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Xenophon, was bisher wenigstens nicht genügend beachtet worden war, sich dem Einflusse der Rhetorik nicht ganz hat entziehen können, hätten vielleicht auch im Texte eine kurze Erwähnung verdient (vgl. dazu jetzt besonders Norden, Att. Kunstprosa I S. 101 ff., wo auch die Stellung, welche Blaß, Att. Ber. II S. 479 Schachts Untersuchungen gegenüber einnimmt, kritisch gewürdigt ist). Statt ,,manches Unechte" (S. 347) sollte es heißen: ,,nur weniges Unechte". S. 350 (Abschn. 244 Z. 11 ff.) kann die Bemerkung über den Abschluß der Hellenika entsprechend eingeschränkt werden, da Verf. ja das Leben des X. bis gegen 355 hinabgerückt hat. Mit Recht tritt Christ für die Echtheit des Agesilaos ein, dessen sprachliche Form im Verhältnis zu den Hellenika er kurz bespricht. Die kleineren sokratischen Schriften sind zweckmäßig jetzt so geordnet: Oikonomikos, Apologia, Symposion; in der Notiz über Birt (S. 353 Anm. 1, Schl.) ist die Jahreszahl,,1893" hinzuzufügen. Am Schluß der Besprechung des Oikonomikos ist eine kurze, aber treffende Charakteristik dieser von Christ sehr geschätzten Schrift hinzugekommen; die Frauen werden dabei merkwürdigerweise nicht erwähnt. Bei der Besprechung des Symposion (S. 354) hätten die allerdings mißlungenen Versuche, auch dieses Werk als unecht zu erweisen, vielleicht kurz erwähnt werden können; Christ registriert derartiges sonst auch bei den kleineren Schriften sorgfältig. In der Frage der Priorität Platons bzw. Xenophons gibt er keine bestimmte Antwort nach Lage der Dinge mit Recht; anders

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Gomperz (s. u. No. 3).

Die Besprechung der unter Xenophons Namen überlieferten Αθηναίων πολιτεία, jener sprachlich wie sachlich so merkwürdigen Schrift, gestaltet Christ in der vierten Auflage vielleicht etwas ausführlicher und räumt auch der ausgezeichneten Abhandlung von R. Schöll, welche S. 356 Anm. 4 nur kurz erwähnt wird, etwas mehr Platz ein (vgl. Gomperz, Griech. Denker I1 S. 398 und I2 S. 471). Die Bemerkung S. 428 Anm. 2, 2. Hälfte über den Charakter dieser Schrift (vgl. auch Kalinka in seiner Ausgabe S. 3) halte ich nicht für zutreffend. Die Angabe über den zerrütteten Zustand des Textes wird nach Kalinkas Forschungen vom Verf. jetzt wohl zu ändern sein (vgl. auch Ztsch. f. d. GW. 1899 S. 234 ff.). Auch würde es sich vielleicht empfehlen, diese Schrift dem xenophontischen Zusammenhange überhaupt herauszunehmen und ihr den richtigen Platz an der Spitze der attischen Prosa anzuweisen, wie es z. B. Gercke in seinem Abriß getan hat (s. Nr. 2). Den Kynegetikos rechnet Christ im Anschluß an Radermachers Untersuchungen jetzt ziemlich bestimmt zu den unechten Schriften; vgl. auch Norden, Att. Kunstprosa I (s. Nr. 4), anders Gomperz, Griech. Denker II 2 S. 542. În der Zusammenstellung der Hss., Ausgaben etc. am Schlusse (S. 357) werden die Cobetschen Ausgaben in ihrer Eigenart kurz charakterisiert.

