vere madent udo terrae ac pluvialibus austris, Morborum quoque te causas et signa docebo. turpis ovis temptat scabies, ubi frigidus imber altius ad vivum persedit et horrida cano bruma gelu, vel cum tonsis inlotus adhaesit sudor et hirsuti secuerunt corpora vepres. dulcibus idcirco fluviis pecus omne magistri perfundunt, udisque aries in gurgite villis mersatur missusque secundo defluit amni; aut tonsum tristi contingunt corpus amurga et spumas miscent argenti et sulfura viva 430. hic, in den Sümpfen; der Gegensatz folgt v. 433. 431. improbus, vgl. G. I, 119. 434. asper siti, vgl. Hom. Iliad. XXI, 541. Sall. Iug. 89, 5: natura serpentium, ipsa perniciosa, siti magis quam alia re accenditur. exterritus, geängstigt, zur Wuth entflammt, vgl. oben v. 149. 435. nec steht bei Dichtern öfter in der Bedeutung von et ne, vgl. E. 2, 34. 8, 88. 101. 10, 46. G. II, 96. moll. carp. somn., vgl. Hom. Od. X, 548. 436. dorso nemoris, auf dem waldigen Rücken des Berges, vgl. Hor. sat. II, 6, 91: praerupti nemoris dorso. 437. nitidus iuventa. Ovid. Met. IX, 266: utque novus serpens posita cum pelle senecta. Die Verjüngung reizt den Zorn der Schlangen. 439. linguis tris. Bei schneller Bewegung scheint die zwiespaltige Zunge der Schlangen dreispaltig zu sein, und die Zunge selbst 430 435 440 445 verdreifacht, vgl. Ov. Met. III, 34: 6. Behandlung der Krankheiten des Viehs, v. 440-473. 442. persedit. persidere ist ein lucrezisches Wort, das hier zum letzten Male vorzukommen scheint. 445. magistri, s. oben zu v. 118. 448. tristi, s. zu G. I, 75. 449. spumas arg., Silberglätte, der schuppichte Absatz des silberhaltigen Bleis und des Silbers in der Reinigung. miscent im Sinne von admiscent. So gebrauchen besonders die Dichter viele einfache Verba für die zusammengesetzten, bedienen sich also der allgemeinen Bezeichnung statt der speciellen. Aus den E. und G. des V. gehören hierher: servare st. observare, E. 3, 75. fundere st. effundere, E. 5, 71. venire st. provenire, G. I, 54. II, 11. Idaeasque pices et pinguis unguine ceras scillamque elleborosque gravis nigrumque bitumen. ponere st. deponere, G. II, 14. 403. 449. sulfura viva, natürlicher oder Jungfernschwefel, der auf den liparischen Inseln gegraben wurde. 450. Id. pices, Theer vom phrygischen Ida. pingues ung. cer., Wachs, das viel Fett enthält und dadurch der Salbe Geschmeidigkeit giebt. 452. praesens fortuna laborum, ein wirksames Mittel gegen diese Krankheit, die Räude. 453. potuit rescindere. potuit weist auf den schweren Entschluss hin, die Räudeblattern aufzuschneiden: so deutet posse häufig den inneren Kampf an, den ein Entschluss kostet, vgl. A. IV, 19. 454. tegendo, s. zu G. II, 250. 456. abnegat, aus Verzweiflung an der Wirksamkeit menschlicher Hilfe. Das Verbum abnegare findet sich zuerst bei den Dichtern des august. Zeitalters und ist nur hier und A. II, 637 mit dem inf. verbunden. meliora omnia, vgl. Sall. Vergil I. 6. Aufl. 450 455 460 Cat. 52,29: vigilando, agendo, bene consulendo prospera omnia cedunt. 459. incensos aestus, die glühende Hitze. 460. ferire venam findet sich hier zuerst, später auch bei Colum. VII, 10, in. 461. Bisaltae, ein thracisches Volk um den Strymon. Gelonus, s. zu G. II, 115. 