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mitgeteilte Ansicht über den Schluß von, sondern auch die Beobachtung, daß genau aus demselben Grunde, nämlich um lästige Wiederholungen zu meiden, in 2 nicht bei jedem neuen Helden, der Odysseus erkennt, das Bluttrinken vorher erwähnt wird, und daß im zweiten Teile der Odyssee der ganze Apparat der Verwandlung und Rückverwandlung des Odysseus auch nur zweimal erzählt wird und bei den übrigen avaɣvægioμoí andere Mittel erwähnt werden (vgl. Bed. d. Widerspr. S. 28). So erklärt auch A. im wesentlichen in Übereinstimmung mit meiner Auffassung das Unterlassen dieser Rückverwandelung am Ende der Odyssee (S. 72):,,Wäre das (die Rück verwandelung) eine Verbesserung? Keineswegs. Und warum? Weil wir Odysseus, wenn er auch einmal verwandelt wurde, schon lange nicht mehr als altersschwachen Mann vor uns sehen. Und nachdem diese Taten geschehen, wäre irgendwelche Verwandlung gar nicht mehr anzubringen: weil in der Dichtung Handlungen von Personen viel stärkere Eindrücke erzeugen als irgendwelche körperliche Beschreibung, so ist in der Phantasie des Lesers die võllige Rückverwandelung des Odysseus bereits vollzogen“.

A. betrachtet die Odyssee als einheitliches Kunstwerk und läßt dem Dichter selbst Stellen, die von der Kritik allgemein als späte Zusätze verworfen werden, so z. B. das Tanzlied des Demodokos in 9. Er bemerkt zu 9 266, das Lied passe durchaus für die ein Genußleben führenden Phäaken, und zu der auffälligsten Stelle (9 334-342):,,Großartige Darstellung weiblicher Schönheit!" Interpolationen größeren Umfanges läßt er nur zwei gelten: 1) 2 565-627 (vgl. dazu jetzt die ausführliche Behandlung bei Hennings, Odyssee S. 339-45); 2) v 125—187, und über den Schluß der Odyssee (etwa von 361 an) urteilt er (S. 11): ,,Er ist vielleicht von Homer gar nicht gedichtet oder von ihm und seinen Nachfolgern nur selten vorgetragen worden und darum nicht in der authentischen Form bekannt geblieben“. Aber die Begegnung zwischen Odysseus und Laertes ist ,,echt Homerisch und liegt auch im Plane des ganzen Werkes. Das traurige Los des alten unglücklichen Vaters, der sich um den „lange fernbleibenden" einzigen Sohn in Schmerz verzehrt, wird im Verlauf des Epos immer wieder in Erinnerung gebracht, so daß man das Wiedersehen beider vermissen würde, wenn es der Dichter nicht gebracht hätte". Daß ich ähnlich denke, habe ich öfters ausgesprochen.

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25) S. Eitrem, Die Phäakenepisode in der Odyssee. Christiania 1904, in Kommission bei J. Dybwad. 35 S. gr. 8. 1,50 M. Vgl. N. Jahrb. f. d. kl. Altert. 1904, H. 10, S. 736 (P. Cauer); Berl. WS. 1905 Sp. 181 (Th. Zielinski); Nord. Tidskrift for Filol. XIII (1904) S. 43 -48 (0. Jörgensen); WS. f. klass. Phil. 1904 Sp. 824-826 (Rößner). Die in den letzten 20 Jahren viel behandelte Episode wird von dem Verf. einer neuen, gründlichen Untersuchung unterzogen.

