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nachher Menschen Der Anführer ei

Einen, Uebermacht ́auf der andern Seite, also das Recht des Stärkeren. Wenn Nimrod Bestien tödtet und unterjocht: so ist er dort und hier ein Jåger. ner. Colonie oder Horde, dem Menschen wie Thiere folgten, bediente sich über sie gar bald des Menschenrechts über die Thiere. So war's mit denen, die die Nationen cultivirten: so lange sie sie cultivirten, waren sie Våter, Erzieher des Volks, Handhaber der Geseze zum gemeinen Besten; sobald sie eigenmächtige oder gar erbliche Regenten würden, waren sie die Mächtigeren, denen der Schwächere diente. Oft trat ein Fuchs in die Stelle des Löwen, und so war der Fuchs der Mächtigere: denn nicht Gewalt der Waffen allein ist Stärke; Verschlagenheit, Lift und ein künstlicher Betrug thut in den meisten Fällen mehr als jene. Kurz, der große Unterschied der Menschen an Geistes-, Glücks- und Körpergaben hat nach dem Unterschiede der Gegenden, Lebensarten und Lebensalter Unterjochungen und Despotien auf der Erde gestiftet, die in vielen Ländern einander leider nur abgelöset haben. Kriegerische Bergvölker z. B. überschwemmten die ruhige Ebne: jene hatte das Klima, die Noth, der Mangel stark gemacht und tapfer erhalten; sie breiteten sich alsø als Herren der Erde aus, bis sie selbst in der mildern Gegend von Uleppigkeit bestegt und von andern unterjocht wurden. So ist unsre alte Tellus bezwungen und die Geschichte auf ihr ein trauriges Gemälde von Menschenjagden und Eroberungen worden: fast jede kleine Landesgrenze, jede neue Epoche ist mit Blut der Geopferten und mit Thrånen der Unterdrückten in's Buch der Zeiten verzeichnet. Die berühm`testen Namen der Welt sind Würger des Menschengeschlechts, gekrönte oder nach Kronen ringende Henker gewesen, und was noch trauriger ist, so standen oft die edelsten Menschen nothgedrungen auf diesem schwarzen Schaugerüft der Unterjochung ihrer Brüder. Woher` kommt's, daß die Geschichte der Weltreiche mit so wenig vernünftigen End-Resultaten geschrieben worden? Weil ihren größesten und meisten Begebenheiten nach sie mit wenig vernünftigen End-Resultaten geführt ist: denn nicht Humanitåt, sondern Leidenschaften haben sich der Erde bemächtigt und ihre Völker wie wilde Thiere zusammen und gegen einander getrieben. Håtte es der Vorsehung gefallen, uns durch höhere Wesen regieren zu lassen;

wie anders wäre die Menschengeschichte! nun aber waren es meistens Helden, d. i. ehrsüchtige, mit Gewalt begabte, oder listige und unternehmende Menschen, die den Faden der Begebenheiten nach Leidenschaften anspannen und wie es das Schicksal_wollte, ihn fortwebten. Wenn kein Punkt der Weltgeschichte uns die Niedrigkeit unsres Geschlechts zeigte, so wiese es uns die Geschichte der Regierungen desselben, nach welcher unsre Erde ihrem größten Theile nach nicht Erde, sondern Mars oder der kinderfressende Saturn heißen sollte.

Wie-nun? sollen wir die Vorsehung darüber anklagen, daß sie die Erdstriche unsrer Kugel so ungleich schuf und auch unter den Menschen ihre Gaben so ungleich vertheilte? Die Klage wåre múfig und ungerecht: denn sie ist der angenscheinlichen Absicht unsres Geschlechts entgegen. Sollte die Erde bewohnbar werden: so mußten Berge auf ihr sein, und auf dem Rücken derselben harte Bergvölker leben. Wenn diese sich nun niedergoffen und die üppige Ebne unterjochten; so war die üppige Ebne auch meistens dieser Unterjochung werth: denn warum ließ sie sich unterjochen? warum erschlaffte sie an den Brüsten der Natur in kindischer Neppigkeit und Thorheit? Man kann es als einen Grundsaß der Geschichte annehmen, daß kein Volk unterdrückt wird, als das sich unterdrücken lassen will, das also der Sklaverei werth ist. Nur der Feige tst ein geborner Knecht; nur der Dumme ist von der Natur bestimmt, einem Klügern zu dienen; alsdann ist ihm auch wohl auf seiner Stelle, und er wäre unglücklich, wenn er befehlen sollte.

