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gleich, kein Hemisphår dem andern gleich, Oft und West so sehr einander entgegen, als Nord und Süd. Es ist eingeschränkt, diese Abwechselung blos der Breite nach berechnen zu wollen, etwa weil die Länge weniger in's Auge fällt, und nach einem alten ptolomäischen Fachwerk von Climaten auch die Menschengeschichte zu theilen. Den Alten war die Erde minder bekannt; jezt kann sie uns zu allgemeiner Uebersicht und Schäßung mehr bekannt sein, als allein durch nord- und südliche Grade.

Alles ist auf der Erde Veränderung: hier gilt kein Einschnitt, keine nothdürftige Abtheilung eines Globus oder einer Charte. Wie sich die Kugel dreht, drehen sich auch auf ihr die Köpfe, wie die Climaten; Sitten und Religionen, wie die Herzen und Kleider. Es ist eine unsägliche Weisheit darin, nicht, daß alles so vielfach; sondern daß auf der runden Erde alles noch so ziemlich unison geschaffen und gestimmt ist. In diesem Geseß: viel mit Einem zu thun und die größeste Mannichfaltigkeit an ein zwangloses Einerlei zu knüpfen, liegt eben der Apfel der Schönheit.

Ein sanftes Gewicht knüpfte die Natur an unsern Fuß, um uns diese Einheit und Stetigkeit zu geben: es heißt in der Körperwelt Schwere, in der Geisterwelt Trägheit. Wie alles zum Mittelpunkt drångt, und nichts von der Erde hinweg kann, ohne daß es je von unserm Willen abhange: ob wir darauf leben und fterben wollen? so ziehet die Natur auch unsern Geist von Kindheit auf mit starken Fesseln, jeden an sein Eigenthum, d. i. an seine Erde: (denn was håtten wir endlich anders zum Eigenthum, als diese?) Jeder liebt sein Land, seine Sitten, seine Sprache, sein Weib, seine Kinder, nicht weil sie die besten auf der Welt, sondern weil sie die bewährten Seinigen sind, und er in ihnen sich und feine Mühe selbst liebt. So gewöhnt sich jeder auch an die schlechteste Speise, an die hårteste Lebensart, an die roheste Sitte des rauhesten Klima, und findet zulezt in ihm Behaglichkeit und Ruhe. Selbst die Zugvögel nisten, wo sie geboren sind, und das schlechteste, räuheste Vaterland hat oft für den Menschenftamm, der sich daran gewöhnte, die ziehendsten Fesseln.

Fragen wir also: wo ist das Vaterland der Menschen? wo ist der Mittelpunkt der Erde? so wird überall die Antwort sein können: hier, wo du stehst! › es sei nahe dem beeisten Pol oder

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gerade unter der brennenden Mittagssonne. Ueberall, wo Menschen leben können, leben Menschen, und sie können fast überall leben. Da die große Mutter auf unsrer Erde kein ewiges Einerlei hervorbringen konnte noch mochte: so war kein andres Mittel, als daß sie das ungeheuerste Vielerlei hervortrieb, und den Menschen aus einem Stoff webte, dies große Vielerlei zu ertragen. Epäterhin werden wir eine schöne Stufenleiter finden, wie sich, nachdem die Kunft der Organisation in einem Geschöpf zunimmt, auch die Fähigkeit desselben vermehrt, mancherlei Zustånde auszudauern und sich nach jedem derselben zu bilden. Unter allen diefen veränderlichen, ziehbaren, empfänglichen Geschöpfen ist der Mensch das empfänglichste: die ganze Erde ist für ihn gemacht, Er für die ganze Erde.

Lasset uns also, wenn wir über die Geschichte unsers Geschlechts philosophiren wollen, so viel möglich alle enge Gedankenformen, die aus der Bildung Eines Erdstrichs, wohl gar nur Einer Schule genommen sind, verläugnen. Nicht was der Mensch bei uns ist, oder gar, was er nach den Begriffen irgend eines Träumers sein soll; sondern was er überall auf der Erde und doch zugleich in jeglichem Strich besonders ist, d. i. wozu ihn irgend nur die reiche Mannichfaltigkeit der Zufälle in den Hånden der Natur bilden konnte; das lasset uns auch als Absicht der Natur betrachten. Wir wollen keine Lieblingsgestalt, keine Lieb lingsgegend für ihn suchen und finden: wo er ist, ist er der Herr und Diener der Natur, ihr liebstes Kind und vielleicht zugleich ihr auf's härteste gehaltener Sklave. Vortheile und Nachtheile, Krankheiten und Nebel, so wie neue Arten des Genusses, der Fülle, des Segens, erwarten überall seiner, und nachdem die Würfel dieser Umstände und Beschaffenheiten fallen; nachdem wird er werden.

