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Skizze gewidmet, in welcher in aller nöthigen Vollständigkeit bei höchster Knappheit das biographische Material, eine Uebersicht der Hauptwerke, eine Charakteristik ihrer Dicht- und Schreibweise und mancherlei werthvolle bibliographische Nachweise gegeben werden. Ausser einem ausführlichen Inhaltsverzeichniss ist auf p. VII. VIII noch ein detaillirtes SchriftstellerVerzeichniss mit dem Hinweis auf die betreffenden Stellen im Buche vorausgeschickt eine Einrichtung, welche die Leichtigkeit der Orientirung nicht wenig erhöht. Papier und Druck, um auch dieser besonders für ein Schulbuch durchaus wichtigen Momente zu gedenken, sind ganz vortrefflich; jenes fest und weiss, dieser sparsam, aber schön und klar; sodass der Preis nicht anders als mässig genannt werden kann. Beide Theile der Oberstufe zusammen bleiben jetzt um 1/3 unter dem Preise der ersten Auflage.

Der deutsche Unterricht auf höheren Lehranstalten hat mit diesem reich gegliederten, durch und durch gediegenen, streng auf das Ziel gerichteten, aus reicher Erfahrung, seltenem Beruf und freier Beobachtung entsprossenen Unterrichtswerke einen Apparat erhalten, der in den rechten Händen ausserordentlichen Segen in den Kreisen der zu bildenden deutschen Jugend zu verbreiten bestimmt scheint.

Magdeburg.

Dr. W. Jensch, Oberlehrer.

Bigarrures recueillies dans les Leçons de Conversation du Docteur C. Liesen. Troisième édition, revue et augmentée. Berlin chez Th. Grieben.

Dieses kleine, billige und inhaltreiche Büchelchen liegt nun schon in dritter Auflage vor, ohne dass die Kritik bis jetzt von demselben Notiz genommen hätte. Dasselbe unterscheidet sich seiner äussern Einrichtung nach wenig von den landläufigen Dialogues und guides de conversation, desto mehr seinem Inhalte nach. Wie es aus der Praxis entstanden, indem der Verf. die in seinen französischen Conversationsstunden seinen Schülern mitgetheilten Redensarten nach allgemeinen Gesichtspunkten geordnet hat, so ist es auch vorzugsweise geeignet, praktischen Bedürfnissen zu entsprechen. In 31 Abschnitten wird von den verschiedensten Dingen gehandelt, so z. B. von Besuch, Krankheit, Hand, Arm, Fuss, Auge, Ohr, Wetter, Uhr, Schule, Geschäfte, Geld, Reise, u. s. w., dann folgt eine reiche Sammlung von proverbes, daran schliesst sich eine kleine Anzahl billets d'invitation, énigmes, charades und scherzhaften Ergänzungen. Die Hauptsache sind die 31 Abschnitte, die das Material der Conversation bilden, und hier wird Jeder, der selbst nur einen flüchtigen Blick in das Buch wirft, sich bald überzeugen, dass der Inhalt von allen ähnlichen Büchern sich wesentlich unterscheidet, indem hier eine solche Fülle von Wendungen geboten wird, die täglich gebraucht, die dem unmittelbarsten Bedürfnisse der verschiedensten Kreise und Situationen des Lebens entsprungen sind und die man in andern Sammlungen, ja selbst in einem guten Dictionnaire vergebens suchen würde, so dass selbst Personen, die eine unfangreichere Kenntniss der französischen Sprache besitzen und sich mit Leichtigkeit auszudrücken vermögen, doch wahrscheinlich fast auf jeder Seite dieses kleinen Buchleins die eine oder die andere Phrase finden werden, die ihnen neu oder von der sie sich gestehen werden, dass sie sie wenigstens nicht, wir möchten sagen, so urwüchsig französisch würden auszudrücken gewusst haben. Der Verf. hat, um die praktische Seite seines Buches zu erhöhen, eine grosse Menge hier in Berlin üblicher Ausdrücke und Redensarten aufgenommen, hat aber dabei die Klippe nicht vermieden, öfter ins Platte zu gerathen, so wie andrerseits die Auswahl mancher Wendungen sein Buch wieder grade für die Zwecke der Schule nicht recht passend erscheinen lässt. Am brauchbarsten erscheint uns das

