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keiten: bis sich zulezt alles in der Vernunftfähigkeit, Freiheit und Humanitåt des Menschen vereinet.

4. Bei jedem Geschöpf war nach den Zwecken der Natur, die es zu befördern hatte, auch seine Lebensdauer eingerichtet. Die Pflanze verblühete bald; der Baum mußte sich langsam auswachsen.. Das Insekt, das seine Kunstfertigkeit auf die Welt mitbrachte, und fich früh und zahlreich fortpflanzte, ging bald von dannen; Thiere, die langsamer wuchsen, die auf einmal weniger gebaren, oder die gar ein Leben der vernunftähnlichen Haushaltung führen sollten: denen ward auch ein långeres, und dem Menschen vergleichungsweise das långste Leben. Doch rechnete die Natur hiebei nicht nur aufs einzelne Geschöpf, sondern auch auf die Erhaltung des ganzen Ges schlechtes und der Geschlechter, die über ihm standen. Reiche waren also nicht nur stark beseßt, sondern, wo es der Zweck des Geschöpfs zuließ, dauerte auch ihr Leben långer. Das Meer, der unerschöpfliche Lebensquell, erhält seine Bewohner, die von zåher Lebenskraft sind, am långsten; und die Amphibien, halbe Wasserbewohner, nåhern sich ihnen an Långe des Lebens. Die Bewohner der Luft, weniger beschwert von der Erdenahrung, die die Landthiere allmålig verhärtet, leben im Ganzen långer, als diese; Luft und Wasser scheinen also das große Vorrathshaus der Lebendigen, die nachher in schnellern Uebergången die Erde aufreibt und verzehrt.

Die untern

5. Je organisirter ein Geschöpf ist, desto mehr ist sein Bau zusammengesezt aus den niedrigen. Reichen. Unter der Erde fångt diese Vielartigkeit an, und sie wächst hinauf durch Pflanzen, Thiere, bis zum vielartigsten Geschöpf, dem Menschen. Sein Blut und seine vielnamigen Bestandtheile sind ein Compendium der Welt: Kalk und Erde, Salze und Säuren, Del und Wasser, Kräfte der Vegetation, der Reize, der Empfindungen find in ihm organisch vereint und in einander verwebt.

Entweder müssen wir diese Dinge als Spiele der Natur ansehen (und sinnlos spielte die verstandreiche Natur nie), oder wir werden darauf gestoßen, auch ein Reich unsichtbarer Kräfte anzunehmen, das in eben demselben genauen Zusammenhange und dichten Uebergange steht, als wir in den äußern Bildungen wahrnehmen. Je mehr wir die Natur kennen lernen, desto

mehr bemerken wir diese inwohnende Kräfte auch sogar in den niedrigsten Geschöpfen, Moosen, Schwimmen u. dgl. In einem Thier, das sich beinahe unerschöpflich reproducirt, in der Muskel, die sich vielartig und lebhaft durch eignen Reiz bewegt, sind sie unleugbar, und so ist alles voll organisch-wirkender Allmacht.- Wir wissen nicht, wo diese anfängt, noch wo sie aufhöret: denn wo Wirkung in der Schöpfung ist, ist Kraft; wo Leben sich äußert, ist inneres Leben. Es herrscht also allerdings nicht nur ein Zusam menhang, sondern auch eine aufsteigende Reihe von Kräften im unsichtbaren Reich der Schöpfung, da wir diese in ihrem sichtbaren Reich, in organisirten Formen vor uns wirken sehen.

Ja, unendlich inniger, steter und fortgehender muß dieser unsichtbare Zusammenhang sein, als in unserm stumpfen Sinne die Reihe äußerer Formen zeiget. Denn was ist eine Organisation, als eine Masse unendlich vieler zusammengedrängter Kräfte, deren größter Theil eben des Zusammenhanges wegen von andern Kräften eingeschränkt, unterdrückt, oder wenigstens unsern Augen so vers steckt wird, daß wir die einzelnen Wassertropfen nur in der dunkeln Gestalt der Wolke, d. i. nicht die einzelnen Wesen selbst, sondern nur das Gebilde sehen, das sich zur Nothdurft des Ganzen so und nicht anders organisiren mußte. Die wahre Stufenleiter der Geschöpfe, welch ein andres Reich muß sie im Auge des Allwissenden sein, als von dem die Menschen reden! Wir ordnen Formen, die wir nicht durchschauen und classificiren, wie Kinder nach einzelnen Gliedmaßen oder nach andern Zeichen. Der oberste Haushalter siehet und hält die Kette aller auf einander dringenden Kräfte.

