ページの画像
PDF
ePub

nostra neque erubuit silvas habitare Thalia. cum canerem reges et proelia, Cynthius aurem vellit et admonuit 'pastorem, Tityre, pinguis pascere oportet ovis, deductum dicere carmen.' nunc ego namque super tibi erunt, qui dicere laudes. Vare, tuas cupiant et tristia condere bella agrestem tenui meditabor arundine Musam. non iniussa cano. si quis tamen haec quoque, si quis captus amore leget: te nostrae, Vare, myricae, te nemus omne canet; nec Phoebo gratior ulla est, quam sibi quae Vari praescripsit pagina nomen.

wird durch eine der Musen in die Versammlung der grossen Sänger auf dem Helikon eingeführt und von Linus mit der Syrinx des Hesiod beschenkt. In dieser hehren Gemeinschaft soll er, der Erde entrückt, ungestört seine Kunst üben (v. 64-73). Mit einer dem Hirtengedicht eigenthümlichen Wendung (v. 85. 86) wird das Gedicht kurz geschlossen. Gallus, der unglückliche Günstling des Augustus, der ihn zum Präfecten von Aegypten machte, nahm sich in Folge von Denunciationen im Jahre 26 das Leben. Die Ekloge, welche dem Andenken des Dichters gewidmet ist, kann vor diesem Jahre wohl nicht gedichtet sein. Sie gehört demnach zu den Gedichten, welche Vergil in der zweiten Ausgabe seiner Sammlung hinzufügte.

1-2. Bezeichnung des Hirtengesanges, der durch den Theokrit aus Syrakus (daher E. 4, 1: Sicelides musae) ausgebildet war. Prima:

,,primum poeta ad bucolicum genus se applicuerat; aliud deinde cum temptaret vs. 3, revocatum se esse ab ipso Apolline fingit vs. 4. sq." Wagner. - n. e. s. h. T. vgl. E. 3, 84; 4, 2; 10, 17.

3. aurem vellit, als freundliche Erinnerung an Dinge, die man vergessen hat, denn das Ohr galt als Sitz des Gedächtnisses, wie die Stirne als Sitz der Stimmung und der Affecte, die Finger als 'Sitz der

5

10

Geschicklichkeit, die Kniee als Sitz des Mitleids.

4. pinguis ist proleptisch zu

nehmen.

5. deductum carmen, ein herabgestimmtes Lied, vgl. Propert. II, 33, 38: deducta voce, mit gedämpfter Stimme, im Gegensatz zu der vox elata, die sich für das heroische Lied eignet.

7. Man nimmt gewöhnlich an, dass der Dichter hier den Alfenus Varus, welcher 39 v. Chr. cos. suff. gewesen war, anredet. Varus hatte als Legat des Augustus das mantuanische Gebiet verwaltet. Er soll dem Dichter durch das gemeinsame Studium der Philosophie bei dem Epikureer Syron nahe getreten sein.

tristia bella: die Bürgerkriege. 9. non iniussa cano. Vgl. Schiller d. Graf v. Habsburg v. 43. 44. (Der Sänger) steht in des grösseren Herren Pflicht, er gehorcht der gebietenden Stunde.

11-12. Diese Verse schrieb nicht der noch unberühmte Nachahmer des Theokrit, sondern der bereits anerkannte Meister, der sich bewusst war für einen weiten und feingebildeten Leserkreis zu schreiben.

12. pagina, das Blatt, hier das Blatt einer Gedichtsammlung, daher ein einzelnes Gedicht, ähnlich wie charta bei Hor. Ep. H, 1, 161.

12-30. Silenus, der Lehrer und Begleiter des Bacchus, war beim

Pergite, Pierides. Chromis et Mnasylos in antro Silenum pueri somno videre iacentem, inflatum hesterno venas, ut semper, laccho; serta procul, tantum capiti delapsa, iacebant et gravis attrita pendebat cantharus ansa. aggressi— nam saepe senex spe carminis ambo luserat iniciunt ipsis ex vincula sertis. addit se sociam timidisque supervenit Aegle, Aegle, Naiadum pulcherrima, iamque videnti sanguineis frontem moris et tempora pingit. Ille dolum ridens 'quo vincula nectitis?' inquit. 'solvite me, pueri; satis est potuisse videri. carmina, quae voltis, cognoscite: carmina vobis, huic aliud mercedis erit.' simul incipit ipse. tum vero in numerum Faunosque ferasque videres ludere, tum rigidas motare cacumina quercus; nec tantum Phoebo gaudet Parnasia rupes, nec tantum Rhodope miratur et Ismarus Orphea.