Ausgehend von längst gemachten Beobachtungen (LeukotheaAthene, Nausikaa-Athene), sie ergänzend und weiterführend, kommt E. zu der Vermutung, daß in einer Fassung der Sage Odysseus unmittelbar von der Kalypso in sein Vaterland gelangt sei ( 114, 144), und zwar in ähnlichem Zustande wie nach Scheria, hier als Greis sein Vaterland nach langer Abwesenheit nicht wieder erkannt habe und dann von Athene aufgeklärt und weiter beraten sei. Die Spuren für diese Annahme erscheinen mir nicht stark genug, um sie für möglich zu halten gegenüber der Tatsache, daß Kalypso nicht einen Greis, sondern einen jugendlichen Helden lieb gehabt hat, ja diesem ewige Jugend hat erhalten wollen. Etwas sicherer sind die Spuren dafür (vgl. Bed. d. Widerspr. S. 34), daß,,es eine Odyssee gegeben habe, in welcher Odysseus schiffbrüchig zu den Phäaken von Trinakria aus kam und hier ohne Vermittelung der Nausikaa durch Athene bis zum Palaste des Alkinoos gelangte". E. verfolgt diesen Gedanken geschickt weiter, zeigt, mit wie einfachen Mitteln Nausikaa eingeführt wurde, bemerkt, daß ursprünglich die Phäaken gar nicht das gastfreundliche Volk waren, als das sie jetzt erscheinen, daß sie vielmehr als Nachbarn der Kyklopen und Giganten früher wohl auch gewalttätig und roh waren, so daß der Schutz Athenes für den Helden wohl notwendig war (ähnlich hat schon Gercke, Die Analyse ... N. Jahrb. f. klass. Altert. 1901 S. 19 über Arete geurteilt; vgl. JB. 1902 S. 133 unten). Aber obwohl E. in sorgfältiger Prüfung verschiedene Verse bald der einen, bald der anderen Fassung zuweist und z. B. λ 335 ursprünglich auf ŋ 155 folgen läßt, wo man in der Tat ein Eingreifen Aretes erwartet (vgl. Widerspr. S. 34), so hütet er sich doch, aus den vorhandenen Trümmern ein altes Gedicht wiederherzustellen. Denn ,,die Versuche, durch Ausscheidung von Versen und Versgruppen einen klaren und einheitlichen Vorgang herzustellen, werden nicht leicht zur Nachahmung locken" (S. 10/11).

Dies ist im ganzen der Standpunkt, den ich ebenfalls vertrete. Wenn aber E. am Schluß noch eine Vermutung, zwar,,mit allem Vorbehalt", macht, daß nämlich Odysseus in einer Fassung der Sage in den Kleidern der Kalypso (außqora sipata n 260) zu den Phäaken gelangt sei und diese die Aufmerksamkeit der Königin erweckt hätten, so führt diese Vermutung, wie Cauer a. o. a. O. zeigt, ebenso zu Widersprüchen wie die am Anfange des Berichts mitgeteilte und hat deshalb keine Wahrscheinlichkeit.

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26) F. Blaß, Die Interpolationen in der Odyssee. Halle a. S. 1904, M. Niemeyer. 306 S. 8. 8 M. Vgl. WS. f. klass. Phil. 1905 Sp. 57-62 (C. Rothe); Berl. phil. WS. 1905 Sp. 177-181 (P. Hennings). B. glaubt an einen Dichter als Schöpfer der Ilias und Odyssee und gibt dafür eine Reihe beachtenswerter Gründe; darunter

vor allem den, daß wir aus der ganzen älteren griechischen Literatur kein Kunstwerk von solchem Umfange haben, das einheitlicher gestaltet sei. Aber in die Dichtung haben sich im Laufe der Jahrhunderte Zusätze eingeschlichen, die beseitigt werden müssen, damit der Eindruck der ganzen Dichtung nicht gestört 'werde, und zwar unterscheidet B., außer einer größeren ,,magischen Interpolation" (S. 25), zwei Hauptarten: 1) Interpolationen der Rhapsoden (S. 26-213); 2) Interpolationen der Nachdichter (S. 213-282). Daran reihen sich noch zwei sehr lesenswerte Kapitel als Anhang: 1) Die troische Sage bei Homer; 2) Das Verhältnis zwischen 2 und der Odyssee (S. 283-296). Den Schluß bilden Nachträge und Berichtigungen und ein Verzeichnis der behandelten Stellen. Das Verhältnis der ausgeschiedenen Verse zu der echten Dichtung macht eine Tabelle (S. 282) klar. Danach hält B. von den 12110 Versen der Odyssee 1913 für spätere Erweiterung, also fast. Dieses Verhältnis wird dadurch so ungünstig, daß unter den Zusätzen das Ende der Odyssee, der größte Teil von und ganz ∞ (rund 900 Verse), erscheint; sonst bleiben etwa 1/10 unechte Verse übrig. Ich habe aber schon a. a. O. mein Bedenken selbst über diese Summe der ausgeschiedenen Verse, soweit sie,,Interpolationen der Rhapsoden" betreffen, ausgesprochen. Hier wollen wir etwas näher auf die zweite Art eingehen, weil diese die höhere Kritik berühren.

