prima tenet sociumque furens a navibus agmen ferro accincta vocat. iam summas arces Tritonia, respice, Pallas insedit limbo effulgens et Gorgone saeva. ipse pater Danais animos viresque secundas sufficit, ipse deos in Dardana suscitat arma. eripe, nate, fugam finemque impone labori. nusquam abero et tutum patrio te limine sistam.' dixerat et spissis noctis se condidit umbris. apparent dirae facies inimicaque Troiae 613. prima, vorn, denn das scäische Thor führte zum Lager der Griechen. 614. vocat, vgl. Hom. I. XIII, Ueber den Halbvers s. z. 83 sq. I, 534. 615. iam, schon ist es so weit gekommen, dass selbst die frühere Schutzgöttin Troja's, die Pallas, feindlich auf der Zinne der Burg thront. respice, blicke dich um, denn Aeneas war im Begriff, die Burg zu verlassen. 616. limbo eff. et Gorg. saeva. Vergil lässt die Pallas hier in einer Gestalt erscheinen, in der sie von griechischen Künstlern häufig dargestellt wurde, angethan mit dem Peplos und der Aegis. Beide, der Peplos und die Aegis, sind nach den am meisten in die Augen fallenden Theilen bezeichnet, der Peplos nach dem Saume, der an Frauenkleidern oft hervorgehoben wird, vgl. A. IV, 137; die Aegis nach dem schrecklichen Gorgoneion. Für limbo steht übrigens in den meisten Handschr. nimbo. Warum darf man saeva nicht auf Pallas beziehen? vgl. v. 612. -effulgens, sie leuchtet hervor aus dem sie rings umgebenden Dunkel, und zwar vermöge der Fülle ihres göttlichen Lichtglanzes; ähnlich hiess es oben v. 590 von von der Venus: pura in luce refulsit. 617. ipse pater, Jupiter, vgl. G. I, 328. vir. secundas, Jupiter 615 620 verleiht den Griechen immer neuen (sufficit) Muth, der sie zu fortgesetztem Kampfe beseelt, und zugleich die entsprechende physische Kraft, welche nicht hinter den Anforderungen des nie ermüdenden Muthes zurückbleibt, sondern mit demselben gewissermassen gleichen Schritt hält, ihm bei seinen Absichten als nimmer versagende Gehilfin folgt. Breiter drückt den Begriff von vir. sec. Stat. silv. V, 2, 111-12 aus: par vigor et membris, promptaeque ad fortia vires sufficiunt animo atque ingentia iussa sequuntur. Klouček. 619. eripe fugam. Wie die Dichter mit rapere aliquid öfter die Eile bez., mit welcher etwas gethan wird, wie Valer. Fl. III, 272: rapere fugam. Lucan. V, 403: r. cursus, so giebt Verg. diesen Begriff auch dem compos. eripere; daher heisst eripe fugam hier: vollende schleunigst die Flucht aus der Mitte der Feinde (denn später ist sie unmöglich). 621. spissis. spissus kommt nur bei Dichtern und späteren Prosaikern in der Bed. dicht, dick vor; bei Cic. ist es ein Synonymum von difficilis und bed. verwickelt, müh sam. 622. facies dirae erhält durch die folgenden Worte seine nähere Bestimmung. Die W. numina magna bilden einen Begriff, zu dem inimica als Attribut tritt. numina magna deum. Tum vero omne mihi visum considere in ignes ac veluti summis antiquam in montibus ornum Atque ubi iam patriae perventum ad limina sedis me si caelicolae voluissent ducere vitam, 623. Ueber den Halbvers vgl. z. A. I, 534. 625. Warum heisst Troja Neptunia? s. Hom. II. VII, 452. 626. veluti cum, vgl. zu A. I, 148. 630. evincere gehört vor Liv. nur der Dichtersprache an. 632. descendo, von der Burg. ducente den, unter göttlicher Leitung, welche Aen. der Venus allerdings nach v. 620 zuschreiben kann und ihr auch wirklich in v. 664 zuschreibt, sich aber hier allgemeiner ausdrückt, weil auch ein anderer Gott ihn geleiten konnte, da Venus sich seinen Blicken nach v. 621 entzogen hatte. Um das Wunder seiner Rettung hervorzuheben, begnügt Aeneas sich nicht mit den Worten flammam inter et hostis expedior, sondern fügt noch zur nähern Angabe, wie dies geschah, dant tela l. fl. recedunt hinzu. 