Was dies für die Unsterblichkeit der Seele thue? Alles; und nicht für die Unsterblichkeit unsrer Seele allein, sondern für die Fortdauer aller wirkenden und lebendigen Kräfte der Weltschöpfung. Keine Kraft kann untergehn; denn was hieße es: eine Kraft gehe unter? Wir haben in der Natur davon kein Beispiel, ja in unsrer Seele nicht einmal einen Begriff. Ist es Widerspruch, daß Etwas Nichts sei oder werde: so ist es mehr Widerspruch, daß ein lebendiges, wirkendes Etwas, in dem der Schöpfer selbst gegenwärtig ist, in dem sich seine Gotteskraft einwohnend offenbaret, sich in ein Nichts verkehre. Das Werkzeug kann durch äußerliche Um

stånde zerrüttet werden; so wenig aber auch in diesem sich nur ein Atom vernichtet oder verlieret, um so weniger die unsichtbare Kraft, die auch in diesem Atom wirket. Da wir nun bei allen Organisationen wahrnehmen, daß ihre wirkenden Kräfte so weise gewählt, so künftlich geordnet, so genau auf ihre gemeinschaftliche Dauer und auf die Ausbildung der Hauptkraft berechnet sind: so wåre es Unfinn, von der Natur zu glauben, daß in dem Augenblick, da eine Combination derselben, d. i. ein äußerlicher Zustand, aufhört, sie nicht nur plöglich von der Weisheit und Sorgfalt abließe, dadurch fie allein göttliche Natur ist: sondern dieselbe auch gegen sich kehrte, um mit ihrer ganzen Allmacht (denn minder gehörte dazu nicht,) nur einen Theil ihres lebendigen Zusammenhanges, in dem sie selbst ewig thatig lebet, zu vernichten. Was der Allbelebende in's Leben rief, lebet: was wirkt, wirkt in seinem ewigen Zusammenhange ewig.

Da diese Principien weiter auseinander zu sehen hier nicht der Ort ist: so lasset uns sie blos in Beispielen zeigen. Die Blume, die ausgeblühet hat, zerfållt; d. i. dies Werkzeug ist nicht weiter geschickt, daß die vegetirende Kraft in ihm fortwirke: der Baum, der sich satt an Früchten getragen, stirbt; die Maschine ist hinfällig worden und das Zusammengeseßte geht auseinander. Hieraus folget aber im mindesten nicht, daß die Kraft, die diese Theile belebte, die vegetiren und sich so mächtig fortpflanzen konnte, mit dieser Decomposition gestorben sei; sie, die über tausend Kråfte, die sie anzog, in dieser Organisation herrschte. Jedem Atom der zerlegten Maschine bleibt ja seine untere Kraft; wie viel mehr muß sie der mächtigern bleiben, die in dieser Formung jene alle zu einem Zwecke regierte und in ihren engen Grenzen mit allmächtigen Natureigenschaften wirkte. Der Faden der Gedanken zerreißt, wenn man es sich als natürlich denket, daß dies Gefchöpf jezt in jedem seiner Glieder die mächtige, sich selbst erstattende, reizbare Selbstthätigkeit haben soll, wie sie sich uns vor Augen äußert; daß aber den Augenblick darauf alle diese Kräfte, die lebendigen Erweise einer inwohnenden organischen Allmacht, aus dem Zusammenhange der Wesen, aus dem Reich der Realität so hinweg sein sollen, als wåren sie nie darinnen gewesen.

