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Musik unterrichtet haben sollte. War dem Hirten ein solches Lied besonders gut gelungen, so ritzte er es auch wohl zur Unterstützung seines Gedächtnisses in frische Buchenrinde, E. 5, 13. 14. 10, 53. 54. Treffen zwei Hirten zusammen, so entsteht oft unter ihnen ein Wettstreit im Gesang; ein benachbarter Hirte wird in der Regel zum Schiedsrichter ernannt, ein schön gearbeiteter Hirtenstab oder eine kunstvoll zusammengesetzte Syrinx, oder Hausgeräthe, werthvolle Arbeiten berühmter Künstler, oder auch wohl ein Stück aus der Herde werden zum Kampfpreis gesetzt; die Reihenfolge der Sänger wird bestimmt und die Hirten wetteifern nun mit einander im Wechselgesange (alternis versibus E. 7, 18. di άuoißaiwv äɛidov Theocr. VIII, 61). Es gab zwei Arten dieser amöbäischen Lieder: die erste bestand darin, dass der Vorsänger irgend einen Gedanken in 2-4 Versen vortragen musste, worauf der Nachsänger auf der Stelle in ebenso viel Versen denselben Gedanken weiter ausführen, oder seinen Gegensatz hinstellen, in beiden Fällen aber den Vorsänger, sei's in poetischer Färbung des Ausdrucks, sei's in Energie des Gedankens, zu überbieten suchen musste. Der Inhalt dieser Liederchen wechselte rasch und konnte sowohl in eigenen Erlebnissen als witzigen Erdichtungen oder einfachen Naturbildern bestehen. Solche Wechselgesänge haben wir E. 3 von V. 60 und E. 7 von V. 21 an. Die zweite Art des Wechselgesanges bestand in grösseren Liedern von einer gleichen Anzahl Verse, die theils in einem Zuge fortgesungen wurden, wie E. 5, 20-44 und 56— 80, theils in eine gleiche Anzahl Strophen gebracht wurden, die durch einen stets gleichlautenden Vers (Refrain), versus intercalaris genannt, von einander getrennt waren; der versus intercalaris musste eine gleiche Anzahl Verse einschliessen, wie die achte Ekloge zeigt, welche von V. 16 an ein amöbäisches Lied dieser Art enthält.

VERZEICHNIS DER WÖRTER,

welche zuerst in den Eklogen Vergil's vorkommen; die Wörter, welche von Vergil selbst gebildet sein können, sind mit gesperrter Schrift gedruckt.

(Das Verzeichnis ist von Ladewig zusammengestellt.)

Acanthus. E. 3, 45. 4, 20.
Amomum. E. 3, 89. 4, 25.
Anethum. E. 2, 48.
Apium. E. 6, 69.
Arbutus. E. 7, 46.

Baccharis. E. 4, 19. 7, 27.
Calathus. E. 2, 46. 5, 71.
Caltha. E. 2, 50.
Carduus. E. 5, 39.

Carectum. E. 3, 20.
Castanea. E. 1, 81.
Colocasia. E. 4, 20.
Corymbus. E. 3, 39.
Damma. E. 8, 29.
Electrum. E. 8, 53.
Evincire. E. 7, 32.

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Fraga. E. 3, 92.

Gryps. E. S, 27.
Hibiscum. E. 2, 30.

Hyacinthus. E. 3, 63. 6, 53.
Infindere. E. 4, 33.
Intermiscere. E. 10, 5.
luniperus. E. 7, 53. 10, 76.

Labrusca. E. 5, 7.
Licium. E. 8, 74.
Ligustrum. E. 2, 18.

Limosus. E. 1, 48.

Luteolus. E. 2, 50.
Lynx. E. 8, 3.

Magicus. E. 8, 66.

Motare. E. 5, 5. 6, 28.

Muletra. E. 3, 30.
Murex. E. 4, 44.

Myrica. E. 4, 2. 6, 10. 8, 53.
Narcissus. E. 2, 48. 5, 38. 8, 53.
Olor. E. 9, 36.
Ornus. E. 6, 71.
Paliurus. E. 5, 39.
Pedum. E. 5, 88.
Pererrare. E. 1, 61.
Philomela. E. 6, 79.
Pinifer. E. 10. 14.
Pirus. E. 1, 73. 9, 50.
Praevenire. E. 8, 17.
Prunum. E. 2, 53.
Racemus. E. 5, 7.

Ruscum. E. 7, 42.
Saetosus. E. 7, 29.
Saliunca. E. 5, 17.
Sandyx. E. 4, 45.

Saxosus. E. 5, 84.

Semiputatus (ал. ɛio.) E. 2, 70.
Spelaeum. E. 10, 52.
Spinetum. E. 2, 9.
Spinus. E. 5, 39.

Subterlabi. E. 10, 4.
Superaddere. E. 3, 38.

Supervenire. E. 6, 20.

Supervolitare. E. 6, 81.
Thymum. E. 5, 77.
Upilio. E. 10, 19.

