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170. Die ungleichen Brüder.

Martin war fleißig und arbeitsam; er mußte immer etwas zu thun haben, und mit etwas Nüzlichem beschäftigt sein. Er griff alles frisch an und ließ nicht eher nach, bis es ganz geschehen war. Er war dabei immer munter und fröhlich, und wenn er auch nach geschehener Arbeit ausruhte, so konnte er von Herzen luftig sein. Auch war er bei allen Menschen beliebt.

Leo, sein Bruder, war ein fauler Junge. Weil er an der Arbeit keine Freude hatte, so that er bald dies, bald etwas anderes. Alles geschah nur halb, nichts mit anhaltendem Fleiße. Oft war er ganze Stunden lang müßig. Wie er bei der Arbeit war, so war er auch beim Spiel, ja sogar beim Essen träg und faul. Er ging oft herum, wie der Schatten an der Wand.

Ihre Eltern starben und hinter-ließen ihnen ein schönes Erbtheil. Martin vermehrte durch Fleiß und Arbeitsamkeit von Jahr zu Jahr sein Vermögen. Leo, der faule Leo, wurde von Tag zu Tag ärmer, bis endlich sein Geld ganz ausging. Nun fing erst. sein Elend recht an. Weil er an keine Arbeit gewöhnt war, so fonnte er nichts verdienen. Er lag nun seinem Bruder zur Last. Dieser beschenkte ihn zuweilen, doch gab er ihm oft zu verstehen, dass er sich selbst Noth und Elend zugezogen habe.

Arbeit und Betriebsamkeit
geben Ehr' und Brot.

Müßiggang und Schläfrigkeit
bringen Schand' und Noth.
Bei Geschäften wird man alt,

jeder hat uns lieb:

doch den Faulen nennt man bald

einen Tage-dieb.

W. Hoffmann, Sittenbüchlein.

171. Die Pflanzen und das Licht.

Die Pflanze hat eine innige Verbindung mit dem Lichte. Das Licht gibt den Pflanzen vorzugsweise die Mannigfaltigkeit und die reine Ausbildung ihrer Farben und ihres Glanzes. Sie fehren sich

daher dem Lichte zu. Kartoffel-pflanzen, die in einem Keller ausschlagen, kriechen von entfernten Punkten viele Fuß weit auf dem Boden nach der Seite zu, wo ein Lichtloch ist, und ranken sich, als ob sie den Weg wüßten, an der Mauer hinauf, um die Oeffnung zu erreichen, wo sie des Lichtes genießen können.

Die Sonnen-blumen und eine Menge anderer Blumen richten sich nach der Bewegung der Sonne am Himmel und drehen sich nach ihr hin. Abends, wenn man von der Morgen-seite auf eine blumen-reiche Wiese tritt, sieht man wenige, vielleicht keine Blumen, weil sie meist der Sonne zugewendet sind; von der Abendseite prangt dann alles voller Blüthen. Auch am frühen Morgen sieht man, von Osten her fommend, auf der Wiese feine Blumen; erst wenn die Sonne wärmer scheint, kehren sie sich gegen Osten oder Morgen. Einige öffnen sich erst um 12 Uhr mittags, einige erst gegen den Abend, einige nur bei Nacht.

172. Bestrafter Leichtsinn.

Der kleine Richard ging gern auf das Eis und schleifte. Dagegen hatte sein Vater nichts; denn er wünschte, dass Richard sich übe, ohne Gefahr auf dem glatten Eise zu gehen. Aber Richard war dabei oft sehr unvorsichtig und ging bisweilen auch auf solches Eis, das dünn war und leicht brechen konnte.

Richard! Richard! sprach mehrmals der Vater, sei vorsichtig! Gehe nicht auf Eis, das nur leicht gefroren ist! Bedenke doch, dass du einmal leicht durchbrechen und unglücklich werden kannst!

Doch Richard vergaß die Warnungen des Vaters bald.

Einmal besuchte er einen Teich, auf welchem er schleifen wollte. Es begegnete ihm einer seiner Kameraden und sprach zu ihm: Richard, gehe nicht auf diesen Teich! er ist nur schwach ge. froren; du kannst sehr leicht einbrechen; wag' es nicht, ihn zu betreten !

Aber Richard lachte darüber. Na! na! sprach sein Kamerad, es fann dir übel gehen, wenn du mir nicht folgst.

Richard ging weiter. Er kam am Teiche an. Hier standen mehrere Knaben. Warum schleifet ihr nicht? fragte er sie.

Das Eis

Wir trauen nicht, antwortete einer der Knaben. scheint sehr dünn zu sein, und einbrechen möchten wir nicht.

Ihr furchtsamen Hafen! rief Richard. Mich soll niemand ab, halten, auf den Teich zu gehen. Ihr sollt sehen, dass das Eis nicht bricht!

Richard! sprach einer von den Knaben, das thue doch ja nicht! sei nicht verwegen! Es könnte dich sonst sehr gereuen!

Aber Richard achtete auf diese Warnung nicht, ging rasch auf das Eis und rief: Nun sehet her, ob ich durchbreche!