Und bei der reinsten und thätigsten Kraft, die wir auf Erden

kennen, sollte dieser Gedankenwiderspruch statt finden, bei der menschlichen Seele? Sie, die über alle Vermögen niedrigerer Organisationen so weit hinaufgerückt ist, daß sie nicht nur mit einer Art Allgegenwart und Allmacht tausend organische Kräfte meines Körpers als Königin beherrschet: sondern auch (Wunder aller Wunder!) in sich selbst zu blicken, und sich zu beherrschen vermag. Nichts geht hienieden über die Feinheit, Schnelle und Wirksamkeit eines menschlichen Gedanken; nichts über die Energie, Reinheit und Wärme eines menschlichen Willens. Mit allem, was der Mensch denkt, ahmet er der ordnenden, mit allem, was er will und thut, der schaffenden Gottheit nach; er möge so unvernünftig denken, als er wolle. Die Aehnlichkeit liegt in der Sache selbst: sie ist im Wesen seiner Seele gegründet. Die Kraft, die Gott erkennen, ihn lieben und nachahmen kann, ja die nach dem Wesen ihrer Vernunft ihn gleichsam wider Willen erkennen und nachahmen muß, indem sie auch bei Irrthümern und Fehlern nur durch Trug und Schwachheit fehlte; sie, die mächtigste Regentin der Erde sollte untergehen, weil ein åußerer Zustand der Zusammenseßung sich åndert und einige niedere Unterthanen von ihr weichen? Die Künstlerin wäre nicht mehr, weil ihr das Werkzeug aus der Hand fållt? Wo bliebe hier aller Zusammenhang der Gedanken?

II.

Keine Kraft der Natur ist ohne Organ; das Organ ist aber nie die Kraft selbst, die mittelst jenem wirket.

Priestlei und andre haben den Spiritualisten vorgerückt, daß man in der ganzen Natur keinen reinen Geist kenne, und daß man auch den innern Zustand der Materie lange nicht genug einsehe, um ihr das Denken oder andere geistige Kräfte abzusprechen; mich dünkt, sie haben in beiden Recht. Einen Geist, der ohne und außer aller Materie wirkt, kennen wir nicht; und in dieser sehen wir so viele geistähnliche Kräfte, daß mir ein völliger Gegensaß und Widerspruch dieser beiden, allerdings sehr verschiednen Wesen des Gei

*ftes und der Materie, wo nicht selbst widersprechend, so doch wenigstens ganz unerwiesen scheinet. Wie können zwei Wesen gemeinschaftlich und innig harmonisch wirken, die völlig ungleichartig einander wesentlich entgegen wåren? und wie können wir dies behaupten, da uns weder Geist noch Materie im Innern bekannt ist?

Wo wir eine Kraft wirken sehen, wirkt ste allerdings in einem Organ, und diesem harmonisch; ohne dasselbe wird sie unsern Sinnen wenigstens nicht sichtbar; mit ihm aber ist sie zugleich da, und wenn wir der durchgehenden Analogie der Natur glauben dürfen, so hat sie sich dasselbe zugebildet. Práformirte Keime, die seit der ·Schöpfung bereit lagen, hat kein Auge gesehen; was wir vom ersten Augenblick des Werdens eines Geschöpfs bemerken, sind wirkende organische Kräfte. Hat ein einzelnes Wesen diese in sich: so erzeugt es selbst; sind die Geschlechter getheilt: so muß jedes derselben zur Organisation des Abkömmlings beitragen, und zwar nach der Verschiedenheit des Baues auf eine verschiedene Weise. Geschöpfe von Pflanzennatur, deren Kräfte noch einartig, aber desto inniger wirken, haben nur einen leisen Hauch der Berührung nóthig, ihr Selbsterzeugtes zu beleben; auch in Thieren, wo der lez bendige Reiz und ein zåhes Leben durch alle Glieder herrscht, mithin fast Alles Productions- und Reproductionskraft ist, bedarf die Frucht der Belebung oft nur außer Mutterleibe. Je vielartiger der Organisation nach die Geschöpfe werden: desto unkenntlicher wird das, was man bei jenen den Keim nannte: es ist organische Materie, zu der lebendige Kråfte kommen müssen, sie erst zur Gestalt des künftigen Geschöpfs zu bilden. Welche Auswirkungen gehen im Ei eines Vogels vor, ehe die Frucht Gestalt gewinnt und sich diese vollendet! die organische Kraft muß zerrütten, indem sie ordnet: sie zieht Theile zusammen und treibt sie auseinander; ja es scheint, als ob mehrere Kräfte im Wettstreit wären und zuerst eine Mißgeburt bilden wollten, bis sie in ihr Gleichgewicht treten, und das Geschöpf das wird, was es seiner Gattung nach sein soll. Sies Het man diese Wandlungen, diese lebendigen Wirkungen, sowohl im Ei des Vogels, als im Mutterleibe des Thiers, das lebendige gebåret: so, dünkt mich, spricht man uneigentlich, wenn man von Keimen, die nur entwickelt würden, oder von einer Epigenesis redet, nach der die Glieder von außen zuwüchsen. Bildung

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