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10.

Das Kornfeld.

Der Sommermond hatte die Saaten des Feldes gereift. Die vollen Aehren rauschten im Winde, und der Landmann war schon hinausgegangen zu sehen, ob er die Schnitter senden müsse. Er bedachte den Plaz seiner Scheuer und berechnete in sich den Gewinn, den ihm der Reichthum seines Feldes bringen sollte. Denn er war reich; aber sein Herz war ungenügsam und karg und voll irdischer Sorgen.

Da nahete sich ihm der weise Lehrer der Gemeine, und sagte: Die Erde bringet auch dieses Jahr reichlich das Brod hervor. Die Aehren sind schwer und bald werden die Schnitter reiche Garben binden!

Wohl wahr, erwiederte der Landmann, man hätte kaum ein gesegneteres Jahr erwarten mögen. Das Land wird die Aussaat vielfältig wiedergeben.

Da antwortete der edle Pfarrherr und sprach: Möchte denn auch der vernünftige Herr der Erde die todte Scholle, die er beackert, nachahmen. Sie empfängt nur des Saamens ein wenig, und erstattet ihn vielfältig. Der Mensch empfing so viel, und bringet oft so wenig.

Diese Rede traf das Herz des kargen Ackermannes, und er fühlte sich beschämt. Denn er war karg und voll Sorgen für die kommenden Tage und nur darauf bedacht, sich Schäße zu sammeln.

Aber er verhehlte die innere Schaam und sprach zu dem Pfarrherrn: Wohl sollte Jedermann thätig sein,

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sein Hauswesen fein zu besorgen, damit er auch einst Andere erfreuen möge. Deshalb soll der Mensch im Schweiß seines Angesichts arbeiten, daß er sich selber das Nüzliche reichlich hervorbringe, so wie die wohlbeackerten Felder die Aussaat vervielfältigen. Darum versammelt auch die Natur Aehre an Aehre auf den Gefilden, und das ganze Saatfeld scheint nur ein Halm zu sein.

Aber der Pfarrherr sagte darauf: Wohl ist die Gestalt des Kornfeldes einfach, und es reihet sich die Aehre an die Aehre, auf daß Viele versorgt werden. Aber die Zeit der Aussaat ist kurz, und das Korn wächset ohne menschliches Zuthun von selber und bringet den Halm und die Aehre, und die Lage der Aernte währen auch nur kurze Zeit. So mag denn der Mensch mit Muße sein Gefild beschauen, und die blaue Chane und den rothglühenden Mohn und die Purpurblume betrachten, die zwischen den Halmen blühen, und die Lerche hören, die aus den Furchen zum Himmel emporschwebt. Denn nicht umsonst blühen jene und schwebet diese zwischen und über den einförmigen Halmen empor. Sie sollen den Herrn des Feldes erinnern, daß es noch etwas anderes gibt, als den Staub der Furche und die Aehre, die aus ihm emporwächst, damit er in dem Streben nach dem Nüglichen auch des Schönen und Guten gedenke, und von dem niedern Boden zu dem Höhern sich erhebe.

Also redete der edle Pfarrherr. Aber den fargen. Ackermann verdroß die Rede und er ging mit finsterer Stirn von dannen.

Denn die gute Lehre des weisen Mannes dünket dem bösen Herzen ein herber Spott, und ist ihm eine bittere Wurzel.

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In der grauen Urzeit wandelte eine Schaar Menschen aus ihren alten Wohnsigen und zog hernieder in das Land, welches der Nil durchströmt. Sie freuten sich

des herrlichen Stromes und seines lieblichen Gewässers und bauten Wohnungen an seinen Gestaden. Aber bald stieg aus seinen Fluthen das gewaltige Unthier, Krokodil genannt, und zermalmte Menschen und Thiere mit furchtbarem Gebiß. Da fleheten die Menschen mit lauter Stimme zu ihrem Gott Osiris, und baten ihn, sie von dem Ungeheuer zu befreien. Aber Osiris antwortete durch den Mund der weisen Priester und sprach: Ist es nicht genug, daß die Gottheit euch Kraft und Verstand verlieh? Wer sie um Hülfe anruft, ohne die eigene Kraft anzuwenden, flehet vergebens!

Nun ergriffen sie Schwerter und Stangen, und bestürmten das Ungeheuer in seiner Schilfwohnung; sie errichteten Schuhwehren und Dämme, und vollendeten in wenig Lagen Werke, die sie vorher sich nicht zuge= traut hatten. Und so wurden ste der innern verborgenen Kraft sich bewußt, welche in spätern Zeiten die gewaltigen Pyramiden und Spizsäulen gründete, und sie erfanden manche Kunst und manches Geräthe, die ste noch nicht gekannt hatten.

Denn der Kampf mit dem Feindseligen weckt und stärket die schlummernden Kräfte des Menschen.

Aber noch fehlt es den Nilanwohnern an Werkzeugen, um das bepanzerte Ungeheuer in seinen Fluthen völlig zu bestegen. Sie konnten es nur auf kurze Zeit zurückdrängen, und hiermit begnügten sie sich.

Allmählig aber verließ sie der Eifer des Widerstandes. Das Unthier wuchs und vermehrte sich, auch wurde seine Wuth je länger je furchtbarer. Da beschloß das thörichte und erschlaffende Volk, das Krokodil als Gottheit zu verehren. Man brachte freiwillig ihm fette Opfer, und das Ungeheuer ward mächtiger als je, aber das Volk versank in Stumpfsinn und Feigheit.

Endlich bricht der überspannte Bogen, und den Tyrannen erreicht die Rache. Osiris nahm sich der Verlassenen an, und ermuthigte sie durch den Mund des weisen Priesters zu neuem Kampfe. Bald erscholl das Gestade von dem Rufe der Streiter, und der Strom ward roth von dem Blut der Erschlagenen. Schon be= gannen die Kämpfer zu ermüden, da flehete der Priester und das bedrängte Volk Ostris um Hülfe an, und die Gottheit erhörte ihr Flehen. Ein kleines Thier,

Tezerdah*) genannt, erschien an dem Ufer des Nilstroms. Seht, rief der Priester, hier sendet Osiris euch Hülfe. Wie! spottest du unser? rief ihm die Schaar des Volkes entgegen.

Da antwortete der Priester und sprach: Harret des Ausgangs und vertrauet der höheren Macht. In ihrer Hand vermag das kleinste Mittel die größte Noth zu enden!

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*) Gewöhnlich Ichneumon, over Pharaonsmaus.

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