Zechen (Jaccho, besonders in Mysterien üblicher Name des Bacchus) eingeschlafen, und der Kranz, den man sich bei Gelagen stets aufzusetzen pflegte, war ihm allmählich vom Haupte geglitten (tantum ist zu cap. del. hinzugefügt, um die Vorstellung des jähen Falles zu verhüten, daher ist auch procul nur von einer geringen Entfernung zu verstehen, wie auch G. IV, 424. A. VI, 10. X, 835); doch hielt er noch den schweren, vielgebrauchten (daher attrita ansa) Becher in der Hand, aber der Druck der Hand hatte bereits so nachgelassen, dass der Becher nur noch in seiner Hand schwebte. So treffen ihn zwei Faunen oder Satyrn, Chromis und Mnasylos, verfertigen Fesseln aus dem Kranze, den er eben noch getragen hatte, und wenden das Mittel an, wodurch man nach altem Volksglauben Götter und Priester zum Weissagen und Singen zwingen konnte sie binden ihn. So singt denn Silen, und sein Gesang begeistert seine ganze Umgebung vielleicht in noch höherem Grade

[blocks in formation]

als die Gesänge des Phoebus den Parnass in Phocis und die des Orpheus die thracischen Berge Rhodope und Ismarus.

12. Pergite, in der Aufforderung: ans Werk! Pierides, s. zu Ě. 3, 85.

21. videnti, dem Erwachten.

24. satis est pot. vid., d. h. begnügt euch mit dem vermeinten Triumphe über mich: fesseltet ihr mich, um mich zum Gesange zu zwingen, so ist die Fesselung überflüssig, ich bin aus eigenem Antriebe bereit zu singen; fesseltet ihr mich, um mich ganz in eure Gewalt zu bekommen, so habt ihr eine zu hohe Vorstellung von eurer Kraft.

26. huic, der Aegle.

27. in numerum ludere, nach dem Takte des Gesanges tanzen, s. G. IV, 175., in numerum ist mit energischer Kürze gesagt, s. v. a. in numerum conficiendum, so dass ein Takt herauskommt.

30. Orphea. Die Verschleifung des kurzen e mit der folgenden Kürze findet sich in den Eklogen nur an dieser Stelle.

Namque canebat, uti magnum per inane coacta semina terrarumque animaeque marisque fuissent et liquidi simul ignis; ut his ex omnia primis, omnia, et ipse tener mundi concreverit orbis; tum durare solum et discludere Nerea ponto coeperit et rerum paulatim sumere formas; iamque novum terrae stupeant lucescere solem, altius atque cadant summotis nubibus imbres, incipiant silvae cum primum surgere, cumque rara per ignaros errent animalia montis. hinc lapides Pyrrhae iactos, Saturnia regna Caucasiasque refert volucres furtumque Promethei.

31-40. Epicur's Ansicht von der Entstehung der Welt. Anfangs gab es nur einen unermesslichen leeren Raum (magnum inane), und in ihm die noch ungeschiedenen Urstoffe (coacta semina) oder Atome, nämlich Erde, Luft (anima), Wasser und Feuer (aus den feinsten Atomen bestehend, daher liquidus genannt). Aus diesen ersten Stoffen (his primis) entwickelte sich Alles, selbst der Himmel (mundi orbis). Dann ward die Erde allmählich fest (hart), schloss die von sich abgesonderten Gewässer (Nereus, Sohn des Pontus und der Terra, Gemahl der Doris und Vater der 50 Nereïden, nach dem Neptun der wichtigste Meergott) im Meere ein und entwickelte dann selbst die einzelnen Gegenstände der Erdoberfläche. Wie sehr diese Anschauung mit dem Inhalt des ganzen Liedes übereinstimmt, zeigt die Darstellung des Lucretius de r. n. I, 159-264, nach welcher die Liebe allein das Weltall regiert (vgl. Lucr. de r. n. I. 21: rerum naturam sola gubernas).

33. his ex omn. pr. Die Präposition ez ist ebenso gestellt wie oben v. 19. Gewöhnlich wird gelesen: ut his exordia primis, s. d. Anh.

