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Programmens cha u.

Beiträge zur Feststellung des gegenwärtigen französischen Sprachgebrauches. I. Grammatisches.

vom Oberlehrer W. Bertram. Programm der Realschule zum heiligen Geist in Breslau. 1870.

Diese Beiträge werden von dem Verf. sofort genauer als „Erläuterungen, Ergänzungen und Berichtigungen zu der Schulgrammatik von Plötz“ bezeichnet, gehen jedoch nur bis zur Lect. 36 incl. derselben, indem die Bemerkungen zu den folgenden Lectionen, wie am Schlusse der Abhandlung gesagt wird, einer späteren Veröffentlichung vorbehalten bleiben. Der Verf. erklärt ferner in der Vorrede, dass es seine Absicht sei, die Plötz'schen Angaben nach dem Maassstabe der mustergültigen Prosa unserer Tage zu prüfen und vorgerückteren Schülern eine Grundlage und Probe zu bieten, auf und nach der sie weiter bauend eigene Beobachtungen über grammatische, stilistische, phraseologische, synonymische Erscheinungen sammeln können. Was die Belegstellen anbetreffe, so entnehme er dieselben nur ganz modernen Schriften, namentlich der Revue des deux Mondes, gegen deren Französisch wohl kein erheblicher Einwand vorgebracht werden könne.

aus

Dagegen ist nun im Allgemeinen wohl Nichts zu sagen, nur hätten wir doch gewünscht, dass wenigstens der unzweifelhaft anerkannte und fixirte Sprachgebrauch, soweit derselbe im Dictionnaire de l'Académie niedergelegt ist, zur Vergleichung herangezogen worden wäre, auf welches Werk der Ausruf p. 4: Wer kann alle grammatischen Erscheinungen kennen!" doch gewiss keine Anwendung finden soll. Es wäre dies auch insofern ganz gut gewesen, als dadurch der Schein, nur Neologisches zu bieten, vermieden worden wäre, und als dies doch immer nicht verhindert hätte, dem Französischen „das Recht jedes lebendigen Organismus, das Werden und die Veränderung zuzugestehen. So würde sich denn gar bald gezeigt haben, dass der hier aus Stellen moderner Schriftsteller entnommene Sprachgebrauch in den meisten Fällen sich auch schon in diesem nationalen Sprachwerke verzeichnet findet, so dass die immerhin sehr schätzenswerthe Sammlung der hier gegebenen Belegstellen dann als eine neue Illustration zu demselben

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erschienen wäre, die Fälle des abweichenden Sprachgebrauches der Modernen sich dagegen um so mehr hervorgehoben haben würden. Auch kann der Herr Verf. sicher nicht meinen, dass es ein Mangel der Plötz'schen Grammatik ist, wenn sie diese von ihm hinzugefügten Erläuterungen und Erweiterungen nicht giebt. Im Gegentheil sehen wir eher darin eine weise Beschränkung des Stoffes von Seiten des Autors, denn eine Schulgrammatik soll doch keine vollständige Grammatik der betreffenden Sprache sein und nichts ist bekanntlich bedenklicher, als den Stoff einer solchen zu sehr zu häufen und namentlich jede mögliche Abweichung vom Sprachgebrauche zu berücksichtigen und dadurch das vom Schüler so eben mit Noth Erlernte sogleich wieder zu erschüttern. Einstweilen seien dem Schüler die grammatischen Bestimmungen etwas ziemlich Apodiktisches, die Freiheit der Bewegung kommt dann später und kann besser, wo die Lecture dazu Gelegenheit bietet, dem Schüler zum Bewusstsein gebracht werden.

