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Waltens, Pflegens, Gewöhnens, Erwartens, Hoffens, (wobei für gelouben der Grimm unbekannte Genitiv der Sache nachgewiesen wird), weiter des Denkens, Gedenkens, Wahrnehmens, Empfindens). Als zweite Classe wird betrachtet der Genitiv des Grundes, der Ursache, und zwar zuerst der causale Gebrauch von des und wes. Denn dass diese Genitive des und wes im Sinne von causalen Partikeln für deshalb und weshalb gebraucht werden, dafür giebt der Verfasser viele Beispiele aus dem Nibelungenliede. _Zu den causalen Genitiven gehört der Genitiv bei den Verbis der innern Empfindungen, Treue, Freude, Sorge u. s. w., ferner der Impersonalis der innern geistigen Empfindungen (mich wundert, betrâget, erlanget, zimet u. s. w.), des Lachens, Spottens, Schimpfens, ferner der Genitiv bei den Adjectiven der Gemüthsstimmung, weiter bei den Verben des Sagens, Schwörens, Dankens, Lohnens, Gönnens, Lobens, endlich des Lebens und Sterbens. Auch für die beiden letzten Arten des Genitivs, des partitiven, wozu ausser dem Genitiv bei den Adjectiven, Adverbien, Pronominibus der Zahl der des Theilhabens und der Fülle, des Stoffes und der prädicative Genitiv bei sîn und werden gehören, und des adverbialen, hat, wie bei den vorhergehenden, der Verfasser seine Beweisstellen meist dem Nibelungenliede entlehnt. Sonst sind Wolffram, Gottfried von Strassburg und Hartmann von Aue benutzt. Der Raum verbot den von Substantiven abhängigen Genitiv zu betrachten; aber auch bei diesen ist im Mhd. die freiere Construction noch weit ausgedehnt, wie u. A. in den Substantiven geistiger Begriffe, für die wir im Nhd. die Präposition gebrauchen, der Verbalsinn noch so lebendig ist, dass sie auch mit dem Genitiv verbunden werden, so bei rât, nôt (des gât mir nôt) u. s. w.

Ein Beitrag zur Würdigung unserer Volksepen. Von Dr. Kurze. Programm der Realschule I. O. zu Landeshut, 1868. 37 S. 4.

Weil Gervinus trotz der Anerkennung der Grossartigkeit der Anlage und der Charaktere die Darstellung des Nibelungenliedes dürftig, den Vortrag kalt, die Sprache trocken nennt, trotzdem aber in dem Gedichte überhaupt die rein objective Kunst der Alten findet, so warf sich der Verfasser die Frage vor: ob diese Wirkung auf die Sinne und die Phantasie denkbar sei bei der Dürftigkeit der sprachlichen Darstellung. So kam er zur Untersuchung über die plastisch objective Darstellung der Nibelungen und der Gudrun. Die Resultate dieser eingehenden Untersuchung legt er hier in geschmackvoller Form vor. Er betrachtet demnach erst die einzelnen Gegenstände, dann die Verbindung mehrerer Gegenstände zu ganzen Gemälden und Situationen, hierauf einzelne Handlungen der epischen Personen, endlich die Personen selbst und die ganze Kunst der episch-plastischen Gestalten- und Charakterzeichnung. So wird durch zahlreiche Beläge bewiesen, dass die Gegenstände ähnlich wie bei Homer schon durch einzelne Adjective sinnliche Lebendigkeit erhalten (das rothe Gold, der grüne Wald), am reichsten fliessen die veranschaulichenden Beiwörter in Kampfesscenen (tiefe Wunden, fliessendes, heisses Blut, rothes Lebensblut u. s. w.); schon das sind Beweise, dass die Gegenstände den Dichter nicht kalt gelassen haben. Bei der Verbindung mehrerer Gegenstände zeigt sich Festigkeit und Ordnung, so dass die Einbildungskraft die bloss mit einigen Strichen angelegten Umrisse selbst zu vollenden vermag (zu vergl. u. A. aus der Gudrun die Lager nach dem Kampfe auf dem Wulpensande, wo bei den leuchtenden Wachtfeuern die Feinde gegenseitig ihre Helme und Schilde sehen können; ferner