aus

Ich möchte für die nächsten Auflagen des vielbenutzten Buches noch einen Wunsch äußern. Der Band, der das unermeßlich reiche Gebiet der griechischen Literatur bis auf Justinian umschließt, fängt an, unhandlich zu werden, und ich möchte den Herrn Verfasser bitten, ihn in zwei einzeln käufliche und mit besonderem Register versehene Teile zu zerlegen; die Abgrenzung (klassische, nachklassische Literatur) ist durch die gegenwärtige Einteilung schon gegeben. Es würde dann vielleicht auch möglich sein, die Behandlung etwas ausführlicher zu gestalten, so daß z. B. der Student in die wichtigsten Probleme wirklich eingeführt werden kann (mehr Bibliographie wünscht auch Hauvette a. a. 0.), wie dies in dem im gleichen Verlage erschienenen Werke über die römische Literaturgeschichte von Schanz in sehr glücklicher Weise geschehen ist. Immerhin hat auch der jetzige Zustand seine großen Vorteile (s. Bruns a. a. O.), und man sollte, anstatt die naturgemäß noch an mancherlei Ungleichheiten leidenden Abschnitte des Werkes (zumal die späteren) allzusehr zu tadeln, lieber immer aufs neue freudig anerkennen, daß Christ hier eine Arbeit geliefert hat, die nicht nur für die klassische Zeit eine zuverlässige, auf der Höhe der Forschung stehende Übersicht bietet (im Gegensatz z. B. zu dem in vieler Hinsicht auch vortrefflichen Werke von Sittl, das aber mit der Zeit Alexanders des Großen abbricht), sondern auch für das weite und so mannigfaltige Gebiet der nachklassischen Zeit zum ersten Male eine immerhin brauchbare Grundlage bildet, die noch vor fünfzehn Jahren völlig fehlte.

Nachdem uns die letzten Jahrzehnte auf dem Gebiete der eigentlichen Literaturgeschichte sowohl wie auf dem der Geschichte, Philosophie und Religionswissenschaft so viele vortreffliche Monographien gebracht haben (um nur Blaß, Bruns, Diels, E. Meyer, Norden, Rohde, Usener, Wachsmuth, v. Wilamowitz, Zeller zu nennen), wäre es vielleicht an der Zeit, daß eine diese reichen Ergebnisse verwertende Darstellung versucht würde, die in mäßigem Umfange und in künstlerischer Form das ganze Gebiet dieser Literatur, welcher die unsrige so viele Anregungen zu danken hat, einem,,weiteren Kreise der Gebildeten" darböte, wie sie, wenn auch als Bruchstück, Otfried Müller, für seine Zeit und in vieler Hinsicht auch für die unsrige vorbildlich, vor nun schon zwei Menschenaltern gegeben hat. Was für das Ganze oder wenigstens wichtige Teile der römischen, deutschen, englischen, französischen und italienischen Literatur z. T. schon mehrmals mit Erfolg versucht worden ist, sollte auch für das Gebiet der griechischen Literatur nicht mehr unmöglich sein; denn das z. B. von J. Geffcken (DLZ. 1898 Sp. 793 ff.) geäußerte Bedenken, daß es noch an Monographien fehle, trifft doch wenigstens für die klassische Zeit nicht mehr zu. Und an,,Berufenen" fehlt es ja nicht.

2) Alfred Gercke, Griechische Literaturgeschichte mit Berücksichtigung der Geschichte der Wissenschaften. Leipzig 1898, G. J. Göschensche Verlagshandlung (Sammlung Göschen Bd. 70). 176 S. kl. 8. geb. 0,80 M. (Zweite, umgearbeitete Auflage 1903. 190 S.) Anzeigen: J. Geffcken, DLZ. 1898 Sp. 793-795. Bl. f. d. GSW. 1898 S. 799.

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F. Luterbacher, N. phil. Rdsch. 1898 S. 164 f.

H. Jurenka, Ztschr. f. d. öst. G. 1899 S. 881 ff.
f. d. GW. 1900 S. 494-501.

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- P. Cauer, Ztschr.

Es ist ein erfreuliches Zeichen, daß nun auch die ,,Sammlung Göschen" ihre griechische Literaturgeschichte hat, erfreulicher noch, daß schon nach fünf Jahren eine neue Auflage des allenthalben willkommen geheißenen und günstig beurteilten Büchleins nötig geworden ist.

