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Da segnete ihn der Vater und verschied und ward begraben. Der Sohn kehrte aber zu seinen Gesellen zurück und lebte, wie zuvor, luftig und in Freuden.

Wenn nun der Abend kam, so gedachte er seines Gelöbnisses, und das Bild seines sterbenden Vaters mahnte ihn, es zu halten. Im Anfang wurd' es ihm läftig, alleine zu sein, denn es deuchte ihm still und einsam und eine Furcht wandelte ihn an. Doch überwand er sich selbst um seines gegebenen Wortes willen, und dachte, zween Monde werden wohl vergehen.

Aber stehe, nun gingen ihm die Augen auf über seinen Wandel; sein Herz verklagte ihn und die Furcht des Herrn ergriff seine Seele, und er schlug in sich und weinete und wurde ein anderer Mensch.

Sin

158.

Der Kuhhirt.

in Knabe weidete ein Rind auf einem Grasplaz neben einem Garten. Als er nun in die Höhe sah nach einem Kirschbaum, merkte er, daß einige reife Kirschen darauf saßen, die glänzten ihm röthlich entgegen, und es gelüstete ihn, ste zu pflücken. Da ließ er das Thier und kletterte auf den Baum.

Die Kuh aber, da ste den Hirten nicht sah, ging davon und barst in den Garten, und fraß Blumen ́ und Kräuter, nach ihrem Gelüst, anderes zertrat ste mit den Füßen.

Als der Knabe solches sah, ward er sehr entrüstet, sprang von dem Baum auf die Erde, lief hin, ergriff das Rind und zerschlug und schmähete es jämmerlich.

Da trat der Vater, der alles gesehen hatte, zu dem Knaben, und sah ihn ernstlich an und sprach: Wem gebühret solche Züchtigung, dir oder dem Thiere, welches nicht weiß, was rechts oder links ist? Bist du minder deinem Gelüfte gefolgt, als das Thier, welches du leiten solltest? Und nun übest du solch ein unbarmherzig Gericht, und vergissest deiner Vernunft und deiner eigenen Sünde...

Da schämte sich der Knabe und erröthete vor dem Bater.

159.

Der Libanon.

Simeon, ein Lehrer in Israel, führte einen heiligen Wandel vor Gott, also daß man im Lande sagte: Schlecht und recht, wie Simeon. Aber noch höher rühmten die Menschen die Demuth seines Herzens. Denn seine Seele war, wie eines Kindes, voll Unschuld und Einfalt.

Als nun eines Tages seine Jünger und Freunde ihn hoch lobeten um seines heiligen Wandels willen, und daß man keines Fehls an ihm gewahren könne, da ereiferte sich Simeon im Geist über solche Reden und sprach: Niemand ist gut, denn Einer; wie wollet ihr mich gut nennen!

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Da wunderten sich alle und verstummten; einer aber that seinen Mund auf und sprach: Wenn ein Mensch sein Lebenlang vor Gott gewandelt hat, warum soll er sich dessen nicht freuen, wie einer, der auf einer Höhe steht, nachdem er den steilen Weg überwunden hat?

Da antwortete Simeon und sprach: Ich will euch eine Geschichte meiner Jugend erzählen. Da horchten alle, und der Greis erzählte, wie folget:

Aus meines Vaters Wohnung schauet man von ferne den Libanon und die Cedern auf seinem Gipfel, und ich hörte oftmals meinen Vater und die Freunde. reden von der Höhe des Gebirges und von der Herrlichkeit des Cedernwaldes auf seinem Haupte.

Solches Lob konnt' ich nicht fassen, und ich nahm ein Blatt, und zeichnete darauf den Libanon und die Cedern, und gab es dem Vater und sprach: Siehe, mein Vater, den Libanon und die Cedern auf seinem Gipfel. Wie könnet ihr so viel davon rühmen; er scheinet ein Hügel, und seine Bäume wie ein Gesträuch auf dem Hügel. Mein Vater aber lächelte und schwieg,

und er bewahrte das Blättchen.

Bald darnach sprach mein Vater: Nimm deinen

Stab, Simeon, wir wollen zu dem Libanon. Und wir

gingen einen Tag und mehrere Tage.

kamen, desto höher ward das Gebirge.

Je näher wir

Und als wir nun zulezt in der Nacht ausgingen, und auf das Gebirge kamen, und die Nebel sanken und der Tag anbrach, da sah ich seine Höhe und die Bäume des Herrn auf seinem Gipfel. Da erstaunte ich und erschrack.

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Mein Vater aber zog das Blatt hervor, und sprach zu mir: Nun miß deine Größe und dein Gebilde an dem

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Libanon und seinen Cedern. - Da schämte ich mich sehr, und mir glüheten die Wangen.

Nach diesen Worten erhob sich der Greis und sagte mit freundlichem Anblick: Ich bin nun auch einige Tagereisen gewandelt, und der Herrlichkeit des Herrn näher gekommen

Darauf schwieg er, und auch seine Jünger und Freunde verstummten, und fragten Simeon nicht fürder über seine Demuth.

- 160.

Der Sternseher und sein Kind. Ein Sternkundiger, ein hochgelehrter Mann, hatte die ganze Nacht auf der Warte zugebracht, den Lauf der Gestirne zu beobachten. Am Morgen trat er in das Gemach des Hauses, sein Weiß zu begrüßen; er trug eine Rolle unter seinem Arme, und seine Augen lenchteten vor innerer Freude und hohem Selbstgefühl.

Siehe hier, sprach er, und schlug die mit einer Menge Ziffern und Zeichen erfüllte Rolle auseinanderstehe hier die Frucht einer segensreichen herrlichen Nacht! Welch eine Wissenschaft, die es vermag, dem zahllosen Heer des Himmels seine Bahnen vorzuzeichnen, von denen es nicht abweichen darf weder zur Rechten noch zur Linken, und die Höhe der Mondgebirge zu messen. Und welch' ein Gefühl, solcher Wissenschaft Meister zu sein!

Da er nun also redete zu großer Bewunderung seines Weibes, faßte ihn sein Söhnlein bei der Hand, unterbrach seine Rede und rief: Vater, Vater! Er aber wehrete dem Kinde und sprach: Sei stille, mein Söhnlein!

Das Knäblein aber hörete nicht auf, sondern zerrete den Vater und rief: Siehe doch, Vater! Da wandte der Vater sich um, und das Knäblein zeigte auf die Uhr an der Wand, und sprach: Ich weiß schon alle Zahlen auf dem Zifferblatt, und nun stehet der Weiser auf steben. Dabei nickte das Knäblein sehr ernstlich mit dem Kopfe und sahe den Vater an.

Da lächelte die Mutter; desgleichen auch der Vater, wickelte die Rolle zusammen und sprach: Wahrlich, der Knabe ist mein Meister.

161.

Davids Harfe.

Eines Tages saß David, der König von Ifrael, auf

der Höhe von Sion; seine Harfe ruhete vor ihm und er lehnte sein Haupt auf die Harfe.

Da trat der Prophet Gad zu ihm und sprach: Wem sinnest du nach, mein König?

David antwortete und sprach: Meinem ewig wechselnden Schicksal. Wie viele Dank und Freudengesänge, aber auch wie viele Trauer- und Klagelieder hab' ich dieser Harfe gesungen!

Sei du gleich der Harfe, sagte der Prophet.

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