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selbe, wie für seinen Reichthum und sein Hausgesinde. Mit dem ersten zähmbaren Landthier also, das die Natur diesen Gegenden geben konnte, gab sie dem Menschen auch einen Handleiter zur menschlichen Lebensweise.

Ueber die Völker am Eismeer im weiten russischen Reich haben wir außer so vielen neuern, allgemein bekannten Reisen, die ste beschreiben, selbst eine Sammlung von Gemålden derselben, deren Anblick mehr sagt, als eine Beschreibung sagen könnte h). So vermischt und verdrångt manche dieser Völker wohnen: so sehen wir auch die von der verschiedensten Abkunft unter Ein Joch der nordischen Bildung gedruckt und gleichsam an Eine Kette des Nordpols geschmiedet. Der Samojede hat das runde, breite, platte Gesicht, das schwarze,, stråubige Haar, die unterseßte, blutreiche Statur der nördlichen Bildung; nur seine Lippe wird aufgeworfener, die Nase offner und breiter, der Bart vermindert sich, und wir werden östlich hin auf einem ungeheuren Erdstrich ihn immer mehr vermindert sehen. Der Samojede ist also gleichsam der Neger unter den Nordländern, und seine große Reizbarkeit der Nerven, die frühe Mannbarkeit der Samojedinnen im eilften, zwölften Jahre i), ja, wenn die Nachricht wahr ist, der schwarze Ring um ihre Brüste, nebst andern Umstånden, macht ihn, so kalt er wohne, dem Neger noch gleicher. Indessen ist er, troß seiner feinen und hißigen Natur, die er wahrscheinlich als Nationalcharakter mitbrachte, und die selbst vom Klima nicht hat bemeistert werden können, doch im Ganzen seiner Bildung ein Nordländer. Die Tungusen k), die südlichen Bewohner, åhneln schon dem mongolischen Völkerstamm, von dem sie dennoch in Sprache und Geschlecht so getrennt sind, wie der Samojede und Ostiak von den Lappen und Grönländern: ihr Kör

h) Georgi Beschreibung der Nationen des russischen Reichs. Pe tersburg 1776.

i) S. Klingstedt Mémoires sur les Samojedes et sur les Lappons, k) S. über alle diese Nationen Georgi Beschreibung der Nat. des ruff. Reichs, Pallas, des åltern Gmelins Reisen u. f. Aus Pallas Reisen und Georgi's Bemerkungen sind die Merkwürdigkeiten der verschiednen Völker herausgehoben und besonders herausgegeben. Frankf. u. Leipz. 1773-77.

per wird wohlgewachsen und geschlanker, ihr Auge auf mongolische Art klein, die Lippe dünn, das Haar weicher; das Gesicht indessen behält noch seine platte Nordbildung. Ein gleiches ist's mit den Jakuten und Jnkagiren, die in die tatarische, wie jene in die mongolische Bildung überzugehen scheinen, ja mit den tatarischen Ståmmen selbst. Am schwarzen und kaspischen Meer, am Kaukasus undUral, also zum Theil in den gemäßigsten Erdstrichen der Welt, geht die Bildung der Tataren in's Schönere über. Ihre Gestalt wird schlank und hager: der Kopf zieht sich aus der plumpen Runde in ein schöneres Oval: die Farbe wird frisch): wohlgegliedert und trocken. tritt die Nase hervor: das Auge wird lebhaft, das Haar dunkelbraun, der Gang munter: die Miene gefällig, bescheiden und schüchtern; je nåher also den Gegenden, wo die Fülle der Natur in lebendigen Wesen zunimmt, wird auch die Menschenorganisation verhältnißmäßiger und feiner. Je nördlicher hinauf oder je weiter in die kalmuckischen Steppen hinein, desto mehr platten oder vermindern sich die Gesichtszüge auf nordische oder kalmuckische Weise. Allerdings kommt hierbei auch vieles auf die Lebensart des Volks, auf die Beschaffenheit seines Bodens, auf seine Abkunft und Mischung mit andern an. Die Gebirgtataren erhalten ihre Züge reiner, als die in Steppen und Ebnen wohnen: Völkerschaften, die den Dörfern und Städten nahe sind, mildern und mischen auch mehr ihre Sitten und Züge. Je weniger ein Volk verdrängt wird, je mehr es seiner einfachen, rauhen Lebensart treu bleiben muß; desto mehr erhält es auch seine Bildung. Man wird also, da auf dieser großen, zum Meer abhangenden Tafel der Tatarci so viele Streifereien und Umwälzungen vorgegangen sind, die mehr in einander gemengt ha ben, als Gebirge, Wüsten und Ströme absondern konnten, auch die Ausnahmen von der Regel bemerken; und södann bestätigen diese die Regel: denn unter die nordische, tatarische und mongolische Bildung ist alles getheilt.

