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theurer Großvater; soll ich dich nicht einmal in den Garten führen?

Da lächelte der Greis abermals und sprach: Wenn du mir auch dein Gehör leihen könntest; was hälf es mir sonst, so du mich hinführteft. Darnach sagte er: Gehe du nur wieder hinaus, Hermann; aber bringe mir die kleine Trude, daß jemand bei mir sei in der dunkeln Kammer. Da sagte der Jüngling mit bes trübter Stimme: Ach, liebster Großvater, Trudchen ist ja nicht daheim.

Wo ist sie denn, das liebe Kind? fragte der Greis, und der Jüngling rief mit erstickter Stimme: Sie ist ja seit drei Monden begraben.

Da lächelte der Greis und weinete zugleich und sagte: Ach ja! So ist ste doch daheim und es ist Zeit, daß ich ihr folge.

Als die Muttes des Hauses, die Tochter des Greises, welche zu den beiden in die Kammer gekommen war, solches hörte, fiel sie dem blinden Vater um den Hals und nezte seine Wangen mit ihren Thränen, und Hermann weinte auch und faßte die Hand des Greises.

Da erhob sich der Greis und sagte: Kindlein, be kümmert euch nicht, und lasset euch das nicht irren, daß mir die Welt und die Zeit verschwunden sind, und ich abermals zum Kinde worden bin. Sehet, ich stehe an der Schwelle der Ewigkeit, und mein Angesicht ist dem Vaterhause zugewendet. So verliert sich allmählig aus meinem Blicke die Gestalt des Zeitlichen und des Pilgerpfades. Droben werde ich ja neu und anders schauen.

179.

Der Weizenhalm.

Ein Vater hatte mit seinem Sohne ein hohes Gebirg erstiegen; hier sahen sie die Sonne aufgehen in herrlichem Glanz, und vor ihnen lag das Meer und die unermeßliche Ferne. Auch sahen sie ein Gewitter um die Mitte des Berges und der Donner rollte zu ihren Füßen.

Alles dieses ergriff das Gemüth des Jünglings der= gestalt, daß er die Herrlichkeit des Schöpfers laut_ver= kündete. Der Vater aber schwieg.

Als sie nun wieder in das Thal herniederstiegen, pries der Vater die wogenden und wallenden Kornfelder und ihren erfreulichen Anblick. Da sprach der Jüngling: Wohl, mein Vater; aber seit wir droben auf dem Berge gewesen, will mir alles andere dagegen nur klein und unbeträchtlich erscheinen. Da lachte der Vater über ihn, und sprach: Nun, da bist du selbst kleiner herab als hinaufgestiegen, und dein Auge hat sich verengt, statt sich zu erweitern. Solches ist nicht meine Absicht gewesen.

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Diese Worte betrübten den Jüngling und er sprach: Aber, mein Vater, die unermeßliche Aussicht aufgehende Sonne - das Wetter zu unsern Füßen! Welche Zeugen des Allmächtigen!

Ich weiß wohl, sagte darauf lächelnd der Vater, du bist ein Jüngling . . . Von außen durch die erschütterten Sinne kamen dir die Zeugnisse des Ewigen.. Aber höher stehet, wem dieses Zeugniß im Herzen wohnt. Dem schärfet sich auch das leibliche Auge, daß er dieses,

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und noch viel mehr, wenn er will, in dem einzelnen Halme schaut.

Der Jüngling ging schweigend neben dem Vater, und dachte dem nach, was er gesagt hatte. Darauf sagte er: Vater, lehre mich das!

Darauf zog der Vater einen Weizenhalm aus dem · Acker und sprach: Zeigen kann ich es wohl, aber nicht geben. Der Herr allein machet das Herz gewiß, und erhellet das Auge. Siehe, aus verwesendem Körnlein erwuchs dieses Leben. Wer hat dieses Wunder zum Geseze gemacht? Siehe, daß ohne zu brechen der zarte Halm sich erhübe und die Aehre trage, stüßen ihn diese einfache Knötchen; so wogt das Gefilde. Und nun schaue das nährende Brod in dem Meere der goldnen Aehren . . . Aber wozu dem kindlichen Herzen das Zählen und Messen?

180.

Die Lehre der Natur.

Unter den Jüngern Hillel, des weisen Lehrers der Söhne Israel, befand sich einer mit Namen Saboth, den verdroß jegliche Arbeit, also daß er sich dem Müsstggang und der Trägheit ergab. Hillel aber war bekümmert um den Jüngling und beschloß, ihn zu heilen.

Zu dem Ende führte er ihn hinaus in das Thal Hinnon bei Jerusalem. Daselbst war ein stehendes Ge

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Also geschah es; Saboth ward ein thätiger Jüng= ling. Da führte ihn Hillel in ein fruchtbares Thal, an die Ufer eines klaren Bachs, der in lieblichen Windungen zwischen fruchtbaren Bäumen, blumigen Wiesen und dunklem Gebüsch dahin strömte. Siehe hier, sagte darauf der Greis zu dem erfreuten Jüngling, das Bild deines neuen thätigen Lebens. Die Natur, die dich

gewarnt hat, mag auch nun dich belohnen.

Ihre Anmuth und Schönheit kann nur den erfreuen, der in ihrem Leben sein eigenes schauet.

181.

Der Ruhetag.

Wozu, sprach Samma der Jüngling zu seinem Lehrer, bedurfte der Ewige des Dienstes der Menschen? Wozu die Feier des Sabbathtages? Nur dem rohen Menschen ward ste zur Zucht geboten. Ist nicht der eine Lag dem. andern gleich? Jeden erleuchtet das Licht der Sonne.

Der Rabbi aber antwortete und sprach: Als die Söhne Israel zurück gekehrt waren aus der Verbannung in das Land der Verheißung, da lebte an den Gränzen des Landes Mesopotamia ein Ifraelit, Namens Boni, ein Levit und weiser Mann, sammt Weib und Kindern.

Und der Engel des Herrn trat zu ihm, in Gestalt eines Boten des Königs Arthafasta, und sprach: Mache dich auf, du und dein Weib und Kinder und deine Knechte und Mägde, und ziehet hin in das Land eurer

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