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allem, was seine Zeit bewegte." „Denn von vielen wurde das Verfahren des Papstes einer ähnlichen herben Kritik unterzogen." 2

Wenn daher Wilmanns 3 gleichfalls sagt, dafs dieser Streit ihm eine Herzensangelegenheit war, so ist es schwer zu verstehen, wie derselbe sich anderweitig dahin äussern kann, dass das einzige äufsere Ziel, das Walther mit seiner Kunst verfolgte, Lohn und Ehre war; dafs dem feierlichen Fürstenlobe (12, 1: die fürsten sint iu undertân, si habent mit zühten iuwer kunft erbeitet) die Thatsachen nicht entsprachen, er es aber trotzdem vorbringe, weil er im Dienste der Fürsten stehe, die während Ottos Abwesenheit einen Umsturz des Reiches geplant hätten;" dafs er, obwohl ihm die darauf zielenden Verhandlungen der Fürsten nicht fremd geblieben seien, für Dietrich von Meifsen wissentlich das falsche Zeugnis abgelegt habe: der Missenære, derst iemer iuwer âne wân, von gote wurde ein engel ê verleit." Das Eingeständnis hochverräterischer Pläne in dem Spruche für den Thüringer Landgrafen, der wegwerfende Blick auf die Fürsten, die sich, Verzeihung nnd Versöhnung suchend, in Frankfurt gestellt hätten, stimmen nicht zu dem kurz vorher verkündeten feierlichen Fürstenlobe und zu dem Preise des Meifsners. Herbeigeführt sei dieser Umschwung in dem Verhalten des Dichters dadurch, dafs er für das unversäumte und rückhaltlose Lob unversäumten Dank hätte erwarten dürfen; die getäuschte Erwartung räche sich sogleich in einem Scheltliede.8 Bei der Aufforderung an die Fürsten, den König nach dem heiligen Lande ungehindert ziehen zu lassen, stelle er seine Kunst ganz in den Dienst der persönlichen Politik Friedrichs. Von Otto sei er zu Friedrich übergegangen; wie dem Meifsner gegenüber, entschieden als Freund, entschieden als Feind: der Vorwurf der Undankbarkeit und des mangelnden Lohnes gelte beidemal als Grund.10 Der Dichter finde politische Gesinnungslosigkeit viel weniger anstöfsig als wir; wenigstens zeige sich nirgend eine Spur, dafs er Fürsten, welche ihr politisches Handeln von ihrem persönlichen Vorteil abhängig machten, gemieden habe.11

1 Abel, Philipp d. Hohenst. S. 250. 2 Winkelm. II, 297.
Ausg. S. 126.

3 Leb.

S. 248.

4 Ebd. 242.

Leb. S. 74. 7 Ebd. S. 111.

s Leb.

S. 77.

9 Ebd. S. 130. 10 Ebd. S. 118.

11 Ebd. S. 247.

Diese ganze Reihe von Anklagen, die, wenn sie begründet wären, auf Walthers Charakter ein höchst ungünstiges Licht werfen würden, gilt es näher zu prüfen.

Dafs Walther mit seiner Kunst Lohn und Ehre suchte, wird niemand in Abrede stellen. Das bedarf, da der Dichter nur an den Höfen den materiellen Lohn seiner Arbeit, nur an den Höfen die Wechselwirkung zwischen Gebenden und Nehmenden fand, welche die Grundbedingung aller menschlichen Arbeit ist,1 keiner Rechtfertigung. Sagt doch Wilmanns 2 selbst von Walthers Liedern, sie zeigten den Zwang des Lebens, aber um so anerkennenswerter spreche aus ihnen das Bewusstsein persönlicher Würde. Ist es also richtig, dafs Lohn und Ehre auch bei seiner politischen Dichtung sein einziges äufseres Ziel war?

Aber Walther richtete schon damals, als er den Kaiser Otto weder kannte, noch ihm irgend etwas zu danken hatte, seine schärfsten Invektiven gegen die weltlichen Übergriffe des römischen Hofes. Wenn er also da den Vorwurf erhebt, die Pfaffen redeten mit zwei Zungen, früher wären Worte und Werke der Pfaffen recht gewesen, jetzt bestehe das Gemeinsame in der Schlechtigkeit: was berechtigt zu der Annahme, er habe solches nur um Lohnes willen vorgebracht? Wurde doch Papst Innocenz zu Rom selbst in einer Predigt mit den Worten unterbrochen: ,,Dein Mund ist Gottes Mund, aber deine Werke sind Werke des Teufels." Wenn Walther demselben Gedanken in dichterischer Form Ausdruck gab, so lieh er nur der öffentlichen Meinung den Mund in der Stellung des altdeutschen Gelegenheitsdichters 5 und sprach das aus, was seiner Hörer und seine tiefste innere Überzeugung war.

