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erstenmal, erschien mir der Engel des Todes in schreckli= cher Gestalt, und ich flèhete, daß er vorüber gehen möchte.

Er ging vorüber; ich genas, und das Leben ward mir schöner als jemals. Denn mein Weib gebar mir zwei Kinder, schön wie zwei blühende Granatbäumlein, und jeder Tag ihrer Entfaltung war mir wie ein Lenztag. Da sprachen Alle im Lande: Was könnte seinem Heile mangeln, und seinem Hause von innen und von außen?

Siehe, da kam die Seuche Mizraims über das Meer, und die Kindlein starben beide, der Knabe und das Mägdlein. Und die Mutter lag darnieder und sprach: Die Kindlein sind dahin! Ach, Eglon, es wird sie eine andere Welt uns aufbewahren und wiedergeben! Mich verlangt nach ihnen. So sprach ste; da starb sie auch. Und ich stand allein auf meinen Teppichen und mein Haus war mir zu weit und zu enge.

Nun rief ich mit zürnender Gebehrde dem Todesengel und nannte ihn den Verderber, und als er vor mir vorüber wandelte, da sprach ich: In den Tiefen des Meeres will ich den Grausamen aufsuchen, daß er mich vereinige mit dem Verlorenen! Was soll mir die Erde und das Leben!

So wandelte ich hinaus in die Nacht, an das Gestade des Meeres. Aber auf dem Wege vernahm ich ein Seufzen und Wimmern in einer Hütte und trat hinein, denn ich gedachte hier einen Gesellen meines Jammers zu finden.

Da lag ein Weib an der Erde und raufte ihr Haar, und fünf Kinder weineten um sie her und fleheten um Brod und ein Greis stand gebückt und zitternd. Ich aber erschrack und fragte: Weib, was fehlet dir?

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und anderswohin pflanzen, daß sein Anblick euch nicht ferner betrübe!

Da antworteten die Kinder alle einmüthiglich und sprachen: Ach nein, laß uns das Bäumchen: Blühet uns auch nicht Freude auf ihm, sondern Thränen und Schmerz - so sind es ja Thränen der Liebe und Schmerzen kindlicher Sehnsucht, dem theuren Vater ge= weint. Ach nein, nimm uns das Bäumchen nicht!

81.

Die Charitinnen des Sokrates.

Eines Tages wandelte Sokrates mit einigen seiner Jünger in den Gärten von Perikles, und sie redeten von der Kunst und ihrer göttlichen Schönheit.

Da sprach Alcibiades mit leichtfertigem Lächeln: Sage uns doch, o Sokrates, wie kamest du dazu, die Charitinnen zu bilden, und warum verließest du die Kunst, nachdem du dein Meisterwerk vollendet hattest? Möchtest du uns auch noch die Göttin der Weisheit gegeben haben!

Sokrates erwiederte: Ich will euch die Geschichte meiner Kunst erzählen, und du sollst dann entscheiden, Alcibiades, ob es rathsam ist, daß ich noch einmal den Meißel ergreife.

Als Jüngling liebt' ich die Kunst mit ganzem Herzen, und besuchte die Werkstätten der Meister und die Tempel der Götter; denn ich hoffte, in jenen die

menschliche Lehre zu finden, in diesen die göttliche Begeisterung zu empfangen.

In dieser Absicht ging ich einst in einen kleinen alten Tempel an der Gränze des attischen Landes, der den Charitinnen geweihet war. Die Einfalt seiner Gestalt lud mich ein, und ich sprach zu mir selbst: findest du auch nichts für deine Kunst denn wie sollte sich hiehin ein Marmorbild verirren? hier den Sinn für die Einfalt in dir nähren und pflegen. Denn auch dieser, meinte ich, dürfte dem Künstler nicht fehlen. So trat ich hinein.

so kannst du doch

An dem Pförtchen des kleinen Tempels begegnete mir ein Greis von ehrwürdiger, freundlicher Gestalt. Was suchest du hier, mein Sohn? fragte er mit sanfter Stimme und holdseligem Antlik.

Ich sagte ihm, daß ich ein Jünger der Kunst sei, und, um mich zu bilden, die Tempel besuche.

Wohl, mein Sohn, erwiederte er, daß du mit dir selber beginnst, und dich dem Göttlichen nahest, um es vorher in dir selbst zu erzeugen, ehe du es darzustellen wagst. Dein Streben soll nicht unbelohnt bleiben. Ich will dir zeigen, was du in ganz Griechenland vergeblich suchen würdest die ältesten und ersten Bilder der

Charitinnen.

Darauf zeigte er mir drei viereckige, grobbehauene Steine, und sprach: Siehe, diese sind es! Ich sah' ihn an und verstummte. Er aber lächelte und sprach: Findest du es seltsam, daß das Göttliche eher in dem. Herzen des Menschen war, als sein Mund oder seine Hand es auszudrücken vermochte? Wohlan, ehre du es dadurch, daß du es würdiger darstellest! Jegt ruft

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