Kaum hatte er diese Worte gesprochen, so brach das Eis, und Richard sank hinab bis an das Kinn. Er schrie jämmerlich.

Die Knaben schrieen auch, und einer von ihnen lief in eine nahe Mühle, um Leute zu Hilfe herbei-zurufen. Der Müller eilte mit zwei Knechten nach dem Teiche und zog Richard glücklich heraus. Richard zog sich eine starke Erkältung und dadurch eine gefährliche Krankheit zu. Drei Monate lang mußte er im Bette liegen und fam faum mit dem Leben davon.

173. Die Maus und der Löwe.

Ein Löwe schlief in seiner Höhle, und um ihn her spielte eine lustige Mäuse-schaar. Eine derselben kroch eben auf einen hervor= stehenden Felsen, fiel herab und erwedte den Löwen, der sie mit seiner gewaltigen Taze festhielt. „Ach,“ bat sie, „sei doch großmüthig gegen mich armes, unbedeutendes Geschöpf! Ich habe dich nicht beleidigen wollen; ich habe nur einen Fehltritt gethan und bin von dem Felsen herab-gefallen. Was kann dir mein Tod nüßen? Schenke mir das Leben, und ich will dir zeitlebens dankbar sein." Geh hin," sagte der Löwe groß-müthig und ließ das Mäuschen springen. Bei sich aber lachte er und sprach: „Dankbar sein! Nun das möchte ich doch sehen, wie ein Mäuschen sich einem Löwen dankbar bezeigen könnte!"

"

Kurze Zeit darauf lief das nämliche Mäuschen durch den Wald und suchte sich Nüsse: da hörte es das klägliche Gebrüll eines Löwen. Der ist in Gefahr!" sprach es bei sich und ging der

Stelle zu, wo das Gebrüll herüber-tönte. Es fand den großmüthigen Löwen von einem starken Neze umschlungen, das der Jäger künstlich ausgespannt hatte, um damit große Wald-thiere zu fangen. Die Stricke hatten sich so künstlich zusammen-gezogen, dass der Löwe weder seine Zähne, noch die Stärke seiner Tagen gebrauchen konnte, um sie zu zerreißen.

"Warte nur, mein Freund," sagte das Mäuschen, „da kann ich dir wohl am besten helfen." Es lief hinzu, zernagte die Stride, welche seine Vorder-tagen gefesselt hatten, und als diese frei waren, zerriss er das übrige Nez und ward so durch die Hilfe des Mäuschens wieder frei.

174. Lebensrettung.

Aesop.

Ein Landmann ging mit seinen beiden Hunden in den Wald und bestieg eine sehr hohe Buche. Er glitt aus und stürzte, blieb aber mit dem Fuße zwischen zwei gabelförmigen Aesten, mit dem Kopfe abwärts, hängen. So schwebte er zwischen Himmel und Erde, ohne sich helfen zu können. Seine Hunde winselten, liefen hin und her und gaben auf alle Weise ihre Angst und ihren Schmerz um ihren Herrn zu verstehen.

Endlich lief der eine von denselben nach Haus, erhob vor den Angehörigen seines Herrn ein klägliches Geheul, gebärdete sich äußerst unruhig, lief fort, kam wieder, lief wieder weg und gab auf alle Weise zu verstehen, dass man ihm folgen solle.

Zulegt ging man ihm nach. Da rannte der Hund nach dem Walde zurück, wo sein Herr hing und lief wieder zurück, wenn die begleitenden Leute nicht schnell genug gingen. So brachte er sie zu rechter Zeit noch zu dem Baume, an welchem sein Herr hing, und der beinahe Verunglückte ward gerettet. Der andere Hund war indessen bei seinem Herrn geblieben und erhob seine Stimme, so stark er konnte, um durch sein Bellen die Leute aufmerksam zu machen und zur Hilfe zu veranlassen.

Stern.

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Eichhörnchen auf dem Tannen-gipfel, es lugt hinauf, es lugt hinunter; da wiegen sich im Wind die Wipfel, auf einmal wird Eichhörnchen munter: und geschwind wie der Wind schwingt es sich droben im luftigen Raum, springt es hinüber zum andern Baum. Von Zweig zu Zweig, von Ast zu Ast hüpft es und schlüpft es in fröhlicher Hast.—

Nun sigt es wieder zusammen-geduckt, wiegt auf und nieder sein Köpfchen und guckt. Schaukelt sich hin und schaukelt sich her, schaukelt und gaukelt die Kreuz und die Quer.

Doch jezt auf einmal hält es still wie eins, das sich besinnen will; und wieder klettert's flink und munter den Baum hinauf, den Baum hinunter. Einen Augenblick, weg ist's, husch, husch! Dort sißt es mitten im Hasel-busch, und hält mit seinen niedlichen Füßchen als wie mit Händen ein Haselnüsschen, knarpelt und knuspert und zwickt und zwackt, bis es die Schale hat aufgeknackt. Da noch ein Nüsschen und dorten noch eins, nach und nach alle, und ganz zuletzt keins. Keines mehr hier, und keines mehr dort, also muss Eichhörnchen gleich wieder fort.

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