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Büchelchen für solche deutsche Lehrer und Lehrerinnen, die genöthigt sind, Französische Conversationsstunden zu ertheilen, und denen die Möglichkeit nicht gegönnt war, einen längeren Aufenthalt im Lande selbst zu nehmen ; sie werden in diesem Buche über sehr viele Dinge Auskunft finden, wo andre ähnliche Bücher und selbst Lexica sie im Stiche lassen. Was die Vollständigkeit betrifft, so kann man freilich von einem nur 126 Seiten umfassenden Buche nicht Alles verlangen, wonach man sucht, aber öfter vermisst man doch ungern sehr nahe liegende, schwierig auszudrückende Wendungen. auf die das Gespräch grade führt, öfter ganze Gebiete, von denen man nicht recht begreift, warum der Verf. sie übergangen, wie wenn z. B. die Rede ist von Geschäften und Geld" und der Börse und ihrer Terminologie keine Erwähnung gethan wird. Einzelheiten anlangend, haben wir manchmal die deutsche Uebersetzung zu rügen, wie wenn S. 1. la perte est de mon côté wörtlich übersetzt wird: Der Verlust ist auf meiner Seite! statt des Gebräuchlichen: Dabei habe ich am meisten verlorn! Der p. 2: il semble que cela vous intrigue. Das scheint Ihre Neugierde zu spannen, statt das Úebliche: Das lässt Ihnen keine Ruhe! p. 45. ne m'échauffez pas la bile, machen Sie mir die Galle nicht heiss, statt: machen Sie mir den Kopf nicht warm. p. 49 c'est un petit raisonneur qui a bec et ongles der sich zu vertheidigen weiss, statt: der Haare auf den Zähnen hat. p. 31. il a plus grands yeux que grand ventre seine Augen sind grösser als sein Magen, statt: er füllt die Augen eher als den Bauch. u. so a. mehr. Ebenso liesse sich über manche Wendung mit dem Verf. rechten, die der correcten Sprache der guten Gesellschaft schwerlich angehören, so das p. 21 stehende: „geh, du stinkst nach Terpentin" französisch wiedergegeben durch tu infectes la térébenthine!? An Druckfehlern sind uns unter andern aufgefallen: p. 55. un double croche statt une, p. 57 il joue de hautbois statt du, p. 59 au dépens statt aux dépens, p. 48 ich habe meine Kartel entzwei zerbrochen, p. 103 dans tout la force du terme. p. 54 steht le quantième avons-nous? p. 100 je n'y puis mais.

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B.

The English Adjective in the Language of Shakspere. Inaugural-Dissertation u. 8. w. von Georg Helms, Lehrer an der Realschule zu Bremen, Dr. phil. Bremen, J. Kühtmann 1868, 56 Seiten 8.

Wenn ich nicht irre, so hat vor einigen Jahren die „Berliner Gesellschaft für das Studium der neueren Sprachen" als Thema einer PreisArbeit eine „eingehende Untersuchung der Sprache (Shakspere's" vorgeschlagen. Bis jetzt aber hat noch Niemand, soviel ich weiss, den Preis gewonnen oder auch nur sich darum beworben. In der bezeichneten Arbeit nun liegt uns das Muster einer solchen eingehenden Untersuchung vor. Man pflegt die Kunstfertigkeit eines Dichters im Schildern danach zu be urtheilen, wie er es versteht, das Adjectiv zu verwenden; denn dieses ist der malerischste Theil der Sprache. Der Verfasser hätte also wohl keinen interessanteren Gegenstand, als diesen, für seine Untersuchung wählen, seinen so glücklichen Gedanken aber auch nicht sorgfältiger ausführen können. Seine Schrift könnte den Titel führen: Die Grammatik als Unterhaltungsmittel;" nicht etwa, dass ich damit sagen wollte, die Abhandlung sei nicht durchaus wissenschaftlich; nein, der Verfasser hat darin auf sehr geschickte Weise das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden gewusst. Ich für meine Person wenigstens habe gefunden, dass es eine sehr angenehme Arbeit ist, die Abhandlung durchzulesen, und ich habe dabei sowohl Vortheil als Vergnügen geerntet. Die Schrift ist eine grammatische Specialität von hohem Werth, die ihren Gegenstand durch und durch und, wie ich glaube,

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erschöpfend behandelt. Ich will die Titel der einzelnen Theile, in welche der Verfasser seine Aufgabe disponirt hat, hier kurz anführen:

I. Stellung des Adjectivs. II. Steigerung des Adjectivs: Positiv, Comparativ, Superlatif. III. Substantivirung des Adjectivs. IV. Rection des Adjectivs. V. Prädicativer Gebrauch des Adjectivs. VI. Zusammengesetztes Adjectiv.