Der dem Xenophon gewidmete Raum (S. 111, 113 f., 153 = 2 111, 113–115, 162) ist knapp, vielleicht etwas zu knapp im Verhältnis zu seiner Bedeutung. Erquickend ist, was im Gegensatz zu andern Beurteilern (z. B. Gomperz; s. Nr. 3) über die Anabasis gesagt wird (S. 114): Diese militärischen Memoiren gehören in ihrer einfachen klaren Darstellung und der ungesucht schönen Sprache zu einem unveräußerlichen Besitze der Weltliteratur, auch durch Casars ,,Kommentare über den Gallischen Krieg" nicht übertroffen". Daß der Agesilaos eine Leichenrede genannt wird, kann für weitere Kreise des Publikums, an die sich diese Bändchen doch auch wenden wollen, irreführend sein, und daß er aus den Hellenika entlehnt sei, ist nicht richtig. Daß auch hier wieder Xenophon an Thukydides und Platon gemessen wird, stimmt zwar mit der Weise aller griechischen Literaturgeschichten, ist aber m. E. nicht zu billigen (vgl. das zu Seeck unter Nr. 6 Bemerkte). Und daß er sich im Symposion mit Platon habe messen wollen, ist nicht erwiesen (s. oben S. 66 zu Christ). Daß der Oikonomikos neben ,,Hieron" als unbedeutend bezeichnet wird, ist schwer zu verstehen. Schon Zeller (II* 1 S. 240) hatte richtiger geurteilt, und Hodermann (s. am Schlusse dieses Berichts) und selbst der unserm Autor wenig geneigte Gomperz haben treffliche Worte über diese Schrift gesagt; man muß sie nur nicht einseitig von der philosophischen Seite betrachten. Wo die taktischen Arbeiten Xenophons und selbst seine ,,Schrift über Jagdhunde" erwähnt werden, vermißt der moderne Leser, der sich für alles Soziale interessiert, einige Worte über die Abhandlung,,Von den Staatseinkünften" ungern (vgl. Gomperz, Griech. Denker II2 S. 108 f. und u. Nr. 3). Der Verf. wird entgegnen, das Büchlein wäre leicht um mehrere Bogen stärker geworden, wenn ähnliche Ansprüche auch für seine übrigen, z. T. noch bedeutsameren Teile erhoben worden wären. Doch das hätte dieser Arbeit gewiß ebensowenig geschadet, wie der im gleichen Verlage erschienenen deutschen Literaturgeschichte, die gleich billig und doch sechs Bogen stärker ist. Mit der einfachen Aufzählung oder kurzen Charakteristik von Autoren und Werken

(vgl. die letzten 50 Seiten und das Register), die für den Gelehrten oft sehr interessant sind, ist weiteren Kreisen nicht gedient, da diesen solche Werke meist nicht zugänglich sind; wichtiger ist es hier, daß über die Werke derjenigen Autoren, die seit langer Zeit gutes Bürgerrecht in der Literatur haben, vielen zum Teil auch noch von der Schule her in gutem Andenken stehen, ausführlicher gehandelt und so zur Lektüre angeregt wird, die alte Freude erneuen kann. Zu diesen gehört sicher Xenophon.

Die Schrift,,Vom Staate der Athener" ist mit Recht wie bei Gomperz (a. a. O. Bd. I S. 397 ff.) an den Anfang der Entwicklung der attischen Prosa gestellt worden.

In der zweiten Auflage sind die auf X. bezüglichen Stellen unverändert geblieben; der berechtigte Wunsch von Luterbacher (a. a. O. S. 615), Arrians Anabasis erwähnt zu sehen, nach meiner Meinung am besten gleich im Anschluß an die Xenophons, ist nicht erfüllt worden. Aber wenn Onesikritos' Alexandergeschichte als Gegenstück zur Cyropädie herangezogen wurde (S. 162), so hätte die uns erhaltene Nachahmung der Anabasis durch Arrian (dessen philosophische Abhandlungen S. 184 berührt werden; im Register s. v. Arrianos ist die Zahl 157 zu streichen) viel eher Erwähnung verdient, schon um zu zeigen, daß der Einfluß des alten Klassikers auch in der Kaiserzeit noch bedeutend war.

Die zweite Auflage hat auch ein Register erhalten, dessen die erste entbehrte; in dem knappen Literaturnachweise (S. 4) sind die inzwischen erschienenen Bände 4 und 5 von Ed. Meyers „Geschichte des Altertums" nachzutragen; dafür kann die von G. selbst als „,unbedeutend und stellenweise schlecht" bezeichnete Literaturgeschichte Nicolais gestrichen werden.

Dem Büchlein ist auch in der neuen Auflage die weiteste Verbreitung zu wünschen.

3) Theodor Gomperz, Griechische Denker. Eine Geschichte der antiken Philosophie. Sechste bis zwölfte Lieferung, 1897-1902 (= Band II). Leipzig 1902, Veit & Comp. VIII u. 616 S. 13 M. (Zweite, durchgesehene Auflage 1903.) Anzeigen: J. Bidez, Rev. crit. 1897, II, 392-394.

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gr. 8.

Österr.