Vaccinium. E. 2, 18. 50. 10, 39.
Viburnum. E. 1, 25.

Vivax. E. 7, 30.

Vergil L. 6. Aufl.

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ECLOGA I.

MELIBOEUS. TITYRUS.

M. Tityre, tu patulae recubans sub tegmine fagi
silvestrem tenui musam meditaris avena:

nos patriae finis et dulcia linquimus arva.
nos patriam fugimus: tu, Tityre, lentus in umbra
formosam resonare doces Amaryllida silvas.

T.

O Meliboee, deus nobis haec otia fecit. namque erit ille mihi semper deus, illius aram saepe tener nostris ab ovilibus imbuet agnus.

Ecl. 1. Vergil stellte diese Ekloge, obwohl sie der Zeit nach nicht die früheste war, in seiner Sammlung voran, weil sie zur Verherrlichung des Octavianus diente. Seinen Dank für den ihm geleisteten Dienst (s. Einl. p. 3) spricht der Dichter unter dem Namen des Tityrus so aus, dass er die Grösse des ihm gewordenen Glückes durch die Zusammenstellung mit dem Lose eines aus Furcht vor den Veteranen geflohenen Ziegenhirten Namens Meliboeus hervorhebt. Weiter aber geht die Allegorie nicht; denn Alles, was sich auf die Individualisirung des Tityrus bezieht, hat mit dem Vergil Nichts zu thun, sondern gilt nur von dem Wirthschafter auf dem Gute (dem vilicus).

1-2. Die italischen Hirten weideten ihr Vieh vom Frühling bis in den Spätherbst auf den waldigen Bergen und ergötzten sich dabei durch Gesang, silvestris musa.

4. In lentus liegt ein kräftiger Gegensatz zu dem fugere. Mel. schiebt die Klagen über sein eigenes Los chiastisch zwischen die Verse,

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in denen er das Glück des Tityrus preist.

6. deus, Octav. nämlich, den er v. 42 iuvenis nennt und nach v. 43 wie einen Lar familiaris verehrt.

7-8. Der Cultus des Augustus wurde erst 30 v. Chr. eingeführt; vgl. Cass. Dio H. R. LI, 19: ev τε τοῖς γενεθλίοις αὐτοῦ καὶ ἐν τῇ τῆς ἀγγελίας τῆς νίκης ἡμέρα ἱερομηνίαν εἶναι ἔγνωσαν. Vor diesem Jahre können die Verse 7 u. 8 wohl nicht geschrieben sein; denn wenn auch die Gottheit den Alten näher stand als uns, so ist doch das Lob ausgezeichneter Menschen als überirdischer Wesen von dem Gelöbnis regelmässiger Opfer wesentlich verschieden. Da nun die erste Ekloge zu den älteren bukolischen Gedichten des Vergil gehört, so ist es wahrscheinlich, dass der Dichter bei der zweiten Recension der Sammlung beide Verse eingeschoben hat, um den Ausdruck seiner Verehrung der veränderten Stellung des Imperators anzupassen.

8. nostris ab ovilibus ist zu agnus nicht im Sinne des Genet.

ille meas errare boves, ut cernis, et ipsum

ludere, quae vellem, calamo permisit agresti.

慧。 Non equidem invideo; miror magis; undique totis

usque adeo turbatur agris. en, ipse capellas

protenus aeger ago; hanc etiam vix, Tityre, duco.

hic inter densas corylos modo namque gemellos,

spem gregis, ah! silice in nuda conixa reliquit.

saepe malum hoc nobis, si mens non laeva fuisset,
de caelo tactas memini praedicere quercus.
sed tamen, iste deus qui sit, da, Tityre, nobis.
T. Urbem, quam dicunt Romam, Meliboee, putavi
stultus ego huic nostrae similem, quo saepe solemus
pastores ovium teneros depellere fetus.

sic canibus catulos similes, sic matribus haedos
noram, sic parvis componere magna solebam.

partit. hinzugefügt; die Präp. ab bezeichnet das physische oder geistige Ausgehen von einem Punkte, vgl. unten v. 53. G. III, 2. A. III, 647. 10. ludere, s. z. G. IV, 565. 11. undique totis. In welchem logischen Verhältnisse steht dieser Satz zu dem vorhergehenden? vgl. auch zu A. V, 404. tot. turb. agris, die Landgüter werden in allen ihren Theilen gleichmässig in Mitleidenschaft gezogen; hätte V. geschrieben: in omnibus agris, so hätte er die Vorstellung freigelassen, dass es doch nicht überall so toll hergegangen sei. magis nähert sich hier, wie öfters, der Bed. von potius, vgl. Catull. 68, 30: id non est turpe, magis miserum est. 14. namque steht auch A. X, 614 mitten im Satze.

15. conixa, zur Vermeidung des Hiatus statt des sonst in der Bed. gebären gebräuchlichen enixa.

