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5. Der poetische Wert vieler, vielleicht der meisten Hirtengedichte ist ein sehr geringer; dennoch kann man aber der Hirtendichtung in ihrer Gesammtheit nicht absprechen, dass sie manches Interessante bietet, sowohl für den Literarhistoriker, weil sie wie andere Dichtungsgattungen einen Zweig der Literatur bildet und wie jene ein Spiegel des geistigen Lebens in den einzelnen Epochen ist, als auch für den Historiker, weil die Schilderungen von Sitten und Gebräuchen, bei Hofe, sowie in der Stadt und auf dem Lande, und zahlreiche Anspielungen auf polititsche, persönliche und kirchliche Verhältnisse über manche Punkte Aufklärung geben.

Die englischen Eclogen sind meist nach irgend einem Princip geordnet oder zu einem Cyclus vereinigt, wie das in anderen Sprachen kaum vorkommt. Spenser hat auch hierzu wahrscheinlich die erste Anregung gegeben, dadurch dass er seine Eclogen nach dem Muster eines alten Hirtenkalenders, der nach dem Französischen zuerst 1497 von Wynkyn de Worde in englischer Sprache gedruckt wurde, mit den Namen der zwölf Monate belegte. Jedoch ist schon bei ihm, wie bei allen späteren Dichtern diese Anordnung eine rein äusserliche und von dem Inhalt unabhängige. Pope, Thomson und einige andere wählten die vier Jahreszeiten, Gay, Lady Montagu und andere die 6 Tage der Woche zur Bezeichnung für ihre Eclogen. Hierbei ist zu bemerken, dass der Sonntag aus Rücksicht auf die religiöse Auffassung der Engländer übergangen wird. Andere Dichter nennen ihre Eclogencyklen Shepheard's oder Pan's Pipe, Quarles bezeichnet die seinigen Shepheard's Oracles. Von den vielen Dichtern hat eigentümlicherweise kein einziger weniger als drei Eclogen geschrieben. Einige geben auch jeder einzelnen Ecloge einen auf den Inhalt bezüglichen Titel.

Was die metrische Form der Hirtengedichte anbelangt, so ist dieselbe sehr mannigfach sowohl im Strophen- wie im Versbau. Die meisten sind in Reimpaaren oder in blanc verse geschrieben, daneben aber kommen alle möglichen Versarten bis zum Hexameter, und dem aus Hexameter und Pentameter

bestehenden Distichon vor.

Nicht minder mannigfach ist der Strophenbau: es giebt Strophen mit vier, fünf, sechs, sieben und acht Zeilen und mit allen denkbaren Reimstellungen, so kommen im Shepheards Calendar von Spenser allein acht verschiedene Strophen vor.

Lyrisch-epische Hirtendichtung.

I. Pastoral-Eclogen.

1. Alexander Barclay.

Der Franziskaner- oder Benedictinermönch Alexander Barclay schrieb um das Jahr 1514 die ersten Eclogen in englischer Sprache und zwar fünf an der Zahl. Das Jahr 1514 als Zeit der Abfassung wird auf zweifache Art begründet. Warton (ed. Hazlitt, vol. III., p. 196) erklärt dieses Datum aus der Anspielung auf den Tod des „noble Henry" in der ersten Ecloge, von welchem es heisst: „who nowe departed late," gemeint ist nämlich König Heinrich VII., welcher 1509 starb. Wahrscheinlicher ist die Begründung, die Jamieson1) (Einleitung XII.) giebt. In der vierten Ecloge wird in The Towre of Vertue" der Tod des Lord Edward Howard, Duke of Norfolk besungen, der am 25. April 1514 bei dem Angriff auf Brest den Heldentod fand.

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Die ersten Drucke 2) der Eclogen sind von Pynson und Wynkyn de Worde veranstaltet worden, aber von diesen

1) Notice on the life and writings of Alexander Barclay by T. H. Jamieson. Edinburgh 1874.

2) 1. The Ecloges of A. Barclay. Priest.

printer's name and device. no date.

The first three without

4o. black letter.

2. The Fourthe Eclogue of Alexander Barcley, printed by R. Pynson. no date. 40. black letter.

ersten Ausgaben sind mit Ausnahme der fünften Ecloge nur Fragmente übrig. Die erste vollständig erhaltene Ausgabe ist diejenige des Druckers Cawood aus dem Jahre 1570 1). Cawood druckte die Eclogen als Anhang zu Barclay's Uebersetzung der Brant'schen Stultifera Navis". Die fünfte Ecloge wurde 1847 auf Grund des Textes von Wynkyn de Worde neu herausgegeben, die übrigen sind noch nicht wieder gedruckt worden.

