Nach einer längeren Zwischenzeit übergebe ich hiermit dem gelehrten Publikum den vierten Band meiner griechischen Synonymik, die gleich meinen metrisch-rhythmischen Werken einen größeren Abschnitt aus einem Zyklus bildet, welcher, wenn Gott mir ferner Leben, Gesundheit und frischen Mut verleiht, bestimmt ist einen großen Teil der strengeren Philologie zu umfassen, und hier die naturgeschichtliche Forschungsart so weit zur Geltung zu bringen als es in meiner Kraft liegt.
Ich bin vielleicht weiter als viele meiner Leser von dem Glauben entfernt, dass ich mit diesem Werke eine ausreichende Grundlage der griechischen Synonymik geschaffen habe. Denn abgesehn von den Schwächen und Fehlern die notwendig auch meinem Werke anhaften, und von anderen leichter und schärfer erkannt werden können wie von mir selbst (denn wer sollte nicht auch seine geistigen Kinder zärtlich lieben?): so ist nicht einmal die Anzal der synonymischen Familien ausreichend erschöpft, für welche ich in meinen langjärigen Vorarbeiten teils den Stoff angehäuft fand, teils doch immer einzelne Bemerkungen und Anfürungen von Stellen zur hand hatte. Ich hatte in einem vorläufigen Plane 106 syn. Familien aus meinen Vorarbeiten mir aufgezeichnet, um sie in diesem Bande zu behandeln. Davon sind aber nicht viel mehr als die Hälfte, nämlich 58, zur Ausfürung gekommen: weil ich mich nicht entschließen konnte, die wissenschaftliche induktive Art der Forschung aufzugeben, und dem Leser die dürren Resultate one irgend eine Gewärleistung ihrer Warheit vorzulegen. In den meisten Fällen hätte ich so ja auch nicht einmal verständlich werden können. Und andererseits durfte ich das onehin schon große Werk nicht noch um mehrere Bände vermehren. Ich habe aber widerum von dem fehlenden das wichtigste und interessanteste ausgesucht; und ich hoffe, dass die freundlichen
Leser das meiste von dém in diesem Bande finden werden, was sie in den vorhergehenden Bänden vermissten.
Da diesem Bande umfassende Register beigegeben sind, in denen man leicht sich wird zurechtfinden können: so unterlasse ich diesmal die Angabe der Gesichtspunkte nach denen die Familien einander folgen. Man wird leicht wol die leitenden Gedanken er- kennen, welche übrigens zum Verständnis des einzelnen nichts beitragen, und nur oberflächlich dem Leser den Inhalt des Bandes zeigen können.
Das Stellenregister zeigt nach oberflächlicher Berechnung mindestens 15 000 Stellen aus den wichtigsten klassischen Schrift- stellern, von denen manche eingehend besprochen sind, andere aber im Zusammenhange der Darstellung und durch Vergleich der übrigen Stellen ihren Sinn schärfer erkennen lassen, als es in Kommentaren zu den Schriftstellern der fall zu sein pflegt. Man verstehe mich nicht falsch: ich behaupte keineswegs, dass ich wirklich einen so ungeheuren Wandel in der Deutung der Schriftsteller hervorgerufen habe aber ich muss doch dem Leser sagen, wie es von dem syno- nymischen Standpunkte aus erscheint. Diese Stellen aber ließen sich noch außerordentlich vermehren, wenn man z. B. bei Homer die gleich oder änlich lautenden Stellen noch eigens anfüren wollte. Der Leser aber, der vermöge dieses Registers meine Synonymik als Kommentar zu den Schriftstellern benutzen will, muss durch beide Register sein Ziel zu erreichen versuchen. Von der scharfen Erklärung und lebendigen Erfassung der Bedeutungen der Wörter hängt in erster Linie das Verständnis eines Schriftstellers ab. Will nun ein Leser z. B. den Homer, Pindar, Sophokles, De- mosthenes oder irgend einen anderen Schriftsteller möglichst genau in seinem Wortsinne erfassen, so suche er durch das Stellen- register die Zitate (und zum teil unmittelbar auf die Stelle bezüg- lichen Erklärungen) in der Synonymik, was nach den angegebenen Seitenzalen rasch vor sich gehn wird. Er beachte nur, dass manch- mal die Erklärung aus dem vorhergegangenen Zusammenhange der Synonymik zu schöpfen ist, manchmal aber speziellere Angaben auf einer späteren Seite nachfolgen; in andern Fällen werden die neben jener angefürten Stellen die Haupt-Erläuterungen bringen. Ist die Stelle nicht gefunden: so schlage man in dem Wörter- Register diejenigen Synonyme nach, von deren Erklärung das meiste abzuhängen scheint. Man wird so auf sehr vielen anderen Stellen die gewünschte Auskunft erhalten. One Frucht wird man auf diese doppelte Art z. B. kaum in einem einzigen Verse Homer's
bleiben, für den man aber erst dann gewinnen wird, wenn man die ganze Kraft der Wörter vollkommen erfasst und sich zu leben- digem Bewusstsein angeeignet hat. Noch muss ich bemerken, dass ich in diesem Register alle Anfürungen gewissermaßen „,uni- formirt" habe. Wenn ich z. B. auf S. 5. des vorliegenden Bandes zitirt habe Plat.. ap. 15., so ist im Register für diese Anfürung des Paragraphen die gebräuchlichere pagina unserer Ausgaben ge- treten. Und wenn S. 15. Theognis one Vers-Angabe zitirt ist, so findet man dafür im Register die Angabe der Verszal. Doch sind. solche Fälle sehr vereinzelt.