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Durch eine leichte, für uns noch unerklårbare Ursache hat die Natur diese Mannichfaltigkeit der Geschöpfe auf Erden nicht nur befördert, sondern auch eingeschränkt und festgestellt: es ist der Winkel unsrer Erdare zum Sonnenäquator. In den Gesezen der Kugelbewegung liegt er nicht: Jupiter hat ihn nicht; dieser steht senkrecht auf der Bahn zur Sonne. Mars hat ihn wenig; die Venus dagegen ungeheuer spig, und auch der

Eaturn mit seinem Ninge und seinen Monden drückt sich seinvårts nieder. Welche unendliche Verschiedenheit der Jahreszeiten- und Sonnenwirkung wird dadurch in unserm Sternensystem veranlaßt! Unsre Erde ist auch hier ein geschontes Kind, eine mittlere Gesellin: der Winkel, mit dem sie eingesenkt ist, beträgt noch nicht 24 Grade. Ob sie ihn von jeher gehabt? davon darf jezt noch keine Frage sein; genug, sie hat ihn. Der unnatürliche, wenigstens uns unerklärliche Winkel ist ihr eigen geworden und hat sich seit Jahrtausenden nicht verändert; er scheint auch zu dem, was jezt die Erde und auf ihr das Menschengeschlecht sein soll, nothwendig. Mit ihm nåmlich, mit dieser schiefen Richtung zur Ekliptik, werden bestimmt-abwechselnde Zonen, die die ganze Erde bewohnbar machen, vom Pol bis zum Aequator, vom Aequator wieder zum Pol hin. Die Erde muß sich regelmäßig beugen, damit auch Gegenden, die sonst in cimmerischer Kålte und Finsterniß lågen, den Strahl der Sonue sehn und zur Organisation geschickt werden. Da uns nun die lange Erdgeschichte zeigt, daß auf alle Revolutionen des menschlichen Verstandes und seiner Wirkungen das Verhältniß der Zonen viel Einfluß gehabt: denn weder aus dem kåltesten noch heißesten Erdgürtel sind jemals die Wirkungen auf's Ganze erfolgt, die die gemäßigte Zone hervor brachte; so sehen wir abermals, mit welchem feinen Zuge der Finger der Allmacht alle Umwälzungen und Schattirungen auf der Erde umschrieben und bezirkt hat. Nur eine kleine andre Richtung der Erde zur Sonne und alles auf ihr wäre anders.

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Abgemeßne Mannichfaltigkeit also ist auch hier das Gesetz der bildenden Kunst des Weltschöpfers. Es war ihm nicht genug, daß die Erde in Licht und Schatten, daß das menschliche Leben in Tag und Nacht vertheilt würde; auch das Jahr unsers Geschlechts sollte abwechseln, und nur einige Tage erließ er uns am Herbst und Winter. Hiernach wurde auch die Långe und. Kürze des menschlichen Lebens, mithin das Maaß unsrer Kräfte, die Revolutionen des menschlichen Alters, die Abwechselungen, unsrer Geschäfte, Phänomene und Gedanken, die Nichtigkeit oder Dauer unsrer Entschlüsse und Thaten bestimmt: denn alles dies, werden wir sehen, ist zulezt an dies einfache Geseß der Tagesund Jahreszeiten gebunden. Lebte der Mensch långer, wäre die

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Kraft, der Zweck, der Genuß seines Lebens weniger wechselnd und zerstreut, eilte, nicht die Natur so periodisch mit ihm, wie sie mit allen Erscheinungen der Jahreszeiten um ihn eilet: so fånde freilich zwar weder die große Ertension des Menschenreichs auf der Erde, und noch weniger das Gewirre von Scenen statt, das uns jeßt die Geschichte darbeut: auf einem schmaleren Kreise der Bewohnung aber wirkte wahrscheinlich unsre Lebenskraft inniger, stårker, fester. Jezt ist der Inhalt des Predigerbuchs das Symbol unfrer Erde: Alles hat seine Zeit: Winter und Sommer, Herbst und Frühling, Jugend und Alter, Wirken und Ruhe, Unter unsrer schräge gehenden Sonne ist alles Thun der Mens schen Jahresperiode.