Wäre es ihm wirklich nur um Lohn und Ehre zu thun gewesen wie lange hat er darauf warten müssen! Wenn seine Sprüche wirklich den Eindruck machten, der ihnen nachgerühmt wird, und wenn er seine Kunst nur um Lohn und Ehre übte, beides aber dem Kaiserlichgesinnten vorenthalten wurde, warum suchte er nicht beides bei den Päpstlichgesinnten? Warum bleibt er sich von seinem ersten Auftreten bis zum letzten Atemzuge

1 Wilm., Leb. S. 14. 2 Ebd. S. 45. 3 Gerv. I, 523. 297. Burdach, S. 28 f.

4 Winkelm. II,

wie Wil

in seiner antipäpstlichen Gesinnung getreu? Er, der manns meint den Meifsner auf demselben Reichstage um Lohnes willen in den Himmel erhebt und nachher schmäht, weil der erwartete Lohn ausblieb warum verherrlicht er nicht heute an diesem Hofe den Kaiser, morgen an jenem Hofe den Papst, wenn es ihm nur um Lohn und Ehre zu thun war? Seine Sprüche zeigen ihn in dem Kampfe zwischen Kirche und Reich durchaus unentwegt auf der Seite des Reiches; keinen Augenblick wankt er in seiner gegnerischen Stellung zum Papsttum.

Dafs er also für Otto gegen Innocenz auftrat, ehe er irgendwelchen Gewinn erwarten konnte, dafs er ferner seine antipäpstliche Gesinnung bewahrte, obwohl ihm so lange Lohn vorenthalten blieb diese Gründe lassen es mit Sicherheit erkennen, dafs es ihm nicht nur um Lohn und Ehre, sondern um den Ausdruck innerster Überzeugung zu thun war.

Wie steht es weiter mit der Behauptung von Wilmanns, dafs Walther wider besseres Wissen die mit Umsturzgedanken sich tragenden Fürsten, besonders den Meifsner, wegen ihrer Treue um deswillen belobigt habe, weil er im Dienste derselben stand, ja vermutlich im Gefolge des Meifsners nach Frankfurt gekommen sei?!

Was zunächst den Meifsner anlangt, so weist Winkelmann 2 darauf hin, dafs Dietrich, eben vom Kaiser mit einem Machtzuwachs bedacht, nicht in eine Gemeinschaft gegen den Kaiser eingetreten sein würde, noch dazu mit König Ottokar I. von Böhmen, der die Schwester des Meifsners aufs schmählichste betrogen hatte und deren Kindern noch immer ihr Recht verweigerte; ferner, dass Form und Inhalt des Vertrages, der auf dem Frankfurter Reichstage zwischen Dietrich und dem Kaiser Otto zu stande kam, Dietrich durchaus als Verbündeten des Kaisers erscheinen liefsen.

Bezüglich Dietrichs und der übrigen Fürsten meint Wilmanns ferner, dafs die auf den Sturz Ottos zielenden Verhandlungen Walther nicht fremd geblieben" seien.3 Einen Grund für diese Behauptung bringt er nicht bei, giebt vielmehr zu, dafs über

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diese Verhandlungen zu Naumburg, welche die Absetzung Ottos bezweckten, „tiefes Geheimnis" bewahrt wurde. Wenn aber tiefes Geheimnis bewahrt wurde, wie kam Walther dazu, in dasselbe eingeweiht zu werden?

Dafs also Walther wider besseres Wissen, um Lohnes willen falsches Zeugnis abgelegt habe, ist durchaus unerwiesen.

