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Arbeiten dieser Art ist meiner Ansicht nach der Aufsatz von A. Goebel,,Zu Vergils Aeneide" (J. f. Kl. Phil. 1864. p. 658-662) von Ladewig nicht genügend berücksichtigt worden. Von neueren Arbeiten nenne ich hier Tittler's Vertheidigung seiner Erklärung von A. VI, 411 (J. f. Kl. Phil. 1873 p. 421-428), der ich zu meinem Bedauern nicht habe beitreten können, Madvig's Vorschläge (adv. crit. II p. 33-39), von denen ich einen (A. I, 455) angenommen habe, Nauck's Beiträge,,zur Erklärung des Vergilius" (ZGW. XXVIII p. 709 und XXIX 75-77), durch welche mehrere Schwierigkeiten in schlagender Kürze aufgedeckt und beseitigt sind, und Flach's Untersuchung,,Zur Chronologie des dritten Buchs der Aeneide" (J. f. Kl. Phil. 1873 p. 853-856), in welcher die Ereignisse von der Zerstörung Troja's bis zur Gründung der trojanischen Kolonie in Sicilien mit grosser Wahrscheinlichkeit auf die sieben Jahre der Irrfahrten des Aeneas vertheilt werden.

Dass ich auch die hier nicht erwähnten Bemerkungen gelesen habe, werden viele Stellen des Commentars und des Anhanges zeigen. Die Erwähnung, Benutzung oder Widerlegung aller Beiträge ist mit der Bestimmung einer Schulausgabe unvereinbar.

Zu besonderem Danke fühle ich mich noch den Gymn. Lehrern Herren O. Güthling in Liegnitz und Dr. Vorlaender in Saargemünd verpflichtet, welche mir ihre werthvollen Sammlungen zur Erklärung des Vergil gütigst zur Verfügung gestellt haben. Berlin, im März 1877.

C. Schaper.

P. VERGILI MARONIS

AENEIDOS

LIBER PRIMUS.

Ille ego, qui quondam gracili modulatus avena Carmen, et egressus silvis vicina coëgi,

Ut quamvis avido parerent arva colono,

Gratum opus agricolis, at nunc horrentia Martis

Arma virumque cano, Troiae qui primus ab oris
Italiam fato profugus Lavinaque venit

Ille ego.

Seesturm. Aeneas bei der Dido in Carthago.

Der Verfasser dieser vier einleitenden Verse ist unbekannt; hat Verg. sie verfasst, so hat er seine Aeneide doch sicherlich erst mit den Worten Arma virumque cano begonnen. Was die Grammatiker über diese Verse berichten, ist Einl. p. 6 mitgetheilt.

modulatus, näml. sum, s. z. A. II, 25.

1-7. Inhalt des Epos: die Kämpfe und Irrfahrten des Aeneas. Das fatum hat den Aeneas zum Gründer eines Reiches in Italien bestimmt, die ihm feindlich gesinnte Juno aber sucht die Erfüllung des Fatum hinauszuschieben: darum hält sie ihn lange von Italien fern und verschlägt ihn in andere Länder, aus denen ihn die Macht der Götter, welche für die Erfüllung des Fatum Sorge tragen, nach kurzer Rast weiter treibt. Als er endlich in Italien angekommen ist, erregt ihm die Juno blutige Kriege, bis es ihm zuletzt gelingt, Lavinium zu gründen und den mitgebrachten Göttern Anerkennung und Verehrung in der neuen Heimath zu verschaffen. Die Vergil II. 8. Aufl.

Folge davon ist die Vereinigung der Trojaner und der Ureinwohner Italiens unter dem Namen der Latini, die Gründung Alba's und endlich die Erbauung Roms. So erkennen wir aus dieser Einleitung: 1) den Plan des Dichters, in seinem Epos Schlachtengemälde zu entrollen, wie sie die Ilias bietet, und Abenteuer vorzuführen, wie sie uns in der Odyssee entgegentreten; 2) den religiösen Sinn des Dichters, dem alle menschlichen Handlungen durch das Walten der Gottheit bedingt sind; 3) den Nationalstolz Vergils, der sich in der Wahl des Stoffes zeigt, und seinen Ausdruck findet in v. 33.

1. primus. Das von dem Trojaner Antenor gegründete Patavium (s. unten v. 242-49) wurde nebst der ganzen Gallia cisalpina erst unter Augustus ein integrirender Theil Italiens.

2. Lavinaque vgl. d. Anh. que ist explicativ: und zwar (s. z. A. VII, 666). Lavina litora wird das Ufer genannt, auf welchem Aeneas die Stadt Lavinium gründen sollte.

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litora, multum ille et terris iactatus et alto

vi superum, saevae memorem Iunonis ob iram, multa quoque et bello passus, dum conderet urbem inferretque deos Latio, genus unde Latinum Albanique patres atque altae moenia Romae.