So viel hierüber. Etwas länger müssen wir jedoch bei denjenigen Bemerkungen verweilen, wo der Verf. sich in eine Kritik der Plötz'schen Angaben einlässt. So heisst es zu Lect. 8,,saillir; weit häufiger als saillir ist die Wendung faire saillie," wozu indess nur ein Beispiel aus der R. d. d. M. angegeben wird. Das Dict. de l'Académ. weiss dagegen Nichts davon, dass die Wendung faire saillie häufiger sei und führt vielmehr von saillir die Beispiele: Cette corniche saille trop, saillerait trop, saillera trop. Ce balcon saille de trois pieds sur le mur an, sowie in etwas veränderter Bedeutung: les ombres bien ménagées font saillir plus ou moins les objets. Les premiers plans ne saillent point assez dans ce tableau. Zu Lect. 11 bemerkt der Verf.: Gésir. Wenn es bei gésir liegen heisst: nur von Todten und Verwundeten so widerspricht der wirkliche Gebrauch dieser Beschränkung vollkommen. Unzählige Beispiele der besten Schriftsteller beweisen, dass gésir in viel allgemeinerem Sinne angewendet wird." Worauf dann eine Anzahl Beispiele aus der R. d. d. M., Jules Maigne, Traité de prononciation française, Paul Féval, Rapport sur le progrès des lettres &c. folgen. Nun ist es richtig, dass Plötz den Gebrauch von gésir nur unvollständig angiebt; denn der Dict. de l'Acad. sagt darüber: „On ne l'emploie guère qu'en parlant de personnes malades ou mortes, et de choses renversées par le temps ou la destruction." In diese letztere Categorie gehören denn auch die aus der R. d. d. M. entlehnten Beispiele; Anders dagegen verhält es sich mit den Citaten aus Jules Maigne und Paul Féval; einen Gebrauch von gésir im Sinne unseres deutschen in Etwas liegen, auf Etwas beruhen autorisirt die Akademie allerdings nicht, womit natürlich nicht gesagt sein soll, dass derselbe nun auch durchaus nicht stattfinden dürfte. ,,Revêtir in der Bedeutung anziehen, anlegen," bemerkt der Verf. ferner, „ist transi tiv, und keineswegs ausschliesslich bildlich." Ohne Zweifel ist die Angabe der Schulgrammatik, dass revêtir stets bildlich gebraucht werde, ein Irrthum. Die eigenen Beispiele der Grammatik in den Uebungsstücken widersprechen dem auch. Denn, wenn in dem Satze: „Cäsar bekleidete sich selbst mit der Dictatur," (B, 23) das Bekleiden allerdings im bildlichen Sinne gebraucht ist, so ist es dagegen in jenem anderen: „die Könige des Alterthums waren mit dem Purpur bekleidet" (A, 15) im eigentlichen Sinne genommen, so auch in dem französischen Satze (1): Dans les séances publiques, le président du tribunal est revêtu de sa robe de magistrat. So unterscheidet auch das Dict.: „1) Revêtir donner des habits à quelqu'un qui en a besoin; revêtir les pauvres &c.; 2) revitir se dit aussi en parlant des habits de cérémonie où des autres marques de dignité; le roi était revêtu des habits royaux deux aumôniers revêtirent ce prélat de ses habits pontificaux; 3) il se dit fig. en parlant des emplois, des titres, des dignités, du pouvoir, de l'autorité qu'on reçoit, dont on est investi.“ Dagegen stimmen die Angaben der Grammatik über faillir im Grunde mit denen des Verf. zusammen. Bemerkenswerth sind die Aeusserungen des Herrn Bertram zu Lect

