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Der Geizige in Ragusa.

Ein Nachtrag zur Schrift:

„Plautus. Spätere Bearbeitungen plautinischer Lustspiele
von K. v. Reinhardstoettner."

Unter den slavischen Litteraturen haben sich im 16. Jahrhundert unter Einfluss der italienischen Renaissance besonders reich entwickelt blofs die polnische und die kroatisch-dalmatinische. Erstere ist in der westeuropäischen Litteratur bereits mehr bekannt, von der letzteren jedoch so viel wie nichts. Diese kroatische Litteratur, die in Dalmatien und besonders in Ragusa erblühte, ist bei den südslavischen Gelehrten Gegenstand tiefer Studien geworden, besonders die Südslavische Akademie der Wissenschaften hat in ihren Publikationen eine Reihe von Studien veröffentlicht, dieselbe giebt eine Kollektion alter kroatischer Schriftsteller („Stari pisci hrvatski") heraus (15 starke Bände in gr. 8 bis hierher). Und dennoch finden wir z. B. in Adolf Sterns Geschichte der neueren Litteratur gar keine Erwähnung von derselben, trotz der deutschen Übersetzung von Pypins Geschichte der slavischen Litteraturen. Als siebenter Band der erwähnten Kollektion wurden herausgegeben die Werke des Marin Držić. Von diesem hervorragendsten, tüchtigsten, originellsten Komödiendichter der ragusanischen Litteratur (geb. ca. 1520, gest. ca. 1580) hat sich neben einigen lyrischen Gedichten, einigen religiösen und Hirten-Spielen eine Reihe von Komödien erhalten, in denen sich das derzeitige Leben der Ragusaner lebhaft und treu wiederspiegelt. Sie sind jedoch grofsenteils unvollständig, ohne Anfang oder ohne Ende oder gar nur in Auszügen auf uns gekommen. Unter diesen Komödien interessiert uns hier am meisten die Archiv f. n. Sprachen. LXXXI.

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Komödie „Skup" („Der Geizige"), welche im Jahre 1555 am Hochzeitsfeste eines Ragusaner Bürgers aufgeführt wurde.

Die Komödie beginnt mit einem Prologe, den der „Satir“ spricht; der Dichter entschuldigt sich hierin, dafs er nicht ein Hirtenspiel geschrieben und aufführen lassen hat, erwähnt, wie in anderen Komödien, Gesellschaften von Dilettanten aus der jeunesse dorée, sagt, dafs er eine Komödie aufführen lassen wird, die uralt ist, gestohlen aus einem uralten Buche, aus dem Plautus, und schliefst mit einer captatio benevolentiæ. Der Dichter giebt uns also selbst an, dafs „Der Geizige" eine Überarbeitung der Aulularia ist. Eine Vergleichung beider Stücke ergiebt nun, dafs Marin Držić die Aulularia sehr geschickt überarbeitet und lokalisiert hat. Hatte er hierbei noch irgend eine italienische Bearbeitung dieses Plautinischen Lustspiels, kann ich nicht entscheiden, mit Giov. B. Gellis Komödie La Sporta" hat „Der Geizige" wohl manche Ähnlichkeit, soweit ich aus Reinhardstoettners Buche (274-279) ersehe, doch unterscheidet er sich auch stark von derselben, vielfach an solchen Stellen, wo „La Sporta" mit der „Aulularia" übereinstimmt.

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Im folgenden will ich nun den Inhalt des Geizigen“ erzählen, damit andere denselben weiter vergleichen können, und zwar nach Akten und Scenen, wie es Reinhardstoettner in seinem Buche gethan.

Die erste Scene des ersten Aktes bringt einen Dialog zweier Dienstmädchen, des alten Dienstmädchens des Geizigen, Namens Variva, und eines jüngeren Namens Gruba. Die letztere erzählt, wie sie in das Haus des Geizigen um Feuer gegangen und diesen Angstrufe um seinen Schatz ausstofsen hörte, und bemitleidet ihre Genossin. Weiter erfahren wir aus ihrem Gespräche, dafs der Geizige seine Tochter Andrijana einem alten, reichen Manne als Frau versprochen hatte, und zwar ohne Mitgift; Andrijana aber liebe einen jungen Bürgersohn Kamilo, und beide klagen über ihre unglückliche Liebe. Aus ihrem Gespräche werden die beiden Freundinnen durch den Geizigen aufgeschreckt (2. Scene), Variva zurückgerufen und zur Andrijana geschickt,