II.

Organisation der Völker um den asiatischen Rücken der Erde.

Da viele Wahrscheinlichkeiten es geben, daß um diesen Erdrücken das menschliche Geschlecht seinen ersten Wohnplay gefunden, so ist man geneigt, auf demselben auch die schönste Menschengattung zu suchen; wie sehr trügt uns aber diese Erwartung! Die Bildung der Kalmucken und Mongolen ist bekannt: sie hat nebst der mittlern Größe, wenigstens in Resten das platte Gesicht, den dünnen Bart, die braune Farbe des nördlichen Klima; zeichnet sich aber auch dabei durch die gegen die Nase schiefablaufenden, flach ausgefüllten Augenwinkel: durch schmale, schwarze, weniggebogene Augenbrannen, durch eine kleine, platte, gegen die Stirn zu breite Nase, durch abstehende große Ohren, frumme Schenkel und Beine und das weiße starke Gebiß aus 1), das, nebst der ganzen Gesichtsbildung, ein Raubthier unter den Menschen zu charakterisiren scheint. Woher nun diese Bildung? Die gebogenen Kniee und Beine finden am ersten ihren Grund in der Lebensweise des Volkes. Von Kindheit auf rutschen sie auf ihren Beinen oder hangen auf dem Pferde; in Sißen oder Reiten theilt sich ihr Leben, und die einzige Stellung, die dem menschlichen Fuß seine gerade schöne Gestalt giebt, der Gang, ist ihnen bis auf wenige Schritte sogar fremd. Sollte nun nicht auch mehreres von ihrer Lebensart in ihre Bildung übergegangen sein? Das abstehende thierische Ohr, das gleichsam immer lauscht und horcht, das kleine scharfe Auge, das in der weitesten Ferne den kleinsten Rauch oder Staub gewahr wird, der weiße hervorblåkende, Knochen-benagende Zahn, der dicke Hals und die zurückgebogene Stellung ihres Kopfs auf demselben; sind diese Züge nicht gleich

1) S. Pallas Sammlungen über die mongolischen Völkerschaften, Th. I. S. 98. 171 ú. f. Georgi Beschreib. d. Nationen d. russ. Neichs. Th. 4. Petersburg 1780. Schnitscher's Nachricht von den ajukischen Kalmucken in Müller's Sammlung zur ruff. Gesch. B. 4. Et. 4. Schlößer's Auszug aus Schober's memorabilibus Russico - Asiatic, in den Müllerschen Sammlungen. B. 7. Et. 1. u. f.