Musa, mihi caussas memora, quo numine laeso quidve dolens regina deum tot volvere casus insignem pietate virum, tot adire labores impulerit. tantaene animis caelestibus irae?

Urbs antiqua fuit, Tyrii tenuere coloni, Carthago, Italiam contra Tiberinaque longe ostia, dives opum studiisque asperrima belli; quam Iuno fertur terris magis omnibus unam posthabita coluisse Samo: hic illius arma,

3. ille, s. zu A. V, 457.

4. vi superum, vgl. Hom. Od. XVII, 119.

5. Mit den Worten et bello wird die vorhergehende Eintheilung et terris et alto fortgeführt und zum Abschluss gebracht. Uebrigens vgl. Hom. Od. I, 4.

nes,

8-11. Die Verfolgung eines Manwelcher die dem Menschen von der Natur gegebenen Gesetze mit ausgezeichneter Treue zu befolgen pflegte, konnte nur die Folge einer Opposition gegen den Willen der Gottheit (quo numine laeso) oder einer persönlichen Kränkung (quidve dolens) sein. Die folgenden Verse zeigen, dass die erste durch das Fatum bestimmt (v. 22), die zweite durch das Verhalten und die Schicksale seiner Stammgenossen herbeigeführt war (23-28).

8. quo num. laeso, nach der Vereitelung welches kundgegebenen Wunsches, vgl. d. Anh. Die Antwort auf diese Frage enthalten die Verse 17 u. 18.

10. adire imp. Die röm. Dichter fügen den Inf. als allgemeine Objectsbestimmung zu allen Verben hinzu, in denen der Begriff des Strebens liegt, und vermeiden so die Umständlichkeit eines abhängigen Nebensatzes oder die schwer

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fälligen Formen des gerundium u. gerundivum. Dieser Gebrauch des Inf. findet sich vereinzelt schon bei den älteren Dichtern und wird im aug. Zeitalter zur Regel. So hat V. zuerst impellere mit d. Inf. verbunden, worin ihm von den Prosaikern zuerst Liv. (22, 6, 6) gefolgt ist. Auch tendere in v. 18 haben V. u. Hor. zuerst mit d. Inf. construirt.

12. Vergil nennt Carthago eine urbs antiqua nicht nach den Zuständen der erst folgenden epischen Erzählung, sondern, wie es der Ton des Nationalepos mit sich bringt, mit Rücksicht auf das später entstandene Rom.

13. 14. Ital. c. T. l. o.: gegenüber von Italien und zwar gerade von der Mündung des Tiber in weiter Ferne gelegen.

6. posth. Samo. Lactant. inst. I, 17: insulam Samum scribit Varro prius Partheniam nominatam, quod ibi Iuno adoleverit ibique etiam Iovi nupserit. itaque nobilissimum et antiquissimum templum eius est Sami. Ein anderer Hauptsitz der Juno war Argos, s. A. VII, 286. Bei Hom. II. IV, 51-52 sagt Hera: ἤτοι ἐμοὶ τρεῖς μὲν πολὺ φίλταταί εἰσι πόληες, Αργος τε Σπάρ τη τε καὶ εὐρυάγυια Μυκήνη. Ueber den Hiatus s. z. A. VII, 226.

hic currus fuit; hoc regnum dea gentibus esse,
si qua fata sinant, iam tum tenditque fovetque.
progeniem sed enim Troiano a sanguine duci
audierat, Tyrias olim quae verteret arces;
hinc populum late regem belloque superbum
venturum excidio Libyae: sic volvere Parcas.
id metuens veterisque memor Saturnia belli,
prima quod ad Troiam pro caris gesserat Argis
necdum etiam caussae irarum saevique dolores
exciderant animo; manet alta mente repostum
iudicium Paridis spretaeque iniuria formae
et genus invisum et rapti Ganymedis honores;
his accensa super iactatos aequore toto
Troas, reliquias Danaum atque immitis Achilli,
arcebat longe Latio, multosque per annos
errabant acti fatis maria omnia circum.
tantae molis erat Romanam condere gentem.

17. currus. Den Wagen der Juno beschreibt Hom. II. V, 720-33. 18. tenditque fovetque, erstrebt mit Eifer und sorgt mit Liebe. 19. sed enim. Vollständig: sed Carthagini metuebat, audierat

enim.

21. hinc, d. h. aus der prog. Troi. hervorgegangen. Dieser u. der folg. Vers erklären u. erweitern den Gedanken der beiden vorhergehenden Verse dahin, dass auf andere Elemente hingewiesen wird, die sich mit dem troj. Stamm zu einem Volke vereinigen werden, und dass angedeutet wird, wodurch es diesem Volke gelingen werde, so Grosses auszurichten (late r. b. sup.). Was ferner vorher nur von der Stadt Carthago gesagt war, wird hier auf ihr ganzes Gebiet ausgedehnt. late regem. Horat. od. III, 17, 9: late tyrannus.

v

22. veteris, des alten, d. h. des früheren, vgl. A. VI, 449. VIII, 332. 24. prima, sie vor Allen, лoоμázоis, vgl. A. II, 613. XII, 33. 27. alta mente, vgl. Hom. II. XIX, 125.

