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hier umgeben, allmählig gebildet: so ist's auch mit. den Trieben und Neigungen unsres Herzens; eine andre Welt kennt ihre äußerlichen Hülfsmittel und Hindernisse wahrscheinlich nicht. Aber die lezten Resultate derselben sollte sie nicht kennen? Gewiß! alle Ratien streben auch hier zum Mittelpunkt des Kreises. Der reine Verstand kann überall nur Verstand fein, von welchen Sinnlichkeiten er auch abgezogen worden; die Energie des Herzens wird überall dieselbe Tüchtigkeit, d. i. Tugend, sein, an welchen Gegenstånden sie sich auch geübt habe. Also ringt wahrscheinlich auch hier die größeste Mannichfaltigkeit zur Einheit, und die allumfassende Natur wird ein Ziel haben, wo sie die edelsten Bestrebungen so vielartiger Geschöpfe vereinige und die Blüthen aller Welt gleichsam in einen Garten sammle. Was physisch vereinigt ist; warum sollte es nicht auch geistig und moralisch vereinigt sein? da Geist und Moralität auch Physik sind, und denselben Gesezen, die doch zulezt alle vom Sonnensystem abhangen, nur in einer höhern Ordnung dienen. Wäre es mir also erlaubt, die allgemeine Beschaffenheit der mancherlei Planeten auch in der Organisation und im Leben ihrer Bewohner mit den verschiedenen Farben eines Sonnenstrahls oder mit den verschiedenen Tönen einer Tonleiter zu vergleichen: so würde ich sagen, daß sich vielleicht das Licht der Einen Sonne des Wahren und Guten auch auf jedem Planeten verschieden breche, so daß sich noch keiner derselben ihres ganzen Genusses rühmen könnte. Nur weil Eine Sonne sie alle erleuchtet und sie alle auf Einem Plan der Bildung schweben: so ift zu hoffen, sie kommen alle, jeder auf seinem Wege, der Vollkommenheit nåher, und vereinigen sich einst vielleicht, nach^mancherlei Wandelgången, in Einer Schule des Guten und Schönen. Jezt wollen wir nur Menschen sein, d. i. Ein Ton, Eine Farbe in der Harmonie unsrer Sterne. Wenn das Licht, das wir genießen, auch der milden grünen Farbe zu vergleichen wäre, so lasset sie uns nicht für das reine Sonnenlicht, unsern Verstand und Willen nicht für die Handhaben des Universum halten: denn wir sind offenbar mit unsrer ganzen Erde nur ein kleiner Bruch des Ganzen.

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III.

Unfre Erde ist vielerlei Revolutionen durchge: gangen, bis sie das, was sie jezt ist, worden. Den Beweis dieses Saßes giebt sie selbst, auch schon durch das, was sie auf und unter ihrer Oberfläche (denn weiter sind die Menschen nicht gekommen) zeiget. Das Wasser hat überschwemmt, und Erdlagen, Berge, Thåler gebildet: das Feuer hat gewüthet, Erdrinden gesprengt, Berge emporgehoben und die geschmolzenen Eingeweide des Innern hervorgeschüttet: die Luft, in der Erde eingeschlossen, hat Höhlen gewölbt und den Ausbruch jener mächtigen Elemente befördert: Winde haben auf ihrer Oberfläche getobet, und eine noch mächtigere Ursache hat sogar ihre Zonen verändert. Vieles hievon ist in Zeiten geschehen, da es schon organisirte und lebendige Kreaturen gab : `ja hie und da scheint es mehr als einmal,~hier schneller, dort langsamer geschehen zu sein, wie fast allenthalben und in so großer Höhe und Tiefe die versteinten Thiere und Gewächse zeigen. Viele dieser Revolutionen gehen eine schon gebildete Erde an und können also vielleicht als zufällig betrachtet wer den; andre scheinen der Erde wesentlich zu sein und haben sie ursprünglich selbst gebildet. Weder über jene, noch über diese (sie find aber schwer zu trennen), haben wir bisher eine vollständige Theorie; schwerlich können wir sie auch über jene haben, weil sie gleichsam historischer Natur sind und von zu viel kleinen Localurfachen abhängen mögen. Ueber diese aber, über die ersten wesentlichen Revolutionen unsrer Erde, wünschte ich, daß ich eine Theorie erlebte. Ich hoffe, ich werde es: denn obgleich die Bemerkungen aus verschiedenen Welttheilen lange noch nicht vielseitig und genau genug find: so scheinen mir doch sowohl die Grundsåße und Bemerkungen der allgemeinen Phyfik, als die Erfahrungen der Chemie und des Bergbaues dem Punkt nahe, wo vielleicht Ein glücklicher Blick mehrere Wissenschaften vereinigt und also Eine durch die andere erkläret. Gewiß ist Búffon nur der Des-Kartes dieser Art mit seinen kühnen Hypothesen, den bald ein Kepler und Newton durch rein zusammenstimmende Thatsachen übertreffen und widerlegen möge. Die neuen Entdeckungen, die man über