35. durare in der intransitiven Bed. hart werden ist selten, steht aber so schon bei Ennius: sed quasi ferrum aut lapis durat, rarenter

35

40

gemitum conatur trahens. ponto ist abl. instrum., durch das Meerbett sondert sich Nereus ab, vgl. Cic. Tusc. I, 10, 20: iram et cupiditatem locis disclusit: iram in pectore, cupiditatem subter praecordia locavit.

38. atque. Der Partikel atque die zweite Stelle im Satze anzuweisen hat sich Verg. in den Georg. und der Aen. nicht erlaubt und auch in den Bucol. findet sich ausser dieser Stelle kein weiteres Beispiel; andere Dichter waren darin weniger bedenklich; wie Hor. epod. 8, 11. 17, 4. sat. I, 5, 4. 6, 131. 7, 12.

39. cum pr., während zuerst.

40. ignaros, weil die Berge früher noch keine Thiere gesehen hatten.

41 f. Den Mythus von der Erneuerung des Menschengeschlechtes durch die von Deucalion und Pyrrha geworfenen Steine erzählt Ovid. Met. I, 348-415, der auch 1, 89 bis 112 vom goldenen Zeitalter unter der Herrschaft des Saturn berichtet. Der Titane Prometheus hatte dem Jupiter das Feuer entwendet und es den Menschen gebracht, wofür er zur Strafe an einen Felsen des Caucasus geschmiedet wurde, wo ein Adler (volucres) ihm die während der Nacht stets wieder wachsende Leber aushackte.

42. Um die unausgesetzte Thãtigkeit des Adlers zu bez., ge

his adiungit, Hylan nautae quo fonte relictum
clamassent, ut litus 'Hyla, Hyla' omne sonaret;
et fortunatam, si nunquam armenta fuissent,
Pasiphaen nivei solatur amore iuvenci.
a, virgo infelix, quae te dementia cepit!
Proetides implerunt falsis mugitibus agros:

at non tam turpis pecudum tamen ulla secuta est
concubitus, quamvis collo timuisset aratrum
et saepe in levi quaesisset cornua fronte.

a, virgo infelix, tu nunc in montibus erras:
ille latus niveum molli fultus hyacintho

ilice sub nigra pallentis ruminat herbas

aut aliquam in magno sequitur grege. 'claudite, Nymphae,
Dictaeae Nymphae, nemorum iam claudite saltus,

si qua forte ferant oculis sese obvia nostris
errabunda bovis vestigia; forsitan illum
aut herba captum viridi aut armenta secutum
perducant aliquae stabula ad Gortynia vaccae.

braucht Verg. den plur. volucres
und erweckt dadurch die Vorstel-
lung, als wären es mehrere Vögel,
die sich gegenseitig ablösten. Zu
gleichem Zweck gebraucht auch
Prop. III, 20, 14 den plur.: Gor-
gonis et satius fuit obdurescere
vultu, Caucasias etiam si patere-

mur aves.

43 f. Aus der Argonautenfahrt wird des Hercules Trauer um seinen von den Nymphen in Mysien ihm geraubten Liebling Hylas herausgegriffen.

45-60. Silen besingt ferner das Schicksal der Pasiphae, der Tochter des Sol und Gattin des Minos, welche auf Anstiften des auf den Minos erzürnten Neptun von Liebe zu einem von ihm geschaffenen weissen Stier erfüllt wurde und also unglücklicher war, als selbst die Töchter des tirynthischen Kōnigs Proetus, die sich im Wahnsinne für Kühe hielten.

46. solatur. Da die Dichter öfter das, was sie besingen, als eine von ihnen ausgehende Thätigkeit darstellen, s. v. 63, so erklärt man d. St. gewöhnlich so: 'Silen singt, wie Vergil L 6. Auf.

[ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small]

Pasiphaë sich mit der Liebe des
Stieres tröstet', doch s. d. Anh.

52-60. Während die Königin unstät in den Bergen umherirrt (v. 52), ruht der Stier bald auf dem Lager von Hyacinthen, welches ihm Pasiphae in ihrem Wahnsinn an der ihm wohl bekannten Stelle hat bereiten lassen (v. 53. 54), bald verlässt auch er die gewohnten Stätten (v. 55). Dann fordert die Königin die Nymphen auf, ihr bei der Einfangung des verfolgten Stieres behülflich zu sein (v. 55-60).

