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und betrachtete das Innere mit großer Aufmerksamkeit. Da trat der Vater hinzu.

Wem sinnest du denn so ernsthaft nach, mein Kind? fragt er. O mein Vater, sagte der Kleine, ich möchte so gerne wissen, wie die Knospe es macht, daß sie eine Rose wird, und deshalb hab' ich sie gepflückt Aber ich sehe nur kleine unansehnliche Blättchen voll Falten und Runzeln. Möcht ich sie nur nicht verlegt haben!

und auseinander gefaltet.

Das schadet nichts, mein Kind, erwiederte der Vater, die Natur hat für Ueberfluß gesorgt.

Sie bedachte nicht nur unsere Bedürfnisse, sondern auch unsere Freuden und Wißbegierde. Du hast doch wenigstens gelernt, daß es nicht so leicht sei, in ihre Geheimnisse zu dringen.

Aber ich bin um nichts verständiger dadurch gewor den, sagte der Knabe.

Wenn auch nicht, antwortete der Vater. Du hattest doch den aufrichtigen Vorsag, dich zu belehren. Ein guter Vorsag ist ja schon an sich etwas Gutes. Der Erfolg hängt nicht immer von dem Menschen ab. Und gelingt auch dieser, so bleibt der gute Wille doch immer das Beste.

Nach einer Pause sagte der Knabe mit bescheidener Wißbegierde: So sage du mir es denn, lieber Vater, wie die Knospe zur Blume sich bildet?

Da antwortete der Vater: dir nur in drei Worten fagen, Knospe nimmt zu an Größe, bis zu ihrer Vollendung. wenig, wie du!

Mein Kind, ich kann was geschiehet: die Schönheit und Anmuth Alles andere weiß ich so

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Die Natur gibt uns das vollendete Schöne: aber sie verbirgt die Hand, mit welcher sie es hervorbringt und darreicht.

Da nahm der Knabe von neuem das abgebrochene Knöspchen und sagte zum Vater: Wenn die Knospe sich selbst so schön zu bilden vermag, schöner als alles, was die Menschen machen, warum kann sie sich denn nicht einmal gegen den schwachen Finger eines Kindes schützen? Warum vermag sie zugleich so viel und doch auch so wenig?

Sollte sie denn wohl sich selber gebildet haben, Wilhelm? fragte der Vater, und sah den Knaben mit freundlichem Ernst an.

O gewiß, antwortete der Knabe

die Blumen haben wohl auch wie ich eine Mutter und einen Vater, der sie nähret, verpflegt und aufziehet!

Einen Vater mit uns!

erwiederte gerührt der Vater des Knaben, aber wir sehen ihn nicht, wir empfinden nur seine Macht und seine Liebe in uns und um uns her!

So sprach er. Da ward es dem Knaben eigen im Gemüthe. Denn der Vater hatte ihm ein Kleinod in das Herz gelegt.

Aber

Und von nun an betrachtete er den Rosenbusch und die Blumen des Feldes als stille, brüderliche Wesen, und nahm zu an Alter, Weisheit und Anmuth. der Vater behielt die Worte des Kindes in seinem Herzen, und erzählte sie der zärtlichen Mutter des Knaben.

Wie liegt doch, sagte die Mutter, der unschuldigen Einfalt die höchste der Wahrheiten so nahe!

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23.

Das Storchenneßt.

Ein Philosoph bemerkte ein Storchenneft auf dem Dache eines ländlichen Hauses. Er trak zu dem Landmann und sprach: Wie könnt ihr es dulden, daß die Thiere über euern Häuptern wohnen? Wer wollte die gutmüthigen Gäste verjagen, sagte der Landmann, wiffet ihr nicht auch, daß sie dem Hause Segen bringen? - Ueber euern Aberglauben! versezte der Philosoph und Lachte. Nun, sagte jener, mag es auch Aberglauben sein, so liegt doch darin ein Segen, wenn der Mensch und wäre es auch nur an einem zutraulichen Thiere lernet die Gastfreiheit üben.

Da sprach der Philosoph: Der Storch, die Schwalbe und die Blindschleiche *) dürfen frei bei euch einkehren, warum verfolget ihr denn die Natter, den Hühnergeier und den Marder? Wie? erwiederte der Ackermann, sollten wir denn gar das Boshafte verehren, und von der Pflege des Schädlichen Segen erwarten?

Der Philosoph ging und sagte: Sonderbar, daß selbst noch in den Irrthümern der Menschen die heilige Stimme des Herzens dem, der ein Ohr für sie hat, ertönet und noch sonderbarer, daß man sich nicht

erwehren kann, auch hier sie hochzuachten!

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