625 630 635 640 635. tollere, weil Anchises durch den Blitz gelähmt war, s. v. 648 und 649. 636. primumque pet., den ich zuerst anging.. - 639. sanguis und vires sind in gleicher Weise wie hier verbunden A. V, 396. sol. suo st. rob. vir., 'ihr, welchen auf eigener Stärke fest die Kräfte noch ruhn'; das Pron. poss. bez. das, was einem Gegenstande eigenthümlich ist, ihm von Natur zukommt. 640. Ueber den Halbvers vgl. z. A. I, 534. 642. una exc. Anchises meint die Zerstörung Troja's durch Hercules unter der Regierung des Laomedon. 644. sic pos. adf. corp. ponere ist das Verbum proprium von dem Zurechtlegen des entseelten Körpers auf dem Todtenbette, vgl. A. IV, 681; adfari, bezieht sich auf das dreimalige vale, welches man den ipse manu mortem inveniam; miserebitur hostis exuviasque petet. facilis iactura sepulchri. iam pridem invisus divis et inutilis annos 645 demoror, ex quo me divom pater atque hominum rex fulminis adflavit ventis et contigit igni.' Talia perstabat memorans fixusque manebat. nos contra effusi lacrimis coniunxque Creusa Ascaniusque omnisque domus, ne vertere secum cuncta pater fatoque urguenti incumbere vellet. abnegat inceptoque et sedibus haeret in isdem. rursus in arma feror mortemque miserrimus opto. nam quod consilium aut quae iam fortuna dabatur. 'mene efferre pedem, genitor, te posse relicto. sperasti tantumque nefas patrio excidit ore? si nihil ex tanta superis placet urbe relinqui, et sedet hoc animo perituraeque addere Troiae teque tuosque iuvat: patet isti ianua leto, Manen des Gestorbenen nach beendigter Bestattung zurief; vgl. A. VI, 507. XI, 97. Der zum Sterben entschlossene Anchises hat sich selbst schon die Lage eines Verstorbenen gegeben und wünscht nur, dass die Angehörigen ihm jetzt beim Abschiede das dreimalige vale zurufen. 645. ipse m. m. inv., hier nicht, wie sonst, vom Selbstmorde, sondern, wie die folg. W. lehren, von dem im Kampfe gesuchten Tode. manu (eig. durch meine Hand, d. h. durch die Werke meiner Rechten) steht hier also ebenso wie A. XI, 116. Der lebensmüde Anchises betrachtet den Tod als eine Wohlthat, den ihm der über den geleisteten Widerstand erbitterte und zugleich nach Beute gierige Feind geben werde. 646. Die Worte facilis iactura sepulchri enthalten eine Aeusserung, welche bei den im Alterthume über den Werth der Bestattung herrschenden Ansichten (vgl. A. IV, 620. VI, 333. 365. u. 366.) nur die äusserste Verzweiflung dem Anchises eingeben konnte. 650 655 660 647. invisus divis. Anchises war zur Strafe dafür, dass er sein Verhältnis mit der Venus ausgeplaudert hatte, vom Blitze des Jupiter gelähmt worden. inutilis, vgl. Aeschyl. Prom. 371: azpeiov déuas. 649. fulm. adfl. ventis. Einige Philosophen lehrten, dass der Blitz durch den Wind aus den getrennten Wolken herausgetrieben werde, s. Lucret. VI, 243 sq. 651. effusi lacrimis Valer. Fl. VII, 34: talique effunditur ira. 653. fatoque urguenti incumbere, Flügel verleihen dem drängenden Schicksal, vgl. Liv. III. 16, 5: id (malum) maxime inclinatis rebus incubuit. 654. inceptoque et sedibus h. in isdem. Präpositionen, die zu zwei Satzgliedern gehören, werden von den Dichtern bisweilen erst zum zweiten hinzugefügt, doch müssen die beiden Satzglieder dann in der Arsis, die Präposition in d. Thesis stehen, vgl. A. V, 512 und s. zu V. 293. 660. sed. hoc an. Diese Wendung gehört mehr der Dichtersprache an, die kl. Prosa gebraucht dafür iamque aderit multo Priami de sanguine Pyrrhus, Talia vociferans gemitu tectum omne replebat, die Phrase: sententia stat alci. 662. multo de sanguine, gleich nach dem Morde, mit Blut bespritzt. 