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in der jedem einzelnen Dinge, jeder einzelnen Gegend sein Recht geschehe und keins zu viel oder zu wenig erhalte? Das Einzige und Beste ist: daß man nach Hippokrates Weise 2), mit setner scharfsehenden Einfalt, einzelne Gegenden klimatisch bemerke, und sodann langsam, langsam allgemeine Schlüsse folgere. Naturbeschreiber und Aerzte sind hier physicians, Echüler der Natur und des Philosophen Lehrer; denen wir schon manchen Beitrag einzelner Gegenden zur allgemeinen Lehre der Klimate und ihrer Einwirkung auf den Menschen auch für die Nachwelt zu danken haben. Da hier aber von keinen speciellen Bemerkungen die Rede sein kann: so wollen wir nur in einigen allgemeinen Anmerkungen unsern Gang verfolgen.

1. Da unsre Erde eine Kugel und das feste Land ein Gebirge über dem Meer ist: so wird durch vielerlet Ursachen auf ihr eine klimatische. Gemeinschaft befördert, die zum Leben der Lebendigen gehört. Nicht nur Tag und Nacht und der Reihentanz abwechselnder Jahreszeiten verändert das Klima eines jeden Erdstrichs periodisch; sondern der Streit der Elemente, die Gegenwirkung der Erde und des Meeres, die Lage der Berge und Ebenen, die periodischen Winde, die aus der Bewegung der Kugel, aus der Veränderung der Jahres- und Tageszeiten und aus so viel kleinern Ursachen entspringen, unterhalten diese gesundheitbringende Vermählung der Elemente, ohne welche alles in Schlummer und Verwesung sånke. Es ist Eine Atmosphäre, die uns umgiebt, Ein elektrisches Meer, in dem wir leben; beide aber (und wahrscheinlich der magnetische Strom mit ihnen) sind in einer ewigen Bewegung. Das Meer dunstet aus; die Berge ziehen an und gießen Regen und Ströme zu beiden Seiten hinunter. So lösen die Winde einander ab: so erfüllten Jahre oder Jahrreihen die Summe ihrer klimatischen Tage. So heben und tragen einander die verschiedenen Gegenz den und Zeiten: alles auf unsrer Kugel steht in gemeinsamer Vers bindung. Wäre die Erde platt, oder håtte sie die Winkelgestalt, von der die Sinesen träumten; freilich so könnte sie in ihren Ecken

z). Hippocrat, de aëre, locis et aquis, vorzüglich den zweiten Theil der Abhandlung. Für mich der Hauptschriftsteller über das Klima.

die klimatischen Ungestalten nähren, von denen jezt ihr regelmåßiger Bau und seine mittheilende Bewegung nichts weiß. Um den Thron Jupiters tanzen ihre Horen im Reihentanz, und was fich unter ihren Füßen bildet, ist zwar nur eine unvollkommene Vollkommenheit, weil Alles auf die Vereinigung verschiedenartiger Dinge gebaut ist; aber durch eine innere Liebe und Vermählung mit einander wird allenthalben das Kind der Natur geboren, sinnliche Regelmäßigkeit und Schönheit.

2. Das bewohnbare Land unsrer Erde ist in Gegenden zusammengedrängt, wo die meisten lebendi gen Wesen in der ihnen genügsamsten Form wirken; diese Lage der Welttheile hat Einfluß auf ihrer aller Klima. Warum fångt im südlichen Hemisphår die Kälte schon so nahe der Linie an? der Naturphilosoph antwortet: ,,weil daselbst so wenig Land ist; daher die kalten Winde und Eisschollen des Südpols weit hinauf strömen;" wir sehen also unser Schicksal, wenn das ganze feste Land der Erde in Inseln umhergeworfen wåre. Jeht wärmen sich drei zusammenhangende Welttheile an einander; das vierte, das ihnen entfernt liegt, ist auch aus dieser Ursache kålter, und im Südmeer fängt, bald jenseit der Linie, mit dem Mangel des Landes auch Mißgestalt und Verartung an. Wenigere Geschlechter vollkommenerer Landthiere solls ten also daselbst leben; das Südhemisphår war zum großen Wasserbehåltniß unsrer Kugel bestimmt, damit das Nordhemisphår ein besseres Klima genosse. Auch geographisch und klimatisch sollte das Menschengeschlecht ein zusammenwohnendes, nachbarliches Volk sein, das so wie Pest, Krankheiten und klimatische Laster auch klimatische Wärme und andre Wohlthaten einander schenkte.