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Wärme, Luft, Feuer und ihre mancherlei Wirkungen auf die Beftandtheile, auf Composition und Decomposition unsrer Erdwesen gemacht hat, die simpeln Grundsåße, auf die die elektrische, zum Theil auch die magnetische Materie gebracht ist, scheinen mir dazu, wo nicht nahe, so doch entferntere Vorschritte zu sein, daß vielleicht mit der Zeit durch Einen neuen Mittelgriff es einem glücklichen Geist gelingen wird, unsre Geogenie so einfach zu erklären, ́als Kepler und Newton das Sonnengebäude darstellten. Es wäre schön, wenn hiemit manche als qualitates occultae bisher angenommene Naturkräfte auf erwiesene physische Wesen reducirt werden könnten.

Wie dem auch sei, so ist wohl unlåugbar, daß die Natur auch hier ihren großen Schritt gehalten und die größeste Mannichfaltigkeit aus einer in's Unendliche fortgehenden Simplicitåt gewähret habe. Eh unsre Luft, unser Wasser, unsre Erde hervorgebracht werden konnte, waren mancherlei einander auflösende, niederschlagende Stamina nöthig; und die vielfachen Gattungen der Erde, der Gesteine, der Crystallisationen, gar der Organisation in Muscheln, Pflanzen, Thieren, zulegt im Menschen, wie viel Auflösungen und Revolutionen des Einen in das Andre feßten die voraus! Da die Natur nun allenthalben auch jezt noch alles aus dem Feinsten, Kleinesten hervorbringt, und indem sie auf unser Zeitmaaß gar nicht rechnet, die reichste Fülle mit der engsten Sparsamkeit mittheilet: so scheint dieses auch, selbst nach der mosaischen Tradition, ihr Gang gewesen zu sein, da sie zur Bildung oder vielmehr zur Ausbildung und Entwicklung der Geschöpfe den ersten Grund legte. Die Masse wirkender Kräfte und Elemente, aus der die Erde ward, enthielt wahrscheinlich als Chaos alles, was auf ihr werden sollte und konnte. In periodischen Zeiträumen entwickelte sich aus geistigen und körperlichen staminibus die Luft, das Feuer, das Wasser, die Erde. Mancherlei Verbindungen des Wassers, der Luft, des Lichts, mußten vorangegangen sein, ehe der Saame der ersten Pflanzenorganisation, etwa das Moos, hervorgehen konnte. Viele Pflanzen mußten hervorgegangen und gestorben sein, che eine Thierorganisation ward; auch bei dieser gingen Insekten, Vögel, Wasser- und Nachtthiere den gebildetern Thieren der Erde und des Tages vor; bis endlich nach allen die Krone der Organisation unsrer Erde, der Mensch, auftrat, Microcosmus. Er, der

Sohn aller Elemente und Wesen, ihr erlesenster Inbegriff und gleichsam die Blüthe der Erdenschöpfung, konnte nicht anders, als das lezte Schooßkind der Natur sein, zu dessen Bildung und Empfang viele Entwickelungen und Revolutionen hervorgegangen sein mußten.