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Barclay hat sich die Eclogen des Carmelitermönchs Mantuan, der, wie ich in der Einleitung bemerkte, damals in England sehr populär war, zum Vorbilde genommen. Anfangs hat er sich sehr eng an sein Muster angeschlossen und sogar teilweise nur übersetzt, erst allmählich ist er selbstständiger und freier geworden. Am engsten hält er sich an Mantuan in seiner jetzigen fünften Ecloge und diese ist, wie Reissert ganz richtig annimmt, die der Zeit nach zuerst erschienene. Für diese Annahme spricht auch der Druck von Wynkyn de Worde, der wahrscheinlich im Jahre 1509 entstanden ist. Der Reihe nach folgten dann vermutlich die drei ersten und zuletzt wurde die jetzige vierte Ecloge ge

3. The Ecloges of A. B. by Humfrey Powell. no date. 4o. black letter. 58 leaves not numbered, very rare. (Cambridge University Library.)

4. The Ecloges of A. B. by John Herford (about 1547). no date. 4o.

5. The fyfte Eclog of Alexander Barclay of the Cytezen and Uplondyshman. B. L. Wynkyn de Worde no date. (1509?). 4o. without pagination, 18 leaves, 2 wood-cuts (British Museum) black letter; nach diesem Druck ist die folgende Ausgabe besorgt:

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notice of B. and his other eclogues by F. W. Fairholt. (Percy Society. Early English Poetry, Ballads and Popular Literature of the Middle Ages, vol. XXII. 1847.)

1) S. Brant's Stultifera Navis translated out of Latine into Englishe by A. B. black letter 1570. 40. Im Anhang: Certayne Ecloges of A. B. Priest etc.

schrieben. Ob der Drucker Cawood aus Unkenntnis der chronologischen Reihenfolge die jetzige Anordnung getroffen, oder ob dieselbe noch von Barclay herrührt, was man vermuten könnte, weil er zu allen Eclogen einen weiter unten zu besprechenden Prolog geschrieben hat, lässt sich nicht mit Bestimmtheit angeben. Einige Stellen, wie z. B.:

Onions or garlike, which stamped Testilis,

Nor yet sweete leekes mayst thou not eate y-wis". verglichen mit Vergil Ecloge II:

,,Thestylis et rapido fessis messoribus aestu

Alia serpullumque herbas confundit olentis".

beweisen, dass ihm der römische Bucoliker nicht unbekannt war. Wie sich Barclay's Eclogen in Einzelheiten zu Mantuan und anderen Quellen, wie zu dem Buche des Aeneas Sylvius, verhalten, hat Reissert) in seiner Abhandlung dargethan; ich kann mich seinen Ausführungen in allen Punkten anschliessen.

Der Prolog, der sich in Cawood's Ausgabe vor den Eclogen befindet, ist von doppeltem Interesse. Einmal hat derselbe wichtige Anhaltspunkte für Barclay's Leben geliefert, da man durch diese Angaben erst mit Sicherheit Barclay's Geburtsjahr und Alter bestimmen konnte (vergl. Jamieson), dann aber enthält dieser Prolog auch aus des Dichters eigner Feder Angaben über Zweck und Inhalt seiner Eclogen 2). Wie

1) Neuphilologische Beiträge, Hannover 1887. Seite 13-31. Dr. Oswald Reissert: Ueber die Eclogen Alexander Barclay's.

2) Nach einigen einleitenden Bemerkungen über Poesie im Allgemeinen, geht der Dichter auf die Ecloge über und führt, von Theocrit anfangend, die wichtigsten Dichter derselben auf. Dann geht er auf seine persönlichen Verhältnisse ein. Unter Anderem erzählt er, dass er die Eclogen (welche ist nicht angegeben) schon in seiner Jugend geschrieben habe, die Handschrift sei ihm aber abhanden gekommen und erst nach vielen Jahren habe er dieselbe durch Zufall wiedergefunden. Die letzten 15 Verse enthalten des Dichters Disposition:

,,First of this thing I will thou be certayne,

That fiue Egloges this whole treatise doth holde,

To imitation of other Poetes olde.

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