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VII.

Eigenliebe. "

Wenn Senn gleich die Eigenliebe eine Leidenschaft ist, wel che nie in einem vortheilhaften Lichte erscheint; so ist sie doch in der Welt so allgemein, daß wir übel thun wür den, wenn wir mit größerer Strenge von ihr urtheilen wollten, als wir selbst zu ertragen geneigt sind. Haben wir Laster oder gefährliche Grundsäze abzuhandeln, von denen wir an uns selbst nie etwas erfuhren; so mögen wir immer die Pfeile des Tadels ohne Schonung, ohne den Verdacht der Heuchelei gegen sie abdrüken. Ziehen wir aber gegen einen Fehler zu Felde, von dem wahrs scheinlich noch kein Sterblicher je gånzlich frei war; so müssen wir entweder die allgemeine Gebrechlichkeit mensch licher Natur dabey in Erwägung ziehn; oder unsre Feh ler zum voraus eingestehen, und unsern Theil an dem allgemeinen Tadel auf uns nehmen. Ein Ausfall gegen die Eigenliebe möchte sonst leicht ein lustiger Beleg der selben seyn, und Fielding giebt in seinem Pfarrer Adams ein bewundernswürdiges Beispiel hievon, wenn

*S. Univerf. Mag. d. I. p. 34. f. W.

er ihn über seine Predigt von der Eitelkeit glof. firen läßt.

Was aber auch immer für eine Dosis von Selbst. sucht der Menschheit im allgemeinen zu Theil gewor den seyn mag; so bemerken sie manche an sich und An dern so stark, daß sie einen Gegenstand nüzlicher Unterhaltung daraus machen, und ihrem Tadel freies Spiel lassen, sonderlich wenn sie selbige so weit getrieben fine den, daß sie Menschen müṛrisch, lächerlich und ungeniess bar macht, von denen wir uns Lust und Unterhaltung versprachen. Selbstsucht wird nur zu oft auf Selbster. haltung, als ihre Quelle zurükgeführt ein edler höchst natürlicher Trieb, der uns durch das Leben beglei tet, und keinen Tadel verdient, wenn sich nicht Habsucht und Ehrlosigkeit an ihn schliest. Nur durch erlaubte Mittel darf der Mensch sein Daseyn oder seine Freiheit zu erhalten suchen,

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Eine Art von Selbstliebe, die im täglichen Leben sehr häufig vorkommt, ist die, daß wir uns mehr Wichs tigkeit beimessen als wir sollten, und daher Andere unter ihrem Werth anschlagen: denn es ist eine alte Bemer kung, daß Niemand eine Tugend auf seine Rechnung schreibt, außer auf Kosten Anderer. Alle Dinge dieser Welt werden durch Vergleichung tarirt, Wer sich für sehr weise hält, nimmt seinen Nachbar für einen Dumma kopf; und ein großer Theil des Vergnügens, was aus dem Reichthum entspringt, leitet seinen Ursprung aus

ber Betrachtung, daß es uns Andere nicht nachthun fönnen.

So groß ist unsre Meinung von unsrer eignen Ein. ficht und Weisheit, daß wir uns häufig wundern, wie Leute irgend glütlich seyn können, die nicht genau so wie wir leben. Und diese lächerliche Ueberschäzung unsrer felbst in Vergleich mit allen die uns umgeben, macht neun Zehntheile der Unterhaltung aus, die man an uns fern Theetischen hört. Was in aller Welt würde Mistreß 3* zu sagen haben, wenn ihr nicht glüklicher Weise noch beifiele, in was für einem abentheuerlichen Aufzug Mistreß Tz * erschienen; was für ein årmliches Mits tagessen Mrs O* gegeben; wie schlecht sich Mrs W* auf die Erziehung ihrer Kinder verstehe; wie tolpisch sich die X. beim Kartenspiel benehme? Und wie sicher und treuherzig host sie nicht unsre Bewunderung auf ihre entgegengesezten Tugenden zu ziehen -- ihren ge, schmakvollen Anzug, ihren eleganten Tisch, ihr musterhaftes Erziehungssistem, und ihr reizendes Benehmen beim Spiel! Kurz, es wird sich bald finden, daß das ' ganze Manoeuvre ein offenbarer Raub war, und daß die chriftliche Lady nur darum für gut fand, ihre Bekann ten um ihre guten Eigenschaften zu bringen, um ihre eigene Liste voll zu machen. Für einen dergleichen Raub giebt es keine bessere Entschuldigung, als die Seilen:

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»Laß ihn nicht wissen, was der Reid ihm stahl,
„Und sieh', er ist gar nicht beraubt,

Es fällt in die Augen, daß wenn diese Ueberschäzung feiner selbst blos auf lächerliche Seiten der Eitelkeit fällt, man sie auch als solche behandeln kann. Aber noch weit schlimmere Folgen ketten sich an fie- ich meine, ein Hang zum Neide, dem Verderber alles Glüks, und zur Tadelsucht, der Quelle von tausend Falschheiten. Nun ist der Neid eine Leidenschaft, die sich so Atuffen. weise ins Herz stiehlt, und wo sie sich einmal festgesezt hat, so schwer wieder auszurotten ist, daß wir vor ih ren ersten Anfällen nie genug auf der Hut seyn, noch uns dankbar genug gegen den bezeigen können, der uns ihren Ursprung von einer Seite zeigt, wo wir sie am wenigsten erwarteten. Die Tadelsucht betreffend, so nähert sie sich, außerdem daß sie das liebloseste aller Las ster ist, mehr als irgend ein anderes dem entschiedenen Hange zur Falschheit. Der Tadelsüchtige sorgt selten das für, eine Tinktur von dem, was man lautere Wahrheit nennt, unter seine gehässigen Schilderungen zu mischen; und wenn man ihn ja überführt, daß es seinen Harans gen durchaus an aller Wahrheit fehle, so wird er eben fo unwillig davon abweichen, als er vorher jeden Widerspruch zu Boden schlug.

Eine zweite schlimme Folge der Ueberschäzung unsrer selbst und der daraus entspringenden Tadelsucht, ist diese: daß wir dadurch allmählig so ganz zur Beobachtung An

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derer hingerissen werden, daß wir weder Zeit noch Neis gung übrig behalten, in uns selbst hineinzuschauen. In der That, da wir in dem Betragen Anderer so man che Veranlassung zu einem stillen Triumph in uns selbst zu finden glaubens so darf man nicht erwarten, daß wir eine so angenehme Beschäftigung so leicht aufgeben wera den. Da wir mithin nie in uns selbst hineinschauen, außer um zu billigen, und nie aus uns heraus, außer um zu radeln; so kann es nicht befremden, wenn unsre Weisheit sowohl bey der einen als der andern Operation, einem Dritten, der uns von einem unbefangenen Stand punkt aus betrachtet, noch seht zweifelhaft scheint. → Lady 3* von einer sehr alten Familie und vielfachent Connexionen, hat es sehr weit in der Kunst gebracht, bey allen andern Menschenkindern (sich selbst ausgenoms men) Fehler zu finden; und da ihr ihr Rang den Zui gang in manche Häuser von Bedeutung öffnet; so fehlt es ihr nie an Gelegenheit, ihr Talent auszukråmen. Was gestern vorfiel, ist heute der Tummelplaz der Une terhaltung. Die Stunde zum Mittagessen fiel zu spåt, oder zu früh; oder was noch schlimmer ist,,,sie konna te sie gar nicht erwarten." Die Tafel war zu reichlich, oder zu sparsam besezt: hier Armuth, dort Ueberladung } die Schüsseln falsch gestellt, oder zu hastig hinweggenome men; zuviel, oder zu wenig Zwischenraum zwischen den Trachten; das Desert kostbar, aber übel gewählt; die Gesellschaft ganz und gar nicht nach ihrem Gefallen; und

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