der vor Gudruns Augen sich vorbereitende Kampf; besonders aber die Scenen im Kampfe in Etzels Palast). Viele kleine sprachliche Schönheiten, so die Fülle und der Klang der Vocale, die grossartige Wirkung der Alliteration vermag die Uebersetzung nicht wiederzugeben, und wie trotz aller Verdienste gerade Simrocks Uebersetzung noch mangelhaft ist, hat der Verfasser an vielen Stellen nachgewiesen. Als Beispiel der Anschaulichkeit und Lebendigkeit und zugleich der Mannigfaltigkeit der Schilderung hebt er den Wettkampf zwischen Siegfried und Brunhilde hervor. Aehnlich wie Homer stellen unsere Volksdichter nicht die Person fertig hin, sondern lassen die Gestalt, wie sie zuletzt der Phantasie erscheint, vor unsern Augen entstehen. Weiter stellen sie auch in der Weise Homers in der äusseren Erscheinung, den Bewegungen, Handlungen, Reden der Person ihre innere Natur, ihre Stimmung, ihren Charakter überhaupt dar; durch eine einzelne sichtbare Bewegung wird nicht nur die äussere Persönlichkeit, sondern auch die momentane innere Stimmung vorgeführt, so dass die äussere Individualität sich mit der innern zu einem unzertrennlichen Ganzen verbindet. So erweckt u.. A. der Dichter durch die Schilderung der Gudrun am Meeresufer das tiefste Mitleid, er wirkt auf die Empfindung, aber durch die äussere Erscheinung, indem er den Gegenstand des Mitleids in plastischer Anschaulichkeit vor uns hinstellt; und das ist Homerische Objectivität. Und auch ohne diese Personencharakterisirung wissen die Volksepen durch den deutlichen Hintergrund, durch alles, womit sie die Personen in Verbindung bringen, diese fest und tief in die Phantasie einzuprägen und die Einbildungskraft des Lesers selbst zur Gestaltenbildung zu zwingen. Wie aber die verschiedensten Gemüthsbewegungen und Charaktere, Wuth, Liebe, Freude, Haas, Rachgefühl, Rührung, Furcht, Entsetzen, Achtung, Freundschaft, Seelenschmerz, Kraftgefühl, Verachtung, Trotz u. s. w., sich im Aeussern der Personen abspiegeln, so schildern die Dichter auch objectiv durch den Eindruck, den die Personen auf Andere machen; so spiegelt sich bei Brunhildens erstem Auftreten ihre Schönheit ab durch den Eindruck, den sie auf Siegfried macht, und zwar prägt sich dieser nicht allein in Worten aus, sondern auch auf seinem Gesichte, und wird dadurch wieder der bescheidene Sinn des Helden ausgedrückt. Was die Rede betrifft, so müssen den Griechen Homers gegenüber natürlich die deutschen Helden wortkarg erscheinen, aber was sie sagen, ist doch immer noch der natürlichste Ausdruck ihres Innern. Zuletzt erwähnt der Verfasser noch des Mittels der charakterisirenden Beiwörter. Die ganze Abhandlung ist eine lobenswerthe Ehrenrettung unserer Volksepen.

Herders Auffassung der Weltgeschichte. Von Oberlehrer Dr. Albert Lüttge. Programm des Gymnasiums zu Seehausen, 1868. 20 S. 4.

Der Verfasser hat mit dieser Abhandlung Herders Bedeutung für die Geschichtschreibung in Erinnerung rufen wollen. Denn über den Schwächen sciner historischen Schriften, Mangel an scharfer Kritik, selbst Widersprüchen, der Selbstgewissheit, mit der er mitunter über wichtige Probleme abspricht, sind seine grossen Verdienste in neuerer Zeit unbeachtet geblieben. Diese sind aber der freie universale Blick, mit dem er die Eigenthümlichkeiten der verschiedenen Zeiten und Völker erfasst, die echt deutsche Unparteilichkeit des Urtheils, die Sicherheit im Ueberblick bestimmter Perioden die Begeisterung, mit der er an seine Arbeiten herangetreten. Er hat einen sehr bedeutenden Einfluss auf die Geschichtschreibung gehabt, und der Verfasser hat wohl gethan, daran wieder zu erinnern. Er hat aber seine