Aus dieser Disposition, deren Unterabtheilungen ich wegen ihrer zu grossen Anzahl nicht erwähne, wird sogleich erhellen, dass kein Redetheil einen weiteren Spielraum für eine feine Untersuchung darbiete, noch auch eine grössere Mannigfaltigkeit der Gesichtspunkte, von welchen aus man ihn betrachten kann, aufzuweisen habe. Herr Doctor Helms hat meines Wissens auf diesem speciellen Gebiet der Forschung keinen Vorarbeiter gehabt. Delius' Bemerkungen über die Eigenthümlichkeiten des Adjectivs bei Shakspere nahmen in der Einleitung zu seinem Shakspere-Lexikon nur eine halbe Seite ein; auch Mätzner und Koch haben diesen Gegenstand nicht eingehender behandelt, wie es bei der Anlage ihrer Werke auch nicht zu erwarten steht. Unser Verfasser nun betrachtet den Gebrauch des Adjectivs bei Shakspere nach allen Richtungen hin und zwar mit stetigem Bezuge auf alte und moderne Redeweise. Er führt ganz genau aus, in welchen Punkten die Redeweise Shaksperes mit der heutigen übereinstimmt, in welchen sie von derselben abweicht. Grade dieser Charakterzug der Arbeit ist es, der ihren allgemeinen Werth so sehr erhöht; denn sie nützt dadurch auch einem Halbwisser, der sich nur mit dem modernen Englisch beschäftigt und philologisch-historische Forschungen als nach seiner unverständigen Meinung für seine praktischen Zwecke unnützen Ballast bei Seite schiebt.

Auch der Philolog, der nur Shakspere studirt und sich hauptsächlich mit Textkritik beschäftigt, wird aus der vorliegenden Schrift unumgänglich Nutzen ziehen und dem Verfasser für Aufhellung vieler bisher dunklen Stellen Dank wissen. Nicht weniger wird derselbe Dichter befriedigen, welche in das Geheimniss des grossen Meisters eindringen und entdecken möchten, durch welche Zaubermittel er seine Wunder vollendete und diese erstaunlichen Wirkungen erzielte, von denen nun schon drei Jahrhunderte Zeugniss ablegten und welche noch viele folgende mit unverminderter Bewunderung anstaunen werden. Sie werden erkennen, wie dieser erhabene Genius in seinem kühnsten Fluge der Fesseln spottet, durch welche die Gesetze der Grammatik seine Bewegung einschränken möchten, und wie er sie abschüttelt: aber sie werden zugleich sehen, dass er sich derartiges niemals erlaubt, ohne dadurch die Wirkung zu erhöhen. Ich habe mich absichtlich aller Citate enthalten, meine Sätze zu beweisen, da ich das Augenmerk aller meiner Leser auf den kleinen Band selbst zu richten wünsche, durch den diese Bemerkungen veranlasst sind. Ich bin im Voraus überzeugt, sie werden mit mir darin übereinstimmen, dass von allen bisher in Deutschland über Shakspere veröffentlichten Schriften keine grössern Nutzen gewahre, als die, deren Titel an der Spitze dieser kurzen Notiz steht.

Ich brauche wohl kaum noch die Hoffnung auszusprechen, der Verfasser möge auf dem Gebiete, das er durch diese Schrift sich zu eigen gemacht, zu arbeiten fortfahren. Schliesslich kann ich nicht umhin, demselben meine Bewunderung wegen seines Englisch zu zollen, das so sehr günstig gegen die Sprache in ähnlichen Schriften, welche in dem vielzüngigen Deutschland herausgekommen, contrastirt. Ich habe Proben classisch gebildeter Lehrer gesehen, wovor ich zurückbebte. Herrn Dr. Helms würde ich eine Beleidigung zufügen, wollte ich ihr Englisch mit dem seinigen vergleichen, das ebenso gewählt wie im Ausdrucke genau ist. Die kurze Einleitung erhebt sich wahrhaft zur Beredsamkeit.

