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in feinen eignen Gedichten die Volksidylle und das Ländliche am besten gelingt; Bürger die Ilias, weil ihn sein Feuer, und die Energie feines Geistes und feiner Sprache vor andern dazu berechtigten. Zur Zeit als diese und andere Schriftsteller zuerst darauf dachten, fremde Genieprodukte auf unsern Boden zu verpflanzen, da sahen sie vor allen darauf, den begeisternden Eins druk, den das Original auf sie gemacht hatte, in ihre Nachbildung zu legen: in unsern Tagen, wo freilich die goldne Periode deutscher Poesie abgerollt ist, hängt man sich mehr an die Form, als an den Jnnhalt; mehr an die gleissende Hülse, als an den geistigen Kern. Um niedliche Jamben, oder einen tanzenden Achtreini herauszubringen, durchwässert man øft das kräftigste Beiwort; lähmt durch leberladung den kühnsten Ges Danken.

Ben welcher von diesen Methoden die Kunst am meis ften gewinne, bedarf keiner Erwähnung. Wir werden feit geraumer Zeit als ob der Zeugungsquell unfrer einheimischen Muse versiegt wäre, mit reimlofen und gereimten Uebersezungen ausländischer Klassiker heims gesucht, die man zum Theil blos in fortlaufende Ko lumnen umjudruken brauchte, um sie ohne Anstoß als gemeine, oder affectirte Prose wegzulesen. Wo einmal der ächte Dichtergeist versiegt ist, da sucht man ihu auch in Uebersesungen vergebens. Die höchst geringe Anzahl meisterhafter Uebersezungen unter allen gebildes tent Nationen, ist ein hinlänglicher Beweis von der Schwierigkeit dieser Kunst. Schon Luther sagt im §. XIII seines herrlichen Briefs vom Dolmetschen:

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Man muß nicht die Buchstaben der fremden Sprache fragen, wie man soll Deutsch schreiben wie die Schulmeister thun: sondern man muß die Mutter im Hause, die Kinder auf der Gaffen, den gemeinen Mann auf dem Markt und in der Schenke darum fragen, und denselbigen aufs Maul sehen, wie sie reden, und darnach dollmetschen; so verstehen sie denn und merken, daß man Deutsch mit ihnen redet. “

Und einer der ersten Schriftsteller unsers Volks fagt? Je mehr ich mich im Uebersezen versuche, desto mehr überzeuge ich mich, daß man nicht nur den Sinn und Geift beider Sprachen vollkommen inne haben, sondern durchaus ein ähnliches Talent mit seinem Originalaus tor befizen müsse, um den empfangenen Eindruk stark und lauter auf seine Leser fortzupflanzen.

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Wenn wir unsern Blik auf die vrganische Natur des Menschen werfen, wenn wir mit ruhiger Ueberlegung seine wunderbare unnachahmliche Maschine untersuchen; wenn wir hiezu die unerförschlichen Wunder einer Seele nehmen, die bald die Tiefen der Erde durchdringt, bald unter den Sternen wandelt: so mischt sich Begeisterung in unser Anschaun; wir stehen im heiligen Entzücken vor diesem Meere, und rufen mit Shakspeare aus: ,,Welch ein Meisterstuk ist der Mensch! wie edel durch seine Vernunft! wie groß durch seine Fähigkeiten! art Gestalt und Bewegung wie vollendet und bewunderna werth! an Thätigkeit wie gleich einem Engel! im Dens fen wie gleich einem Gott! die Schönheit der Welt! das vollkomnienste aller sichtbaren Wesen!" Wenn wir mit dieser erhebenden Gesinnung im Herzen, die täglichen Siege der Finsterniß über das Licht, der Boss heit über die Tugend, der Leidenschaft über die Vernunft mit ansehn: wie schwer fällt uns dann der Gedanke auf

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*). Colle&ion of Effays Edit, 3. : 19 etc.

die Seele: daß so edle Anlagen zu niedrigen Zwekken herabgewürdigt, eine so himmlische Pflanze entweder aus Mangel an Nahrung verwelken, oder aus Mangel an Pflege verschmachten soll.. Und doch, so traurig diese Vorstellung ist, so wahr ist sie! Unter den tausend. Din gen, welche den Menschen von der ihm von der Natur vorgezeichneten Bahn ableiten, richtet vielleicht nichts größern Schaden an, als Trägheit und Müßiggang. Im Gefühl dieser Wahrheit, wollen wir hier das Gute und Vortrefliche des Fleises darzuthun suchen.

Die Zeit, wenn sie übel angewendet wird, artet in etwas aus, das vielleicht noch schlimmer als der Müs-, figgang selbst ist: so daß mithin der Fleis nicht blos in der Anwendung, sondern in einer weisen Anwendung der Zeit besteht, die aus einem innigen Gefühl ihres Nuzens und ihrer Wichtigkeit entspringt.. Um dieser Tugend volle Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen, wollen wir ihr Gegentheil betrachten. Das Licht erscheint uns nie heller und erfreulicher, als wenn das Auge aus der sden Nacht einer düstern Gruft, stuffenweise ins Glanz gebiet des lachenden Mittags übergeht.

Es ist ein alter Spruch: „Wo Satan einen müßig findet, den nimmt er in die Mache;" so daß wenn man auch sonst nichts in Betrachtung ziehen wollte, der Müßiggang schon um deßwillen verdammlich wäre, weil er den Menschen den Fallstriken der Versuchung auss fezt. Der Müßiggang ist schon für sich selbst ein moraEngl. Bl. 4ter Bd.

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lisches Uebel. Schon der Begrif von Tugend führt Mühe und Arbeit mit sich denn alle Vorschriften, die sie giebt, sind in Rüksicht des gegenwärtigen Genusses, der menschlichen Natur durchaus zuwider. Müßiggang ist das vollkommene Gegentheil hievon, oder mit andern Worten: das volle Gegentheil der Tugend. Und auch. hier steht er noch nicht stille: denn so wie der Fleis der Vater aller Tugenden, so ist die Trägheit die Mutter aller Sünden. Da sie weder ein Steuer zum Führer, noch einen Hafen zum Ziel hat; so stürzt sie fessellos mit jedem Winde dahin ein Wasser sonder Bette ein uferløser Strom, der régellos daherbraust, und alles oh. ne Schonung überschwemmt.

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Der Müßiggang ist ein sich selbst zerstörendes Lafter; und gleichwie der Tod alles gleich macht, so hebt auch er ein Bild von ihm allen Unterschied zwis schen dem Genie und dem natürlichen Unvermögen auf. Der weise Sohn Sirachs bestätiget dies durch den Ausspruch:,,Das Verlangen nach Müßiggang tôdete ihn ;~^ und Chrysostomus drüft eben diesen Gedanken so aus: ,,Der Müßiggang, anstatt durch den Nachlaß in allen ,,Geschäften Vergnügen hervorzubringen, tödet und er

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stikt alle Knospen der Freude." Dies zeigt sich noch mehr, wenn man die nahe Verwandschaft dieses Lasters mit der leidigen Aufschiebsucht in Betrachtung zieht. Der Fleis benuzt jeden Augenblik, und achtet die Zeit für verloren, die nicht durch irgend etwas Brauchs

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