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von Haller. Der thut, was sie gethan, und die geleerten Plake, Auch mit den Tugenden, nicht mit der Zahl, erseke?

Gewiß kein Appius, die prächtige Gestalt,
Ein Wort, ein jeder Blick zeigt Hoheit und Gewalt;
Des großen Mannes Thor steht wenig Bürgern offen,
Und einen Blick von ihm kann nicht ein jeder hoffen.
Sein Ansehn dringt durchs Recht, sein Wort wird uns
zur Pflicht,

Er ist fast unser Herr, und seiner selber nicht.

Doch fällt der Glanz von ihm, so wird der Held gemeis

ner,

Der Unterschied von uns ist in dem Innern kleiner,
Den aufgehabnen Geist stüßt ein gesehter Sinn,
Ein prächtiger Pallast, und leere Säule drinn.

Gewiß kein Salvius, der Liebling unfrer Frauen,
Dem trefflichen Geschmack kann jeder Käufer trauen.
Wer ists, der so wie er, durch alle Monat weiß
Der Mode Lebenslauf, und jedes Bandes Preis?
Wer anders geht so bunt, und nach so neuen Arten ?
Wer nennt so oft Paris? wer theilt wie er die Karten
Mit zweien Fingern aus? wer stellt den Fuß so quer?
Wer weiß so manches Lied? wer flucht so neú als er?
O Såule deines Staats! wo finder sich der Knabe,
Der sich so mancher Kunst dereinst zu schämen habe?

Auch kein Demokrates, der Erbe seiner Stadt,
Der sonst kein Vaterland, als seine Schne, hat;
Der jeden Stammbaum kennt, der alle Wahlen zählet,
Die Stimmen selber theilt, und keiner Kugel fehlet;
Der Mund und Hand mir heut, und morgen andern
schäßt,

Und zwischen Wort und That nur einen Vorhang seht; *)

Der

*) Meist alle Bedienungen werden in der Republik Bern so vergeben, daß die Wählenden hinter einem Vorhang ihre goldnen Kugeln in einen Kasten legen. Also kön nen fie vor dem Vorhange versprechen, und hinter dem selben das Gegentheil thun.

Der Recht um Freundschaft spricht, der Würbe tauscht vonhaller..

um Würde,

Und wann er sein Geschlecht dem Staate macht zur

Bürde,

Kein Mittel niedrig glaubt, durch alle Häuser rennt,
Droht, schmeichelt, fleht, verspricht, und alles Better

nennt:

Gewiß kein Rufticus, der von den neuen Sitten
Noch alles ruhiger, als nüchtern sein, gelitten,
Der Mann von altem Schrot, dem neuer Wit mißt
dünkt,

Der wie die Vorwelt spricht, und wie die Vorwelt trinkt,
Im Keller prüft den Mann, was wird er dort nicht
kennen,

Er wird im Glase noch den Berg und Jahrgang nens

nen:

Was aber Wissenschaft, was Vaterland und Pflicht;
Was Kirch und Handlung ist, die Grillen kennt er nicht:
Die Welt wird, wann sie will, und nicht sein Kopf sich
åndern:

Was fragt er nach dem Recht, der Brut von fremden-
Ländern.

Recht ist, was ihm gefällt; gegründet, was er faßt;
Das Schmählen Bürgerpflicht; ein Fremder, wen, er
haßt.

Gewiß, auch kein Sicin, der Sauerteig des Stans

Des,

Der Meister guten Raths, der Pachter des Verstandes;
Der nichts vernünftig findt, wenn es von ihm nicht
quillt,

Und seine Meinung selbst im fremden Munde schilt.
Bald straft man ihm zu hart, bald laufen Laster ledig,
Heut' ist der Staat ein Zug, *), und morgen ein Bene;

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*) Damals war im Kanton Bern eine der Anarchie sehr nahe Demokratie; und in Venedig ist, wie bekannt, die Aristokratie den andern Bürgern fast so schwer, als eine Oligofratie:

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von Haller., Wer herrscht, der ihm gefällt? Vor ihm ist alles schlecht; Belohnen unverdient, Verweigern ungerecht.

So läßt der Frösche Volk sein Quaken in den Röhren
Sowohl beim Sonnenschein, als, wenn es wittert, hos

ren.

Auch kein Heliodor, *) verliebt in Frankreichs

Schein,

Der sichs zur Schande zåhlt, daß er kein Sklav darf
fein,

Miskennt sein Vaterland, des Königs Bildniß spiegelt,
Was unsrer Ahnen Muth mit Karols Blut versiegelt,
Die Freiheit hålt für Tand, verhdöhnt deń engen Staat,
Gesetze Bauern läßt, und schåmet sich im Nath.
Flieh, Sklav! Ein freier Staat bedarf nur freier Seè;
len,

Wer selber dienen will, soll Freien nicht befehlen.