3. Durch den Bau der Erde an die Gebirge ward nicht nur für das große Mancherlei der Lebendigen das Klima derselben zahllos verändert: sondern auch die Ausartung des Menschengeschlechts verhú tet, wie sie verhütet werden konnte. Berge waren der Erde nöthig; aber nur Einen Bergrücken der Mogolen und Tibetaner giebt's auf derselben; die hohen Cordilleras und so viele andre ihrer Brüder sind unbewohnbar. Auch öde Wüsten wurden durch den Bau der Erde an die Gebirge selten; denn die

Berge stehen wie Ableiter des Himmels da und gießen ihr Füllhorn aus in befruchtenden Strömen. Die öden Ufer endlich, der kalte oder feuchte Meeresabhang, ist allenthalben nur spåter entstandenes Land, welches also auch die Menschheit erst spåter und schon wohlgenährt an Kräften beziehen durfte. Das Thal Duito war gewiß eher bewohnt als das Feuerland; Kaschmire eher als Neuholland oder Nova- Zembla. Die mittlere größeste Breite der Erde, das Land der schönsten Klimate zwischen Meer und Gebirgen, wär das Erziehungshaus unsres Geschlechts, und ist noch jezt der bes wohnteste Theil der Erde.

Nun ist keine Frage, daß, wie das Klima ein Inbegriff von Kräften und Einflüssen ist, zu dem die Pflanze wie das Thier beiträgt, und der allen Lebendigen in einem wechselseitigen Zusammenhange dient, der Mensch auch darin zum Herrn der Erde gesezt sei, daß er es durch Kunst åndere. Seitdem er das Feuer vom Himmel stahl und seine Faust das Eisen lenkte, seitdem er Thiere und seine Mitbürger selbst zusammen zwang, und sie sowohl als die Pflanze zu seinem Dienst erzog: hat er auf mancherlei Weise zur Veränderung desselben mitgewirket. Europa war vormals ein feuchter Wald, und andre jest cultivirte Gegenden waren's nicht minder: es ist gelichtet, und mit dem Klima haben sich die Einwohner selbst geändert. Ohne Polizei und Kunst wäre Aegypten ein Schlamm des Nils worden: es ist ihm abgewonnen, und sowohl hier als im weitern Asien hinauf, hat die lebendige Schöpfung sich dem künstlichen Klima bequemt. Wir können also das Menschengeschlecht als eine Schaar kühner, obwohl kleiner Riesen betrachten, die allmålig von den Bergen herabstiegen, die Erde zu unterjochen und das Klima mit ihrer schwachen Faust zu verändern. Wie weit sie es darin gebracht haben mögen, wird uns die Zukunft lehren.

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4. Ift's endlich erlaubt, über eine Eache, die so ganz auf einzelnen Fällen des Ortes und der Geschichte ruht, etwas Allgemeines zu sagen: so sebe ich verändert einige Cautelen her, die Baco zu seiner Geschichte der Revolutionen giebt a). Die Wirkung des Klima erstreckt sich zwar auf Körper allerlei Art, vor

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züglich aber auf die zårteren, die Feuchtigkeiten, die Luft und den Aether. Sie verbreitet sich vielmehr auf die Massen der Dinge, als auf die Individuen; doch auch auf diese durch jene. Sie geht nicht auf Zeitpunkte, sondern herrscht in Zeiträumen, wo sie oft spåt und sodann vielleicht durch geringe Umstände offenbar wird. Endlich: das Klima zwinget nicht, sondern es neiget: es giebt die unmerkliche Disposition, die man bei eingewurzelten Völkern im ganzen Gemålde der Sitten und Lebensweise zwar bemerken, aber sehr schwer, insonderheit abgetrennt, zeichnen kann. Vielleicht findet sich einmal ein eigner Reisender, der ohne Vorurtheile und lebertreibungen für den Geist des Klima reiset. Unfre Pflicht ist jeßt, vielmehr die lebendigen Kräfte zu bemerken, für die jedes Klima geschaffen ist, und die schon durch ihr Dasein es mannichfalt modificiren und åndern.