462. cum fug. in Rhod. fugere bez. die Schnelligkeit jener kosakenartigen Völker. Die Bisaltae machten Streifzüge bis zum Rhodope (s. zu E. 6, 30), die Geloni bis in die wasserlose Ebene zwischen der Donau und dem Dniester in der heutigen Niedermoldau (deserta Getarum). Wenn also auch das fugere in Rhod. von den Bis. gesagt wird, so gebraucht Vergil doch im Anschluss an das zunächst vorhergehende Subject den Sing. des Verbums. 463. Unter lac. concretum hat man, wie aus potat hervorgeht, an geronnene Milch zu denken, ebenso Tac. Germ. 23. videris aut summas carpentem ignavius herbas spemque gregemque simul cunctamque ab origine gentem. tum sciat, aërias Alpes et Norica si quis castella in tumulis et Iapydis arva Timavi nunc quoque post tanto videat desertaque regna pastorum et longe saltus lateque vacantis. 460 470 475 Hic quondam morbo caeli miseranda coorta est tempestas totoque autumni incanduit aestu et genus omne neci pecudum dedit, omne ferarum, corrupitque lacus, infecit pabula tabe. nec via mortis erat simplex, sed ubi ignea venis omnibus acta sitis miseros adduxerat artus, rursus abundabat fluidus liquor omniaque in se ossa minutatim morbo collapsa trahebat. Es verräth Schwäche, wenn ein einzelnes Schaf der Hitze, die andere tragen, häufig entweicht. 467. decedere nocti, s. E. 8, 87. 468. Die Rede wird anakoluthisch zu Ende geführt, denn nach dem vorhergeh, quam videris succedere umbrae sollte man welchen Demonstrativsatz erwarten? vgl. A. VIII, 403. culpam. Dem belebenden Dichter erscheint eine solche Erkrankung als vorsätzlicher Frevel, als tückischer Verrath wider die unbesorgte Herde. 470. aequore. Auf dem Meere toben die Ungewitter am stärksten. 472. aestiva, das Vieh in den Sommergehegen. 474-477. Die norische Viehseuche hatte sich vor kurzem in Vergil's Nachbarschaft von den norischen Alpen bis nach Venetia und dem von den Japyden bewohnten Theile von Illyricum (Timavus, s. E. 8, 6) verbreitet. 480 485 475. castella, Meierhöfe und Dörfer im Gebirge. 476. post tanto. Caes. b. Gall. VII, 60: post paullo. Cic. in Cat. III, 5, 11: post aliquanto. Corn. Paus. 3, 1: post non multo. In allen diesen Verbindungen folgt die genauere Zeitbestimmung der allgemeineren. Episode III: Beschreibung der norischen Viehseuche, v. 478–566. Mit dieser Beschreibung ist die Schilderung der Pest zu Aegina bei Ovid. Met. VII, 523-613 zu vergleichen. 479. Die verderbliche Witterung (tempestas) war die Folge eines zu heissen Herbstes. 482. simplex. Nicht einfache Qual führte zum Tode, denn zuerst dörrte Fieberglut den Körper aus, dann löste ein Schleimerguss die Glieder auf. saepe nec responsa potest consultus reddere vates (fluidus liquor) zog auch die noch widerstrebenden (dieser Begriff liegt in trahebat) Knochen in sich (den Schleimerguss) hinein, d. h. auch sie verfielen der Auflösung. 486. Die Seuche begann bei den Schafen; selbst das zum Sühnopfer erwählte, also vollkommen gesund erscheinende Schaf ward plötzlich, während es am Altare stand, von der Seuche befallen. Das Schaf war seiner Sanftmuth wegen die hostia maxima, das grösste Sühnopfer der Flehenden. 