* Dafs Andrijana bereits daran wäre niederzukommen, wie von Phädra erzählt wird, darauf ist hier nicht die geringste Anspielung.

nach einem kurzen Gezänke, wo Variva einige Worte über den Schatz hinwirft, klagt, dafs sie Hunger leiden u. s. w. Der Schatz ist nämlich im Herde versteckt. Plötzlich hört der Geizige schlagen, hacken, erschreckt glaubt er, dafs bereits jemand seinen Schatz sucht, aber die Magd hackte Holz! Hierauf folgt ein Gezänke die Magd ist ziemlich mundfertig und Geschläge. Der Geizige schickt alle in den dritten Stock. „Ich weils nicht, was ich will," schreit er, ich bin nicht sicher vor diesem Gesinde, ich bin ein unglücklicher Mensch. Kein Gold haben, ist von Übel; auf diese Weise es zu besitzen, ist von Übel und noch ärger. Seitdem ich diesen Schatz gefunden, habe ich den Frieden verloren, den Schlaf hab ich verloren, alles Übel ist auf mich gefallen, und ich erwarte nichts anderes, als dafs mich jemand umbringt. Aufdecken darf ich ihn nicht, ihn verheimlichen ist höllische Qual; und zu meinem Unglück ist er mir teurer als die Seele. Wie ich ihn im Topfe gefunden, verwahre ich ihn im Topfe, so ist er doch etwas sicherer. Ach, dafs mich niemand hört! Niemand ist da. Wer den Topf finden würde, würde sagen, dafs Öl darin ist oder Oliven oder so eine Sache, auf den Schatz würde niemand verfallen; und würde ich ihn im Schranke verwahren, und wenn er mit Eisen beschlagen wäre, desto früher würden sie auf den Schatz verfallen. Während der Messe sagt mir immer etwas: geh, zeige dich zu Hause. Bei dem Golde geht die Tugend verloren, das Gold verdirbt die Menschen, Bequemlichkeit macht den Räuber, und Gold ist Unglück. Liebe ist nicht Liebe, das Gold ist die Liebe; das Gold unterwirft sich Alt und Jung, Schön und Häfslich, Heilige und Sündige, Weltliche und Geistliche; deswegen werden jetzt goldene Esel zu Doktoren promoviert, denn sie sind golden. Allen Verstand haben sie, das Fette, Schöne, Reiche, Weise; dem Gold wird der erste Platz angewiesen, aber was thue ich, dafs ich nicht laufe, dafs mir jemand meine Liebe nicht raubt! Wer liebt, ist argwöhnisch." Und wieder schreit er auf die Magd und die Tochter, befiehlt ihnen, das Feuer auszulöschen, damit niemand um. Feuer kommt, niemand darf ins Haus hinein, das Thor soll geschlossen werden. Der Geizige mufs aus dem Hause, ein Schuldner hat ihm versprochen, heute etwas abzuzahlen. „Geh ich nicht, bekomme ich kein Geld; geh ich, so ist mein Schatz

in Gefahr. Sohn ist nicht Sohn, noch Freund Freund, Geld verdirbt die Tugend. Ich habe den Schlüssel vom Herde, und die Weiber können nicht daher. Aus Furcht sollte ich den Schuldner lassen, wie auf den Galgen gehe ich auf den Platz. Leute haben begonnen sich mir zu zeigen, die mich früher nicht kannten; ich zweifle, dafs sie etwas bemerkt haben. Was willst du, die Welt beugt sich vor dem Golde, und ich soll nicht. Ich habe kein Wasser, arm bin ich wie eine Laus. Den Teufel möchten sie auffressen, jeder macht das Maul auf, dafs er den Teufel vom Fremden auffrifst; und ich bin hart wie Marmor, ich habe nichts, danke für die Freundschaft. Die Freunde heutzutage lieben dich so lange, als du ihnen dienst, wenn nicht mehr was zu dienen ist, kennen sie dich auch nicht. Ich gehe, die Sache so bald als möglich fertig zu machen, um bald nach Hause zurückzukommen.“

Die dritte Scene bringt einen Dialog des liebedurstigen Kamilo mit Gruba; er schickt sie, die Variva zu rufen. Dieselbe kommt, erzählt Kamilo, dafs Andrijana einem alten, reichen Manne ohne Mitgift versprochen worden ist, Andrijana wolle sich aus Verzweiflung umbringen. Kamilo will sie sprechen, doch lässt es Variva nicht zu; Kamilo läfst Andrijana Ausdauer und Vertrauen zusprechen, ihn selbst tröstet Variva.