28. genus invisum. Dardanus,

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der Ahnherr Troja's, war als Sohn des Jupiter und der Elektra (s. A. VIII, 134-37) der eifersüchtigen Juno verhasst. rapti G. h., die Gunstbezeigungen des Jupiter gegen den von ihm geraubten Ganymedes, einen Sohn des Trojaners Tros, s. Ovid Met. X, 155–61. · Der Ausdruck rapti lässt uns einen Blick in den Seelenzustand der Juno werfen, die tief erzürnt ist, dass der nur durch Entführung in den Olymp gelangte Ganymedes so geehrt wird.

29. Mit den Worten his accensa fast der Dichter die ganze Erörterung von v. 19 an zusammen und kehrt dann zu der v. 24 abgebrochenen Construction zurück. Die Worte super aequore toto entsprechen chiastisch den folgenden maria omnia circum. Die Präposition ist in gleicher Weise, wie hier, von ihrem Casus getrennt A. II, 278. IV, 233.

30. Danai heissen die Griechen nach dem Aegypter Danaus, der in Griechenland einwanderte und Argos gründete.

32. acti fatis, denn Prophezei

Vix e conspectu Siculae telluris in altum vela dabant laeti et spumas salis aere ruebant, cum Iuno aeternum servans sub pectore volnus haec secum, 'mene incepto desistere victam nec posse Italia Teucrorum avertere regem? quippe vetor fatis. Pallasne exurere classem Argivom atque ipsos potuit submergere ponto unius ob noxam et furias Aiacis Oilei? ipsa Iovis rapidum iaculata e nubibus ignem disiecitque rates evertitque aequora ventis, illum expirantem transfixo pectore flammas ungen und Göttersprüche bestimmten Italien als Ziel ihrer Wanderungen, vgl. A. I, 382.

34-49. Vergil beginnt die Erzählung mit der Abfahrt des Aeneas von Sicilien, vgl. A. III, 707—715; die vorhergehenden Ereignisse erzählt Aeneas selbst im 2. und 3. Buche.

35. ruebant kann wegen aere nicht in dem Sinne von ruere faciebant, eruebant genommen werden, denn bei aere darf nicht an die Ruder gedacht werden, sondern an das ganze Schiff, welches mit Erz belegt wurde, besonders an den Schiffsschnabel; vielmehr bedeuten die Worte: und streckten mit ehernem Schnabel die schäumende Salzfluth'; spumas salis ist Bezeichnung des Schaumes, den der Schiffsschnabel bei schnellem Segeln vorn am Schiffe aufregt. Aehnlich sagt Valer. Fl. I, 687-88: volat immissis cava pinus habenis infinditque salum et spumas vomit aere tridenti; vgl. auch Hom. Od. II, 426-28. Die Metonymie, nach der mit aes das ganze Schiff bezeichnet wird, ist neu.

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36. Bezeichnen die Worte sub p. einen Ort unterhalb der Brust? (vgl. A. I, 100. III, 431. VI, 729.)

38. It. avertere. In kl. Prosa wird avertere nur mit wiederholter Präp. construirt; die Dichter aber setzen gewöhnlich den blossen Abl., s. z. E. 5, 6.

39. Pallas zerstreute aus Zorn

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über den von dem Lokrer Aiax, dem Sohne des Oileus, an der Cassandra begangenen und A. II, 403 bis 5 erzählten Frevel seine Flotte auf der Heimfahrt beim euböischen Vorgebirge Kaphareus, erschlug ihn selbst mit dem Blitze und liess sodann seinen Leichnam von den Wellen an die Klippen spiessen. Etwas anders erzählt seinen Untergang Hom. Od. IV, 499-511.

41. furias. Wer durch heftige Leidenschaften zu Frevelthaten gedrängt wird, dessen Verstand ist nach der Vorstellung der Alten nicht frei, sondern umstrickt von den Furien. Oilei ist dreisylbig zu lesen. Ueber die Synizesis s. z. A. VII, 190. Oilei ist der Genet.

der Angehörigkeit, vgl. A. III, 319. VI, 36. G. I, 138.

42. Iovis ignem, sie hatte also den Blitz vom Jupiter nur gleichsam geliehen. So gibt Zeus auch bei Hom. II. XV, 229 dem Apollo die Aegide, und Il. V, 738 waffnet sich Athene mit ihr.

43. In den Worten evertit aequora liegt eine Art Prolepsis: sie wühlt die Wellen so auf, dass man glauben möchte, mehrere Meere vor sich zu haben.

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