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Unfre Erde ist mit einem Dunstkreise umhüllet und ist im Conflict mehrerer himmlischen

Sterne.

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Reine Luft zu athmen sind wir nicht fähig, da wir eine so zu sammengesette Organisation sind, ein Inbegriff fast aller Orga nisationen der Erde, deren erste Bestandtheile vielleicht alle aus der Luft niedergeschlagen wurden und durch Uebergänge aus dem Unsichtbaren in's Sichtbare traten. Wahrscheinlich war, als uns fre Erde ward, die Luft das Zeughaus der Kräfte und Stoffe ihrer Bildung, und ist sie es nicht noch? Wie manche einst unbes kannte Dinge sind in den neuern Jahren entdeckt worden, die alle im Medium der Luft wirken. Die elektrische Materie und der magnetische Strom, das Brennbare und die Luftsåure, erkältende Salze und vielleicht Lichttheile, die die Sonne nur anregt: lauter mächtige Principien der Naturwirkungen auf der Erde; und wie mandje andre werden noch entdeckt werden! Die Luft beschwängert und löset auf: fie fauget ein, macht Gährungen und schlågt nieder. Ste scheint also die Mutter der Erdgeschöpfe, so wie der Erde selbst zu fein; das allgemeine Vehikel der Dinge, die sie in ihren Schooß zieht und sie aus ihrem Schooß forttreibt.

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Es bedarf keiner Demonstration, daß auch in die geistigsten Bestimmungen aller Erdgeschöpfe die Atmosphäre mit einfließe und wirke; mit und unter der Sonne ist sie gleichsam die Mitregentin der Erde, wie sie einst ihre Bildnerin gewesen. Welch ein allgemeiner Unterschied würde sich ereignen, wenn unsre Luft eine andre Elasticität und Schwere, andre Reinigkeit und Dichtigkeit gehabt, wenn sie ein andres Wasser, eine andre Erde niedergeschlagen håtte, und in andern Einflüssen auf die Organisation der Körper wirkte! Gewiß ist dieses der Fall auf andern Planeten, die sich in andern Luftregionen gebildet haben; daher auch jeder Schluß von Substanzen und Erscheinungen unsrer Erde auf die Eigenschaften jener so mißlich ist. Auf dieser war Prometheus Schöpfer, er formte aus niedergeschlagenem weichen Ton und holte aus der Höhe so viel lichte Funken und geistige Kräfte, als er in dieser Sonnenentfernung und in einer specifisch so und nicht anders schweren Masse habhaft werden konnte.

Auch die Verschiedenheit der Menschen, so wie aller Produkte der Erdkugel, muß sich also nach der specifischen Verschiedenheit des Mediums richten, indem wir wie im Organ der Gottheit leben. Hier kommt es nicht blos auf Eintheilung der Zonen nach Hiße und Kälte, nicht blos auf Leichtigkeit und Schwere des drückenden Luftkörpers, sondern unendlich mehr auf die mancherlei wirksamen, geistigen Kräfte an, die in ihr treiben, ja deren Inbegriff, eben vielleicht alle ihre Eigenschaften und Phänomene ausmacht. Wie der elektrische und magnetische Strom unsre Erde umfließt? welche Dünste und Dämpfe hier oder dort aufsteigen? wohin sie treiben?. worein sie sich verwandeln? was sie für Dr. ganisation gebåren? wie lange sie diese erhalten? wie sie sie auf löjen ? das alles giebt sichtbare Schlüsse auf die Beschaffenheit und Geschichte jeglicher Menschenart: denn der Mensch ist ja, wie alles andre, ein Zögling der Luft und im ganzen Kreise seines Daseins aller Erdorganisationen Bruder.,64

Mich dunkt, wir gehen einer neuen Welt von Kenntnissen entgegen, wenn sich die Beobachtungen, die Boild, Börhave, Hales, Gravesand, Franklin, Priestlei, Black, Crawfort, Wilson, Achard u. a. über Hiße und Kålte, Elektricität und Luftarten, sammt andern chemischen Wesen und

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