Indessen war's eben so natürlich, daß auch Er noch viele erlebte, und da die Natur nie von ihrem Werk abläßt, noch weniger einem Zårtlinge zu gut, dasselbe vernachlässigt oder verspåtet: so mußte die Austrocknung und Fortbildung der Erde, ihr innerer Brand, Ueberschwemmungen und was sonst daraus folgte, noch lange und oft fortdauern, auch da Menschen auf Erden lebten. Selbst die älteste Schrifttradition weiß noch von Revolutionen dieser Art, und wir werden späterhin sehen, was diese fürchterlichen Erscheinungen der ersten Zeit beinah auf's ganze menschliche Geschlecht für starke Wirkungen gemacht haben. Jezt sind Umwälzungen dieser ungeheuern Gattung seltner, weil die Erde ausgebildet oder vielmehr alt ist; nie aber können und werden sie unserm Geschlecht und Wohnplaz ganz fremde werden. Es war ein unphilosophisches Geschrei, das Voltaire bei Lissabons Sturz anhob, da er beinah lästernd die Gottheit deswegen anklagte. Sind wir uns selbst nicht und alle das unsre, selbst unsern Wohnplag, die Erde, den Elementen schuldig? Wenn diese, nach immer fortwirkenden Naturgesehen, periodisch aufwachen und das Ihre zurück fødern, wenn Feuer und Wasser, Luft und Wind, die unsre Erde bewohnbar und fruchtbar gemacht haben, in ihrem Laufe fortgehn und sie zerstören: wenn die Sonne, die uns so lange als Mutter erwärmte, die allez Lebende auferzog und an goldenen Seilen um ihr erfreuendes Antlig lenkte - wenn sie die alternde Kraft der Erde, die sich nicht mehr zu halten und fortzutreiben vermag, nun endlich in ihren brennenden Schooß zöge; was geschähe anders, als was nach ewigen Geseßen der Weisheit und Ordnung geschehen mußte? Sobald in einer Natur voll veränderlicher Dinge Gang sein muß: sobald muß auch Untergang sein; scheinbarer Untergang nåmlich, eine Abwechselung von Gestalten und Formen. Nie aber trifft dieser das Innere der Natur, die über allen Ruin erhaben, immer als Phönir aus ihrer Asche ersteht und mit jungen Kräften blühet. Schon die Bildung unsres Wohnhauses und aller Stoffe, die es

hergeben konnte, muß uns also auf die Hinfälligkeit und Abwechsclung aller Menschengeschichte bereiten; mit jeder nåhern Ansicht erblicken wir diese mehr und mehr.

IV.

Unfre Erde ist eine Kugel, die sich um sich selbst, und gegen die Sonne in schiefer Nichtung

beweget.

Wie der Cirkel die vollkommenste Figur ist, indem er unter allen Gestalten die größeste Fläche in der leichtesten. Construction einschließt und bei der schönsten Einfalt die reichste Mannichfaltigkeit mit sich führet: so ist unsre Erde, so sind alle Planeten und Sonnen, alle Kugelgestalten, mithin als Entwürfe der einfachsten Fülle, des bescheidensten Reichthums aus den Hånden der Natur geworfen. Erstaunen muß man über die Vielheit der Abänderungen, die auf unsrer Erde wirklich sind; noch mehr erstaunen aber über die Einheit, der diese unbegreifliche Mannichfaltigkeit dient. Es ist ein Zeichen der tiefen nordischen Barbarei, in der wir die Unsrigen erziehen, daß wir ihnen nicht von Jugend auf einen tiefen Eindruck dieser Schöne, der Einheit und Mannichfaltigkeit auf unsrer Erde, geben. Ich wünschte, mein Buch erreichte nur einige Striche zu Darstellung dieser großen Aussicht, die mich seit meiner frühesten Selbstbildung erfaßt hat und mich zuerst auf das weite Meer freier Begriffe führte. Sie ist mir auch so lang heilig, als ich diesen alles umwölbenden Himmel über, und diese alles fassende, sich selbst umkreisende Erde unter mir sehe.

Unbegreiflich ist's, wie Menschen so lange den Schatten ihrer Erde im Monde sehen konnten, ohne zugleich es tief zu fühlen, daß alles auf ihr Umkreis, Rad und Veränderung sei. Wer, der diese Figur je beherzigt hätte, wåre hingegangen, die ganze Welt zu Einem Wortglauben in Philosophie und Religion zu befehren, oder sie dafür mit dumpfem aber heiligem Eifer zu morden? Alles ist auf unfrer Erde Abwechselung einer Kugel: kein Punkt dem andern

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