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P. VERGILI MARONIS

GEORGICON

LIBER SECUNDUS.

Hactenus arvorum cultus et sidera caeli : nunc te, Bacche, canam, nec non silvestria tecum virgulta et prolem tarde crescentis olivae. huc, pater o Lenaee-tuis hic omnia plena muneribus, tibi, pampineo gravidus autumno floret ager, spumat plenis vindemia labrishuc, pater o Lenaee, veni nudataque musto tingue novo mecum dereptis crura cothurnis.

Einleitung v. 1-46.

Die Baumzucht.

Die Einleitung v. 1-46 zerfällt in die Anrufung des Bacchus (v. 1-8), die Eintheilung der Bäume in von der Natur geschaffene (v. 9-21) und künstlich gezogene (v. 22-34) und in die Anrede an die Leser, welche den Uebergang zur Behandlung der einzelnen Theile bildet (35 — 46). Durch diese Dreitheilung löst V. die Aufgabe, die Aufmerksamkeit des Lesers zu spannen, sein Wohlwollen zu gewinnen und ihn für die richtige Auffassung des neuen Abschnittes vorzubereiten.

1-8. Bacchus war nicht nur Spender des Weins, in welcher Eigenschaft er den Beinamen Lenaeus führte, sondern auch der wohlthätige Gott der Baumpflanzungen und hiess als solcher devδρίτης, δασύλλιος, ευανθής cet.

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Darum erfleht Vergil gerade seinen Beistand zu Anfange dieses Buches, in dem er von der Pflege des Weinstocks und dem Anbau der Bäume, sowohl der wilden (silv. virgulla) als der Fruchtbäume (die hier durch den nützlichen Oelbaum vertreten werden), handeln will. Weil aber der Segen des Bacchus am meisten zur Zeit der Weinlese empfunden wird, so versetzt sich der Dichter in die Zeit des Kelterfestes, wo die Gefilde von der Traubenfülle des Herbstes (pamp. gr. aut.) strotzten, und die Trauben (vindemia, eigentlich die Weinlese, aber auch, wie hier, v. 89 u. 522 von der Frucht) in den vollen Kufen (labris) mit den Füssen gekeltert und dann unter die Presse gebracht wurden. Auf cothurnis, s. z. E. 7, 32. bildlichen Darstellungen erscheint

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Principio arboribus varia est natura creandis. namque aliae nullis hominum cogentibus ipsae sponte sua veniunt camposque et flumina late curva tenent, ut molle siler lentaeque genestae, populus et glauca canentia fronde salicta; pars autem posito surgunt de semine, ut altae castaneae nemorumque Iovi quae maxuma frondet aesculus atque habitae Grais oracula quercus. pullulat ab radice aliis densissima silva,ut cerasis ulmisque; etiam Parnasia laurus parva sub ingenti matris se subicit umbra. hos natura modos primum dedit, his genus omne silvarum fruticumque viret nemorumque sacrorum. Sunt alii, quos ipse via sibi repperit usus. hic plantas tenero abscindens de corpore matrum deposuit sulcis, hic stirpes obruit arvo

Bacchus häufig mit den cothurnis.

Ueber die Dehnung der Endsilbe von gravidus v. 5 s. z. A. IX, 9.

I. Entstehung der Bäume, v. 9-34.

1. natürliche, v. 9-21. 9-21. Die Natur lässt die Bäume und Gesträuche entstehen 1) ohne Samen durch eigene Kraft, 2) aus Samen, 3) durch Wurzelschösslinge, ipsae. Varro de re rust. I, 40: semen, quod est principium genendi, id duplex: unum, quod latet nostrum sensum, alterum, quod apertum. quaedam etiam usque adeo parva, ut sint obscura.

10. nullis hom. cog. ist ganz ungewöhnlich gesagt für: nullo cogente.

14. posito de semine, von herabgefallenem Samen, vgl. G. II, 403. Hor. od. III, 8, 7: positae nives. Prop. I, 8, 7: positae pruinae.

16. Die durch ihre Grösse unter den Bäumen des Waldes hervorragende Speiseiche (aesculus) war, wie alle Eichen, dem Jupiter heilig. Aus dem Rauschen der Eichen in Dodona (E. 9, 13) verkündeten die Priester den Willen der Gottheit.

19. se subicit, s. z. E. 10, 74.