Aufgabe so behandelt, dass er Herders Anschauungen von der Geschichte im Zusammenhange darstellt, das Princip derselben untersucht, zeigt, indem er die historischen Schriften der Zeitfolge nach näher betrachtet, wie sich dieselben mit der Zeit modificirt und vertieft haben. Iselin gegenüber, der bei uns die tiefere philosophische Behandlungsart der Geschichte eingeführt hat, behauptet Herder schon in seiner Erstlingsschrift auch eine Philosophie der Geschichte 1774" einen bedeutenden Fortschritt. Gegen Iselin, der die ganze Vergangenheit nur als einen unselbständigen Uebergang zu der einseitig hervorgehobenen Gegenwart ansah, stellte er die menschliche Entwicklung in den einzelnen Perioden den verschiedenen Altersstufen des einzelnen Menschen an die Seite. Dann hat die Schrift darin eine besondere Bedeutung, dass sie den niedrigen Angriffen eines Voltaire gegenüber mit Begeisterung das Mittelalter vertheidigt. Im Ganzen aber stellt er sich energisch der oberflächlichen Verurtheilung historischer Erscheinungen gegenüber und fasst sinnvoll die Eigenthümlichkeiten einzelner Völker und Zeiten zusammen. Bedeutend freilich modificirt finden sich dieselben Gedanken wieder in Herders Hauptwerke, den Ideen zur Philosophie der Geschichte. Er hebt besonders den Zusammenhang der Entwicklung der Menschheit mit der Erde hervor, er will, dass jede philosophische Betrachtung der Geschichte wegen des Zusammenhanges der Erde mit dem Weltgange, vom Himmel anfange; alles auf der Erde steht in Beziehung zu einander. Innerhalb der natürlichen Bedingungen ist der Mensch zu friedlicher Geselligkeit von der Natur organisirt; so fragen wir: was führte die Menschen zu einander? Was will er überhaupt? Was ist das Ziel der Menschheit? Hier kommen wir auf den Begriff der Humanität, dann werden die einzelnen Formen der geschichtlichen Beziehungen ins Auge gefasst, die Familie, die ältesten Staaten. In der weitern Uebersicht kommt er auf den Einfluss des Papstthums auf die staatliche Entwicklung Europas; er greift es auf das Heftigste an. Dagegen hebt er ungebürlich die Araber hervor, weil er für sie ein poetisches Interesse hat. Auch die Kreuzzüge werden hart beurtheilt. Im Ganzen aber sind seine Resultate heute als Gemeingut zu betrachten. Sehr wichtig ist der von ihm aufgestellte Satz, dass in der Geschichte des Menschen und der Natur ein und dasselbe Gesetz herrschend, die Weltgeschichte Naturgeschichte sei und nicht zu untersuchen habe, was da sein könne, sondern was da sei. Der Satz: „Der Gott, den ich in der Geschichte suche, musss derselbe sein, der in der Natur ist," führt schon darauf, dass die Beschäftigung mit Spinoza für Herder bedeutungsvoll geworden ist; das lässt sich auch sonst nachweisen. Unsern Zusammenhang mit der Natur und die Abhängigkeit der Natur von Gott stellte Herder dar 1787 in der Schrift Gott. Einige Gespräche über Spinoza's System." Aus diesen Studien lässt sich die breite naturgeschichtliche Grundlage seiner Geschichtsbetrachtung erklären. Er ist überall bedeutend, wo es gilt, den geheimnissvollen Zusammenhang des menschlichen Geistes mit der Natur nachzuweisen oder anzudeuten. Mit besonderer Vorliebe hat er sich über den Einfluss der geographischen Gestaltung eines Landes auf die Geschichte seiner Bewohner verbreitet; seine Grundsätze sind noch gültig. Es lässt sich nicht leugnen, dass Herders Urtheil oft Unbefangenheit fehlt, dass da, wo er seinen höchsten Zweck, die Humanität, nicht verfolgt sieht, er hart urtheilt, so in der Schrift: „Tithon und Aurora"; er kommt sogar so weit, dass er das Nomadenleben gegen den Ackerbau, volksthümliche Mythologie gegen das Christenthum, die Ungebundenheit des Wilden gegen ein geordnetes Saatsleben in Schutz nimmt. Dergleichen Parodoxien dürfen uns aber nicht gegen seine Bedeutung für die Geschichtschreibung ungerecht werden lassen; und, wie gesagt, zu seiner Ehrenrettung wird die vorliegende Abhandlung beitragen.

