasser, unter dessen bisherigen Arbeiten zu Horaz wir namentlich die überaus gewandten und geschmackvollen Übersetzungen zu rühmen hatten, beginnt hier einen ,,Kommentar", d. h. er erörtert zu einem jeden Gedichte 1. den vorauszusetzenden Tatbestand, 2. den Inhalt, 3. die poetisch-metrische Form. (Danach war die Schrift hier unter III, nicht oben unter I, zu besprechen.) In dieser Weise kommen im vorliegenden Hefte folgende auf Mǎcenas bezügliche Gedichte zur Behandlung: Od. I 1, Sat. I 1, Sat. 16, Sat. I 5, Sat. I 9, Epod. 2, Epod. 3, Od. II 5, Sat. I 3, Epod. 14, Od. II 12, Od. III 16, Sat. II 4, Epod. 1, Epod. 9, Od. II 20, Od. II 17, Sat. II 6, Od. III 8, Sat. II 8, Od. I 20, Od. III 29, Epist. I 7, Epist. I 1, Epist. I 19. Hiermit ist eine chronologische Reihenfolge beabsichtigt; denn nach Städlers Meinung hat Horaz ziemlich gleichzeitig angefangen, Epoden, Satiren und Oden zu dichten. So setzt er Od. I 1 ins Jahr 38; dies seien ,,zweifellos die ersten Verse, die Horaz an Mäcenas gerichtet“. Dagegen mit andern Kießling:,,Das Gedicht ist selbstverständlich das jüngste der drei Bücher, ... Sommer 23 verfaßt"; und allerdings ist schwer zu glauben, daß das Gedicht (das ganze, nicht etwa nur die Verse 3-34) nicht sollte ursprünglich für den Zweck gedichtet sein, den es erfüllt, nämlich Einleitung einer größeren Sammlung zu sein, ebenso wie Od. III 30 deren Abschluß ist.

Die Hypothesen über die Situation lesen sich meist flott und glatt; aber es sind oft eben nur Behauptungen, und man vermißt die Beweise. Warum soll Od. III 16 Inclusam Danaen gerade bei der Schenkung des Landgutes, noch vor Einrichtung desselben und vor dem Hausbau gedichtet sein? Warum Od. II 20 Non usitata anläßlich des Todes der Cinara (die Städler übrigens mit Lalage und Glycera für identisch erklärt, S. 26)? Wo ist in Od. III 8 Martis caelebs eine Andeutung darauf zu finden, daß Mäcenas gerade damals wegen ehebrecherischer Neigungen seiner Gattin von Eifersucht gequält worden wäre? Ferner: Die Epistel I 7 Quinque dies verfolge zum Teil den ,,Zweck, Mäcen vor Terentias Zauber zu warnen".

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