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2. künstliche, v. 22-34. 22-34. Die andern Arten (alii, nämlich modi, s. v. 20) der Entstehung fand die methodisch fortschreitende Erfahrung. 1) Wurzelschösslinge werden abgerissen und in kleine Gruben oder Furchen gepflanzt. 2) Stärkere Aeste werden mit zugespitztem oder kreuzweis gespaltenem Ende so tief eingesenkt, dass sie nur wenig hervorragen. 3) Zweige werden gekrümmt und in die Erde gedrückt, so dass sie mit dem Mutterstamme noch in Verbindung stehen (viva pl.) und im eigenen Boden, d. h. in dem Lande um den Mutterstamm, Wurzel treiben. 4) Junge Zweige werden vom Baume geschnitten und der Erde, welche den Mutterstamm getrieben hat, wieder anvertraut, d. h. anderwärts gepflanzt. 5) Man zerspaltet den Stamm und gräbt die Scheite (caudices secti) in die Erde. Thut man das beim Oelbaum, so drängt sich die neue Wurzel aus dem trockenen Holze, d. h. aus dem Stamme, der wenig saftiger ist, als die Wurzel und die Aeste. 6) Man pfropft Reiser, prunis lap., steinige Kornellen tragen ihre rothen Früchte auf Pflaumenbäumen.

quadrifidasque sudes et acuto robore vallos; silvarumque aliae pressos propaginis arcus expectant et viva sua plantaria terra;

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nil radicis egent aliae summumque putator
haud dubitat terrae referens mandare cacumen.
quin et caudicibus sectis mirabile dictu
truditur e sicco radix oleagina ligno.
et saepe alterius ramos impune videmus
vertere in alterius mutatamque insita mala
ferre pirum et prunis lapidosa rubescere corna.

Quare agite o proprios generatim discite cultus,
agricolae, fructusque feros mollite colendo,
neu segnes iaceant terrae. iuvat Ismara Baccho
conserere atque olea magnum vestire Taburnum.
tuque ades inceptumque una decurre laborem,
o decus, o famae merito pars maxuma nostrae.
Maecenas, pelagoque volans da vela patenti;
non ego cuncta meis amplecti versibus opto,
non mihi si linguae centum sint oraque centum,
ferrea vox; ades et primi lege litoris oram,
in manibus terrae; non hic te carmine ficto
atque per ambages et longa exorsa tenebo.

II. Anbau der wildwachsenden und der veredelten

Bäume, v. 35-82. 35-46. An die Aufforderung der Leser, nach den beiden angegebenen Gesichtspunkten die Baumzucht zu erlernen und die zum Kornbau untauglichen Höhen mit Reben, wie sie auf dem thracischen Gebirge Ismarus, und mit Oelbäumen, wie sie auf der campanischen Bergkette Taburnus gediehen, zu bepflanzen, schliesst sich die Anrede an Mäcenas an, welche im 1. und 4. Buche am Anfange, im 2. und 3. Buche am Ende der Einleitung wiederkehrt.

41. pel. d. vel. pat.; vgl. Cic. or. 23, 75: ingredientibus considerandum fuit quid ageremus, nunc quidem iam quocunque feremur, danda nimirum vela sunt.

42--44. non ego cuncta, vgl. Hom. Il. II, 488-90 : πληθὺν δ ̓ οὐκ ἂν ἐγὼ μυθήσομαι οὐδ ̓ ὀνομήνω

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οὐδ ̓ εἴ μοι δέκα μὲν γλῶσσαι, δέκα δὲ στόματ ̓ εἶεν, φωνὴ δ ̓ ἄρρη κτος, χάλκεον δέ μοι ἦτορ ἐνείη, vgi. auch A. VI, 625.

45-46. in man. terrae, näml. sunt; eig. von den Ländern gesagt, welche sich dem Blicke des Schiffers nicht entziehen, vgl. Apoll. Rhod. I, 1113: πᾶσα περαίη Θρηϊκίης ἐνὶ χερσὶν ἑαῖς προὐφαίνετ' ἰδέσθαι. Cic. d. or. III, 36, 145: quo cum ingressus esses, repente te quasi quidam aestus ingenii tui procul a terra abripuit atque in altum a conspectu paene omnium abstraxit. non hic te carm. ficto. So wenig der Dichter daran denkt, seinen ganzen Gegenstand erschöpfend zu behandeln, so wenig will er dem Beispiele anderer didactischen Dichter folgen und sich Abschweifungen von seinem Gegenstande erlauben, sondern will stets sein Thema im Auge behalten.

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si quis

Sponte sua quae se tollunt in luminis oras, infecunda quidem, sed laeta et fortia surgunt; quippe solo natura subest. tamen haec quoque, inserat aut scrobibus mandet mutata subactis, exuerint silvestrem animum cultuque frequenti in quascumque voles artes haud tarda sequentur. nec non et sterilis, quae stirpibus exit ab imis, hoc faciat, vacuos si sit digesta per agros; nunc altae frondes et rami matris opacant crescentique adimunt fetus uruntque ferentem. iam quae seminibus iactis se sustulit arbos, tarda venit seris factura nepotibus umbram, pomaque degenerant sucos oblita priores et turpis avibus praedam fert uva racemos. Scilicet omnibus est labor impendendus et omnes cogendae in sulcum ac multa mercede domandae.

longa exorsa, lange Vorreden, mit denen z. B. Lucretius jeden seiner Gesänge begann.