B. hält den Schluß der Odyssee von 297 an für späteren Zusatz und kann sich hierbei auf eine Nachricht der Alten stützen, daß „manche“ die Odyssee mit 296 geschlossen hätten. Auch gibt es eine ganze Reihe von Tεxμnoia, die dafür sprechen, besonders die auffallende Erwähnung Siziliens, die abweichende Ansicht über die Unterwelt, die Eigenschaft des Hermes als Totenführer u. a. Nun ist aber dieser Schluß, wie längst bemerkt worden ist, mit dem Vorangehenden ,,fest verankert", nämlich durch die Verse 110-176. Um dieses Band zu lösen, hatte Kirchhoff diese Verse als Zusatz des Bearbeiters erklärt; aber v. Wilamowitz hat demgegenüber auf die ,,Ungeheuerlichkeit" hingewiesen, daß der Dichter dann die schöne Penelope mit dem schmutzigen, glatzköpfigen, blutbespritzten Bettler,,zu Bette schickt“, und weiter auf eine Reihe anderer Bänder, die y 297 u. ff. mit dem Vorangehenden eng verbinden, hingewiesen. Deshalb nimmt v. W. ein besonderes Gedicht, das - umfaßte, als ,,Quelle" für den Flick poeten an. B. glaubt an diesen,,Flickpoeten" nicht1),

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1) S. 10: ,Wenn nun das Meisterwerk (die Odyssee) ein Flickpoem sein soll mit welchen Schimpfnamen soll man da erst Goethes Faust belegen? Es könnte doch jemand sagen: Ihr Deutschen seid seltsame Leute. Bei dem alten Homer soll alles einheitlich komponiert sein, bis auf das Tüpfelchen genau; was so ist, seht ihr nicht, was etwa einmal nicht so ist oder zu sein scheint, das seht ihr allein, und schimpft und schlagt das Werk in Stücke, und merkt in eurem blinden Eifer nicht, daß all euer Schimpf

sondern geht daran, alle Bänder, die 297- mit dem Vorangehenden verbinden, zu lösen, und tut dies, wie ohne weiteres zuzugeben ist, mit großem Geschick. Er scheidet nämlich zunächst aus 48, 94. 95, 111-176, 218-224, 242-246, ändert dabei den Anfang von 247 in si un und versetzt 153-156 und 163 nach x 497, endlich beseitigt er im Schluß von v, wo ebenfalls die Sikeler erwähnt werden, 347-389.

Wenn auch damit die Verbindung nicht überall glatt ist, so. ist doch im allgemeinen zuzugeben, daß, wäre uns die Odyssee in dieser Form überliefert, niemand viel an ihr auszusetzen haben würde, während der jetzige Schluß unzweifelhaft die Kritik herausfordert. Ist deshalb das Verfahren des Verf.s richtig, und können wir mit einer gewissen Zuversicht behaupten, daß wirklich einst unsere Odyssee so geendet habe? Ich muß dies verneinen. Dagegen spricht zunächst die Überlieferung der Alten. Denn wenn auch einzelne Kritiker in 296 das Ende der Odyssee sahen, ja in einzelnen Exemplaren die Odyssee vielleicht wirklich mit diesem Verse geschlossen hat, so haben wir doch nirgends eine Spur, daß in diesen Exemplaren auch schon 111-176 usw. gefehlt oder die Verse 153-156 und 163 nach x 497 gestanden hätten. Es ist also rein subjektives Urteil, nicht aber wirkliche Überlieferung gewesen, die das Ende der Odyssee mit dem Verse

296 annahm. Sodann aber ist es für mich unbegreiflich, wie ein Rhapsode einen vortrefflichen Schluß in der Weise überarbeiten und, wie B. mit vielen andern glaubt, so verschlechtern konnte und doch diese auffallende Form so allgemein Billigung finden konnte, daß die echte, gute Form verschwand. Näher lag es doch für einen schaffensfreudigen Dichter, an die Odyssee als Fortführung angesponnener, aber nicht vollendeter Fäden eine neue Dichtung anzuschließen, wie an die Ilias die Iliupersis, an die Odyssee die Telegonie sich wirklich angereiht hat.

