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Wie meinest du? fragte der König.

Siehe, antwortete der Mann Gottes, dein Schmerz wie deine Freude entlockte der Harfe himmlische Löne und beseelte die Saiten. So bilde Leid und Freude dein Herz und Leben zur himmlischen Harfe.

Da erhob sich David und griff in die Saiten.

162.

Afsaph und Heman.

Affaph, einer der heiligen Sänger auf Zion, saß gegen

Abend auf der Zinne seines Hauses und schauete die untergehende Sonne, und sein Antlig erglänzte röthlich in ihren Strahlen. Da stieg Heman zu ihm hinauf, auch einer der Sänger des Heiligthums, und grüßte Affaph. Zugleich aber lächelte Heman und sprach: Siehe, dein Angesicht glänzet, wie Mohseh des Mannes Gottes, da er von Sinai herniederstieg. Das stehet dir wohl an, Assaph; denn so erscheinet dein Aeußeres gleich deinem inwendigen Menschen.

Da sah Afsaph seinen Freund an und sprach: Wie meinest du, Heman?

Und Heman antwortete und sprach: Bist du nicht immer heiter und fröhlich, und dein Angesicht bleibet stets dasselbe, klar wie das Antlig des Himmels, obwohl du so manches erduldet. O lehre mich diese Kunst, Affaph! Da redete Assaph und sprach: Siehe, Heman, ich habe einen Freund, den meine Seele liebt. Obwohl er

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ferne scheinet, so ist er doch immerdar mir nahe und erfüllet meine Seele. Mit ihm theile ich jeden Gedanken und jegliche Empfindung meines Herzens. Ich er= kenne ihn in der Morgenröthe und Abendröthe, ja ich sehe ihn in jeder Blume des Feldes, und spüre seinen Odem in dem Säuseln des Windes.

Aber, fragte Heman, wenn die Trübsal sich nahet?

Und Afsaph antwortete und sprach: O Heman, ich halte mich zu meinem Freunde; er ist mein Trost und seine Liebe erhebet meine Seele. Siehest du, wie die sinkende Sonne drüben das schwarze zackige Gewölk vergoldet ?

163.

Attalus und Meno.

In der Gegend von Antiochia in Syrien lebten zwei Familien von Alters her in bitterer Feindschaft, welche die Söhne von den Eltern ererbt hatten. Die beiden Hausväter Attalus und Meno fügten einander, jedes Herzeleid zu, wie ste vermochten, und ihre Erbitterung wuchs mit jeglichem Tage.

Meno aber hatte einen Sklaven, der war ein Jünger des Herrn und wandelte würdiglich dem Evangelio, und war getreu in allen Dingen, also daß Meno ihn lieb gewann und über sein ganzes Hauswesen sezte. Und in allem, was Silas so hieß der Sklave that, war Gott mit ihm und segnete das Haus seines

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Herrn um seinetwillen. Deßhalb unterredete Meno sich oft mit seinem Hausvogt, und dieser gewann sein Herz also, daß er gläubig wurde und sich taufen ließ auf den Namen des Herrn.

Von nun an wurde Meno ein ganz anderer Mensch denn zuvor, und redete kein böses Wort von Attalus, seinem Feinde, obwohl dieser ihn noch mehr haßte und verfolgte, und ihm täglich neues Herzeleid zufügte.

Durch solche Sanftmuth ward Attalus noch mehr erbittert, und er dingete böse Menschen, die mußten Meno's Garten verwüsten in der Nacht, und seine schönsten Bäume zerstören, die er selbst gepflanzt hatte und besonders werth hielt.

Da traten Meno's Freunde zu ihm und sprachen: Wirst du das ungerochen lassen, so wird er noch Schlimmeres beginnen.

Meno aber antwortete ihnen und sprach: Die Bosheit ist bei Nacht geschehen, er wird sie leugnen. Mir aber dienet es zur Uebung in der Geduld. Hat mich doch früherhin derselbe Geist erfüllt.

Bald darnach brachten die Freunde zween von den bösen Buben, die Attalus erkauft hatte, den Garten zu verwüsten, und die Freunde sprachen: Diese haben es gestanden, nun kannst du die Strafe an ihm nehmen. Aber Meno antwortete: Ich habe ihm vergeben, und will der Bitterkeit in meinem Herzen nicht Raum lassen, obwohl es mich schmerzet um der Bäumchen willen. Darüber zürnten Meno's Freunde.

Einige Zeit nachher ward das Haus des Attalus von einer heftigen Feuersbrunst ergriffen. Meno eilte mit allem seinem Gesinde herbei und rettete zwei Kinder

feines Feindes aus den Flammen. Darauf trat er zu Attalus, reichte ihm die Hand und sprach: Ach, laß nicht ferner Feindschaft sein zwischen mir und dir, und zwischen meinem Hause und deinem Hause. Und Meno erbot sich ihm zum Beistande bei dem neuen Bau seines zerstörten Hauses.

Aber Attalus wandte sich hinweg und ergrimmte im Geist und sprach: Die Feuersbrunst ist Meno's Werk! und viele glaubten seinen Worten.

Solches betrübte das Herz des Mannes über die Maßen, und seine Freunde sprachen: Laß den Bösewicht, und übergib ihn dem Satan!

Meno aber sagte: Er ist ein Mensch und trägt ein zerrissenes menschliches Herz in seinem Busen. Ich will ihm nicht fluchen.

Nach einiger Zeit verlor Attalus sein ganzes Vermögen, und ward sehr arm und litt Noth mit Weib und Kindern, und Attalus selbst ward krank vor Noth und Kummer.

Da faßte Meno ein Herz und ging wieder zu ihm und sprach: Ach, Attalus, laß nicht ferner Zwiespalt sein zwischen mir und dir, sondern laß uns einander die Hände reichen, bevor sie erkalten. Siehe, was mein ist, sei auch dein! So laß uns brüderlich mit einander wandeln.

Als Attalus diese Rede vernommen, sah er Meno an mit hohlen Augen und verzerrete sein Angesicht und wandte sich hinweg. Sein Weib und die Kinder aber weineten, und Meno weinete auch.

Da verhöhneten Meno seine Freunde und sagten : Jezt hat sich dein Herz an dem Unwürdigen erschöpft; was wirst du ferner an ihm thun?

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