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Seele wie die Ehre des Nächsten verlegt. Schweig aber nicht blos, wenn Andere durch böse Nachreden herabgesezt werden, sondern fahr solchen Lästerzungen über den Mund und frag sie ernstlich, ob sie gar keine Fehler hätten, daß sie so gern auf Andre Koth wärfen; und nimm dich um die Gelästerten tapfer an, wie wenn es deine eigne Ehr beträfe. Ein jeder Mensch hat doch auch noch einen guten Fleck; diesen kehre an deinem Nächsten liebevoll heraus, dadurch erweisest du ihm einen Dienst und kostet dich nichts.

Das kostbarste Almosen ist es aber, wenn du eine Seele, die schon im Versinken d. h. im Laster schon halb versunken ist, herausziehst und zum Umkehren bringst. Du kannst z. B. einem Bruder, einem Freund, einem Bekannten, den der Satan am Strick der Sünde, wie der Megger das Kalb, dem Verderben zuführt, so lang freundlich, herzlich und dringend zureden, bis er in sich geht, den Strick der Sünde zerreißt und ein andres Leben probirt.

Dieß sind nun die drei vorzüglichsten guten Werke: Beten, Fasten, Almosengeben. Laßt uns also, meine Christen! Gutes thun und uns durch gute Werke vorbereiten auf die Ankunft der gnadenreichen Geburt unsers Herrn und Heilands Jesu Christi. Amen.

Frühlehre auf den Sonntag nach Weihnachten.

Wann es erlaubt und wann es unerlaubt sei, sich den Tod zu wünschen.

Nun, o Herr, entlasseft Du Deinen Diener im Frieden." Luc. 2, 29.

Das heutige Evangelium erzählt uns von der ersten Darstellung Jesu im Tempel zu Jerusalem. Diese Begebenheit hat sich aber erst sechs Wochen nach Christi Geburt, am Lichtmeßtage, bei der Reinigung Mariä zugetragen. Die katholische Kirche laßt uns aber von dieser Begebenheit schon am ersten Sonntag nach Weihnachten etwas vorlesen, damit wir die Geburt unseres göttlichen Erlösers nicht gleich wieder vergessen, sondern länger daran denken und öfter mit einander davon reden sollen.

Als nun Maria und Joseph mit ihrem Kind in den Tempel nach Jerusalem gingen, kam plöglich ein alter Mann daher, mit Namen Simeon. Dieser nahm der Mutter das Kind aus den Armen, nahm es auf seine Arme, frohlockte und sagte: „Nun, o Herr! entlassest Du Deinen Diener im Frieden, denn meine Augen haben Dein Heil gesehen, welches Du im Angesicht aller Völker aufgestellt hast.“ Diese Worte heißen so viel, als: „Nun wünsche ich

zu sterben, weil ich erlebt habe, was ich mir schon lange gewünscht habe.

Hieraus entsteht nun die Frage: Darf man sich den Tod wünschen? Es ist leicht einzusehen, daß es erlaubt sei, sich den Tod zu wünschen, wenn es dem Willen Gottes gemäß ist, daß wir sterben; denn das wollen, was Gott will, ist ja erlaubt und gut. Aber sich den Tod wünschen aus Kleinmüthigkeit, aus Verzagtheit und Trostlosigkeit, oder weil uns Alles in der Welt zuwider ist, und weil man nicht Herz genug hat, sich in den Willen Gottes zu ergeben; das ist gewiß sündhaft, weil wir gegen den Willen Gottes und gegen unsern eignen Nugen handeln, wie ich heute zeigen werde. Hört mich!

1.

Der alte fromme Simeon im heutigen Evange= lium hat sich den Tod gewünscht: Herr, entlasse deinen Diener in Frieden!" Der h. Apostel Paulus hat sich gewünscht aufgelöst zu werden und bei Christo zu sein. Beide haben es aber nur aus Liebe zu Gott gethan, und nicht, weil ihnen das Leiden auf dieser Welt zuviel war, sondern weil sie gern mit Gott vereinigt gewesen wären. Uebrigens waren fie doch auch bereit, so lang noch zu leben, als es dem Herrn gefiele. Auf eine solche Weise darfst du dir, mein Christ! den Tod schon wünschen.

Dreer, Frühlehren. III.

3

„Herr!" darfst du sagen,

ich sehe wohl vorher, wenn ich noch länger lebe, werde ich dich immer wieder beleidigen. Ich wünsche je eher je lieber bei dir zu sein. Wenn ich aber auf der Welt noch leben soll, so will ich auch so lang leben, als du willst." So ein Wunsch ist gut und nicht sündhaft.

Aber so sind diejenigen nicht beschaffen, die sich oft den Tod wünschen. Sie verlangen nur zu sterben, damit sie Gott von ihrem schweren Kreuz, von ihrer großen Trübsal, von ihrem nagenden Kummer und Elend, von ihrer drückenden Armuth und Noth, von ihrer schmerzlichen und langwierigen Krankheit befreie. Wenn ihnen Alles so ginge, wie sie es wünschen, da würden sie gar nicht daran denken, sich den Tod zu wünschen; da wäre es ihnen recht lieb, so lang zu leben, als es nur möglich wäre, und der Tod würde ihnen noch allemal zu früh kommen. Sie wünschen also nicht aus Liebe zu Gott, aus wahrer Begierde nach dem Himmel zu sterben, sondern nur aus Zaghaftigkeit und Kleinmuth, und dieses ist sündhaft.

Der ungeduldige Prophet Jonas wünschte sich den Tod, weil ihn die Sonnenhiße zu sehr plagte. Und Gott der Herr zeigte sein Mißfallen über die Traurigkeit des Propheten. Du thust das Nämliche und beleidigst Gott auch, wenn du vor der Zeit zu sterben wünschest. Du glaubst, Gott verstehe die

Sache nicht recht, weil er dich leiden läßt, er schicke dir mehr Kreuz als dir zugehört, er denke nicht an dich und lasse gleichwohl andere Leute mit dir machen, was ihnen beliebt. Und darum, weil dir Gott nicht so hilft, wie es dir in den Kopf kömmt, weil er nicht gleich hilft, wann du dir's einbildest, willst du dir selbst helfen und wünschest dir den Tod. Ist aber das nicht ein sicheres Zeichen, daß du kein Vertrauen auf Gott hast? Nur derjenige, der zweifelt, ob ein Gott sei oder ob sich Gott auch um die Regierung der Welt annehme, kann sich den Tod wünschen, ein Andrer aber nicht, der glaubt, daß ohne Gottes Willen oder ohne seine weise Zulassung durchaus nichts geschehe. Ein solcher Mensch wird mit Vertrauen auf Gott geduldig warten, bis es Gott gefällt, ihn von seinem Kreuz und Leiden, von seinen Mühsalen und Widerwärtigkeiten zu befreien, und ein Solcher wird sich nicht gleich zu sterben wünschen.

Wenn dir aber Gott, mein Christ! deinen unsinnigen Wunsch angehen ließe, was würde dann öfter geschehen? Mitten im Kreuz und Leiden rufst du auf: „Wenn ich nur sterben könnte!" Wenn dich aber Gott gleich sterben ließe, wäre es dir recht?

, wenn es Ernst ist, da besinnt man sich ganz anders. Da würdest du vielleicht wieder anhalten,: daß dich Gott noch länger leben lasse, und es würde:

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