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und

12 über il faut. Eine irgend merkbar geringere Anwendung der Construction von falloir mit dem Inf. bei der dritten Person dürfte sich aus modernen Schriftstellern kaum nachweisen lassen; eher das Gegentheil," wozu denn eine ziemlich bedeutende Anzahl von Beispielen citirt wird, meistens aus der R. d. d. M. wir wagen hier nicht zu entscheiden. Wenn dagegen noch hinzugefügt wird: „Ja es findet sich sogar beim Vorhandensein eines zweiten persönlichen Fürworts (allerdings wohl nur eines refl.) die Construction mit dem Infinitiv," wozu unter Anderem das Beispiel aus Patin, Etudes I, 156: „Mais c'est trop nous écarter de l'époque poétique, dans laquelle il nous faut nous renfermer, gegeben wird, so ist Das gewiss nicht nachzuahmen. Die Plötz'sche Angabe zu Lect. 15 interrompit-il ohne Régime" ist allerdings wohl ungenau und wird angemessen vom Verf. dahin vervollständigt: „interrompit-il steht nur dann ohne rég. dir., wenn es die ganze die sprechende Person andeutende Redensart ist; ist dies nicht der Fall, so kann auch ein rég. dir. dabei stehen. - Ah! dis-je en l'interrompant; ah! Nanine, pourquoi ne m'aimez-vous plus? R. d. d. M." Aehnliches sagt die Akademie. Eine sehr gute Bemerkung über faire und rendre mit sehr veranschaulichenden Beispielen findet sich zu Lect. 21. Sehr richtig ist die Bemerkung zu Lect. 23, dass résolu auch „aufgelöst“ heissen könne, jedoch nur im bildlichen Sinne, wozu auch die von der Acad. gegebenen Beispiele passen. Wir vermuthen, dass Plötz dies auch wusste, aber absichtlich fortless. ,,Von bruire kommt häufig die Form bruissent vor," wozu zwei Beispiele. Die Akademie gestattet jedoch diese Form ebensowenig wie Plötz. Zu Lect. 29 ist die Bemerkung gemacht: „Die auf Städtenamen bezüglichen Fürwörter werden nicht unbedingt als Feminina gebraucht," und die beigegebene reiche Auswahl von Beispielen zeigt, wie schwankend hier der Sprachgebrauch ist. - „Der angegebene Unterschied zwischen une hymne und un hymne scheint mindestens zweifelhaft zu sein." Die Akademie steht aber auf Seiten von Plötz. Zu Lect. 30. 1: „Auch Eigennamen, welche als Appellativa gebraucht werden, finden sich ohne Pluralzeichen . . Ohne entscheiden zu können, welcher Sprachgebrauch in diesem Punkte vorwiegt, glaube ich die Unterlassung der Plurisation für das dem Geiste der französischen Sprache entsprechendere Verfahren bezeichnen zu können.“ Damit sind wir vollkommen einverstanden. grand'mère grand'mères. „Die bei Plötz angegebene Pluralisation grand'mères ist jedenfalls die rationelle; doch findet sich auffallender Weise grands'croix bei E. Lefèvre Documents &c." Was will ein solches einzelne Beispiel besagen? Auch die Akademie hat: ses deux grand'mères. Zu Lect. 32. 2: „Der Plural frugals ist ganz gebräuchlich; desgleichen die Form amicaux." Plötz gestattet bekanntlich weder das Eine, noch das Andere, so auch das Dict. von beiden Adjectiven: ils n'ont pas de pluriel au masculin." Girault-Duvivier sagt dagegen von amical: le pluriel de cet adjectif n'est indiqué nulle part; mais puisque l'on dit un conseil amical, pourquoi ne serait-il pas permis d'exprimer cette idée au pluriel? et pourquoi blâmeroit-on celui qui dirait: j'ai des conseils amicals à vous donner und von frugal: „il nous semble que des repas frugals ne serait pas incorrect."

Mätzner bemerkt: „Eine Anzahl von Adjectiven auf al nimmt den männlichen Plural als an indessen ist der Sprachgebrauch, wie die Grammatik über die Ausdehnung seiner Anwendung in Zwiespalt Die Liste derer auf als giebt etwa die folgenden: amicals, fatals, finals, frugals, glacials, initials, labials, linguals, matinals, médials, natals, navals, ovals, pascals, pénals, théâtrals, virginals, vocals. Manche Grammatiker wollen den Plural vor Wörtern, wie austral, boréal, canonial, conjugal, fatal, filial, final, frugal, jovial, pastoral, nasal, total, nuptial, spécial, pectoral u. dgl. m. überhaupt vermieden wissen. Doch findet man Auktoritäten für den Plural dieser Wörter auf als und aux." (p. 151.) Zu Lect. 36 wird bei jusqu'à die Bemerkung gemacht: „jusqu'à steht oft zur Verstärkung eines régime

direct, selbst eines sujet." Ersteres ist bekannt, aber ein Beispiel, wie: jusqu'aux gens de la maison faisaient leur cour en entourant de soins l'héritier de nom et d'armes, ist gewiss nicht nachzuahmen.