663. obtruncat, s. zu v. 275. 664. hoc erat, quod me ... eripis = ergo ideo me eripis (servas), ut cernam, vgl. Cic. pro Rosc. Am. 35, 99: quid erat quod Capitonem primum scire voluerit? = cur voluit? 672. insert., ein seltenes, hier zuerst vorkommendes Wort. 673. compl. ped., vgl. Hom. II. I, 512. 676. expertus, durch Erfahrung belehrt. 678. In der LA. cui— relinquar? liegen zwei Fragen, von denen die eine hier unpassend ist. relinquere ist hier 466. 665 670 675 680 685 deserere, vgl. A. IV, 681. manus inter. inter häufig von einem Orte, in dessen Mitte sich etwas befindet oder geschieht, vgl. E. 1, 51; inter manus daher von dem, den man umarmt, umschlungen hält. inter ora, im Angesicht des Vaters und der Mutter, die einander zugekehrt stehen. 683. apex, die nach Art einer Priestermütze spitz zulaufende Flamme, vgl. Ovid. fast. VI, 636: inque coma flammeus arsit apex. met. X, 279: flamma ter accensa est apicemque per aera duxit. tactu innoxia, vgl. G. III, 416. mollis comas, vgl. Tib. I, 8, 9: quid prodest molles coluisse capillos. -- extulit et caelo palmas cum voce tetendit. 'luppiter omnipotens, precibus si flecteris ullis, aspice nos hoc tantum; et, si pietate meremur, da deinde augurium, pater, atque haec omnia firma.' Vix ea fatus erat senior, subitoque fragore intonuit laevum et de caelo lapsa per umbras stella facem ducens multa cum luce cucurrit. illam summa super labentem culmina tecti cernimus Idaea claram se condere silva signantemque vias; tum longo limite sulcus dat lucem et late circum loca sulfure fumant. hic vero victus genitor se tollit ad auras adfaturque deos et sanctum sidus adorat. 690 695 700 'iam iam nulla mora est: sequor et qua ducitis adsum. di patrii, servate domum, servate nepotem. vestrum hoc augurium, vestroque in numine Troia est. cedo equidem nec, nate, tibi comes ire recuso.' dixerat ille; et iam per moenia clarior ignis auditur propiusque aestus incendia volvunt. ergo age, care pater, cervici imponere nostrae; ipse subibo umeris nec me labor iste gravabit; 688. caelo, s. zu A. I, 126. 690. aspice nos hoc tantum, wie τοῦτο μόνον ἡμᾶς ἐπίβλεψον, richte nur einen Blick auf uns. Der Accus. hoc ist, wie in id te hortor, tendere tantum (A. V, 21)., der Stellvertreter des Accusativ eines gleichstämmigen Substantivs (vgl. Liv. VII, 30, 20: adnuite. . . nutum numenque vestrum). Anchises weiss nicht, ob er die Wundererscheinung mit Recht als ein günstiges Zeichen der Götter ansehen soll, und fleht zu Jupiter, ihn in dieser Ungewissheit nicht unberücksichtigt zu lassen, sondern ihm ein allgemein verständliches Zeichen (augurium, vgl. unten v. 703. A. X, 255) zu geben, wodurch die Deutung, die er dem ersten beilegt, als die richtige bestätigt werde, denn wie Servius sagt, non unum augurium vidisse sufficit, nisi confirmetur ex simili; nam si dissimilia sunt posteriora, 705 solvuntur priora, vgl. A. VIII, 79. 692. subitoque. Durch et und que wird häufig, besonders nach vorhergehendem vix, ubi, nondum, der Nachsatz eingeleitet, um d. schnelle Aufeinanderfolge zweier Handlungen zu bezeichnen, vgl. A. V, 857. VII, 288. XI, 296. XII, 81. 683. int. laevum. Donner zur Linken galt bei den Römern für ein günstiges Zeichen. 694. stella, eine Feuerkugel. 697. Ueber die Alliteration (longo limite) s. z. A. III, 412. 703. vestro in num. Troia est, Troja steht unter euerer Macht, d. h. ihr werdet dafür sorgen, dass Troja nicht ganz untergeht, sondern durch seine Söhne an einem andern Orte neu ersteht, vgl. A. IX, 247. 706. aestus ist hier, wie unten v. 759, die wogende Gluth, vgl. auch Á. VII, 464. Ebenso steht aestuare, G. IV, 263. |