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sam zur Bestandheit gedichene Geberden und Charaktere ihrer Lebensweise? Sehen wir nun noch hinzu, daß, wie Pallas sagt, ihre Kinder oft bis in's zehnte Jahr im Gesicht unförmlich, aufgedunsen und von einem kakochymischen Ansehen find, bis sie durch das Auswachsen wohlgebildeter werden: bemerken wir, daß große Strecken von ihren Gegenden keinen Regen, wenig oder wenigstens kein reines Waffer haben, und daß ihnen von Kindheit auf das Baden beinahe eine ganz fremde Sache werde: denken wir uns die Salzseen, den Salzboden, die Salzmoråste, an denen sie wohnen, deren kalischen Geschmack sie auch in Speisen und sogar in dem Strom von Theewasser lieben, mit dem sie tåglich ihre Verdauung schwächen: fügen wir auf der Erdhöhe, die sie bewohnen, die feinere Luft, die trocknen Winde, die kalischen Ausdünstungen, den langen Winter im Anblick des Schnees und im Rauch ihrer Hütte und noch eine Reihe kleinerer Umstånde hinzu; sollte es nicht wahrscheinlich sein, daß vor Jahrtausenden schon, da vielleicht einige dieser Ursachen noch viel stårker wirkten, eben hieraus ihre Bildung entstanden und zur erblichen Natur übergegangen wäre? Nichts erquickt unsern Körper mehr und macht ihn gleichsam sproffender und fester, als das Baden im Wasser, zumal mit Gehen, Laufen, Ringen und andrer Leibesübung verbunden. Nichts schwächt den Körper mehr, als das warme Getränk, das sie ohne Maaß in sich schlürfen, und das sie überdem noch mit zusammenziehenden kalischen Salzen würzen. Daher, wie schon Pallas angemerkt hat, die schwächliche, weibliche Gestalt des Mongolen und Buråten, daß fünf und sechs derselben mit allen Kräften nicht ausrichten, was Ein Russe zu thun vermag; daher ihr besonders leichter Körper, mit dem sie auf ihren kleinen Pferden gleichsam nur fliegen und schweben; daher endlich auch die Kakochymie, die auf ihre Kinder übergehen konnte. Selbst einige angrenzende tatarische Stämme werden mit Zügen der mongolischen Bildung geboren, die sie aber verwachsen; daher wahrscheinlich einige Ursachen klimatisch sein müssen, die mehr oder minder durch Lebensart und Abstammung in den Gliederbau des Volks eingepfropft und vererbt sind. Wenn Russen oder Tataren sich mit den Mongolen mischen, sollen schöne Kinder geboren werden; so wie es denn auch unter ihnen nur auf mongolische Weise sehr zarte und proportiouirte Gestalten geben

soll m). Auch hier ist sich also die Natur in ihrer Organisation treu geblieben: Nomadische Völker unter diesem Himmel, auf diesem Erdstrich, bei solcher Lebensweise, mußten zu solchen leichten Raubgetern werden.

Und weit umher erstrecken sich Züge ihrer Bildung: denn wohin sind diese Raubvögel nicht geflogen? mehr als einmal hat über einem Welttheil ihr stegender Zug geschwebt. In vielen Ländern ́Asiens haben sich also Mongolen niedergelassen und ihre Bildung durch die Züge andrer Völker veredelt. Ja früher als diese Kriegsüberschwemmungen waren jene uralten Wanderungen von diesem frühbewohnten höchsten Rücken der Erde in viele umliegende Lånder. Vielleicht also schon daher trägt die öftliche Weltgegend, bis zu den Kamtschadalen hinauf, so wie über Tibet hin längs der Halbinsel jenseits des Ganges, Züge mongolischer Bildung. Lasset uns diesen Erdstrich übersehen, der uns manches Sonderbare zeigt.

Die meisten Künsteleien der Sinesen an ihrem Körper betreffen mongolische Züge. Bei jenen Völkern bemerkten wir die ungestalten Füße und Ohren; wahrscheinlich gab, da eine falsche Cultur dazu kam, eine ähnliche Ungestalt zu jenem widernatürlichen Fußzwange, zu jenen abscheulichen Verzerrungen der Ohren, die vielen Völkern dieses Erdstrichs gewöhnlich sind, Anlaß. Man schåmte sich seiner Bildung und wollte verändern; traf aber auf Theile, die, da fie der Veränderung nachgaben, sich als die häßlichste Schönheit zulezt vererbten. Die Sinesen tragen, sofern es die große Verschiedenheit ihrer Provinzen und ihrer Lebensart zuläßt, offenbar noch Zuge der östlichen Bildung, die auf der mongolischen Erdhöhe nur am stärksten in's Auge fällt. Das breite Gesicht, die kleinen schwarzen Augen, die stumpfe Nase, der dünne Bart, hat sich in einem andern Lande nur zu einer weichern, rundern Gestalt klimatisirt; und der sinestsche Geschmack scheint eben so

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sehr eine Folge übelgeordneter Organe, wie ihre Regierungsform

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und Weisheit Despotismus und Rohigkeit mit sich trågt. Die Japonesen, ein Volk von sinesischer Cultur, wahrscheinlich

m) Pallas in der Samml. zur Gesch. der mongol. Völkerschaften. Reifen, Th. I. S. 304, II. u. f.

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