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der heiligen Nacht bei der Geburt des göttlichen Heilandes zu Betlehem, welcher wir in dieser Adventzeit immer näher und näher rücken. Merken wir uns wohl die legten Worte, meine Christen! Die Engel haben nicht gesungen, daß Gott an allen Menschen ein Wohlgefallen habe, sondern nur an denen, die gut gesinnt sind, die so denken und handeln, wie es Gott befiehlt. So ein Geburtslied ist noch nie in einem Fürsten- und Königshaus gesungen aber in Christus ganz Wahrheit geworden. Er ist nämlich geboren, Gott zu verherrlichen: „Ehre sei Gott in der Höhe!" Er ist geboren, um die Menschen selig zu machen, die sich selig machen lassen wollen: „Friede den Menschen auf Erde, die eines guten Willens find, die sich bestreben selig zu werden!" So verherrlicht auch ihr Gott! gebt ihm die Ehre in der Kirche und außer der Kirche! Und auch Er wird euch verherrlichen in ewiger Seligfeit! Amen.

Frühlehre auf den dritten Sonntag im Advent. Wir sollen uns nicht für besser halten als wir sind, und Andere nicht für schlechter als sie sind.

„Wer bist Du?“

Joh. 1, 29.

Aus der Erzählung unsres heutigen Evangeliums können wir schon abnehmen, daß in der Stadt Jerusa= lem die allgemeine Sage herumging: draußen in der Wüste sei ein seltsamer Mann, sowohl nach seiner Kleidung wie nach seiner Lebensart. Er müsse entweder der Elias oder ein anderer Prophet, oder wohl gar der Messias selbst sein.

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Um also der Sache auf den Grund zu kommen, schickten die Rathsherrn zu Jerusalem einen Ausschuß an Johannes in die Wüste und ließen ihn fragen: wer er denn sei. „Wer bist du?" frag= ten ihn die Abgesandten. Wir müssen ja denen, die uns gesandt haben, eine Antwort zurückbringen." Johannes gab ihnen hierauf zur Antwort: „Ich bin nicht Christus, nicht Elias, und auch kein anderer Prophet." Aber von Christus sagte er, daß er, Johannes, fich nicht für werth halte, dessen Knecht zu sein und ihm die Schuhriemen aufzulösen. Seht, meine Christen! da haben wir an Johannes dem

Dreer, Frühlehren. III.

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Täufer ein schönes nachahmungswürdiges Beispiel, daß man aus sich nicht mehr machen soll, als man ist, und aus Andern nicht weniger als sie sind. Ich sage also:

1. Man soll sich nicht für besser halten, als man ist;

2.

Man soll Andere nicht für schlechter halten, als sie sind.

Es scheint aber, meine Christen! wir haben auf Beides vergessen, darum will ich euch heut daran erinnern. Merkt also fleißig auf!

1.

Man vergißt so gerne seine Fehler oder entschuldigt sie, und hält sich also für weit besser als man wirklich ist. Viele Menschen leben, was ihre Seele und Seligkeit betrifft, wie in einem Traum dahin. Vor lauter Zerstreuùng, vor lauter zeitlichen Geschäften und Sorgen nehmen sie sich weder Zeit noch Mühe, an das Erste und Nothwendigste, an ihr Seelenheil zu denken, ernstlich nachzudenken, wie ihr Herz und ihr Leben vor Gott beschaffen ist. Sie kennen sich selbst nicht. Ich weiß mich eben keiner großen Sünden schuldig,“ sagen sie, „ich bin doch auch nicht der Fehlerhafteste, ich thu doch auch viel Gutes," obgleich das, was sie thun, in den Augen Gottes ganz anders ist, als sie meinen. Sie erken

nen weder die Menge noch die Schwere noch die Folgen ihrer Sünden. „Es ist ja nur was Kleines," sagen ste, „ist ja nur eine läßliche Sünde, nur eine menschliche Schwachheit, ein Fehler der Jugend, nur eine Uebereilung; wer wird denn Alles so genau nehmen; auch der Gerechte fällt des Tages sieben Mal."

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Eben so wenig will man die Sünden erkennen, die an einem Drt, in einer Gemeinde mehr im Schwung sind. Da ist bei Einigen alles Ermahnen und Zureden umsonst. Da heißt es immer: dere thun es auch." Aber Gott wird uns nicht nach dem Lebenswandel andrer Menschen, sondern nach dem Evangelium richten. Was Sünde ist, bleibt Sünde, und wenn es auch eine ganze Gemeinde thut. Andere thun es auch," heißt es. Aber ich antworte darauf: „Andere, Gottlob! Andere, ja Viele thun es nicht. Viele bringen Sonn- und Feiertage gut zu, nicht mit unmäßigem Spiel und Trunk. Viele, ja die Meisten, kleiden sich noch nach ihrem Stand ehrbar, nicht hoffärtig. Viele jungen Leute fliehen noch die Gefahr und die Gelegenheit zur Sünde, fie laufen nicht selbst bösen Menschen oder solchen Lustbarkeiten nach, die meistens ein trauriges Ende nehmen.,,

Am Allerwenigsten aber will man die Sünden der Unterlassung oder solche Sünden erkennen, die

durch Vernachlässigung der Standespflichten begangen werden. Jeder Stand hat seine besondern Pflichten, also auch so zu sagen seine besondern Sünden.

Sieh, du lebst im Ehestand! Hältst du auch diesen Stand in Liebe und Eintracht, in aller Gottesfurcht, in aller Zucht und Ehrbarkeit? Du bist Vater - du bist Mutter: wie steht es mit der Kinderzucht? Hast du deinen kleinen Kindern nicht Aergerniß gegeben? Hast du deinen größern Kindern oder Dienstboten nichts Unrechtes nachgesehen?

Du bist Sohn du bist Tochter: ehrst du Vater und Mutter? Bist du deinen Eltern gehorsam, be= sonders wenn sie dir was Unrechtes, das Auslaufen oder Ausbleiben, untersagen? Du bist Dienstbot: thust du deine Schuldigkeit, deine Arbeit, auch wenn dich Niemand sieht? — Versäumst du nichts zu Haus wie auf dem Feld? - Hast du durch deine Unachtsamkeit oder Faulheit deinem Herrn oder Bauern keinen Schaden zugefügt? Betrügt euch also

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nicht selbst, meine Christen! und haltet Euch nicht für besser als ihr wirklich seid,

aber auch Andere nicht für schlechter, als sie wirklich sind.

2.

Ja, man soll Andere nicht für schlechter halten, als sie wirklich sind. Dieß geschieht aber gar oft,

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