Archiv fn Sprachen, XLV.

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Ueber Goethe's Tasso. Von Director Dr. W. Kieser. Programm des Gymnasiums zu Sondershausen, 1868. 27 S. 4.

Der Verfasser vorliegender Abhandlung ist durch die trefflichen Schulschriften über Göthe's Iphigenie bekannt genug. Würdig reiht sich ihnen die Abhandlung über Tasso an, von der wir nur zu wünschen haben, dass der Verfasser damit nicht seine Erklärung des Gedichts erschöpft hat. Von welcher hohen Bedeutung für die Pädagogik zunächst das Gedicht ist, setzt er in warmen Worten auseinander. Mit Recht nennt er es das herrlichste Denkmal der idealistischen Periode Goethe's, der in ihm wieder selbst ein Ideales, die Kunst in dem liebebeseelten Dichter darstellt, dem das Leben kein Leben ist, wenn er nicht sinnen und dichten kann. Hier findet sich das Merkmal des Classischen, das Kennzeichen unserer Bildung, die Congruenz von Form und Inhalt, am vollendetsten vor. Das Einzelne wird von selbst zum Allgemeinen, daher so überwiegend die Sentenzenform, die das Stoffliche vergeistigt und das Besondere in den Aether des Allgemeinen erhebt und nicht nur, weil sie blos indirekt Person und Sache berührt, der Rede Zartheit und Feinheit, sondern auch durch Erhebung des Einzelnen mehr Würde und Erhabenheit gibt. Tasso ist das idealste Drama und die duftendste Blüthe unserer ästhetischen Culturperiode und der Spiegel der feinsten, namentlich weiblichen Bildung. Besonders, sagt der Verfasser mit Recht, kann man die Merkmale ächter Bildung an der Prinzessin erkennen, den Unterschied von Bildung und Wissenschaft, die Harmonie von Verstand, Herz und Willen, den Werth edler Sitten; an ihr hebt der Dichter das ästhetische Wohlgefallen an sittlichen Handlungen als ein für wahre Bildung bedeutsames Moment hervor. Das ganze Drama also ist ein Spiegel edler feiner Bildung; darin liegt seine pädagogische Bedeutung. Ehe er nun den Organismus des Dramas betrachtet, wendet sich der Verfasser zu der Frage: Ist Tasso ein Schauspiel oder eine Tragödie? Er entscheidet sich für das Letztere. Es will uns aber bedünken, dass die Frage eine müssige ist. Wie lassen sich die feinen Grenzlinien festhalten, die zwischen beiden Gattungen liegen sollen? Und auch wenn man die proponirte Hegelsche Definition festhält, ist es kein grosses Werk, den Tasso so zu deuten, dass er ebenso gut ein Schauspiel genannt werden könnte; uns will bedünken, als ob der Verfasser den herben Schmerz der Trennung von den Gliedern des Hofes von Ferrara zu stark betonte, dagegen die Versöhnung mit sich selbst, zu der am Schluss Tasso gelangt, nicht genug beachtete.

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Shakespeare's Hamlet, für obere Gymnasialclassen erläutert von Professor Jul. Saupe. Programm des Gymnasiums zu Gera, 1868. 40 S. 4.

Die Abhandlung erfüllt ihren Zweck in vollstem Maasse. Ohne sich in Controversen einzulassen, wozu gerade der Hamlet so leicht verleiten kann, erschliesst sie in einfacher und erhebender Darstellung Primanern das Gedicht also, dass sie sowohl über keine Scene mehr zweifelhaft sind als auch die ausserordentliche Tiefe und Schönheit des Gedichts erkennen. Der Verfasser hat dazu den besten Weg eingeschlagen. Nachdem er auf der ersten Seite die alte Hamletsage vorausgeschickt, geht er gleich, nur darauf hinweisend, dass der Dichter den rohen Sagestoff, ohne den Schauplatz zu verändern, in seine Zeit heraufgerückt und so behandelt hat, dass in seiner Tragödie zwei ganz verschiedene Elemente, die sagenhafte Vergangenheit einer erloschenen Welt und die lebendige Gegenwart und Wirklichkeit der