52. virgo (v. 47 u. 52) s. zu E. 3, 29.

53. molli hyacintho vgl. Diod. b. hist. III, 69: ὁρᾶσθαι δὲ καὶ νυμφῶν εὐνὰς ἐν αὐτῷ πλείους ἐξ ἀνθῶν παντοδαπών. fultus. Ueber die Dehnung der Endsilbe s. z. A. VII, 398.

54. pallentis herb. Die Gräser haben die gelblich graue Farbe (s. z. E. 2, 47) nicht an sich, sondern nur im dichten Schatten der Eiche.

56. Dictaeae, die kretischen. Dicte, ein Gebirge Kreta's.

60. Gortynia, von Gortyna, einer Stadt auf Kreta.

tum canit Hesperidum miratam mala puellam; tum Phaethontiadas musco circumdat amarae corticis atque solo proceras erigit alnos.

Tum canit, errantem Permessi ad flumina Gallum

Aonas in montis ut duxerit una sororum

utque viro Phoebi chorus adsurrexerit omnis;
ut Linus haec illi divino carmine pastor
floribus atque apio crinis ornatus amaro
dixerit 'hos tibi dant calamos, en accipe, Musae,
Ascraeo quos ante seni, quibus ille solebat
cantando rigidas deducere montibus ornos.
his tibi Grynei nemoris dicatur origo.

ne quis sit lucus, quo se plus iactet Apollo.'

quid loquar, aut Scyllam Nisi, quam fama secuta est

61. Den Mythus von der Atalanta, der Tochter des Schoeneus, und ihrem Wettlauf mit dem Hippomenes s. Ovid. Met. X, 560-707.

62. Phaethontiades, die Töchter des Helios (der auch nach seinem cognomen paedov Phaethon genannt wird, s. A. V, 105), wurden bei der Trauer um den Tod ihres Bruders, der gleichfalls Phaethon hiess, in Erlen verwandelt, s. Ovid. Met. II, 340-366. Die Verwandlung wird dem Silen selbst wegen seiner lebhaften Beschreibung derselben beigelegt.

64-73. Um das Andenken des Corn. Gallus zu ehren, lässt Verg. mit Benutzung einer Fiction Hesiods (Theog. 22 u. 23. 29-34) den Silen singen: Eine der auf den aonischen Höhen des Helikon in Bootien wohnenden Musen führte den Gallus, dessen Seele am Ufer des auf dem Helikon entspringenden und sich in den copaischen See mündenden Permessus umherirrte, in die Musenversammlung. Achtungsvoll erhoben sich Alle, der festlich geschmückte (crinis orn., s. z. A. V. 608) Linus reichte ihm die Syrinx, welche die Musen früher dem sangeskundigen Hesiodus aus Ascra in Böotien verehrt hatten, und forderte ihn auf, den mit ei

65

70

nem Tempel des Apollo versehenen Hain bei der Stadt Grynium an der Küste Aeoliens in Kleinasien zu besingen; thue er dies, so werde kein Ort dem Apollo lieber sein als dieser. Nun hatte Gallus in seiner Nachbildung der Gedichte des Euphorion (s. z. E. 10, 50) den gryneischen Hain besungen. Er soll also, wie Sappho und Alcaeus (vgl. Hor. carm. II, 13, 21-40), die Hōrer durch die Kunst entzücken, welche er im Leben mit Meisterschaft getrieben hatte.

66. viro sagt V. um nicht das tonlose pron. is zu gebrauchen, ebenso A. II, 146. 159. III, 299. VI, 174. 233. 615. VII, 155. VIII. 13, vgl. z. G. III, 412.

67. Linus, der mythische Sänger eines weitberühmten Klageliedes auf einen früh verstorbenen Jüngling (vgl. Preller, Griech. Mythologie I, 377-379).

68. apio: nam id defunctorum epulis feralibus dicatum. Plin. nat. hist. XX, 113. amaro, Plin. ib.: sapore acri et fervido.

74-77. Zum Schlusse eilend (quid loquar) berichtet der Dichter noch, dass Silen auch von der schrecklichen, aus Ovid. Met. XIV, 1—67, und Hom. Od. XII, 235-60 (vgl. auch A. III, 420-28) bekannten

« 前へ次へ »