Dazu kommt, daß bei näherem Zusehen der durch den Verf. hergestellte Zusammenhang keineswegs so glatt ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Odysseus hat x 491 auf die Aufforderung der Eurykleia, reine Kleider anzuziehen, nur mit den Worten geantwortet: πῦρ νῦν μοι πρώτιστον...γενέσθω. Hätte er beabsichtigt, darauf sofort auch ein Bad zu nehmen, so wäre es natürlich, daß er ihr auch sogleich dazu die entsprechenden Anweisungen gegeben hätte. Dies geschieht aber nicht, sondern Eurykleia bringt nur, wie befohlen, Feuer und Schwefel und holt dann die Mägde herbei. Von der Bereitung des Bades ist keine Rede, vielmehr folgt der Vers 497 αἱ δ ̓ ἴσαν ἐκ μεγάροιο δάος μετὰ xεooìv éxovoα, von dem Kirchhoff mit Recht urteilt, daß er wohl aus y 300 (339) hier eingedrungen sei. Ich weiß in der Tat

hundertfach verstärkt auf euch, nämlich auf das größte Werk eures größten Dichters, zurückfällt". Dies wird dann am Faust näher erörtert.

Jahresberichte XXXI.

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auch nicht, was dieser Vers hier bedeuten soll. Hennings (S. 566) wirft die Frage auf, ob der Dichter vielleicht eine Erinnerung, daß es inzwischen dunkel geworden sei, für nötig befunden habe, nennt es aber eine ,,ungeheuerliche Vorstellung, daß alle 38 Mägde mit Fackeln kommen". Vor allem aber, was soll ex μεɣágoio μεγάροιο hier heißen? Wenn nun darauf folgt, wie B. will, avrào 'Odvooña . . . Εὐρυνόμη . . . λοῦσεν κτλ. (ψ 153 u. f.), so kommt diese Angabe ganz überraschend, und ai uev in x 498 hat keine Beziehung mehr, während diese jetzt ganz eng ist. Wollte man deshalb eine Versetzung der Verse 153 usw. vornehmen, so würde es noch besser sein, sie nach 87 zu setzen, wie Sittl vorgeschlagen hat. Indes auch diese Anordnung ( 85-87, 153-156, 163/164, 88-93, 96-112 mit Invεlóлη statt Týλeμaxov, und hierauf 166 u. ff.) ist sehr künstlich und unwahrscheinlich (vgl. Bed. d. Widerspr. S. 27 u. f. und Hennings S. 566 und 568, der meine Ansicht billigt).

Die Unterbrechung der Erkennungsszene durch das Bad und die übrigen Anordnungen ist ja ganz gewiß gegen unser modernes Empfinden. Wir verlangen einen raschen Verlauf der Handlung, und mancher Leser überspringt ganze Seiten, wenn ein Dichter die Lösung einer Spannung zu lange hinzieht. Aber wir haben Homer nicht nach unserem Empfinden umzumodeln, wir dürfen nicht verlangen, daß er so erzähle, wie wir es für richtig finden. Die,,Retardation" im kleinen wie im großen ist ein Hauptkennzeichen der Homerischen Dichtung. Wir begegnen ihr in größerem Umfange schon im 1. Buche der Odyssee, wo die von den Göttern in Aussicht genommene Heimsendung des Odysseus durch Athenes Gang nach Ithaka und Telemachs Reise verzögert wird; wir begegnen ihr im 7. Buche, wo Odysseus trotz der Frage der Königin seinen Namen verschweigt, um ihn erst viel später, im Beginn des 9. Buches, zu nennen; wir begegnen ihr im ganzen zweiten Teile der Odyssee, ganz wie in der Ilias, wo für unser modernes Empfinden die Entscheidung durch immer neue Episoden viel zu lange hinausgeschoben wird. Wenn wir im besonderen sehen, daß der Dichter im spannendsten Augenblicke, als Eurykleia den Herrn an der Narbe erkennt, noch die Geschichte von der Eberjagd erzählt oder, als der mit Spannung erwartete Bogen von Penelope geholt wird, in längerer Ausführung sich über seine Herkunft ergeht, wer wollte da die Hinausschiebung der Erkennung zwischen den beiden Gatten, die noch im letzten Augenblicke durch das Bad usw. erfolgt, für unhomerisch halten? Vielmehr verstümmelt der, welcher solche Szenen streicht, nur den echten Homer.

Ist aber diese Unterbrechung echter Teil der Dichtung, so ist es auch alles, was damit eng zusammenhängt, d. h. der Schluß von und der größte Teil von w. Die Abweichungen von mancher Homerischen Vorstellung, auf die in den letzten hundert Jahren seit Spohns Abhandlung so großes Gewicht gelegt worden

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