Gewiß, tein Harephil, der allgemeine Christ,
Der aller Glauben Glied, und keines eigen ist;
Der Retter aller Schuld, der Schußgeist falscher From's
men,

Der, was ten Staat verstört, zu schüßen übernommen,
Der Bosheit Einfalt nennt, und Heucheln Andacht
heißt,

Und dem erzürnten Recht das Schwert aus Hånden

reißt;

Der Kirch' und Gottesdienst mit halben Reden schwår:
zet,

Und niemals williger, als über Priester, scherzet.
Ein andrer Zweck ist oft an wahrer Liebe Statt,
Sein Ansehn dringet weit, das Gott zum Fürwort hat.
Sein Gut, das er verschmäht, wird nicht vergessen
werden;

Im Himmel ist der Sinn; die Hände sind auf Erden.

Wer

*) Dieß ist eine wahre Geschichte. Ein reicher Mann leugnete einmal in allem Ernst dem Verfasser, daß man wiffen könne, ob der Mond wirklich rund sei.

Wer ists denn? Ein Zelot, der Kirchen Cherubin, von Haller.
Bereit, den Strick am Hals, in Himmel mich zu ziehn?
Ein murrender Suren, der nie ein Ja gesprochen,
Und selten sonst gelacht, als, wenn der Stab gebrochen;"
Der leichte Franzen Aff', der Schnupfer bei der Wahl,
Der bei den Eiden scherzt, und pfeift im großen Saal?
Ein wankender Saufei, dem nie das Rathhaus stehet,
Der von dem Tisch in Rath, vom Rath zu Tische ges
het;

Der nie sich selber zeigt, der kluge Larvemann,
Der alle Bürger haßt, und alle küssen kann?
Ein reicher Agnoet, der Feind von allem Lårmen,
Der Sonnen viereckt macht, und Sterne zu Laternen ? *)
Ein Unselbst, reich an Ja, der seine Stimme liest,
Und dessen Meinung stets vorher eröffnet ist? **)
Und so viel andre mehr, der Größen Leibtrabanten,
Die Ziffern unsers Staats, im Rath die Konsonanten?

Bei solchen Herrschern wird ein Volk nicht glücklich
sein.

Zu Häuptern eines Stands gehört ein Hirn' darein.
Laßt zehen Jahr sie noch, sich recht zu unterrichten,
In jenem Schattenstaat gemeßne Sachen schlichten!

Wer aber sich dem Staat zu dienen hat bestimmt, Und nach der Gottheit Stell' auf Tugendstafeln klimmt, Der sucht das Wohl des Volks, und nicht sein eigen Glücke,

Und ist zum Heil des

Er sezet seiner Müh'

Land's ein Werkzeug vom G¢:
schicke.

die Tugend selbst zum Preis, Er kennet seine Pflicht, und thut das, was er weiß,

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*) Eine im Bernischen gewöhnliche Redensart, wenn ein Angefragter keine eigne Meinung vorzutragen gesinnt ist.

**) Der sogenannte dußre Stand, oder die Schattenrepus blik der Jugend.· S. Köhler's Münzbeluftigungen, 1737, den 19. Jun.

vonhaller. Fürs erste lerne der, der groß zu sein begehret, Den innerlichen Stand des Staates, der ihn nåhret Wie Ansehn und Gewalt sich, mit gemeß'ner Kraft, Durch alle Stafein theilt, und Ruh und Ordnung schafft;

Wie zahlreich Volk und Geld; wie, auf den alten Büns den,

Dem Erbe beß'rer Zeit, sich Fried' und Freundschaft gründen;

Wodurch der Staat geblüht, wie Macht und Reichthum
stieg,

Des Krieges erste Gluth, den wahren Weg zum Sieg;
Die Fehler eines Staats, die innerlichen Beulen,
Die nach und nach das Mark des sichern Landes fåus

len;

Was üblich und erlaubt, wie Schårf' und männlichs
Recht

Den angelaufnen Schwall des frechen Lasters schwächt;
Wie weit dem Herrscher ziemt, der Kirche zu gebieten;
Wie Glaubenseinigkeit sich schüßet ohne Wüthen;
Was Kunst und Boden zeugt, was einem Staat ere
spriest,

Wodurch der Nachbarn Gold in unsre Dörfer fließt;
Auch, was Europa regt, wie die vereinten Machten
Im steten Gleichgewicht sich selbst zu halten trachten;
Wodurch die Handlung blüht; wie alle Welt ihr Gold
Dem zugelaufnen Schwarm verbannter Bettler zollt;
Was Frankreich schrecklich macht; wodurch es sich ents
nervet;

Wie Kunst und Wissenschaft ihm seine Waffen schårfet.
Auch Rom und Sparta hat, was nüßlich werden kann;
Die Tugend nimmt sich leicht bei ihrem Beispiel an.
Bild' aber auch dein Herz, selbst in der ersten Jugend,
Sieh auf die Weisheit viel; doch weit mehr auf die
Lugend!

Lern', daß nichts selig macht, als die Gewissensruh;
Und daß zu deinem Glück dir Niemand fehlt, als Du!
Daß Geld auch Weise ziert, verdient durch reine Mittel;
Daß Tugend Ehre bringt, und nicht erkaufte Titel;
Daß Maaß und Weisheit mehr als leere Namen sind;
Und daß man auf dem Thron auch Antonine findt.

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