16. Mit denselben Worten schliesst der V. A. II, 54.

17. Wetterschlag in fruchttragende Bäume sollte nach römischem Aberglauben Böses überhaupt anzeigen, in Oelbäume Miss wachs, in Eichen Landesverweisung: malum Aoc geht also auf die Vertreibung aus der Heimat, auf das nos pa

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triam fugimus in v. 4. Der Vers: saepe sinistra cava praedixit ab ilice cornix, der gewöhnlich noch hinter v. 17 gelesen wird, in den besten Handschriften aber fehlt, hat sich aus E. 9, 15 unpassender Weise hier eingedrängt.

18. da, sage, wie accipe, höre, A. II, 65. In dieser Bedeutung kommt dare nur bei Dichtern vor. Da Melib. gemerkt hatte, dass Tit. den Namen seines Gönners nicht nennen wollte, so sagt er hier nicht: iste deus quis sit.

19. Zur Beantwortung der Frage des Mel. kommt Tit. erst nach langem Umwege von v. 40 an. Die Alten schickten gerne die Beschreibung eines Ortes der Erzählung dessen, was sich dort ereignet hat, vorauf, vgl. A. I, 499 sq. II, 21. 512. 713. IV, 457. 490. So auch in Prosa, wie bei Cic. p. r. Dej. 6, 17: cum-devertisses, locus erat quidam, in quo cet.

21. depellere. Die Umgegend von Andes war bergig, Mantua aber (nostra urbs) lag in einer Ebene.

22-23. Angabe des Grundes, warum sich Tit. stultus nennt. sic: in solcher Weise, wie ich nämlich eine Aehnlichkeit zwischen Rom und Mantua annahm. Die

verum haec tantum alias inter caput extulit urbes,
quantum lenta solent inter viburna cupressi.
M. Et quae tanta fuit Romam tibi causa videndi?
T. Libertas, quae sera tamen respexit inertem,
candidior postquam tondenti barba cadebat;
respexit tamen et longo post tempore venit,
postquam nos Amaryllis habet, Galatea reliquit.
namque, fatebor enim, dum me Galatea tenebat,
nec spes libertatis erat nec cura peculi.
quamvis multa meis exiret victima saeptis,
pinguis et ingratae premeretur caseus urbi,

non umquam gravis aere domum mihi dextra redibat.
Mirabar, quid maesta deos, Amarylli, vocares,

M.

cui pendere sua patereris in arbore poma: Tityrus hinc aberat. ipsae te, Tityre, pinus, ipsi te fontes, ipsa haec arbusta vocabant.

T.

Quid facerem? neque servitio me exire licebat nec tam praesentis alibi cognoscere divos. hic illum vidi iuvenem, Meliboee, quot annis bis senos cui nostra dies altaria fumant.

Anaphora des sic, wofür es in Prosa geheissen hätte ut-sic, versinnlicht den gleichen Massstab, den Tit. an verschiedenartige Dinge legt. 27-35. Die römischen Sklaven konnten sich mit ihrem ersparten Gelde, peculium, die Freiheit erkaufen. An Gelegenheit, sich ein solches peculium zu erwerben, hatte es dem Tit. nicht gefehlt, s. v. 33. 34, aber er war unthätig geblieben und hatte alles erworbene Geld seiner damaligen Geliebten Galatea zu Gefallen für Tand ausgegeben, v. 35. Erst als ihm Galatea untreu wurde und ihn die haushälterische Amaryllis fesselte, dachte er, freilich schon in vorgerücktem Alter (v. 28), daran, zu sparen, um sich die Freiheit zu gewinnen, und ging zu diesem Zwecke nach Rom, wo sein Herr, wie die meisten Besitzer grösserer italischer Landgüter, lebte.

28. postquam c. Imperf. von der öfteren Wiederholung und dem bleibenden Zustande.

30. postq. nos Amaryllis habet sagt Tit., nicht postq. ego Amaryl

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lidem habeo, da er es allein dem wohlthätigen Einfluss der Amaryllis zuschreibt, dass er sich jetzt die Freiheit hat erkaufen können.

34. ingratae. Mit komischem Eifer schilt Tit. die Stadt undankbar, als ob sie ihm absichtlich den Dank vorenthalte und für seine Waare nicht so viel Geld zahle, dass er nach gemachtem Einkauf für seine Galatea noch einen vollen Beutel nach Hause bringen könne.

38-39. Metaphorische Belebung sinnlicher Gegenstände; vgl. Ecl. 5, 27: Daphni, tuum Poenos etiam ingemuisse leones interitum montesque feri silvaeque locuntur.

40-45. Gründe für seine Reise nach Rom: 1) das Verlangen, sich die Freiheit zu erkaufen, 2) die Furcht, es möchte einer der Veteranen sich in den Besitz des Gutes setzen. Vgl. Hor. carm. III, 5, 2. 3: praesens divus habebitur Augustus und serm. II, 6, 52: deos quoniam propius contingis.

43. Den Laren brachte der Römer an einem der Haupttage jedes

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