487. infula, ein Kopfschmuck, bestehend aus einer breiten wollenen Binde, von welcher zu beiden Seiten des Kopfes Bänder, vittae, herabfielen. Sie war als Erkennungszeichen religiöser Weihe der Hauptschmuck der Priester und wurde als Zeichen heiliger Bestimmung und erhaltener Weihe auch den Opferthieren ums Haupt gebunden. 488. inter cunctantis ministros, während der Vorbereitungen zum Opfer. 489. ante, ehe das Opferthier sichtlich von der Seuche ergriffen war. 490. fibris inde impos., von den Eingeweiden, die von dort, d. h. 490 495 500 vom Opferthiere genommen und auf den Altar gelegt sind. 491. nec responsa potest, weil die Eingeweide schadhaft sind. 492. suppositi. Man bog den Kopf des den unterirdischen Göttern (hier zur Abwendung der Seuche) gebrachten Sühnopfers zur Erde und durchschnitt die Kehle mit untergestelltem Messer; vgl. A. VI, 248. 493. ieiuna sanie, mit magerem Eiter. 498. labitur, nicht: es fällt, sondern: es schwankt (s. z. A. VI, 310), wird hinfällig; so steht labi oft von dem Schwinden der Lebenskraft. infelix studiorum, weil ihm jetzt seine Anstrengungen, die gewonnenen Siegespreise, nichts helfen, vgl. v. 525. Ebenso construirt Sil. Ital. XII, 432: Petilia infelix fidei. Anderer Art ist der Gen. A. IV, 529, s. zu G. IV, 491; vgl. auch zu G. I, 277. 499. fontesque avertitur, es wendet sich ab vom Quellwasser; die Construction ist dem griechischen ἀποστρέφεται τὸ ὕδωρ nachgebildet. Ebenso Stat. Theb. VI, 192: oppositas impasta avertitur herbas; vgl. E. 1, 55. G. III, 383. A. II, 510. III, 284. V, 720. VI, 470. 500. crebra steht adverbial, wie sudor et ille quidem morituris frigidus, aret Lucret. II, 359: crebra revisit. incertus sud., unsteter, d. h. bald warmer, bald kalter Schweiss. ibidem, um die Ohren, also am Kopfe und Halse; Lucret. VI, 1185: sudorisque madens per collum splendidus humor. 502. morit., bei den dem Tode verfallenen; das part. fut. a. steht 1) von dem, der durch das Schicksal wozu bestimmt ist, vgl. G. IV, 458. A. VIII, 375. 2) von dem, der wozu entschlossen ist, vgl. A. IV, 604. V, 565. ab alto, tief aus der Brust, ungewöhnlicher A Ausdruck, Hor. ep. 11, 10 sagt: latere petitus imo spiritus. 506. imaque longo ilia singultu tendunt, sie dehnen die untersten Weichen durch langgezogenes (krampfhaftes) Schluchzen. So bezeichnet der Dichter sinnlich den schweren Athem der kranken Thiere. Für ilia tendere, keuchen, sagte man auch: ilia ducere, trahere. Lucan. IV, 757 bezeichnet densel 505 510 515 520 ben Zustand so: defecta gravis longe trahit ilia pulsus: vgl. auch Stat. Theb. VI, 472: longi suspendunt ilia flatus. 508. premil, verengt, weil sie selbst anschwillt. obsessas und premit erhalten ihre Erklärung durch die Schilderung der attischen Pest bei Lucret. VI, 1146: ulceribus vocis via saepta coibat. Vergil hat in seiner Schilderung überall das Ekelhafte gemieden. 509. latices Lenaeos, s. zu G. II, 4. Wein ward .den Pferden in mehreren Krankheiten mit einem Horn eingetrichtert. 513. errorem steht als milderer Ausdruck st. furorem. 514. nudis, durch Zurückziehen der Lefzen, ein Zeichen der Wuth. 520. non umbrae. Auf dem Heimwege erkrankt und stirbt auch der zweite Stier. Mit v. 520 erweitert sich wieder, wie v. 503, das Gemälde vom Einzelnen auf das ganze Geschlecht. |