Schliesslich darf ich nicht unterlassen zu bemerken, dass unser Verfasser, so ernstlich und aufrichtig er offenbar den grossen Dichter studirt hat, doch den ernüchternden Einfluss von Rümelin's Shakspere-Studien“ an sich

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zu Tage treten lässt, wenn er sagt: „Er (Shakspere) ist vielleicht überschätzt worden, und wir können nicht so weit gehen, wie Einige, die in ihrer Helden - Anbetung jedes seiner Worte als ein Evangelium betrachten und selbst seine schwachen Stellen als Glaubensartikel hinstellen."

Leipzig.

Dr. D. Asher.

Deutsche Poesie mit den vorzüglichsten englischen Uebersetzungen (German Poetry with the english versions of the best translators). Herausgegeben von A. C. Goldschmidt, Director der Modernen Schule Loretto House, Musselburgh. London, Williams & Norgate (Leipzig, Hartknoch). 1869. 8. XVI u. 479 S.

Fast ein ganzes Jahrhundert später, als wir Deutschen in bald mehr, bald weniger glücklichen Uebersetzungen bemüht gewesen sind, uns die literarischen Schätze der Engländer zu eigen zu machen, haben diese angefangen, unserer poetischen Literatur ein gleiches Interesse zu schenken. Walter Scott erst ist es gewesen, der durch seine Bearbeitungen Bürger'scher Balladen und des Götz von Göthe gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts seine Landsleute auf die bis dahin ihnen fast gänzlich unbekannten Schönheiten unseres Dichterhaines aufmerksam gemacht hat. Ihm folgte alsbald Coleridge mit seiner Uebersetzung des Wallenstein und anderer Gedichte Schiller's, sowie Stolbergs, dann Shelley mit Uebertragungen aus Göthe, besonders von Theilen des Faust. Auch Carlyle und Bulwer haben sich um die Einführung unserer Dichter der zweiten klassischen Periode in England ein grosses Verdienst erworben. In unsern Tagen dürfen wir uns nicht mehr über mangelndes Interesse unserer britischen Stammverwandten an unserer vaterländischen Poesie beklagen. Von den Klassikern zu schweigen, giebt es keinen namhaften neueren deutschen Dichter, der nicht seinen englischen Dolmetscher gefunden hätte. Faust allein hat viele beschäftigt, so Blackie, Filmore, Anster, Earl of Ellesmere, Martin, um nur einige Namen zu nennen. Dr. Buchheim erwähnt allein 14 Uebersetzungen vom ersten Theile des Faust und noch zwei andere, die beide Theile umfassen, und er bemerkt dazu, dass noch mehrere anonyme Uebersetzungen des ersten Theiles erschienen seien.

Aus diesem im Laufe der letzten Decennien immer mehr angewachsenen Vorrathe hat Hr. Goldschmidt, der seit mehreren Jahren in England wohnt, eine Auswahl veranstaltet, um, wie er in der Vorrede sagt, to render a fair knowledge of German Poetry of easy acquisition, und to present to the reader, in one collection, a number of the fairest gems in their choicest settings. Das hübsch ausgestattete Buch hat in England sofort nach seinem Erscheinen die wohlwollendste Aufnahme gefunden Die Saturday Review vom 15. Mai 1869 sagt: The selection of German Poetry with english versions, by A. E. Goldschmidt is noticeable as perhaps the only publication extant which supplies materials for an adequate estimate of the latter. Aber auch in Deutschland haben wir Ursache, diese internationale Anthologie willkommen zu heissen, nicht nur als eine fleissige von sachkundigem Urtheil und Geschmack zeugende Arbeit, sondern weil sie, hervorgegangen aus stolzer Freude an unserm nationalen dichterischen Reichthume, den Zweck verfolgt und ohne Zweifel auch erreichen wird, die Würdigung und das Verständniss dieses Reichthums unter einem der ersten Culturvölker noch mehr zu verbreiten, und weil sie dem Freunde und Kenner der beiden Sprachen durch

die Gegenüberstellung des deutschen Originals (auf der linken Seite) und der englischen Uebersetzung (auf der rechten Seite) Gelegenheit giebt zu einer Menge interessanter Vergleichungen und belehrender Bemerkungen, sowohl in sprachlicher, als auch in ästhetischer Beziehung.