In der vierten Scene treten auf Zlatikum (der goldene Vetter), der gefürchtete Bewerber Andrijanas, und seine Schwester Dobre, Kamilos Mutter. Dobre spricht ihrem Bruder zu, er möge sich eine reiche Braut aussuchen, und sagt ihm, sie habe eine solche bereits gefunden. Zlatikum sträubt sich dagegen, weist auf sein Alter, seine grauen Haare und sein Hüsteln hin; wenn er überhaupt heiraten wolle, so nur ein armes Mädchen, und zwar die Tochter des Geizigen, sie gefalle ihm, und der Geizige habe sie ihm bereits zugesagt. Dobre ist hiermit einverstanden.

Zweiter Akt, erste Scene. Es tritt Kamilos Diener Munuo auf, eine Gestalt aus derselben Familie, der Shakespeares Lancelot im Kaufmann von Venedig entsprungen. Munuo erzählt, wie Kamilo, von Sehnsucht und Angst um Andrijana gequält, ihn ausgeschickt hat, um nach Andrijana sich umzusehen. Er kommt mit Gruba zusammen, beide sagen sich einige Liebenswürdigkeiten, mittlerweile tritt Kamilo auf, um seinen Diener anzutreiben.

In der zweiten Scene erst spielt sich die Brautwerbung Zlatikums um die Tochter des Geizigen ab, von welcher vordem schon in der ersten Scene des ersten Aktes wie von einer vollendeten Thatsache gesprochen wurde. Ähnlich wie bei Plautus argwöhnt der Geizige, dafs Zlatikum um seine Tochter nur deswegen freit, weil er von seinem Schatze weifs und ihn beerben will. Während der Besprechung hört der Geizige ein Geräusch, angsterfüllt eilt er, nach seinem Schatze zu sehen. Nachdem er zurückgekehrt, giebt er seine Einwilligung, doch darf im Ehevertrag nichts von einer Mitgift erwähnt werden und er zu nichts verpflichtet sein. Zlatikum geht nun, um Vorkehrungen zu treffen zum Hochzeitsschmaus. Der Geizige ist trotz aller Versicherungen Zlatikums nicht überzeugt, dafs er seine Tochter ohne. Hintergedanken freie. „Meines Schatzes wirst du dich nicht erfreuen. Er glaubt, dafs er bereits sein ist, darauf reifst er das Maul auf; und Wind wird er fressen. Wegen nichts anderem ist er erpicht, diese Verwandtschaft anzuknüpfen, als damit er meinen Schatz bekommt."

In der dritten Scene teilt der Geizige seiner gerade hinzukommenden Magd Variva mit, was er soeben betreffs Andrijanas beschlossen hat, und fordert sie auf, Andrijana schön anzuziehen und das Haus vorzubereiten, er geht selbst die notwendigen Einkäufe besorgen. Es treten nun Kamilo und Munuo auf. Ersterer sieht keine Mittel mehr für Andrijana und sich, doch Munuo findet eines, er rät nämlich seinem Herrn, krank zu werden, er wird selbst sagen, dafs Kamilo aus Liebe zu Andrijana sterben wird, dafs sich beide bereits verlobt haben, Variva will dessen Zeugnis ablegen, und der Onkel Zlatikum wird Andrijana. entsagen, wenn er dies hören wird.

Die vierte Scene macht uns bekannt mit dem Diener des Zlatikum Pasimaha, welcher ausgeschickt wurde, das Notwendige zum Hochzeitsschmaus zu besorgen. Während seiner Erzählung von seinen Einkäufen tritt Gruba auf, und folgen einige für den Fortschritt der Handlung wertlose hingeworfene Witze und Liebenswürdigkeiten.

Dritter Akt, erste Scene. Dobre erfährt von ihrem Mann Gjivo, dafs ihr Sohn Kamilo sich mit Andrijana verlobt hat. Dobre will ihn nun, erzürnt, dafs er ohne sie sich verlobt, aus

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