Vielmehr zeigt der Umstand, dafs gegen achtzig Fürsten und Herren sich auf dem Frankfurter Reichstage vor Otto einfanden, klar genug, dafs der kaiserliche Name doch noch mehr galt als päpstliche Befehle und Bannflüche, und dafs mit den deutschen Fürsten während des Winters eine grofse Wandlung zu Gunsten des Kaisers vorgegangen war. Folglich war Walthers feierliches Fürstenlob seine Unkenntnis von Dietrichs Teilnahme an den Naumburger, tiefes Geheimnis gebliebenen Verhandlungen vorausgesetzt ganz wohl begründet und entsprach

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im Hinblick auf die glänzende Festversammlung durchaus den Thatsachen. Man wende hiergegen nicht ein, dafs im September des vorausgegangenen Jahres der König von Böhmen u. a. zu Nürnberg Friedrich II. als Gegenkönig gegen Otto gewählt hatten; natürlich können mit den belobigten Fürsten nur die in Frankfurt erschienenen zahlreichen Anhänger, nicht die ferngebliebenen Gegner Ottos gemeint sein.

Noch eins kommt hinzu. Als keiner für den Thüringer Landgrafen einzutreten wagte, that es Walther, und zwar mit der Begründung, dafs dieser sich doch wenigstens als offener Feind dem Kaiser gegenübergestellt habe.

Mit welcher Stirn hätte er es wagen dürfen, nachdem er selbst nach Wilmanns' Ansicht den Hehler für den geheimen Feind des Kaisers, Dietrich von Meifsen, gespielt, nun die Offenheit im Kampfe als mildernden Umstand für den Thüringer Landgrafen hervorzuheben?

Doch was that Walther nicht alles um Lohn und Ehre!

Er hätte von Dietrich von Meifsen ungesäumten Dank für sein falsches Zeugnis erwarten dürfen. „Die getäuschte Erwartung rächt sich sogleich in einem Scheltliede." Daher gegenüber dem früheren Fürstenlobe jetzt das Eingeständnis hochverräteri

Abel, Philipp und Otto IV. S. 105.

scher Pläne, gegenüber dem früheren Preise des Meifsners der wegwerfende Blick auf die Verzeihung und Versöhnung suchenden Fürsten, wie Markgraf Dietrich".1

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Also die Begrüfsung des Kaisers, worin es heifst: „Die Fürsten sind Euch treu geblieben", und dieser Spruch, wo es heifst sie haben heimlich intriguiert", dort: „der Meifsner ist treuer wie ein Engel", hier: „er hat heimliche Ränke geschmiedet" alles, alles ist auf demselben Reichstage zu Frankfurt vorgetragen! 2

Nach Klarlegung dieser Widersprüche ergiebt sich folgendes. Das Lob der Fürstentreue und das Eingeständnis hochverräterischer Pläne im allgemeinen wie in besonderer Beziehung auf Dietrich von Meifsen kann nicht zu gleicher Zeit aus Walthers Munde gegangen sein. Wenn also das erste in dem Begrüfsungsspruche enthaltene Lob auf dem Frankfurter Hoftage gesungen ist, so mufs auf Grund veränderter Thatsachen natürlich später jenes Eingeständnis verräterischer Pläne geäufsert sein. Wann dies nun geschehen, dies genau zu bestimmen, verbietet sich um so mehr, als Walther und nur Walther allein von einer gegenseitigen Denunziation der Fürsten untereinander berichtet, demgemäfs eine genauere Kenntnis der Sachlage bei dem Mangel jeglicher historischen Angabe über diese Denunziation sich unserer Forschung entzieht.3 Dafs übrigens Walther in diesem Spruche mit seinem Tadel der „zagen“ und des „dûf“ gerade auf den Meifsner abzielt, ist auch nicht einmal erwiesen; wozu nämlich der Plural „die zagen"? Konnte damit nicht ebensogut Ludwig von Bayern, die Fürsten von Österreich, Mainz, Speier und wer weifs wieviel geringere gemeint sein?

5

Freilich zeigt der Spruch mit zwei Sprüchen späteren Datums gegen den Meifsner (105, 27 u. 106, 3) gleichen Ton, woraus Wilmanns ihre enge Zusammengehörigkeit und somit die Beziehung unseres Spruches auf Dietrich von Meifsen folgert. Sachlich spricht dagegen erstens, dafs Dietrich darin gar nicht erwähnt ist; zweitens, dafs, wenn das vorher erwähnte Lob des

1 Wilm. Ausg. S. 365 zu 105, 18. 2 Ebd. S. 123 zu 11, 30 u. S. 360 zu 105, 13. 3 Vgl. Rieger S. 23, Menzel S. 200. Leb. III, 208.

4

Rieger S. 22.

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