ページの画像
PDF
ePub

147. Tafel, Stift und Schwamm.

Die Schiefer-tafel der Stift und der Schwamm zankten einmal mit einander und stritten sich, wer von ihnen am nüglichsten wäre. Die Tafel verachtete die andern und sagte: „Ihr seid elende Wichte gegen mich; mich hat der kleine Heinrich auch viel lieber, als euch beide."

„Das ist nicht wahr," sagten der Schwamm und der Stift.

„Das ist wohl wahr," antwortete die Schiefer-tafel, „ihr könnt das schon daran sehen: mich hat der kleine Heinrich noch nie vergessen, wenn er in die Schule geht; dich aber, du elender Schieferstift, hat er schon sehr oft vergessen, und einen Schwamm hat er oft viele Wochen nicht gehabt.“

„Das ist wohl richtig," sagte der Stift, „aber wenn mich Heinrich vergessen hatte, so kam er auch mit roth-geweinten Augen aus der Schule; da hatte ihn der Lehrer ausgescholten und gar auf die Finger geklopft. Heinrich hat mir's wohl erzählt; auch hat er mich am andern Tage allemal mitgenommen. Und wenn ich nicht dabei bin, dann kannst du, stolze Schiefer-tafel, keinem Menschen etwas helfen; ohne mich kann niemand auf dich schreiben." Ihr thut, als ob ihr viel besser wäret, als ich," sagte der Schwamm, und doch bin ich viel wichtiger, als ihr alle beide; denn, wenn die ganze Tafel mit dem Stifte voll-geschrieben ist, womit sollte sie abgewischt werden?"

"

O, mit dem Rock-ärmel!" sagte die Tafel.

Du wärst mir schön, du erbärmliche Tafel!" antwortete der Schwamm, hast du nicht gehört, wie die Mutter neulich schalt, als dich der kleine Heinrich mit dem Rock-ärmel abwischte?"

So ging der Streit noch lange fort und hätte gewiss länger gedauert, wenn nicht Heinrich dazu gekommen wäre. Heinrich aber sagte: „Jhr, dummen Dinger, seid mir eins so viel werth, als das andere; ihr müßt mir alle drei dienen." Dabei nahm er die Tafel und den Stift und schrieb mit dem Stifte die ganze Tafel voll. Und als sie voll-geschrieben war, wischte er sie mit dem Schwamme, der an einer Schnur daran hing, wieder ab und schrieb sie noch einmal doll,

Lausch.

119.

St.
Louis, Mo. Jan 1. Jagt: 1881.

18. Lieber Freund Geinricht Am nächsten Montag ber ginnkunsere Ausstellung Meine Eltern haben mirer laubt Dich auf das Fest einzuladen. Frages du nuns deine Externum Erlaubnistun zu besuchen Neben dem flatzeder für die Thierschau eingerichtet ist, baut man viele Buden. Eine großße davon ist schon. fertig, und vor ihr hängt ein breites leinenes Auch aufwel. chem viele fremde Thiere Af.

[graphic]

9

120.

fen, Vögel und dergl mehr, gemalt sind! Aus dem Innern der Bück ertöntbald

ein Krächzen oder Pfeifen. bald un Brüllen oder Grunzen, und nun, mein lieber Heinrich, wirst du wissen daß ich von einer Therbude oder Menagerie (Menascherieg

rede. Wir können das Alles

beschen und mein Vater will für uns beide bezahlen. Das wird für uns eine große Freun dessein. Everwartet Doch Dein Freund

Otto Krafft.

149. Der Faule.

"Heute nach der Schule gehen, da so schönes Wetter ist?

Nein! Wozu denn immer lernen, was man später doch vergißt! Doch die Zeit wird lang mir werden, und wie bring' ich sie herum? Spiz, komm her! dich will ich lehren. Hund, du bist mir viel zu

dumm!

And're Hund' in deinem Alter können dienen, Schildwach’steh'n, können tanzen, apportiren, auf Befehl ins Wasser gehn.

Ja, du denkst, es geht so weiter, wie du's sonst getrieben hast. Nein, mein Spiz, jezt heißt es lernen. Hier! Komm her und aufgepaßt!

So! nun stell' dich in die Ecke! Hoch! den Kopf zu mir gericht! Pfötchen geben! So! noch einmal! sonst gibt's Schläge! — Willst du nicht?

Was? du knurrst? Du willst nicht lernen? Seht mir doch den faulen Wicht!

Wer nichts lernt, verdienet Strafe! Kennst du diese Regel nicht? Horch! Wer kommt? Es ist der Vater!" Streng ruft er dem Knaben zu:

„Wer nichts lernt, verdienet Strafe! Sprich! und was verdienest du ?"

150. Die alte Ziege und ihre Böckchen.

Reinick.

Die alte Ziege hatte zwei junge Böckchen. „Kinderchen,“ sagte sie einmal zu diesen, „ich weiß eine Hecke mit köstlichen Hollunder-blättern, aber sie ist weit von hier und ihr könnt nicht mitgchen."

„Aber springt mir nicht außen herum und macht auch die Thür nicht auf, wenn etwas Unbekanntes herein will, der Wolf schleicht seit etlichen Tagen wieder hier herum."-„Wir wollen gewiss schön im Stalle bleiben und die Thür nicht aufmachen, bis du wieder kommst, lieb Mütterchen,“ sprachen die Böckchen und riegelten von innen zu, als die Mutter hinaus war.

Kaum war die Mutter fort, da kam schon etwas vor die Stallthür und rief im Tone der Mutter: „Macht auf, ihr Herzchen, macht auf!" Da sah ein Böckchen durch ein kleines Loch der Thür

und bemerkte, dass es der Wolf war. Beide erschraken sehr! „Wir machen nicht auf," riefen sie, Mutter, hat es verboten!"

Da wurde der Wolf zornig, fing an fürchterlich zu heulen, und sprang mit beiden Vorder-füßen gegen die Thür. „Aufgemacht! sogleich auf, oder ich breche mit Gewalt ein und reiße euch beide zu Stücken!" Ach, da bebten die armen Thierchen wie Espenlaub!

In dem Augen-blicke fiel ein Donner-schlag, der sie ganz betäubte. Ein Flinten-schuss des nahe dabei wohnenden Jägers hatte den Wolf zu Boden gestreckt, und zu ihrer Freude sahen sie durch eine kleine Oeffnung, wie die Hunde ihn fortschleppten. Einige Zeit darauf kam Mutter Ziege nach Hause.

Die Böckchen machten sogleich den Stall auf, erzählten nun alles, was vorgegangen war, und leckten der Mutter schmeichelnd den Mund. „Seht nun, liebe Kinder," sagte zulezt die bewegte Mutter, wie gut es ist, wenn man den Eltern folgt. Wäret ihr nicht im Stalle geblieben, oder hättet ihr ihn unvorsichtig geöffnet, so wäret ihr nun beide verloren."

[graphic]

Nachdem dieses vorgefallen war, kamen Ida und Hermann, die guten Kinder des Jägers, spielten mit den folgsamen Böckchen, und fuhren mit ihnen auf die Weide.

Die Kinder luden den kleinen Wagen voll vom besten Futter, bekränzten ihn mit Blumen, und der Jubel wollte fein Ende neh

men.

« 前へ次へ »