Ueberdem ist die Ungleichheit der Menschen von Natur nicht so groß, als sie durch die Erziehung wird, wie die Beschaffenheit eines und desselben Volks unter seinen mancherlei Regierungsarten zeigt. Das edelste Volk verliert unter dem Joch des Despotismus in kurzer Zeit seinen Adel: das Mark in seinen Gebeinen wird ihm zertreten, und da seine feinsten und schönsten Gaben zur Lüge und zum Betrug, zur kriechenden Sklaverei und Neppigkeit gemißbraucht werden; was Wunder, daß es sich endlich an sein Joch gewöhnet, es küsset und mit Blumen umwindet? So beweinenswerth dies Echicksal der Menschen im Leben und in der Geschichte ist, weil es beinah keine Nation giebt, die ohne das Wunder einer völligen Palingenesie aus dem Abgrunde einer gewohn

ten Sklaverei je wieder aufgestanden wåre: so ist offenbar dies Elend nicht das Werk der Natur, sondern der Menschen. Die Natur leitete das Band der Gesellschaft nur bis auf Familien : weiterhin ließ sie unserm Geschlecht die Freiheit, wie es sich einrichten, wie es das feinste Werk seiner Kunst, den Staat bauen wollte. Richteten sich die Menschen gut ein: so hätten sie's gut: wählten oder duldeten sie Tyrannei und üble Regierungsformen: so mochten sie ihre Last tragen. Die gute Mutter konnte nichts thun, als sie durch Vernunft, durch Tradition der Geschichte, oder endlich durch das eigne Gefühl des Schmerzes und Elendes lehren. Nur also die innere Entartung des Menschengeschlechts hat den Lastern und Entartungen menschlicher Regierung Raum gegeben; denn theilet sich im unterdrückendsten Despotismus nicht immer der Sklave mit seinem Herrn im Raube, und ist nicht immer der Despot der årgste Sklave?

Aber auch in der årgften Entartung verläßt die unermüdlichgütige Mutter ihre Kinder nicht und weiß ihnen den bittern Trank der Unterdrückung von Menschen wenigstens durch Vergessenheit und Gewohnheit zu lindern. So lange sich die Völker wachsam und in reger Kraft erhalten, oder wo die Natur sie mit dem harten Brod der Arbeit speiset, da finden keine weiche Sultane statt; das rauhé Land, die harte Lebensweise sind ihnen der Freiheit Festung. Wo gegentheils die Völker in ihrem weichern Schooß entschliefen und das Nez duldeten, das man über sie zog; siehe, da kommt die tröstende Mutter dem Unterdrückten wenigstens durch ihre milderen Gaben zu Hülfe: denn der Despotismus sezt immer eine Art Schwäche, folglich mehrere Bequemlichkeit voraus, Die entweder aus Gaben der Natur oder der Kunst entstanden. In den meisten despotisch-regierten Låndern nåhrt und kleidet die Natur den Menschen fast ohne Mühe, daß er sich also mit dem vorüberrasenden Orkan gleichsam nur abfinden darf, und nachher zwar gedankenlos und ohne Würde, dennoch aber nicht ganz ohne Genuß den Athem ihrer Erquickung trinket. Ueberhaupt ist das Loos der Menschen und Bestimmung zur irdischen Glückseligkeit weder ans Herrschen noch ans Dienen geknüpfet. Der Arme kann glücklich, der Sklave in Ketten kann frei sein: der Despot und sein

Werkzeug sind meistens und oft in ganzen Geschlechtern die unglücklichsten und unwürdigsten Sklaven.

Da alle Såße, die ich bisher berührt habe, aus der Geschichte selbst ihre eigentliche Erläuterung nehmen müssen: so bleibt ihre Entwickelung auch dem Faden derselben aufbehalten. Für jezt feien mir noch einige allgemeine Blicke vergönnt:

1. Ein zwar leichter, aber böser Grundsay wåre es zur Philosophie der Menschen-Geschichte: „der Mensch sei ein Thier, das einen Herrn nöthig habe, und von diesem Herrn, oder von einer Verbindung derselben, das Glück seiner Endbestimmung erwarte.“ Kehre den Saz um: der Mensch, der einen Herrn nöthig hat, ist ein Thier; sobald er Mensch wird, hat er keines eigentlichen Herrn mehr nöthig. Die Natur nämlich hat unserm Geschlecht keinen Herrn bezeichnet; nur thierische Laster und Leidenschaften machen uns desselben bedürftig. Das Weib bedarf eines Mannes, und der Mann des Weibes: das unerzogene Kind hat erziehende Eltern, der Kranke des Arztes, der Streitende des Entscheiders, der - Haufe Volks eines Anführers nöthig: dies sind Natur-Verhåltnisse, die im Begriff der Sache liegen. Im Begriff des Menschen liegt der Begriff eines ihm nöthigen Despoten, der auch Mensch sei, nicht: jener muß erst schwach gedacht werden, damit er eines Beschüßers, unmündig, damit er eines Vormundes, wild, damit er eines Bezähmers, abscheulich, damit er eines Straf-Engels nöthig habe. Alle Regierungen der Menschen sind also nur aus Noth entstanden und um dieser fortwährenden Noth willen da. So wie es nun ein schlechter Vater ist, der sein Kind erziehet, damit es lebenslang unmindig, lebenslang eines Erziehers bedürfe: wie es ein böser Arzt ist, der die Krankheit nåhrt, damit er dem Elenden bis ins Grab hin unentbehrlich werde; so mache man die Anwendung auf die Erzieher des Menschengeschlechts, die Våter des Vaterlandes und ihre Erzogenen. Entweder müssen diese durchaus keiner Besserung fähig sein; oder alle die Jahrtausende, seitdem Menschen regiert wurden, müßten es doch merklich gemacht haben, was aus ihnen geworden sei? und zu welchem Zweck jene sie erzogen haben? Der Verfolg dieses Werks wird solche Zwecke sehr deutlich zeigen.

2. Die Natur erzieht Familien; der natürlichste Etaat ist also

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auch Ein Volk, mit Einem Nationalcharakter. Jahrtausende lang erhält sich dieser in ihm, und kann, wenn seinen mitgebornen Fürften daran liegt, am natürlichsten ausgebildet werden: denn ein Volk ist sowohl eine Pflanze der Natur, als eine Familie; nur jenes mit mehreren Zweigen. Nichts scheint also dem Zweck der Regierungen so offenbar entgegen, als die unnatürliche Vergrößerung der Staaten, die wilde Vermischung der Menschen-Gattungen und Nationen unter Einen Scepter. Der Menschenscepter ist viel zu schwach und klein, daß so widersinnige Theile in ihn eingeimpft werden könnten; zusammengeleimt werden sie also in eine brechliche Maschine, die man Staats-Maschine nennt, ohne inneres Leben und Sympathie der Theile gegen einander. Reiche diefer Art, die dem besten Monarchen den Namen Vater des Vaterlandes so schwer machen, erscheinen in der Geschichte wie jene Symbole der Monarchien im Traumbilde des Propheten, wo sich das Löwenhaupt mit dem Drachenschweif und der Adlersflügel mit dem Bårenfuß zu Einem unpatriotischen Staatsgebilde vereiniget. Wie trojanische Roffe rücken solche Maschinen zusammen, sich einander die Unsterblichkeit verbürgend, da doch ohne National-Charakter kein Leben in ihnen ist und für die Zusammengezwungenen nur der Fluch des Schicksals sie zur Unsterblichkeit verdammen könnte: denn eben die Staatskunst, die sie hervorbrachte, ist auch die, die mit Völkern und Menschen als mit leblosen Körpern spielet. Aber die Geschichte zeigt genugsam, daß diese Werkzeuge des menschlichen Stolzes von Thon sind, und wie aller Thon auf der Erde zerbrechen oder zerfließen.

3. Wie bei allen Verbindungen der Menschen gemeinschaftliche Hülfe und Sicherheit der Hauptzweck ihres Bundes ist: so ist auch dem Staat keine andre, als die Naturordnung die beste; daß nämlich auch in ihm jeder das sei, wozu ihn die Natur bestellte. Sobald der Regent in die Stelle des Schöpfers treten und durch Willkür oder Leidenschaft von Seinetwegen erschaffen will, was das Geschöpf von Gotteswegen nicht sein sollte: sobald ist dieser dem Himmel gebietende Despotismus aller Unordnung und des unvermeidlichen Mißgeschicks Vater. Da nun alle durch Tradition festgesezte Stände der Menschen auf gewisse Weise der Natur entgegenarbeiten, die sich mit ihren Gaben an keinen Stand

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