Lit. Bl. 1899 S. 423. Goedecke-Meyer, Theol. LZ. 1903 S. 289-294.
P. Barth, Vierteljahrschr. f. wiss. Philos. 1893 S. 353-355.
Vgl. auch die Besprechung des ersten Bandes von A. Schmekel, DLZ.
1898 Sp. 101-104.

Das groß angelegte Werk des Wiener Altmeisters der Philologie und Philosophie, in dem er,,aus seiner Lebensarbeit die Summe zieht", ist freudig begrüßt worden. Man hat seiner im Verhältnis zu dem gewaltigen Stoffe knappen und doch eindringenden, von großen Gesichtspunkten beherrschten Darstellung das höchste Lob gezollt, den glänzenden Stil gerühmt und sie ein notwendiges Gegenstück zu Zellers Werk genannt. Andrerseits ist bei aller berechtigten und verdienten Anerkennung für den

ersten Band besonders von Schmekel (a. a. O.) auf den unsicheren Charakter mancher Ergebnisse des Werkes des geistreichen Positivisten" (G. hat bekanntlich auch die Werke von John Stuart Mill herausgegeben) hingewiesen worden.

Für Xenophon kommt außer gelegentlichen Bemerkungen, die sich zerstreut auf den ersten hundert Seiten des 2. Bandes sowie in den Abschnitten über Platon finden (vgl. besonders 16, 43 ff., 49 ff., 61 ff., 70 ff. u. o., 307 f., 318, 419), der kurze zusammenhängende Abschnitt S. 96-112 nebst den entsprechenden Anmerkungen, hauptsächlich S. 542 f., in Betracht, in welchem X. als Mensch und Schriftsteller gewürdigt wird.

Das Urteil lautet ungünstig. Schon die gelegentlichen Außerungen in den ersten Kapiteln ließen darauf schließen. X. ist,,eitel" im Dienste des Seuthes (S. 16), seine Wahrheitsliebe wird angezweifelt (S. 50), S. 59 heißt es:,,Eine jener Ausführungen, die viel zu gehaltreich sind, als daß wir in ihnen ein Erzeugnis des xenophontischen Geistes erblicken dürften", er ist ,,trivial", ,,unerquicklich breit" (61),,,eines jener stechenden Worte, die der Verf. der Memorabilien zu erfinden ganz und gar unfähig war" (64); er ist,,der geringwertigste aller Zeugen" (72),,,die Schriften des vielgewanderten Kriegsmanns sind kein treues Spiegelbild des athenischen Lebens und Empfindens" (308), seine,,ziemlich plumpe Weise" wird getadelt (318) u. s. f. Die zusammenhängende Charakteristik S. 96-112 ist aber noch viel ungünstiger geworden, als man nach alledem erwarten durfte. Zwar über die abfällige Beurteilung der Sokratischen Gespräche, besonders der Memorabilien, will ich mit dem Verfasser, der als Herausgeber der Werke St. Mills ganz auf dem Boden modernen Empfindens steht, nicht rechten. Das merkwürdige Buch (dessen Darlegungen nach G. Mißbehagen im Geiste des modernen Lesers zurücklassen, S. 61) hat von jeher die verschiedensten Beurteilungen erfahren, reichliches Lob und schärfsten Tadel; wieweit X. originell ist, ob er Sokratische Gedanken wiedergibt, ob und wieweit er den Meister richtig verstanden hat, ja endlich was von dem uns Vorliegenden echt ist, was nicht über all dies wird noch immer gestritten, und die Arbeiten auch der letzten anderthalb Jahrzehnte (Dümmler, Lincke, Döring, E. Richter, Joël, Bruns u. a.) haben so verschiedene Ergebnisse gebracht, daß an eine Einigung (außer in der Frage der Interpolationen, gegen die auch Gomperz S. 111 sich mit Recht erklärt) vorläufig nicht zu denken ist. Xenophon war kein Philosoph (so schon Schleiermacher), der ein System ausgebildet hat; G. meint zwar (103), er habe sich für einen solchen gehalten; doch mit welchem Rechte? Er war auch kein ,,Denker" im höchsten Sinne des Wortes, und man wundert sich fast, daß G. ihm so viel Platz in seinen ,,Denkern" eingeräumt hat. Aber er war, trotz aller Lakonenfreundlichkeit, ein echter Athener, beweglich und vielseitig, und wenn G. dies,,Anpassungsfähigkeit“

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