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Die Sammlung zerfällt in drei Abtheilungen, deren erste uns Proben aus Bürger, Göthe, Schiller, Uhland, Körner, Heine, Freiligrath darbietet, während in der zweiten, Miscellaneous Authors," Dach, W. v. Schlegel, E. M. Arndt, Chamisso, Körner, Rückert, Platen, Grün, Geibel, Bekker (der deutsche Rhein) und Salis vertreten sind. In der 3. Abtheilung hat der Verf., um auch dieser Richtung des Geschmackes des englischen Publicums gerecht zu werden, etwa ein Dutzend Proben aus unserer geistlichen Liederdichtung mitgetheilt. Wir finden hier die Namen Luther, Gellert, Gerhard, Scheffler, Kunth, Claudius, Fouqué, Neander, Gerok, Spitta, wie man sieht, in ziemlich incorrecter chronologischer Aufeinanderfolge, ein Vorwurf, der, wenngleich nicht in demselben Masse, auch die Ordnung der beiden ersten Abtheilungen trifft.

Was nun die Sammlung im Einzelnen angeht, so wird gewiss mancher etwas auszusetzen haben. Dem Einen werden zwei Balladen von Bürger (Leonore und das Lied vom braven Mann) zu wenig sein; der Andere wird fragen, warum der Verf. mehr als die Hälfte der 90. S., die er Göthe widmet, dem Faust eingeräumt, und warum er die lyrischen Gedichte Göthes nicht mehr berücksichtigt hat; ein Dritter wird Schillers Balladen (ausser dem Handschuh), sowie manche Perle Uhland'scher Lyrik vermissen. Allein erstens hat in solchen Dingen die Subjectivität ihre Berechtigung, vorausgesetzt, dass sie mit ästhetischem Urtheil und Takt zu Werke geht, wie hier durchweg geschehen ist. Alle Proben, welche der Verf. ausgewählt hat, zeugen von seinem Verständniss für echte Poesie und entsprechen dem Zwecke, die Eigenthümlichkeit der einzelnen Dichter, wie sie sich in der Wahl der Stoffe und in der Art der Behandlung zeigt, zur Anschauung zu bringen und dadurch zu weiterer Beschäftigung mit ihnen anzuregen. Hätte freilich der Verf. eine Art Beispielsammlung zur neueren deutschen Literaturgeschichte in ihren Hauptentwickelungsmomenten geben wollen, dann hätte er weit vollständiger sein müssen. Klopstock wäre dann an den Anfang zu stellen gewesen, und Wieland, Herder, Lessing hätten nicht übergangen werden dürfen. Zweitens aber und das ist wesentlich für die Beurtheilung der getroffenen Wahl der Poesieen war der Herausgeber abhängig von dem Geschmacke anderer, sowohl von dem des Publicums, für das er sein Buch bestimmte, als auch von dem der Uebersetzer. Er konnte kein Gedicht aufnehmen, von dem keine, oder doch keine gute englische Bearbeitung existirte.

Damit wollen wir nicht gesagt haben, dass uns alle in Hrn. G.'s Buche mitgetheilten Uebersetzungen als gute erschienen wären. Die Lecture derselben hat uns vielmehr erkennen lassen, dass die Engländer in der Kunst des Uebersetzens noch weit hinter uns zurückstehen. Freilich ist es ja eine schwere Kunst, besonders wenn es sich um poetische Uebertragungen handelt. Es genügt dazu nicht eine auch noch so vortreffliche Kenntniss und Gewandtheit in den beiden betreffenden Sprachen, sondern der Uebersetzer muss in mehr als gewöhnlichem Grade mit verständnissvollem Sinn und empfänglichem Herzen ausgestattet sein, um das Product eines fremden dichterischen Geistes mit seiner charakteristischen Eigenthümlichkeit und seiner ganzen Schönheit in sich aufzunehmen; damit aber und das ist die eigentliche Hauptsache muss sich bei ihm eine eigene dichterische Begabung verbinden, welche ihn befähigt zu einer wahrhaft congenialen Reproduction. Nur dann können solche Uebersetzungen fremder Dichterwerke entstehen, wie wir Deutschen sie im Schlegel-Tieck'schen Shakspeare und im Gildemeister'schen Byron besitzen. Jene Requisite eines wirklich echten und treuen Doluetschers lassen aber manche von denen vermissen, die in unserer

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