jenigen Welt, die den Dichter umgab, wunderbar zusammenfliessen, sofort auf unser Gedicht über, indem er Scene um Scene, mitunter aber, wo sich Fülle des Stoffes in einer Scene zusammendrängt, die Scene noch zertheilend erst den Inhalt derselben mittheilt und dann ihre Bedeutung für die Entwicklung des äussern und innern Ganges darlegt. Mag nun auch mit dieser Abhandlung die Untersuchung über dies schwierige Drama nicht abgeschlossen sein, die Auffassung des Grundgedankens und der Charakter ist sehr ansprechend, und namentlich muss auf die Anschauung von dem Charakter des Haupthelden und der Ophelia aufmerksam gemacht werden. Nicht Hamlet allein, sein Irrthum in der Würdigung Ophelia's, auch ihre eigene Schwäche ist Schuld, dass Hamlets Verhältniss zu ihr sich so gestaltet wie es wird. Hamlet selbst aber erfährt eine vollständige Ehrenrettung; er erscheint unter der Last seiner Aufgabe fast erliegend, eben weil sie übermenschliche Anstrengungen erfordert, aber doch unverrückt, mit Aufbietung aller Kräfte sie verfolgend, so dass die Vorwürfe der Unschlüssigkeit, der Unthätigkeit, des zweck widrigen Handelns, gar der Feigheit, die Behauptung, dass er in seiner geistigen Vollblütigkeit fortwährend von seinen eigenen Zielen abgetrieben werde, sein Wollen über seinem Denken einschlafe, er mithin ein anthropologisches Problem sei, als völlig von der Wahrheit abweichend zurückgewiesen werden. Die Consequenz in der Entwicklung dieser Ansicht macht die Abhandlung sehr schätzenswerth; es ist zu wünschen, dass sich der Leserkreis nicht auf Gymnasiasten beschränke.

Einiges über das Wesen der tragischen Dichtung Shakespeare's. Programm der Realschule zu Hagen, 1868. 15 S. 4.

Die Auffassung der tragischen Dichtung Shakespeare's, dass der Untergang der tragischen Personen vorzüglich als eine Folge und Büssung einer Schuld derselben angesehen wird, bezeichnet der Verfasser als entschieden. falsch. Es wird, sagt er, damit geradezu aller edle Inhalt, der poetische Zauber der Dichtung vernichtet; er zeigt dies am Othello, der nach Kreyssigs Auffassung ganz den Charakter eines Kunstwerks verliert. Shakespeare, fährt er fort, führt uns Ideale, ideale Menschen vor. In dem Wesen des Ideals, wenn es auch die Herrlichkeit der Gattung in sich vereinigt, liegt, dass es gleichwohl eine Seite als individuelle Erscheinung der Idee hervorkehren muss. So wird es einseitig. Was die Helden Shakespeares sind, das sind sie völlig. Mit der Individualität hängt ein ganz bestimmter Egoismus zusammen; diese urkräftigen Wesen wollen nichts besonderes sein als was sie sind: Wesen mit den edelsten Gefühlen für Andere, aber auch mit den lebhaftesten Wünschen für ihr eigenes Glück und ebenso wenig bereit, diese wie jene aufzuopfern. Sie sind mitten in eine unideale Umgebung gestellt, welche in einem scharfen Gegensatz zu den idealen Gestalten gezeichnet ist. Diese Gegensätze sollen einestheils dazu dienen, das Ideale durch seinen Gegensatz zu heben, ferner durch den Streit, in den sie das Ideale mit dem Unidealen ziehen und aus dem zunächst das letztere siegreich hervorgeht, unsere Liebe zu jenem wie unsern Abscheu vor diesem zu verstärken, endlich und vor allem soll das Ideale durch den Kampf geprüft, gekräftigt, geläutert, vollendet werden. Das Ideal will sich nicht seinem Gegensatze accommodiren, deshalb geht es unter. Hamlet, meint der Verfasser, sieht sich durch seine Aufgabe seinen Vater zu rächen, zu einem Handeln bestimmt, das auf das Bestimmteste seinem Wesen widerspricht; dieser Widerspruch zwischen seiner Aufgabe und seiner Natur treibt ihn nothwendig in ein falsches Handeln hinein; da er seine Aufgabe mit dem grössten

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