Das Wörter-Register umfasst ebenfalls die vier Bände. In ihm sind nur diejenigen Kapitel und Paragraphen angefürt, welche für die Erklärung eines Wortes das wichtigste enthalten. Man wird aber fast immer einen längeren Abschnitt sorgfältig zu lesen und zu vergleichen haben, da, wie der Leser auf vielen Stellen des Werkes erinnert wird, mit einer einfachen Begriffs- Bestimmung (Definizion) in den wenigsten Fällen ein wirkliches synonymisches Verständnis zu erreichen ist.
So weit ich es aber vermag möchte ich die Wissenschaft der griechischen Synonymik in den nächsten Jaren weiter fördern. Ich hoffe noch im Laufe dieses Jares das schon längst versprochene Handbuch der griechischen und lateinischen Synonymik in einem Bande in Arbeit nehmen und so fördern zu können, dass im Jare 1887 dasselbe die Presse verlassen kann. Das Werk wird ganz andere Ziele verfolgen als das vorliegende. Ich werde versuchen in demselben nur kurze und scharfe Bestimmungen zu geben, wie sie namentlich der Gymnasiallehrer beim Unterrichte gebrauchen kann, one dass das Buch aber zu einem fortlaufenden Kommentar für die klassische Literatur zu verwenden wäre. seltneren Wörter, von denen das vorliegende Werk aus verschie- denen Gründen eine große Anzal erklären musste (oft schon des- halb, weil durch ihre Hineinzihung die Erklärung der anderen Wörter sehr gewann), werden von dem Buche ausgeschlossen sein. Dafür aber wird es eine große Menge von Wörtern enthalten, welche diesem Werke fehlen. Freilich wird eine wissenschaftliche Begründung so gut wie ausgeschlossen sein, und nur wenige Belegstellen werden angefürt werden. Auch viele lateinische Syno- nyma werden in einem neuen Lichte erscheinen, und außerdem wird schon der Vergleich der beiden Sprachen mit einander vieles aufhellen. Das Buch wird also ebenso selbständig sein als das vorliegende Werk, und doch zu demselben eine notwendige Er-
gänzung bilden. Eine vollständige Erschöpfung des Stoffes beab- sichtige ich auch mit jenem Buche nicht, und werde nur das bringen was besonders für das Verständnis der Sprache und ihrer Literatur wichtig ist. In diesem Gebiete aber ist es onehin sehr schwer, eine allen Lesern zusagende Grenze zu finden, da man ja eigentlich immer weiter vergleichen kann bis man den Wort- reichtum der Sprache erschöpft hat. Das aber ist nutzlose Arbeit.
Mehr noch freue ich mich auf die Prolegomena der Syno- nymik, mit welchen ich in einem einzelnen Bande den Kreis meiner synonymischen Arbeiten abzuschließen gedenke. Ich hoffe 1888 dieses Werk veröffentlichen zu können. In ihm denke ich das Wesen der Sprache von manchen neuen Seiten zu beleuchten; und die allgemeinen wissenschaftlichen Grundsätze durch lebendige Forschung und Darstellung zur Anschauung zu bringen, auf welche. ich zum teil in verschiedenen Stellen des vorliegenden Werkes hindeuten musste, one aber die Sache allgemein begründen und darstellen zu können. Besonders aber denke ich in dem Werke die Methode der Forschung und die Topik dieser Wissenschaft zu begrün- den, um so vorzüglich durch das Beispiel des Griechischen auch für das Studium der anderen Sprachen, und besonders der anderen alten Sprachen die nötigen Winke zu geben. Auch dieses Werk wird viele sonst nicht erläuterten Wörter in seinen verschiedenen Abteilungen von manchen Seiten beleuchten; so dass es zusammen mit den anderen beiden Werken ziemlich erschöpfend die griechische Sprache und ihre großen Schriftsteller von der synonymischen Seite aus erläutert. Auf diese Weise wird es auch verhütet, dass ein allzu kolossales Werk zusammenkommt, welches doch schließlich durch eine gewisse Gleichförmigkeit in seinen einzelnen Teilen ermüden müsste. Dafür hat man dann ein allgemein-wissenschaftliches, ein speziell wissen- schaftlich induzirendes (das schon vorliegende), und ein ganz prak- tisches Handbuch für den Schulbedarf: also drei von einander unabhängige Werke in verschiedener Darstellungsform, und doch einander in sehr vielen Punkten ergänzend.
Erst nach Vollendung dieser Werke kann ich an die Begrün- dung und Darstellung einer griechischen Tropologie gehn, welche seit einer Reihe von Jaren mir am Herzen liegt, one dass ich aber an diese schöne, wenn auch sehr schwierige Aufgabe bis jetzt hinantreten konnte. Denn erst musste ich durch die griech. Synonymik zu diesem Unternehmen die Wege ebnen, wollte ich nicht einer der sichersten Grundlagen dafür entbehren. In dieser Tropologie aber hoffe ich namentlich die großen Dichter auf ganz
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