IV.

Die genetische Kraft ist die Mutter aller Bildungen auf der Erde, der das Klima feindlich und freundlich nur zuwirket.

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Wer zum erstenmal das Wunder der Schöpfung eines lebendigen Wesens sähe: wie würde er staunen b)! Aus Kügelchen, zwischen welchen Säfte schießen, wird ein lebender Puukt, und aus dem Punkt erzeugt sich ein Geschöpf der Erde. Bald wird das Herz sichtbar und fångt an, so schwach und unvollkommen es sei, zu schlagen: das Blut, das vor dem Herzen da war, fångt an, sich zu röthen: bald erscheint das Haupt: bald zeigen sich Augen, Mund, Sinne und Glieder. Noch ist keine Brust da und schon ist Bewegung in ihren innern Theilen: noch sind die Eingeweide nicht gebildet und das Thier öffnet den Schnabel. Das kleine Gehirn ist außerhalb dem Kopf, das Herz noch außer der Brust, wie ein Spinnengewebe find Ribben und Beine; bald zeigen sichh Flügel, Füße, Zehen, Hüften, und nun wird das Lebendige wei

b) S. Harvei de generat. animal. e. f., Wolf's theor. generat. u. f.

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ter genährt. Was blos war, bedeckt sich: die Brust, das Hirn schließen sich zu; Magen und Eingeweide hangen noch hinunter. Auch diese bilden sich endlich, je mehr die Materie verzehrt wird: die Häute ziehen sich zusammen und hinauf: der Unterleib schließt sich das Thier ist bereitet. Es schwimmt jezt nicht mehr, sontdern es liegt: bald wachet, bald schläft es: es regt sich, es schläft, es ruft, es suchet Ausgang und kommt, in allen Theilen ganz unð völlig, an's Licht der Welt. Wie würde der, der dies Wunder zum erstenmal såhe, es nennen? Dá ist, würde er sagen, eine lebendige, organische Kraft; ich weiß nicht, woher fie gekommen? noch was sie in ihrem Innern sei? aber daß ste da sei, daß sie lebe, daß sie organische Theile sich aus dem Chaos einer homogenen Materie zueigne, das sehe ich, das ist unlåugbar.

Bemerkte er ferner und sähe, daß jeder dieser organischen Theile gleichsam actu, in eigner Wirkung gebildet werde: das Herz erzeuge sich nicht anders, als durch eine Zusammenströmung der Kanåle, die schon vor ihm waren: sobald der Magen sichtbar werde, habe er Materie der Verdauung in sich. Eo alle Adern, alle Gefäße: das Enthaltne war vor dem Enthaltenden, das Flüssige vor dem Festen, der Geist vor dem Körper da, in welchen jener sich nur kleidet. - Bemerket er dies ); was würde er fagen, als, daß die unsichtbare Kraft nicht willkürlich bilde, sondern daß sie sich ihrer innern Natur nach gleichsam nur óffen» bare. Sie wird in einer ihr zugehörigen Masse sichtbar, und muß, wie und woher es auch sei, den Typus ihrer Erscheinung in ihr selbst haben. Das neue Geschöpf ist nichts, als eine wirklich gewordene Idee der schaffenden Natur, die immer nur thätig denkt.

Führe er fort und bemerkte, daß, was diese Schöpfung beför dert, mütterliche oder Sonnemvärme sei, daß das Ei der Mutter aber, aller vorhandenen Materie und Wärme ungeachtet, ohne Belebung des Vaters keine lebendige Frucht gebe; was würde er muthmaßen, als: das Principium der Wärme fönne mit dem Principium des Lebens, das es befördert, zwar verwandt sein; eigentlich aber müsse in der Vereinigung zweier lebendigen Wesen

c) Wolf's theor. generat. pag. 169. b, 180216.

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