Dies wären unsere Bemerkungen über oben genannte Programm-Abhandlung, die wir als eine recht schätzenswerthe Gabe betrachten.

Sprottau.

M. Maass.

Dr. Boening. On the system of upper school-instruction with regard to the pedagogic virtue of the english language. Programm der städtischen Realschule zu Bromberg 1868.

Vorstehender Aufsatz, der die Versprechen der Ueberschrift keineswegs hält, ist bisher nur zur Hälfte erschienen. Er bespricht, in allgemeiner Weise, einige Fragen des Unterrichtswesens, ohne wesentlich Neues vorzubringen.

Gymnasien und Realschulen haben, im Gegensatz zu den Schulen professionellen Charakters, die Richtung auf eine möglichst allseitige, gleichmässige Entwicklung der Geisteskräfte gemeinsam. Dennoch erfahren die letzteren jenen gegenüber häufige Zurücksetzung. Will man Realschüler nicht zum Universitätsstudium zulassen, so sollte man auch andererseits den Gymnasialabiturienten den Zutritt zum Polytechnikum und zur Akademie verschliessen.

Im

Die Mängel, an denen beide Einrichtungen leiden, haben ihren Grund in der zu grossen Ausdehnung des Lehrstoffs; Belege werden aus den Verhandlungen der Directorenconferenzen der Prov. Pommern, Posen und Schlesien beigebracht. Die Gymnasien speciell seufzen unter dem Druck der alten Sprachen; dennoch werden die erwünschten Resultate keineswegs erreicht, weil zu wenig auf lebendige Verarbeitung und zu viel auf Einblauen trockner Regeln und anderen Gedächtnisskrams gesehen wird. Latein z. B. sind die Pensa der unteren Klassen namentlich über Gebühr belastet; im Griechischen wird ebenso die Grammatik, die eigentlich nur Mittel zum Zweck der Literaturkenntniss sein soll, der letzteren gegenüber viel zu sehr betont. Die Zahl der zu lesenden Schriftsteller ist so gross, dass der Schüler zu deutschen Uebersetzungen greifen muss, zumal da nebenher die lateinischen Aufsätze auch in den oberen Classen noch grammatikalische Studien nothwendig machen.

Zum Schluss folgen aphoristisch einige Vorschläge zur Beseitigung dieser Missstände. Da das Endziel, auf das die Arbeit anscheinend binstrebt, eine Erörterung des pädagogischen Werths der englischen Sprache, noch gar nicht berührt ist, fehlt dem Aufsatz natürlich die nöthige Einheitlichkeit.

Dr. Schulz.

Prof W. Corte. Ueber die Ellipsen im Französischen. Progr. des Gymn. in Zerbst. 1870.

In dem diesjährigen Osterprogramm des Zerbster Francisceums hat Professor Dr. W. Corte seine Abhandlung über die wirklichen und scheinbaren Ellipsen im Französischen zu Ende geführt. Auch diesmal werden

die Fachgenossen manches Neue und Interessante in der fleissigen, auf jahrelangen Beobachtungen und Sammlungen beruhenden Arbeit finden. Dahin rechnen wir vor Allem den Abschnitt über den sogenannten article partitif (pag. 1459), der als eine Mischung deutscher und lateinischer Elemente aufgefasst wird. Auch in dem Abschnitt von der Ellipse des Eigenschaftsworts, die meist auf prägnantem Gebrauche des Hauptworts beruht, werden Reste volksthümlicher Latinität nachgewiesen. Die eingehenden Bemerkungen über die Ellipse der Präpositionen (pag. 36-46) bringen Licht in ein noch sehr streitiges Capitel der französischen Grammatik. Den auf pag. 41 aufgestellten Gesetzen wird man kaum Widerspruch entgegenstellen können.

Archiv f. n. Sprachen. XLVI.

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