47-60. Veredelung natürlicher Bäume: 1) die anscheinend ohne Samen wachsenden (v. 10-13) werden dadurch, dass man sie pfropft, oder, wenn man noch mehr thun will, sie nach dem Pfropfen (mutata) noch verpflanzt, veredelt. 2) Die Wurzelschösslinge (v. 17-19) müssen, um zu gedeihen, auf freie Pflanzbeete in gehörigem Abstande versetzt werden, denn sonst verkümmern sie im Schatten der Mutter und können weder gehörig auswachsen, noch Früchte tragen. 3) Die aus Samen wachsenden Bäume (v. 14-16) wachsen sehr langsam und verwildern, wenn die veredelnde Kunst ihnen nicht zu Hülfe kommt, d. h. wenn sie nicht geimpft werden. luminis oras, ein dem Ennius u. Lucret. entlehnter u. Aen. VII, 660 wiederholter Ausdruck, die Bezirke des Lichtes (d. h. das Tageslicht), also se tollere in lum. or. sich aus dem dunklen Schoosse der Erde aufschwingen zum Bereiche des Sonnenlichts.

49. solo natura sub., der Boden hat die zum Gedeihen des Baumes

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erforderlichen Eigenschaften. natura ist hier also von der natura arborum zu verstehen.

50. scrob. subactis, lockeren Gruben, vgl. Cic. d. sen. 15, 51: terra cum gremio subacto sparsum semen excepit.

52. artes, Künste, Spielereien. Die Bäume und Gesträucher werden sich den Launen ihres Herrn fügen und in der Richtung wachsen, die seine Hand ihnen vorschreibt.

53. Der zu sterilis gehörige, aber erst v. 57 vorkommende Begriff lässt sich aus dem Zusammenhange leicht ergänzen.

56. fetus, Wachsthum, nicht Früchte, welche Bedeutung das vorhergehende crescenti nicht zulässt.

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uruntque ferentem, sie dörren ihn, der Früchte tragen will, aus, berauben ihn der Nahrungssäfte. So steht das part. praes. auch häufig in Prosa de conatu, wie Cic. de sen. 4, 11: restitit agrum... dividenti. De amic. 20, 75: iter suum impedientem. Vgl. Á. VII, 498. IX, 286 u. 525.

59. suc. obl. oblivisci hat V. nur hier mit dem acc. verbunden, sonst immer mit dem gen.

62. cogendae in sulc., sie müs

sed truncis oleae melius, propagine vites
respondent, solido Paphiae de robore myrtus;
plantis et durae coryli nascuntur et ingens
fraxinus Herculeaeque arbos umbrosa coronae
Chaoniique patris glandes, etiam ardua palma
nascitur et casus abies visura marinos.
inseritur vero et nucis arbutus horrida fetu,
et steriles platani malos gessere valentis:
castaneae fagus ornusque incanuit albo
flore piri glandemque sues fregere sub ulmis.

Nec modus inserere atque oculos imponere simplex.

nam qua se medio trudunt de cortice gemmae
et tenuis rumpunt tunicas, angustus in ipso
fit nodo sinus; huc aliena ex arbore germen
includunt udoque docent inolescere libro.
aut rursum enodes trunci resecantur et alte
finditur in solidum cuneis via, deinde feraces
plantae inmittuntur: nec longum tempus, et ingens
exit ad caelum ramis felicibus arbos

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Fruchtreis der Wallnuss (nucis) pfropfen.

70. gessere, s. zu G. I, 49.

71. fagus. Vgl. G. I, 138. II, 5. III, 189. 332. castaneae fag., näml. incanuit flore. castaneae ist also genet.

72. glandemque. Um Eicheln schneller zu gewinnen, pfropfte man Eichen auf Ülmen.

73-82. Das Oculiren besteht darin, dass man da, wo das Auge (gemma, nodus und germen genannt) sich aus der Rinde hervordrängt und den Bast (tunicas) durchbricht, eine mässige Höhlung (sinus) macht und das von einem andern Baume genommene Auge hineinsetzt. Beim Pfropfen oder Impfen verfuhr man so, dass man einen glatten Stamm oder Ast absägte, dann durch die Mitte mit einem Keile spaltete und nun die zugespitzten Pfropfreiser einsetzte und verband.

81. exit ist das Perf., s. zu A. II, 497. ramis felicibus, mit fruchtbaren Zweigen, s. z. A. VI, 230.

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