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DIE

PHILOSOPHIE DER GESCHICHTE

ALS

SOCIOLOGIE

VON

DR. PAUL BARTH,

PRIVATDOCENTEN AN DER UNIVERSITÄT ZU LEIPZIG.

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LIBRARY OF THE

LELAND STANFORD JR. UNIVERSITY.

a.37217

Alle Rechte, auch das der Übersetzung, vorbehalten.

Vorwort.

Dreierlei Gesichtspunkte giebt es, von denen aus das mit dem vorliegenden Buche beginnende Unternehmen gewagt erscheinen dürfte.

Erstens ist die Geschichte für viele noch heute, wie einst für Sextus Empiricus, eine auétodos 2n, ein unendlich mannigfaltiges und völlig regelloses Spiel von Ereignissen; in ihm etwas Gleich- und Gesetzmäfsiges ergründen wollen, sei eitles Bemühen. Diese Ansicht scheint mir oberflächlich und unhaltbar. Den Gegenbeweis gegen sie kann nur meine ganze Arbeit selbst erbringen.

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Zweitens und dies ist ein beachtenswerteres Bedenken, ohne die Möglichkeit, das Gleichförmige und Gesetzmäfsige zu finden, a priori zu leugnen, könnte man auf die ungeheure Ausdehnung und Fülle des Materials hinweisen, das nötig ist, um den Begriff der Geschichte der Menschheit zu erschöpfen. Höchstens, wer sein ganzes Leben hindurch die geschichtlichen Einzelheiten studiert hat, scheint berechtigt, allgemeine Sätze aufzustellen. Indessen, an solchen Aufgaben, wie die Theorie der Geschichte ist, arbeitet nicht einer allein, sondern die ganze Generation der gleichzeitig Forschenden und Denkenden. Wer seinem Studiengange und seiner Neigung gemäfs nach Systematik trachtet, eine Theorie zu geben versucht, der darf nicht den Anspruch erheben, schlechthin das letzte Wort gesprochen zu haben, sondern nur seinen Entwurf den Geschichtsforschern und den Philosophen zur Berichtigung oder zu weiterer Ausarbeitung vorlegen. Die einen werden den Stoff, die anderen den Aufbau des Systems ihrer kritischen Thätigkeit unterziehen. In diesem Sinne bitte ich, wie fest ich auch von der Richtigkeit meiner Grundgedanken überzeugt bin, meinen Versuch aufnehmen zu wollen.

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Drittens wird man es vielleicht für eine gewagte Neuerung halten, die Philosophie der Geschichte mit der Sociologie zu identifizieren. Hierfür muss ich auf den kurzen, freilich etwas dogmatischen Beweis der vorliegenden Einleitung und auf den ausführlicheren der folgen sollenden Grundlegung verweisen. Die Geschichte scheint mir eine konkrete Sociologie, so wie ein Drama konkrete Charakterologie ist. Eine Theorie der Geschichte aber wird notwendig abstrakt sein und sich mit der abstrakten Sociologie decken.

Zunächst war es meine Aufgabe, was frühere Denker unter beiden Namen, sowohl dem der Sociologie wie dem der Geschichtsphilosophie, geleistet haben, kritisch zusammenzufassen und mein Verhältnis dazu zu bestimmen. Von den Denkern des ersteren Namens, der jünger ist, als der letztere, ist mir, hoffe ich, keiner entgangen, der durch genügendes Wissen und eindringendes Denken sich das Recht, gehört zu werden, erworben hat. In der Geschichtsphilosophie, die gemäfs ihrer bisherigen Trennung von der Sociologie meist einseitige Ansichten der Geschichte hervorgebracht hat, habe ich nur die letzten Theorien, die heute noch lebendig sind, zusammengestellt. Für die älteren, besonders die der Metaphysiker, wie Fichte, Schelling, Schlegel, Krause, möchte ich ausdrücklich auf das Werk von R. Flint, Philosophy of history in France and Germany, Edinburgh and London, 1874, hinweisen. Der letzte Abschnitt giebt zunächst eine Auseinandersetzung mit Dilthey, der alle bisherige Sociologie und Philosophie der Geschichte verwirft, dann eine grobe, rein deskriptive, schematische Skizze des Verlaufs der Geschichte nach meiner eignen Ansicht. Wer sich auf dem Gebiete der Sociologie und Geschichtsphilosophie fremd fühlt, dem möchte ich raten, diese Skizze zuerst zu lesen.

Vom zweiten Teile soll die erste Abteilung die Grundlegung meiner Auffassung geben und die Naturformen der Gesellschaft darstellen; die zweite Abteilung soll die Kunstformen der Gesellschaft und die Ergebnisse der Untersuchung zum Gegenstande haben.

Möge der vorliegende Anfang den Philosophen nicht zu historisch und den Historikern nicht zu philosophisch sein! Leipzig, Ende Mai 1897.

Paul Barth.

Inhaltsverzeichnis.

(Die Ziffer bedeutet die Seite.)

A. Einleitung.

§ 1. Begriff der Geschichte.

Die Geschichte" im Sprachgebrauch 1. Objekt der Geschichte nicht das Individuum, auch nicht die menschliche Gattung, sondern ihre Gesellschaften 2 u. 3. Die menschliche Gesellschaft ist veränderlich 4. Rickert's Begriff des „Geschichtlichen" 5. Widerlegung Rickerts 6 u. 7.

§ 2. Begriff der Philosophie der Geschichte.

Geschichte und Philosophie der Geschichte 8. Zweck dieses Buches: materiale, nicht formale (erkenntnistheoretische) Geschichtsphilosophie 9. § 3. Sociologie und Philosophie der Geschichte.

Philosophie der Geschichte und Sociologie sind identisch 10. Wundts sachliche Trennung beider unhaltbar 11 u. 12. Früherer Sinn der Philosophie der Geschichte 13.

B. Kritische Übersicht.

Erster Abschnitt.

Die sociologischen Systeme.

Erstes Kapitel.

Die Entstehung der Sociologie. Saint-Simon.

Name und Entstehung der Sociologie, Plato, Aristoteles 14, 15. Das Mittelalter; die Naturrechtler, Montesquieu 16. Anfänge Saint-Simons. Litteratur über ihn 17. Saint-Simons neue politique" 18. Seine Geschichte der Klassenbildung in Frankreich 19. Die Ideen in der Geschichte 20. Geschichte eine objektive Wissenschaft 21. Gesetzmäfsigkeit der Geschichte. Legisten und Metaphysiker 22. Zusammenfassung der Neuerungen Saint-Simons 23.

Zweites Kapitel.

Das erste sociologische System (Comte).

Litteratur über Comte 24. Die Sociologie in seiner Hierarchie der Wissenschaften 25. Doppelte Einheit der Wissenschaft 26. Gegenstand

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